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Archives: Arve Henriksen

2024 18 Mrz

Langer Atem

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Henriksen_Fraanje-Touch of Time

 
 

Ich kann nicht anders, aber ich muss ein Loblied auf diese Duoarbeit singen. Harmen Fraanje am Klavier und Arve Henriksen an der Trompete. Understatement, Zurückgenommenheit pur. Der Sound von Henriksens Trompetenspiel, so klein, so nebelverhangen, so schilfig. Ich sah ihn im Pierre Boulez Saal mit Jakob Bro vor knapp 2 Jahren. Wir trugen alle schwarze Masken. Für mich war er der Star des Abends.

Harmen Fraanje kannte ich noch nicht. Er spielt ein sehr „nordisches“, auf das Wesentliche reduziertes Piano. Kein Schnickschnack, kein Ton zuviel. Sehr lyrisch und impressionistisch, er hat seinen Bill Evans inhaliert. Die beiden ergänzen sich perfekt, die diskreten Klavieranschläge und der stetig verlaufende, nasale Trompetenton. Dazu gelegentlich elektronische Zuspielungen von Henriksen. Ätherisch, schwebend, traumwandlerisch. Jon Hassell hätte seine Freude daran gehabt. Eine Hochzeit im Himmel. Glaubt es ruhig, dieses Mal stimmt es.

 

War is a lesser or greater part of human’s daily reality. Almost a year ago it came very close to all of us and changed a lot. We don’t have to be speechless and also can dance. 

 

It has left its traces in music openly, subliminal, hidden, furiously, shadowing, encouragingly, desperately, hopefully …  I posted an example by Jason Moran from Saalfelden. Here’s is another one by Arve Henriksen in trio with Jakob Bro and Jorge Rossy. It was February 25 at Amsterdam Bimhuis, the day after RuZia’s raid on Ukraine … It’s these emerging moments that stuck. Here an impression in four (short) steps:

 
 

VIDEO 1

 

VIDEO 2

 

VIDEO 3

 

VIDEO 4

 

 


Yesterday: One night, years and years ago, some of us journalists joined Jon Hassell, and in that Norwegian pub that had nothing exotic or fourth world-like in its ambience, I introduced Jon to the great-great daughter of Gustav Mahler who was a cellist in a Symphony Orchestra. And that was special. Punkt has always been about the closing of circles.  (m.e.) 

 

Tomorrow: Renowned Norwegian artists celebrate the music of the influential trumpet player and composer Jon Hassell. The influential American trumpeter and composer Jon Hassell passed away on June 26, 2021. This year Hassell would have turned 85, and we wish to honor him with a memorial concert at Victoria on his birthday on March 22. This evening you will hear an all-star team of Norwegian musicians who have all either collaborated with Jon Hassell or have a relationship to his music.

On stage are three generations of inspired trumpeters, in addition to former members of Hassell’s band, who played with him both live and in studio. Several of them collaborated with him on Jon Balke’s „Siwan“ project and played with him at the Punkt Festival in Kristiansand. The music this eveningwill be composed by, or inspired by, Jon Hassell. The memorial concert is produced in collaboration with Punkt, which Hassell visited several times, and is organized in consultation with Hassell’s family. We hope you will join us on Tuesday. See you there!

LINE UP: Nils Petter Molvær – trumpet, Arve Henriksen – trumpet, Kristina Fransson – trumpet, Harpreet Bansal – violin, Eivind Aarset – guitar, Jon Balke – keys, Helge Norbakken – percussion, Jan Bang – live sampling, Erik Honoré – live sampling, keys, Arnaud Mercier – sound


The concert has been streamed live on youtube.
You missed it? Here we go

 

2020 27 Nov

Neuzeit

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Zeit entsteht durch Bewegung verschiedener Objekte zueinander. Wenn sich nichts bewegt, hört die Zeit auf, das ist mit den äußeren wie inneren Objekten gleich. Wenn die Gedanken ruhen, spielt Zeit keine Rolle mehr. Zeit wird aus der Alltagserfahrung in zyklischen Bewegungen erlebt: wenn sich etwas wiederholt entsteht ein Rhythmus, eine Zeitstruktur, die die Musik der alten Zeit kennzeichnet. Die alte Zeit aber ist vorbei, vergangen. Wir wissen nicht, was geschehen ist, was den unsichtbaren Kollaps ausgelöst hat, aber es muss ihn gegeben haben. Vielleicht etwas Elementares, wie Michael schon vermutet hat. Verblieben sind noch einige elementare Reste des Alten, Klangfarben, Rhythmusfragmente, etwas das anklingt, sich verwandelt, verliert, verschwunden ist, bevor es erfasst werden kann, wie ein Vogel im dichten Morgennebel.

Raum entsteht durch die Entfernung verschiedener Objekte zueinander. Akustisch findet sich das in der Lautstärke und Position wieder und die Raumgröße als Hall im Klangraum. Der alte Raum ist vorbei, vergangen. Lange Hallfahnen mischen sich zwanglos mit trockenen Klängen, Nahes scheint leise und Entferntes verstörend nah, Hintergrundklänge füllen den Raum und Melodielinien fließen durch die fein gewebten elektroakustischen Texturen, verlieren sich in unvorhersehbaren Wendungen, zitieren mit offenem Ausgang und geben den alten Hörgewohnheiten soviel Halt wie eine abschüssige Eisfläche. Dazwischen erscheinen die Geister der Vergangenheit als Ghost-Notes, singulär und geheimnisvoll, leise verstörend, Konventionen verratend und im akustischen Irrgarten immer die andere Abzweigung empfehlend. Aber nimmt man weit mehr als nur die übliche Dreidimensionalität der Welt an, entsteht etwas Neues, unglaublich Magisches.

J. Peter Schwalm und Arve Henriksen wagen sich auf Neuzeit zugleich weit ins Neuland in einem Spannungsfeld von elektronischen, perkussiven und akustischen Klangfarben, die sich von strukturierten, formalen Ausgangspunkten dekonstruierend ins weiße Niemandsland, einem Land schwer faßbarer Atmosphären entfalten. Ein musikalisches Hybridwesen, ein mythischer Klangandroid, bei dem die verlorengegangene Ideenlosigkeit durch elektronische Träume ersetzt worden sind. Die Titel kreisen um verschiedene Arten der Zeit, die sich aus elementarer Zeitlosigkeit entfalten. Das beginnt mit Blütezeit, das sich ganz zart und additiv Facette um Facette hinzufügend entfaltet, organisch, sanft, sodass mancher drastische Wechsel erst bei mehrmaligem Hören auffällt, sanfte Trompetenlinien fast unbemerkt in harsche Synthesizerrhythmen übergehen, ein stetiges sich Öffnen. Suchzeit tastet sich behutsam durch einen längst leise kollabierten Raum, wie ein zarter Lichtstrahl durch den Staub alter Ruinen und beginnt alte Geschichten zu erzählen, die kein Ende mehr haben. Neuzeit schließlich tastet sich ganz vorsichtig, zaghaft in eine neodystopische Eskalation in unkartiertem Gelände hinein. In Raumzeit kehrt zu artifiziellem Regen eine fast impressionistische Stimmung ein, verloren, kryptisch und ein bißchen melancholisch. Schonzeit beschreibt den verhaltenen Raum zwischen den Zeitaltern, der ewig und unendlich kurz zugleich sein kann, cineastisch visionär und intim. Unzusammenhängend, schwebend dissonant zieht sich Unzeit mit subtilen Irritationen in fremde Gefilde zurück und Wellenzeit wagt die Vortäuschung des Zyklischen im niemals gleichen Fluss. Final setzt Zeitnah den Hörer sanft umgarnend in einem vollends fiktiven Raum ab, der befremdlich vertraut scheint. Archaische Musik aus der Traumzeit von Übermorgen. Jetzt.

 

 

 

It‘s a running game of our enthusiasm to call out, once in a while, another contender for the album of the year, or at least, „wow, that will be among my top ten of 2018“, remember, Gregory? So, we really have already had our hours of drifting away or being totally absorbed, between sharply formed fire machines like David Torn‘s sharing company with Guitarreros from Switzerland, or Jon Hassell‘s vertical studies in sound. The best song albums of the year, for me, come from women I had never before heard singing.  But here comes a valuable addition to, well, a hot contender for another peak experience of its kind: his best album since the days of Chiaroscuro and Cartography. And very different from those ones. THE HEIGHT OF THE REEDS. By Mr. Arve Henriksen. And Eivind Aarset. And Jan Bang. And Jez Riley French. And the chorus and orchestra of opera north, conducted by Justin Doyle. Better order it at the website of Rune Grammofon now. Oh, god, it‘s so great. I will miss the Punkt festival this year. Hope they will sell it there in big numbers. It‘s a stunner. One of our albums of September. I better shut my mouth now. This is a cliffhanger.

 

Das neue Werk von Arve Henriksen erscheint am 22.8.2014 bei Rune Grammofon – Streichinstrumente umgeben das Spiel des Trompeters und Multiinstrumentalisten. (Bin sehr gespannt, habe noch keinen Ton gehört.) Also kurz vor dem 10. Punktfestival in Kristiansand, und eine Woche nach meiner nächsten Radionacht “Klanghorizonte” am 16. August, wo ich die Platte vorstelle. NATURE OF CONNECTIONS. In einer Cafepause in Lugano (bei einer ganz anderen Produktion) sassen wir zusammen, und Arve sprach über die dünne Grenze zum Replikantentum. Wie leicht man, egal, wie eigen sich ein Ton anfühlt, im Trompetenraum eines anderen landen kann, sei es Davis, sei es Hassell.

Drum hat er ja auch jüngst ein Doppelalbum vorgelegt, das bewusst abseitige Pfade erforscht, und in elektronischen Sphären jenseits des Virtuos-Gehandhabten die Trompete nur ausgewählte Schattenstellen heimsucht. Ich nannte es spasseshalber sein “Sun Ra-Album”. Ulrich Kriest hat dem Opus in der Jazzthetik fünf Sterne gegeben, einen zuviel für mein Empfinden, aber dank des Antriebs der Grenzöffnung auch wiederum verdient.

Ein 5-Sterne-Album reinsten Wassers wird in unabsehbarer Zukunft (jede Wette, Frühjahr oder Herbst 2015) bei ECM erscheinen, das Debut des armenischen Pianisten Tigran Hamasyan, der bislang jazzspezifisch zu lange den Bebop-Fallen seines Lehrers erlegen war, und auch im Bereich der Multi-Kulti-Musik keine Bäume ausriss. An seiner Seite Jan Bang, Arve Henriksen, Eivind Aarset. Drei alte Freunde, die nie die Grenzfelder aus dem Sinn verlieren, das Duo Aarset-Bang schlägt mit “Dream Logic” (ECM) nach wie vor in Bann. NATURE OF CONNECTIONS. Und alle befinden sich im kreativen Höhenflug auf Jan Bangs fiebrig-leisen Meditationen, betitelt “Narratives from the Subtropics”, die jetzt auch offiziell den deutschen Handel erreicht haben.

Flashback: in Lugano war die Abmischung in den letzten Zügen. Das interessante Doppelmikrofon, vor dem Arve seine Trompete zum Einsatz brachte, ist auf dem Foto unten abgebildet. Manfred Eicher war hochkonzentriert, er wusste, dass da etwas letztlich Unplanbares Gestalt annahm, ein “Instant Classic”. Einmal eröffnete Arve eine Komposition mit einem Solo. Er selbst war schon auf dem Weg zum Flughafen, da meldete sich Jan Bang zu Wort, und befand, dass das Intro etwas zu lang sei, und einen Hauch zuviel von Jon Hassell verströme. Daraufhin liessen Manfred und der seelenruhig agierende Toningenieur das Solo einfach mal untertauchen in den ominösen Soundnebeln, die Eivind Aarset heraufbeschwor.

Die Trompete verlor so ganz und gar ihre Dominanz, glänzte lediglich durch Abwesenheit, bis sie sich langsam aus dem Nichts ans fahle Licht herantastete.

Die Wirkung war immens. Arve wird nicht böse sein, wenn er das hört. That’s what friends are for! NATURE OF CONNECTIONS. Noch eins: ich wünsche mir für Tigrans Cd oder Doppel-Cd ein vielfarbiges Cover, etwas, das auf Anhieb einen visuellen Sog entfaltet, wie einst die vier Luftballons auf Keith Jarretts Meilenstein “Belonging”. Bitte kein Dunkelblau mit einsamem Lichtrahl in der Nacht!

 
 
 

 

6903 Lugano Besso. Du kannst Magie nicht zwingen. Du kennst eine Unzahl von Tricks, du weisst, wie man Sackgassen entkommt, du weisst, wie man aus losen Enden geschlossene Gestalten formt, aber der magische Mehrwert bleibt unberechenbar. Widerspenstig. Es begann mit alten Banden zwischen Arve Henriksen (Trompete etc.), Jan Bang (Live-Sampling etc.) und Eivind Aarset (Gitarren etc.), es begann mit dem Punktfestival von Kristiansand anno 2005. Es begann mit Lieblingsplatten aus den frühen Jahren von ECM, die den armenischen Pianisten Tigran Hamasyan durch seine Teenagerjahre begleiteten. Es begann mit den weit zurückreichenden Erfahrungen des Produzenten Manfred Eicher mit armenischer Musik. Und es begann auch damit, dass Jan Bang mir für eine Ausgabe der JazzFacts (Deutschlandfunk) eine kleine Passage aus seinem Duo mit Tigran (Punkt 2013) schicken sollte: ein Kinderspiel für offene Ohren, hier, in furios inszenierten Dejavues und elektronischen Spiegelungen, den Basisstoff für eine zukünftige Unternehmung zu wittern! Ich tat das Nötige, damit Manfred diese paar Minuten zu hören bekam – und er hörte genug, um die Dinge in Gang zu bringen.

Und so entstand und entsteht in diesen Tagen in Lugano, im „Studio Grosso“ des RSI, eine Produktion mit vier Musikern, einem Produzenten und einem Toningenieur, von der man vieles erhoffen durfte und darf, aber nicht unbedingt solch eine konzentrierte, entfesselte Energie, solch einen Ideenfluss (voller Finessen und Widerständigkeiten)! Wer in naher Zukunft die beteiligten Personen auf diese Tage im Tessin anspricht, wird auf Blicke treffen, die Bände sprechen, auf Sätze, die mal holprig, mal elegant, das So-Nicht-Vorhersehbare ins Spiel bringen, einen Glücksfall. Als Zeuge (Ohren und Augen) atmete ich die Musik ein, hellwach verfolgte ich das Abhören, das Abmischen, die minimalen Korrekturen, die im grossen Saal (ohne Trennwände, ohne Kopfhörer) eingespielten drei, vier Takes einer alten Komitas-Komposition, die eine oder andere tänzelnde Bewegung des Produzenten, die kurzen Dialoge, das Spiel der Gesten und Mienen (für stille Freude gibt es eine ganze Palette) – und einmal, in einer Kaffeepause, blieb ich einfach sitzen vor der menschenleeren Bühne. 

 
 
 

 

 
Wenn Rune Kristoffersen Ende der Neunziger nicht einfach angefangen und losgelegt hätte …

Wenn Rune Kristoffersen nicht weitergemacht hätte …

Wenn Rune Kristoffersen nicht auf Kim Hiorthøy gestossen wäre …

Wenn Rune Kristoffersen und Kim Hiorthøy sich nicht zusammengetan hätten …

Wenn Kim Hiorthøy nicht all die verrückten Grafiken zu Album-Covers gemacht hätte, ….
 
 
Was hätten wir heute nicht? Gar nicht oder anders? Mein erstes Rune-Album war, glaube ich, Nils Økland. Das war einfach was ganz anderes, eigenes. Ein neues Gefühl, mysteriös und sehr greifbar zugleich war Rune. Wie frische Spuren im Schnee. Opsvik&Jennings, dann natürlich Arve Henriksen und Supersilent. Dieser Umgang mit Farben auf den Covern. Die Mikro-Typographie und die namenlosen CD-Scheiben, nur farblich auseinanderzuhalten. Wie Holzhäuser ohne Nummer und Namensschild.
 
 
Ett hundre og femti album. Hundertundfünfzig Alben (weiter sind wir). Es gibt noch was zu tun.
 
 
Diese gut gestaltete Vinyl-Schachtel auf den Schlitten! SAILING TO BYZANTIUM. Eine Schachtel mit 4 verschieden- farbigen 10 Inch Vinylscheiben in tollen bedruckten Papphüllen, einem Faltblatt mit ausgesprochen lesenswertem ausgiebigen Gespräch zwischen Rob Young, Rune Kristoffersen und Kim Hiorthøy und einem wunderbaren Poster. Einmalige Auflage von 500 Stück!
 
 
 

 
 
 
Auf den Hüllen und der Schachtel Bildelemente von Hiorthøy: es sind Objekte und keine Objekte, es sind Photographien von Objekten und keine Photographien, sie ähneln Exotika-Bildkunst, sind aber ganz und gar keine Exotica. Es sind menschliche Gestalten, und auch wieder keine. Es sind Szenen und keine. Anklänge an Art Brute, aber aus Papier oder Wolle. Where is the way out? Do we need a way out? Die Schachtel, sie ist auch ein Spielzeugkasten wie früher.
 
Tracks
 Hedvig Mollestad Trio – Sing, Goddess
 – Bushman´s Revenge – As We Used To Sing (Live) – 
Scorch Trio – Kjøle Høle
 – Motorpsycho – Year Zero (A Damage Report)
- FIRE! – Your Silhouette On Each (Without Noticing) – 
Elephant9 – Hardcore Orientale
 – Phaedra – Honeydewed Autumn – 
Jenny Hval – Blood Flight
 – The Last Hurrah!! – The Lonely Whistle Call – 
Hilde Marie Kjersem – That Day In The Shower
 – Tove Nilsen – Jordan
 – Sidsel Endresen & Stian Westerhus – Drawing An Arc
 – Maja Ratkje – Intro – 
Alog – Baklandet
 – Espen Eriksen Trio – In The Woods – 
Nils Økland – Blond Blå
 – Arve Henriksen – Silver Box


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