Ich erinnere, wie im Auto Louis Armstrong läuft. Ich erinnere mich an eine NDW Kassette zu Weihnachten, ich erinnere mich an Matt Bianco in Florians Zimmer. Ich erinnere mich wie ich in der Halle Gartlage eine Schallplatte von Chuck Berry kaufe und auf einer Klassenfahrt nach Köln Dein Ist Mein Ganzes Herz von Heinz Rudolf Kunze, ich erinnere mich an den Plattenladen in der Nähe des Doms, ich muss eine lange Treppe hochsteigen. Und ich erinnere Jahre später in der Halle Gartlage das erste Mal zu Techno zu tanzen und dabei die Zeit zu vergessen. Ich erinnere mich an die Rolltreppe bei City Music am Ku‘damm. Ich erinnere mich an das Bruttosozialprodukt, an Dire Straits, Supertramp, Pink Floyd und an die Doors. Ich erinnere mich mit meiner Nachhilfelehrerin Grit die französische Strophe aus The Partisan von Leonard Cohen zu übersetzen und ich erinnere genau die unlösbaren Rätsel, die sich in Famous Blue Raincoat verstecken. Ich erinnere mich, bei meinen Großeltern Run DMC über Kopfhörer zu hören. Ich erinnere mich an den leichten Schwindel, den ich nach dem ersten Hören von Spirit Of Eden habe. Ich erinnere mich, Mixtapes mit der Ouvertüre aus Carmen zu beginnen und darauf Bomber von Motörhead folgen zu lassen. Ich erinnere mich, wie mich der HiFi Techniker fragt, ob mein irreparables Tape Deck im Profigebrauch gewesen sei. Ich erinnere mich, wie sich meine Welt in wenigen Minuten verändert, als ich kurz hintereinander Nazi Punks Fuck Off und Debaser (von den Dead Kennedys bzw. den Pixies) höre. Ich erinnere mich an Stivens Mix Tape und die Indie Mixes. Ich erinnere mich an lange Nächte im Hyde Park, ich erinnere mich genau an das Kribbeln, dass die bunten Disco Lichter beim Hereinkommen in mir auslösen. Ich erinnere mich an Sandra und ich erinnere mich an Freakscene, immer wieder Freakscene, und an Tom Waits zum Frühstück und an das Blumfeld und Captain Kirk &. Konzert im Haus der Jugend Bramsche und an nächtliche Autofahrten und so vieles mehr und dann noch an Wild World. Und dann erinnere ich mich, wie Midnight Marauders mir hilft über Sandra hinweg zu kommen. Ich erinnere mich bei Media Markt in Dewdrops In The Garden von Deee Lite und auf der Bergmannstraße in Rockers To Rockers von Rockers Hi-Fi reinzuhören und daran, damit nichts anfangen zu können und gleichzeitig die Gewissheit zu haben, diese Musik irgendwann zu lieben. Ich erinnere mich, dass es bald genauso ist und ich erinnere viele weitere solcher Situationen. Ich erinnere mich daran, alleine in der Bergmannstraße in einem Café zu sitzen und erstaunt festzustellen, dass alle um mich herum kiffen. Ich erinnere mich genau an die erste Wohnung in Potsdam, ich erinnere mich an die Kohleöfen und den Geruch. Ich erinnere mich daran, dass die erste CD die in dieser ersten Wohnung läuft auch die erste CD ist, die ich mir überhaupt kaufe: Sketches Of Spain. Ich erinnere einen langen verkifften Abend in meinem kleinen WG Zimmer, als 4 (nicht mehr ganz) Jungs auf einmal Dub, Drum‘n‘Bass und Trip Hop entdecken und ich erinnere mich, dass in der nächsten Wohnung kaum andere Musik läuft. Ich erinnere die bunte Küche in dieser Wohnung, die Tassen, die an einem Brett hängen auf dem der CD Spieler steht. Wie in einem S-Bahn Bogen nahe des Alex zu Move On Up von Curtis Mayfield getanzt wird. Ich erinnere mich an ein Konzert im Waschhaus, bei dem ich so gar nichts von der Band mitbekomme und das bis heute nicht bereue. Ich erinnere mich an mein Auslandsjahr in den USA, als alle CDs in einer großen Mappe sind, John Coltrane an meiner Wand hängt und ich meine erste Emailadresse besitze. Ich erinnere mich, mit Florian die Plattenläden in New York zu durchstöbern. Ich erinnere mich an ein Lee Scratch Perry Konzert und an das Gefühl, in Trance zu sein. Ich erinnere mich, mit Brand von Keith Hudson im Dezemberregen die Herrmanstraße entlang zu gehen. Und ich erinnere mich, dass ich darüber einen meiner ersten Posts auf Manafonistas schreibe. Ich erinnere mich daran, als erstes Lied im neuen Jahrtausend einen Remix von Stars von Nightmares On Wax aufzulegen. Ich erinnere mich daran zu bedauern, nicht The Strokes, The White Stripes oder Phoenix mit Edding auf Schultische schreiben zu können. Ich erinnere den Umzug nach Hannover, ich erinnere mich an No Other und Inspiration Information. Ich erinnere mich an die Platten und CDs, die Olaf mir überlässt (oder leiht er sie mir nur aus und die sind trotzdem noch bei mir?) und ich erinnere mich an die Überraschung, dass mir Musik von Brian Eno gefällt. Ich erinnere mich daran, mir am Ende meines ersten Schuljahres als Lehrer einen iPod Nano zu kaufen und wie der mein Leben versüßt. Ich erinnere mich an die erste Zigarette morgens am Bahnhof mit Musik auf den Ohren. Ich erinnere mich an den Shake Baby Shake Blog und die Spoonful CD Reihe. Ich erinnere mich daran, die letzten Monate meiner Anstellung in Braunschweig immer wieder So long Sorrow Town von Michael J. Sheehy & The Hired Mourners zu hören. Und ich erinnere mich, an meinem letzten Arbeitstag dort in einem Einkaufszentrum mit Schlossfassade das Reissue von Pacific Ocean Blue zu kaufen. Ich erinnere mich, über Manafonistas ein Album von John Cage auf Obscure Records zu entdecken und wie sich musikalische Universen öffnen. Ich erinnere mich an meinen guten Vorsatz für 2016, mir in dem Jahr nur Schallplatten und keine CDs zu kaufen – und ich erinnere, dass ich den Vorsatz seitdem weitgehend einhalte. Ich erinnere mich, zwei Meter Spex Hefte zu verschenken (und ich erinnere mich an hunderte Spex Coverbilder, Artikel, Fotos, Rezensionen, sogar Anzeigen). Ich erinnere mich an einen Artikel bei Spiegel Online über die Jazz Szene Finnlands und ich erinnere mich danach die nächsten ca. 10 Wejazz Releases zu kaufen. Ich erinnere mich, dass mir im Lockdown neue Boxen geliefert werden und wie toll Shore von den Fleet Foxes darauf klingt. Ich erinnere mich an das Glück bei einer Flasche Weißwein Gefühlte Wahrheiten zu hören, ich erinnere mich, den letzten Sommer dieses Album durchgehend zu hören.