Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

 


In der ersten Folge der sehenswerten Doku-Serie über das Jahr 1971 mit dem grosssprecherischen  Zusatz „the year that changed everything“ tauchen einige ikonische Alben auf, die – 1971 – Musikgeschichte geschrieben haben, und das mit guten Gründen. John Lennons „Imagine“ etwa, oder Marvin Gayes „What‘s Going On“. Wäre eine Serie über das Jahr 1968 gemacht worden, Van Morrison hätte grosse Chancen gehabt, mit seinem Klassiker „Astral Weeks“ gewürdigt zu werden. Aber man wäre schön blöd, wenn man den allgemeinen Konsens folgen würde und denkt, so könne man zielsicher die Meilensteine fürs eigene Leben abgreifen. Mir lag „Veedon Fleece“ lange Zeit viel mehr am Herzen, aber damals erhielt dieses bukolische Opus mit irischem Flair so manchen Verriss. Der amerikanische „Rolling Stone“ wartete geradezu mit einem vernichtenden Urteil auf. 
Jim Miller machte sich über die Platte lustig und warf mit unfreundlichen Begriffen wie „abortive“, „aberration“ und, am direktesten, „pompous tripe“ um sich.

 

Ich war dem Album von Anfang an verfallen, aus ganz und gar eigenen Motiven. Die Musik verzauberte mich. Der „Rolling Stone“ machte sich ja auch, später, nicht weniger lustig über Joni Mitchells Album „The Hissing of Summer Lawns“. Der Melody Maker und der NME verrissen unisono Brian Enos „Music For Airports“, und Herr Hilsberg liess in der „Sounds“ kein gutes Haar an „London Calling“ von The Clash. Werch ein Illtum, könnte man mit Ernst Jandl ausrufen, aber es ist auch komplett egal. Ob einem Album der jüngeren Musikhistorie Meisterwerkstatus zuerkannt wird, liegt an vielen Faktoren –  eine Wahrheit „an und für sich“, im philosophischen Sinne, gibt es nicht, schon gar keine Hierarchisierung sprachlicher Rollenmodelle.

 

Und  nur, weil von Zeit zu Zeit ein anderer „common sense“ in Erscheinung tritt, sollte man keineswegs in irgendeinen Jubelchor einstimmen, hinsichtlich bestimmter Langspielplatten. Die Sache mit  der Uhl und der Nachtigall, genau! Ob ein Album  eine besondere Wertigkeit zukommt, existenziell wird, sowas wie „life‘s company“, bleibt besser  den ganz persönlichen Entdeckungsreisen vorbehalten, und keinem Kanon oder Guru.

 

Leonard Cohen hielt „Veedon Fleece“ übrigens für „einen Traum von einem Album“, das nahm ich später schmunzelnd zur Kenntnis, als die Platte schon ziemlich verwittert und abgespielt war. Mittlerweile liebe ich die beiden Van Morrison-Alben gleichermassen. Jedem seine eigene kleine grosse seltsame unermessliche Welt. (Wie Van jetzt den Corona-Leugnern nachplappert, in peinlichen Protest-Attitüden und lächerlichen Songs, sich dabei selten blöd entrüstet, zeigt natürlich, dass er derzeit einen gewaltigen Schuss hat.)

 

Und damit ist es nun Zeit, „auf den Hund zu kommen“. Das bislang schönste, hinreissendste, betörendste Album des 21. Jahrhunderts mit einem Hund auf dem Cover ist, meiner unmassgeblichen Meinung nach, „Showtunes“ von Lambchop. Und in meinen „all time favourites of albums with a dog (or two) on the cover“ ist es vor wenigen Tagen von 0 auf Platz 2 gesprungen, knapp hinter „Veedon Fleece“, und noch vor „Tusk“ von Fleetwood Mac, und vor Johnny Cashs „American Recordings“ aus dem Jahre 1994. Unglaublich, aber wahr. Übrigens, in diesen „Hunde-Charts“ liegt, bei mir, ein Album von James Taylor auf Platz 7. Der Wolf (Canis lupus) ist bekanntlich  das größte Raubtier aus der Familie der Hunde. Sinnika Langelands jüngstes Werk, „Wolf Rune“ ist mit von der Partie, auf Rang 9.  Good night, and good luck!

 

NACHSPIEL:

 

Lajla: Hunde, gemalt von Goya.
Gruß aus dem Prado.

Michael: Toll, das Bild links gefällt mir auch.
Ist das auch ein Hund?
Du bist wirklich in Madrid. Unbelievable.

Lajla: Ja es ist ein Hund, der ins Leere schaut.
Mich hat das Bild von Goya sehr beeindruckt.
Madrid ist der Hammer. Ich war noch nie hier.
Fahre Montag wieder auf die stille Insel.
I just needed a change

Michael: Das scheint ein Druck zu sein.
Aus dem museum store.
Kannst du ihn für mich kaufen,
den Hund mit dem Blick ins Leere?
Und ihn mit auf die stille Insel nehmen?
Ich komme im August und hole ihn ab.

Es war einmal eine Stimme, die man nie zuvor in der Popwelt gehört hatte: hell, aber nicht scharf, sang sie sich auf „The Kick Inside“ durch einen englischen Zaubergarten, und man staunte nicht schlecht, dass David Gilmour von Pink Floyd ihr Mentor und Produzent war. Das Album war mehr “pink” als “floyd”, und begleitete mich durch einen Würzburger Sommer, es passte gut zu Obstwein und Flussspringen. Heute hat Pitchfork eine Besprechung von Kate Bush‘s „Hounds of Move“ (1985) veröffentlicht und dem Album die höchste Bewertung gegeben: eine 10. (eine insofern „historische Besprechung“, da es, 2011, die Reihe der „Sunday Reviews“ der Pitchforks eröffnete). Diese Sonntagsbesprechungen sind also so alt wie dieser Blog. Ein Album, das mich nie berührt hat – jeden Versuch, ihm nahezukommen, habe ich rasch abgebrochen. Viele halten das Album für ihr absolutes Meisterwerk. Und für eines der grossartigsten Alben der Achtziger Jahre. Tatsächlich habe ich genau drei Lieblingsalben der Engländerin, und das sind, in zeitlicher Abfolge, The Kick Inside (1978), Aerial (2005) und 50 Words for Snow (2011). Als 1982 „The Dreaming“ erschien, war ich ganz wild auf das Werk, weil ich in jenem Jahr ohnehin viel träumte (total verliebt am Ende der Welt), und auch,  weil Eberhard Weber im Vorfeld als Mitwirkender angekündigt war.  Aber auch das Album konnte mich nicht faszinieren. Was waren die Gründe, hier und da? Rückblickend kamen mir beide Alben wohl mit zuviel Hall herüber, die Lieder erschienen mir überfrachtet, und die Synthesizersounds pompös und künstlich. Das reime ich mir jedenfalls nun, aus der Erinnerung, so zusammen. Zu gerne würde ich hier von jemandem eine „Liebesklärung* an Hounds of Love“ lesen. Sollte das passieren, werde ich das Album demnächst spät abends auflegen, und am Tage darauf von dem Hörerlebnis erzählen.

* schöner Verschreiber: „Liebesklärung“

Der eine hatte ein Clownsgesicht mit kleinen roten runden Bäckchen. Der zweite ein blutiges Gesicht, Kunstblut, und lachte. Der Dritte sah auch leicht lädiert aus und war Jochen S.. Wir sassen in einem grossen Restaurant, die Arbeit war getan, und doch fragte ich ungläubig in die Runde: „Wir sind doch nah an den Hollywood Hills?“Dann stimmte einer einen Gassenhauer an, der mir irgendwie bekannt vorkam. Wir sangen aus voller Kehle, während wir freundlich bedient wurden. Die eine Treppe tiefer sitzenden Gäste des Diner stimmten ein und alle sangen diese alte amerikanische (?) Melodie. Rückblick: wir hatten wohl die Folge einer Krimiserie abgedreht, und ich weiss noch genau, wie ich die Treppe zu meinen Jungs hoch ging und ihnen zurief: „Ist doch toll, wenn man Detektiv ist!?“ Von dem zuvor erledigten bzw. abgedrehten Fall blieb mir nur das Ende in Erinnerung (beim Erleben der Geschichte hielt ich alles für real und keineswegs für einen Film). Es ging um Kunstdiebe, die sich Zugang zu einer verlassenen Edelvilla verschafft hatten. Schlussendlich konnten wir Vier die Warnanlage von draussen aktivieren, und die zwei Gängster in Innenräumen einschliessen, bis die Cops kamen. Es war ziemlich aufregend davor, aber, wie gesagt, no more plot memories. Als wir nun beieinander sassen, zu Pizza und Bier, merkte ich, dass dies ein Traum war – mein Bewusstsein schaltete sich ein, lucid dreaming! Ich lachte laut, und teilte unserem detektivischen Quartett mit, dass dies hier zu allem Überfluss ein Traum sei, und der mit dem Kunstblut sagte, unvergesslich: „Ich fühle mich vollkommen real!“ Alles klar, dachte ich, rief ihnen „see you later, alligator“ zu und flog in den Himmel über Hollywood, bei vollem Bewusstsein. Sicher einer Viertelstunde dream time*, bis ich meine Luizidität verlor. Einmal sah ich dabei die vier Präsidentenköpfe aus der Ferne,  aus grosser Höhe, rief lauthals „north by northwest“, und wünschte mir die Luft etwas wärmer. Und so geschah es. Ich flog in Pirouetten, und dann in himmlisches Blau hinein.

 

*wenn man im luziden Zustand ist, erfolgt die Zeiteinschätzung so realistisch wie im Wachbewusstsein. Weil: das Wachbewusstsein ist ON. Etwas, das manche sich so schwer vorstellen können. 

 

Es ist klar. Einer der aneckt und unbequem ist, wird von der Krach- und Spiessgesellschaft des DFB rasiert. Der beste deutsche Schiedsrichter (neben Aytekin, der in frühen Jahren eine Spassbremse war, und sich toll entwickelt hat) wird sein wohl letztes Spiel am Samstag in Dortmund feiern – es wäre ein noch würdigerer Rahmen, wenn es vor Fans passieren würde: dann wären ihm standing ovations sicher. Manuel leitet Spiele empathisch, und ich habe mich immer gefreut, wenn er den BVB gepfiffen hat. Dass er ein kluger Kopf ist, konnte man letzte Woche im Aktuellen Sportstudio sehen. Die ganz grossen Moderatoren*innen hat diese alte Sendung in den letzten Jahren kaum noch hervorgebracht, fast alle kommen glattgebügelt daher, selbst in manch kritischer Nachfrage. Ich wünsche mir Andrea Petkovic. Immerhin wird Manuel das ZDF-Team bei der anstehenden EM begleiten, aber wer interessiert sich, nach all den Kläglichkeiten der letzten Jahre von Löw bis Keller und Co. noch für die EM? Wahrscheinlich wird Armin, der Clown aus Aachen, dort mit seiner Gutmenschenfassade auf Stimmenfang gehen. Im nächsten Jahr dann die von Anbeginn an kontaminierte WM in Katar – das kann ja wolkig werden. Die anrührenden Happy Ends dieser Saison gab es in Mainz und Dortmund. Und bei den „Eisernen“ aus Berlin (mit oder ohne Europa). Übrigens: Terence Hill ist BVB-Fan, kein Witz – seht euch doch einmal seinen besten Film an: „Mein Name ist Nobody“.

 

 
 

Auf Sizilien habe ich ihn entdeckt, auf Sizilien suche ich stets nach neuen Werken von Battiato. Er versammelt alle Themen, die mir in diesem Leben gefallen: Frieden, Malerei, Philosophie, Musik, Tanz, Reisen und Neighborhood.

Kurz vor Reisen in den Süden stimme ich mich mit seiner Musik ein, die von Verwandtschaft zu Cage, Stockhausen, Costello, Berte, Beethoven … zeugt.

 

2021 18 Mai

Tagesnotiz

von | Kategorie: Blog | Tags:  | | 4 Comments

 

„Die Zeit“ verreisst ein Netflix-Produkt, das von der Fernsehzeitschift meines Vertrauens namens Gong, in vertrauten Kreisen auch „Misses Gong“ genannt, mit sechs Würfelaugen hochgejazzt wird. The Woman in the Window heisst der besagte, aktuelle Film. In diesem Fall vertrauen wir der Einschätzung aus der Hanseatenstadt, sind eh nicht bei Netflix gemeldet zur Zeit, weil der neue Fernseher mit eingebautem „Meskalin-Effekt“ die Pforten der Wahrnehmung geöffnet hat und jeglichen noch so banalen Inhalt wie Lucy in the Sky with Diamonds rüberbringt, vorzugsweise aber Nachrichten, Weltbilder, Kulturbeiträge und sogar Naturfilme zum Hochgenuss macht. Es stellt sich Entspanntheit ein, Detailzauber und das herrliche Gefühl: alles ist gut (mal abgesehen davon, dass die Krisen in Nahost und anderswo ja gar nicht gut sind und bestätigen, was ich heute morgen bei einem Düsseldorfer Denker namens Rudolf Heinz las: dass der Kern des Menschseins Feindschaft sei, und die geballte Ansammlung arabischer Judenhasser hierzulande sah unsereins ja auch vor Jahren schon kritisch, Regierungskreise scheinen hier mal wieder recht blauäugig, those sleepwalkers sleepwalking). Zurück zu Amy Adams und The Woman in the Window: schade, wäre schön gewesen, ihre Schauspielkunst mal wieder zu bewundern. Sharp Objekts jedenfalls bleibt in Erinnerung, da gäbe ich sogar die volle Sechs, Misses Gong!

 

As Soul Jazz Records HQ (London) announced in 2020, the duo from Tucson, Arizona, Trees Speak,  sees their project „as much a sound laboratory as a rock and roll band.“ Combining elements of experimental rock, electronic avant-garde, Krautrock and Miles Davis „Bitches‘ Brew“ era jazz. They construct abstract improvisational jams into coherent compositions in the „sound lab“ of the studio. The result is a collection of dynamic songs, as the band described them, „translucent jams for a virtual autobahn“.

 

Philosophically, the members of Trees Speak also draw inspiration from the philosophy and creative process of the Surrealist, Dadaism, The Avant-Garde and Vanguard movements from the 1920s. So far, so good, or even better – with the release of „PostHuman“ at the end of May, Soul Jazz Records will have published three albums of this highly creative duo of the Diaz brothers. „Trees Speak are Daniel Martin Diaz and Damian Diaz from Tucson, Arizona and their music often draws on the cosmic night-time magic of Arizona’s natural desert landscapes. ‘Trees Speak’ relates to the idea of future technologies storing information and data in trees and plants – using them as hard drives – and the idea that trees communicate collectively.“ (SJR HQ)

 

 

 

 

I discovered their music with the second album, „Shadow Forms“, and was particularly thrilled by their ways of keeping diverse spirits of „the golden era of kraut rock and beyond“ alive, alive and kicking – and pushing them into new landscapes. It was not a short affair, I went back to the albums again and again. Nostalgia is only a small part in the game of digging into the world of Trees Speak.

 

We exchanged some mails, and sending them some of my night hours and ideas, they obviously appreciated my ways of curating music, and are now in the mood to be virtual, real, really virtual guests on my „Moon In June“- radio night in Cologne, giving their first interview ever (which came as a surprise for me, looking at the high critical acclaim of their music). They will speak about all of their three albums and their special approach to sounds from distant eras and distant horizons. Improvisation is one of the tools of their modus operandi. Excerpts of or „trance-atalantic“ conversation will be part of the first hour, and the fourth one (the first time travel section of the June 19).  Make a mental note, don‘t miss the show for your own good. Get high without drugs – trees speak!

2021 18 Mai

„Blue Mojo in July“

von | Kategorie: Blog | | 1 Comment

 
 

The July edition. This is not advertising, this is personal. The founder of VinylChapters isn‘t bothering asking people about vinyl albums in their collections. Well  I have one with BLUE, a story still going on. An album as life‘s company, from decade to decade. „The wind is in from Africa“ … this line alone, the way she sang it, put a spell on me when I was sweet sixteen. (m.e.)

 

„I was 15, 16 and had started writing songs, and at some point my dad said I should listen to Blue and Blood On The Tracks – because those are, like, the bibles of songwriting. So I had a fall and a winter driving around rainy Seattle in my 1980s Toyota Camry listening only to those records.

I started learning all the songs on Blue and playing them at coffee shops, and for All I Want, because I wanted to do it right, I had to buy a dulcimer. The song is all about how little you need to be infinite, and the dulcimer is definitely a part of that. Dylan is like, I only need 6 strings. Joni’s like, I only need 4 – total flex!

All I Want is like the overture to Blue, setting up the mission statement that this is going to be about relationships, and we even get the first appearance of the word “blue”, with that amazing melody, moving from the G to the F for “…so I hurt you too”. It’s a master level move.

There’s stuff on Blue that I think about almost every day. Even [from River] “I’m gonna make a lot of money and quit this crazy scene” –I aspire to that sometimes! Some people have the Bible and I have Blue.“ 

(Robin Pecknold, Fleet Foxes)

2021 17 Mai

Die John Cage Methode

von | Kategorie: Blog | | 8 Comments

Video – Parts One & Two & Three

 

„Im Zen heißt es: Wenn etwas nach zwei Minuten langweilig ist, versuch es für vier Minuten  Wenn es immer noch langweilig ist, für acht. Dann sechzehn. Dann zweiunddreißig  schließlich merkt man, dass es überhaupt nicht langweilig ist … „

(J.C. )

 

Ich habe aus dem Buch Nichts tun von Jenny Odell Übungen in Aufmerksamkeit gelernt. Ich saß 60 Minuten am tosenden Meer und habe nichts getan.  Jenny Odell meint mit „Nichts tun“ nicht faul in der Sonne liegen, sondern sie beschreibt „die Kunst, sich der Aufmerksamkeitsökonomie zu entziehen.“ So lautet der Untertitel ihres Buches. Odell ist Künstlerin und Schriftstellerin. Sie lebt in San Francisco.

In dem Kapitel „Plädoyer für das Nichts“ erzählt sie von einem Kunstprojekt an einem großen Monument in San Diego.  Dort wurden Stühle aufgestellt. Die Gäste sollten nicht ihre Smartphones zücken, um Fotos zu machen, sondern lediglich den Sonnenuntergang betrachten. Als die Sonne ganz untergegangen war, klatschten sie.

Auch ich hatte das Gefühl nach 60 Minuten „Nichts tun“, nur das tosende Meer betrachtend, dass ich etwas Großes erlebt hätte.

An einer anderen Stelle im Buch erzählt Odell über eine Ausstellung von David Hockney in einem Museum in San Francisco. David Hockney ist ja zu aller erst Maler, hier zeigte er aber eine Videoarbeit. „Seven Yorkshire Landscapes“, Hockney’s Heimat, ist eine wandbreite Videoarbeit von mehreren, rasterartig zusammengefügten Bildschirmen. Damit der Betrachter genauer hinschaut, lässt er das Video in „ameisenhaftem Tempo“ ablaufen. Besucher, die das Werk gesehen hatten, berichteten, dass sie anschließend draußen alles langsamer betrachtet hätten.

 

„Der Prozess des Betrachtens selbst ist die Schönheit.“

(J. C.)

Mir ist bewusst, dass ich diese Aufmerksamkeitsübungen in großer Naturschönheit machen kann.

Jochen hatte vor einiger Zeit kurz das Buch von Odell erwähnt. Er hat mein Video, das ich an der Nordküste von El Hierro aufgenommen habe, hier hochgeladen. Ihr könnt damit üben. Wenn es nach drei Minuten zu langweilig ist, versucht es für vier Minuten …

 

 

 

 

„Ehrlich jetzt, die Platte begann mit Steely Dan, mit dem, was so 1970 bis 1977 in der Musik abging, in den USA, besonders die Sachen, die in New York entstanden?“

„Yes, and every Steely Dan record, always. I remember driving to Corpus Christi, Texas, on a beach vacation. Eating fried clams while looking at an amateur version of Botticelli’s The Birth Of Venus and then listening to Katy Lied on the way back to our geriatric condo. The balmy air.“

 

v i d e o

 

Sie hat erzählt, dass die Lieder ihres neuen Albums von dem Sound der Siebziger geprägt seien, „those rocking radio times in NYC.“ Eine zeitliche und geografische Blase, erstmal kaum mehr als eine blitzgescheite Übung aus dem weiten Feld von Retro, wäre der Grund für die Inspiration nicht so verheerend.

Vor zwei Wintern wurde ihr Vater aus dem Gefängnis entlassen, nachdem er seine Zeit für seine Rolle in einem millionenschweren Aktienmanipulationsprogramm abgesessen hatte. Sie begann zu dieser Zeit mit dem Schreiben dieser Songs, „um den Kreis einer Reise zu schließen, die mit seiner Inhaftierung im Jahr 2010 begann.“ Die Inhaftierung und anschließende Freilassung ihres Vaters habe sie zurück zu den Schallplatten geführt, mit denen er sie in ihrer Kindheit bekannt gemacht habe, erklärt sie. Platten, von denen sie glaubt, dass sie die „wahrscheinlich mehr als jede andere Musik“ in ihrem ganzen Leben gehört habe.

Der Effekt ist nicht so sehr eine musikalische Imitation, sondern eher etwas aus den Abteilungen „Tieftauchen“ oder „Tiefgraben“; ein Hinabsinken in die persönliche Gedächtnisbank der Sängerin, eine greifbare, sinnliche Erfahrung. Die Verschmelzung von Saxophon, Synthesizern, Wurlitzer, Bläsern, die außergewöhnlichen Winkel ihrer Gitarre, die Dehnung und das Schnappen ihrer Stimme bringen ein Gefühl von Großstadthitze: sie drücken gegen die Haut und winden sich um die Beine, schwül und durstig und fiebrig. Dazwischen hängen drei Interludien wie Dunst. Alles, Achtung Modewort, tiefenentspannt. Aber hinter der Pose das Trauma, das Tanzen, und das ganze Theater namens Ich (schwankende Grösse), Du (schwankende Grösse). Und Welt (verloren, gefunden). Man höre das Album mal in aller Ruhe. Und stellt dann wohl fest, wie verstörend dieser Sound der Seventies daherkommt, nämlich nicht als Ruhekissen, Seelenbalsam, sondern als, zumindest streckenweise, reichlich tollkühne Wiederbelebung voller Verfremdungen. Ob das Album nun verstört oder verzaubert, liegt ganz im „ear of the beholder“. Bei mir wirkt‘s!  (P.S. Liebwr Jan, hier ist als Co-Produzent, und Co-Player, wie bei Lana Del Ray zuletzt, wieder Jack Antonoff dabei, der Typ ist ganz gross!)

 

(getextet, remixt von Laura Barton, Michael E. Und Deep L.)

 


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