Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2021 5 Juni

„Caring“

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„Paying attention to how the music works on the body. And paying attention to how time is inhabited. Where is the Joy, where are the moments of sadness? it’s about really caring about feelings, you know, and often as musicians, we we find ourselves caring about other things like accuracy, for example, you know, which is not a feeling. It’s not a feeling, and it doesn’t elicit a feeling in anybody else. That’s just this kind of like demon who lives inside of us, who tells us we’re not good enough, you know.“  

 

(Vijay Iyer, speaking about the making of their latest album „Uneasy“ that, with a kind of „power trio at work“, no doubt, cares about emotions)

2021 5 Juni

„Birdhouse In Your Soul“

von | Kategorie: Blog | | Comments off

Ich erinnere mich an frühe Radiojahre, in denen viele Schallplatten und Cds ungefragt in meinem Postkasten landeten, und 70 % davon waren kompletter Mist. Aber es gab eben auch Entdeckungen, wie die Musik von They Might Be Giants, ein Bandname, der wohl auch ein selbstironischer Kommentar zu ihrer Stellung in der „independant music scene“ war. Ich mochte ihre Schrägheit, ihren Humor, ich war kein so grosser Freund ihres Sounds. Aber als heute Herr Pitchfork, namentlich Quinn Sowieso, seine Liebeserklärung an diese Band veröffentlichte – der Aufhänger war ihr Album „Flood“ aus den frühen  Neunzigern – kramte ich das Teil aus dem Archiv hervor. Und, da staune ich gerne – obwohl ich immer noch kein Freund dieses hallig-dichten Klangbildes mit viel „Casio“ bin, verlieren sich diese Bedenken mit der Zeit, und das ganze Album behält eine seltsame Strahlkraft. Eine Art fast vergessene, heimliche Liebe. Bin mir ziemlich sicher, dass Wayne Coyne von den Flaming Lips ein grosser Fan des Duos ist. Ich zitiere Quinn. (m.e.)

 

Nirgendwo ist die Vorstellungskraft tiefgründiger als bei dem skurrilen Hit des Albums, „Birdhouse in Your Soul“, der aus der Sicht eines Nachtlichts geschrieben wurde. Über einer gleichmäßigen Snare und einem schrillen Arrangement, das stark von den Lovin‘ Spoonful inspiriert ist, schüttet dieser leuchtende Erzähler einen Bewusstseinsstrom aus, der sich unter anderem auf seinen Stammbaum bezieht. „Obwohl ich das sehr respektiere, würde ich gefeuert werden, wenn das mein Job wäre“, sagt er zu seinem Leuchtturm-Vorfahren – „nachdem er Jason und unzählige schreiende Argonauten getötet hat“. Obwohl die schwungvolle Melodie nach außen hin fröhlich wirkt, hat „Birdhouse“ etwas subtil Bedrohliches an sich, vom bissigen Trompetensolo bis zur schwankenden Bridge: „Ich bin dein einziger Freund/Ich bin nicht dein einziger Freund/Aber ich bin ein kleiner leuchtender Freund/Aber eigentlich bin ich nicht dein Freund/Aber ich bin es.“ Es ist brillant, es ist atemlos, und Junge, es ist bizarr.

Natürlich gibt es eine Geschichte der „Konkreten Musik“, die aus Geräuschen eine eigenartige Klangwelt filtert, oder sich inspirieren lässt von Geräuschen, Naturklängen, mitunter aussterbenden Geräuschen einer bestimmten Tier- und Pflanzenwelt – aber so erfinderisch, so verwegen, habe ich in den letzten Jahren kaum eine Musik wahrgenommen, die eine Bio-Sphäre erforscht, durch Recherchen und Studien vor Ort, um später im Studio aus all den Fundstücken ein Album zu entwickeln, das alle gängige Esoterik erhabener New Age-Sounds so vollkommen abstreift wie nüchtern-akademische Feldforschung. Gab es Vorbilder für diese Musik, und ihre einzigartige „Psychedelik“?

 

 

Die Nacht der Klanghorizonte am 19. Juni beginnt mit einem langen Musikstück, ich sage vorher kein Wort. Wenn man die ersten Minuten davon gehört hat, weiss man ohnehin, wo der Bartel den Most holt in dieser Nacht. Es gehört zu einem Genre, das gar nicht so fest umrissen ist, und von Nik Bärtsch „ritual groove music“ genannt wird. Damit verhindert er die üblicherweise ins Spiel gebrachten Wörter mit langen grauen Bärten, wie „Jazz“, „Minimalismus“, „Ambient“ und „Klassik“. Klassik hat den längsten Bart, historisch gesehen – um ihn zu stutzen, beschränken sich einige auf „Zeitgenössische Klassik“. Wörter wie „zeitgenössisch“ halten sich auch nur noch im Feuilleton wacker aufrecht, sie sind massiv einsturzgefährdet, so obsolet wie heutige Parteitage der von Gerhard Schröder abgewirtschafteten SPD, auf der man sich immer noch feuchtfröhlich als „liebe Genossinnen und Genossen“ anredet. Zur „ritual groove music“ könnte man leichterhand The Necks zählen, „Joshua Abrams & The Natural Information Society“, Nik Bärtschs Ronin sowieso, und das wunderbare Album, das meine Radionacht einleiten wird. Interessant, das ich bei dem ersten Stück der CD hier und da an die feinen repetitiven Wirbel der „ride cymbal“ von Eberhard Webers Album „Yellow Fields“ dachte! Ein Album, das man „organische Puls-Musik“ nennen könnte (wenn das nicht zu sehr nach veganem Lebensstil klingen würde), und bis heute nichts von seiner Magie verloren hat. Mein erstes Album der Nacht ist ein Werk, dem man daheim am besten von Anfang bis Ende lauscht. Es ist, nebenbei bemerkt, exzellent aufgenommen, und muss keineswegs laut gehört werden. Die Musiker leisten sich den Luxus, ihre Tableaus in oft recht hohen Tonlagen anzusiedeln, ohne schrill zu werden. Die Luft ist halt dünn in solch entlegenen Terrains (und Nachtlandschaften), über denen das  beste Opus, das diese Bande Gleichgesinnter je gemacht hat, schwebt, in all seinen aufregenden Perspektivwechseln, Eindunklungen, und Verwirrspielen. Ich verleihe dem Album 4 1/2 Sterne. Soviel, wie John Green in seinem tollen Essayband über das Anthropozän den Höhlenmalereien von Lascaux gibt. A strange, strange world, und, for sure, one my 33 favourite albums of 2021. Dim the lights, and follow the tapestries. 

 

2021 2 Juni

Madrid erwacht

von | Kategorie: Blog | | 6 Comments

Neben dem kunstschatzreichen Prado haben mich vor allem die Straßen in Madrid interessiert. Ich wollte herausfinden, wie die Madrilenen den besonders harten Lockdown mit den heftigen Verlusten verkraftet haben.

Ich war noch nie in Madrid, habe die Stadt in Francozeiten gemieden, aber auch die harte Sprache hielt mich von ihr fern.

Ich wohne im Literatenviertel, mein Nachbar ist Cervantes – ist er wirklich so gut wie Goethe? Die schmalen Straßen im „Barrio der las Lettras“ sind beschaulich, ruhig. Wo sind die Autos der Bewohner der bis zu 10Stockwerk hohen Gebäuden? Hier geht man zu Fuß. Überall sind die Bars geöffnet, einige haben noch Entschuldigungsschilder hingehängt.

 

 

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Nur wenige sind noch am Saubermachen, weg mit dem Lockdown-Staub. Noch nicht entfernt sind die herzlichen Grüße an die Nachbarn.

 

 

 

 

Noch tragen die meisten Masken, aber in und vor den Bars herrscht wie ehedem Gesichtssicht. Sie sprechen viel und laut, sind Dauertelefonierer und tragen die besten Schuhe: boots of spanish leather. Ich sehe nicht wenige Frauen in ausgesprochenen Festtagskleidern. Es ist ein normaler Donnerstag. Sie scheinen ihren Frischluft-Catwalk zu genießen. Toll.

Ich reihe mich in eine endlose Schlange ein, weiss nicht so genau wofür. Am Ende steht man einem schwarzen Jesus gegenüber, dem die Menge für das Überleben in der Pandemie dankt und für die Verstorbenen betet.

 

 

 

 

Der 29. 5. ist nationaler Armeetag. Ich stehe mit Vielen an der Absperrung und vergesse vollkommen die Abstandsregelung. Freizeituniformierte schreien neben mir: VIVA Espagna, als die spärliche Garde mit ihren gestreckten Lanzen an uns vorbeimaschiert. Ich denke, dass nur 10 m weiter das große Picasso Gemälde „Guernica“ hängt. Ùber uns malt die Luftabwehr die leicht verschobenen Nationalfarben in den Himmel.

 

 

 

 

Auf dem Weg nach Chueca komme ich an einer ewig brennenden Flamme vorbei. Für wen flackert sie? Für alle an Covid Verstorbenen.

 

 

 

 

Chueca ist das angesagte Schwulenviertel von Madrid. Hier flaniert Mann mit Mann in gewagten Outfits. Ich sehe über eine weite Restaurantterrasse, wo nur Männer ihren Cortado trinken. Wir sind nicht in Arabien, aber in Tausendundeinernacht. Von so geballter Lebensfreude, solch hedonistischem Hochtreiben muss doch etwas an Energie in die Gesellschaft fließen. Was hier an Mut in der Tabulosigkeit geboten wird, ist frappierend. Sicher wurde hier während des strikten Lockdowns in jeder Besenkammer gefeiert. Ich lese im Internet über Chueca, dass es vormals ein kriminelles Prostituiertenviertel war, das von den Homos und Heteros „domistiziert“ wurde, nicht nur für die Epikureer. Feinschmecker kommen hier nur schwer an den einladenden Geschäften vorbei.

 

 

 

 

Buen provecho, schmeckt wie immer.

1 – Am Ende eines Gespräches

 

In my next radio night I will play a long track from Robert Ashley‘s masterpiece „Private Parts“. A special voice tells a story full of apparently marginal things (but nevertheless a meditation on life), accompanied by interesting „background music“. Recommended for your ears, Kurt, also,  because of the way you are working with  language on Showtunes.“

“The  name rings a bell, Michael. Special background music – that was the  case, too, when Bob Dylan read his speech for the Nobel Prize, just being accompanied by a piano.“

“A propos piano. In a review of Showtunes, I put your album alongside some other albums from different genres that, for me, have a similar kind of nakedness, intensity and intimacy. And one of them was a piano solo album by Paul Bley: „Open, to love“.  Go for that, Kurt, it‘s awesome midnight music.

„I will, Michael. I love ECM“.

 

(transcribed from memory, from yesterday‘s Zoom-interview with Kurt Wagner (Lambchop) in Nashville, Tennessee)

 

 

 

 

2 – Einige dieser Sommerabende

 

Der Sommer, der morgen beginnt, und obwohl er schon ein paar Tage offenkundig war, rasch wieder von einer Regenfront und kühlen Winden verprellt wird, hatte genug warme Wiesen parat, um sich darauf zu räkeln, in die neuen Kurzgeschichten von Haruki Murakami abzutauchen,  oder sich vom feinsinnigen Humor der Essays von John Green entführen zu lassen – und obendrein gab es die angenehm kühlen Abende mit verlangsamten Blicken zu den Restlichtern dieser Tage (Laternen, Abendrot, Grillkohle), sowie Alben, die, wie in alten Zeiten, zur Nacht hin, abwechselnd den Plattenteller blockierten: immer wieder „Showtunes“ von Lambchop, „Promises“ von Floating Points, und das Album mit mehr als einem Hauch einer alten Stadt der Mayas. „Every repetition is a form of change“ (Oblique Strategies, oder Heraklit, ganz wie man will).

 

 

3 – In bester Gesellschaft von „Showtunes“

 

Mark Hollis’ solo album, Joe Lovano’s „Trio Tapestry“, Nico‘s „The Marble Index“,  Paul Bley‘s „Open, to Love“, Brian Eno‘s  „Another Day On Earth“, Prefab Sprout‘s „I Trawl The Megahertz“, John Cale‘s „Music For A New Society“, and the last album of Jacques Brel, the one with a pale blue sky and pale white clouds

 

 

4 – Nachspiel

 

Trio Tapestry‘s sense of melody, space and  letting-go  is immaculate. I will always remember their first record, one of the jazz miracles of 2019. For me, it was the best album Joe Lovano ever made, with Manfred Eicher’s perfect sequencing of the tracks. Listen to the vinyl: suspense, sound and silence in perfect union. It is quite natural that this follow-up lives up to the high standard of the first meeting in New York. Now with a deeper touch of Provence pastel and colours at dusk. You can think of every jazz writing cliche of praise, from „filigree“ to „elemental“, and be sure that Lovano, Crispell and Castaldi are breathing new life into it. After the first three pieces of pure baladry (written by soul, not by the book), the appearances of sound take more and more adventurous side steps, from moments of pianistic unrest and upheaval, to an exploration of metal and sound in Castaldi‘s drum figures. A zen-like purity‘s bold pairing with an adventurous spirit. „Garden of Expression“ delivers everything with grace, selflessness and the most nuanced sense of  tempo, time standing still and a flow of undercurrents. If this sounds slightly over the top, let the music take over, dim the lights and follow the tapestries!

 

2021 30 Mai

Nachschlag

von | Kategorie: Blog | | Comments off

 

Ohne Gegenmaßnahmen hätte die Coronavirus-Pandemie dem Imperial College in London zufolge in diesem Jahr mehr als 40 Millionen Menschen weltweit das Leben kosten können. Ein paar Unwägbarkeiten gibt es bei solchen Studien immer, aber natürlich stimmt die traurige Tendenz dieser grossen Zahl. Nun darf man sich auch ohne grosse mathematische Anstrengungen einen weiteren Fakt vor Augen führen: als die zweite Welle hierzulande noch recht langsam Fahrt aufnahm, wurde von vielen Wissenschaftlern eine Strategie namens „Zero Covid“ entwickelt, die, wäre die Bundesregierung ihr zeitnah gefolgt, Tausenden hierzulande das Leben gerettet hätte.

 

Allein die zähen Strukturen des Föderalismus und eine in der zweiten Welle lange Zeit erschreckend entscheidungssschwache Regierung führten zu permanenten Verzögerungen, bis die Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes und die „Bundesnotbremse“ mit Ach und Krach umgesetzt wurden. Was Drosten, Brinkmann, Lauterbach und Co. frühzeitig angemahnt hatten, wurde denunziert (etwa von der FDP), und so lange „ausgesessen“, bis man gar nicht mehr anders konnte. Das katastrophale Agieren der EU bei der Beschaffung von Impfdosen (in der ersten Phase) sorgte sogar dafür, dass Boris Johnson (ein von Grund auf antidemokratischer Politiker) bei Befürwortern des  Brexits fast zum Helden stilisiert wurde, und nun seine Ziele wie etwa die Zerschlagung der BBC und des kritischen Journalismus in England weiter verfolgen kann.

 

„Zero Covid“ hatte nie das naive Ziel, das Virus auf die Zahl 0 zu bringen, wie manche behaupteten, um den fehlenden Realismus des klugen und äusserst pragmatischen Papiers der Wissenschaftler fälschlich zu beklagen, sondern u.a. durch konsequente Shutdowns und eine zwangsweise Verpflichtungen aller wirtschaftlichen Betriebe zu fortlaufenden Testungen für eine massive Eindämmung zu sorgen. Was Neuseeland vorgemacht hatte, hätte auch hier zu umfassenden Erfolgen geführt.

 

Nun ist man auf einem vermeintlich guten Weg, den man, so viel effektiver, viel früher hätte beschreiten können. Und so wird es wohl kommen: statt eines dringend erforderlichen poltischen Wandels, wird im Herbst eine schwarzgelbe Koalition die Regierung überehmen, mit dem unsäglichen Lobbyisten Lindner in der rechten Flanke, und Armin, einem Kanzlerdarsteller par excellence, der sich, der grösste Witz in diesem Szenario, auch noch als Klimaschützer inszeniert, und am liebsten im Wettstreit mit seinem Spezi Söder reihenweise Wälder retten und Bäume umarmen möchte. Wäre es nicht so traurig, es gäbe viel zu lachen.

 

 
 

„Listening to „Live in Stuttgart 1975“ brought to mind something Can keyboardist and conductor Irmin Schmidt told this writer a decade ago in the studio at Les Rossignols, his rural nerve centre in south-east France. “What fascinates me for over 40 years are swarms of birds and of fishes,” he said. “These creatures being one dense thing and, all of a sudden, expanding and all these movements… I could watch them for hours if I had the chance. The concept of murmuration – of spontaneous order emerging from multiple autonomous minds, moving in beauteous random harmony – is as good a comparison as any when investigating the Can live experience.“

(Ian Harrison, Uncut, July 2021)

Das vierte Album von Trees Speak aus Arizona ist eine weitere aufregende Entwicklung in ihrer schnell wachsenden Diskographie,“ schreibt Martin Simpson in „AllMusic“, „und verpackt eine Fülle von Ideen in seinen 18 Tracks. Mit jeder weiteren Veröffentlichung hat die Gruppe ihren Fokus gestrafft, ihre ausschweifenderen Impulse zurückgedrängt und abendfüllende Reisen mit einem echten Sinn für Progression geschaffen. PostHuman ist ihr bisher filmischstes Werk, bei dem jeder Track einer eigenen Filmszene gleicht, die oft nahtlos ineinander übergeht, um die Kontinuität zu wahren.

 

In den Klanghorizonten am 19. Juni wird Musik aus allen drei Alben des Duos zu hören sein, die zwischen 2020 und 2021 bei Soul Jazz Records erschienen sind (ihr Debut kam auf einem kleinen italienischen Label raus) –  „Ohms“. „Shadow Forms“, und nun „PostHuman“. Zudem beantworteten die Brüder Diaz ein paar meiner Fragen via Email. Hier ein kleiner Auszug. Und die Innenseite des Klappcovers der Vinyl-Version. An Jan Reetzes Buch („Times & Sounds – Germany’s Journey from Jazz and Pop to Krautrock and Beyond“) zeigten sie sich hochinteressiert, und die Leküre wird diesen (wie ich vermute) sehr jungen Klangforschern wohl noch manche Tür öffnen. 

 

 

 


„We accidentally stumbled onto the nexus of Kraut-Rock. We believe they (the original makers of the Kraut sound) were experimenting with minimalism as well. It was very organic and unintentional that we crossed paths with the philosophy behind that style of expression. It was the most natural thing we could do at the time. Some of the names that kept coming up for us and still do to this day are Schoenberg, Stockhausen, and John Cage. They still influence us to this day.“

2021 27 Mai

Drei schwarze Hunde

von | Kategorie: Blog | | 4 Comments

Es ist ungefähr ein Jahr her, dass Sandra und ich beim Mailen auf das Thema Laufen kamen und sie mir den Link zu einen Trainingsplan schickte: „30 Minuten Joggen am Stück innerhalb von acht Wochen“. Ich habe zwar länger als acht Wochen gebraucht, kann aber jetzt mein einjähriges Trainingsjubiläum feiern und es geht ein Jugendtraum in Erfüllung, wenn auch mein Fahrrad jetzt öfter im Keller steht. Für mein Lauftraining haben sich drei Varianten eingependelt – die kleinste Runde nur um die Strecke am Bahndamm, oder bis zur Autobahnbrücke oder bis zum Outdoor-Fitnessstudio – je nach Energie und Uhrzeit, denn ich bevorzuge die Zeit vor der Dämmerung, es soll aber nicht dunkel sein. Irgendwann will ich eine größere Runde in diesem Park schaffen, der an einen kleinen Fluss grenzt und einmal ein Bundesgartenschaugelände war, das man inzwischen verwildern lässt. Schon als Kind habe ich bei meinen Radtouren die unbefestigten, nicht asphaltierten Wege gesucht, und ich wähle gern den Umweg über einen nicht so gut ausgebauten Schotterweg mit großen Dellen, die Platz für Pfützen bieten und die im Winter mit ihren Vereisungen für spannende Trainingsbedingungen gesorgt haben. Dieser Schotterweg führt an einem großen Grundstück mit einem Haus vorbei, eine ungewöhnliche Lage, befinden sich hier doch eher Kleingartenanlagen. Das Haus fasziniert mich. Es wurde vor vielleicht zehn Jahren gebaut, liegt innerhalb der Großstadt geradezu abgelegen, und dennoch zentral. Es sind einige Parkplätze für bestimmte Kennzeichen markiert. Das Grundstück ist durch einen hohen Drahtzaun und mit Stacheldraht gesichert und immer sind zwei große schwarze Hunde zu sehen, die sich sichtlich gut miteinander verstehen, die miteinander herumtollen, wahrscheinlich ein Paar sind, die im Gras liegen oder unter den Bäumen und zu schlafen scheinen, jedoch innerhalb von Bruchteilen von Sekunden scharf reagieren. Früher haben sie mich mit ihrem Bellen und Herumlaufen direkt am Zaun immer erschreckt. Inzwischen sind sie ruhiger geworden, dosieren ihre Energie. Gestern kamen mir hier eine Frau und ein kleiner schwarzer Hund entgegen. Der Hund wirkte so tapsig, fröhlich und unbefangen wie ein Welpe, und er zielte mit all seinem Charme direkt auf mich zu. Ich war verwirrt darüber, dass sich hier jemand nicht an die Regeln hält. Ich kraulte ihn am Kopf und er drückte seine nassen Pfoten an mein Knie und schaute mich an. Die Frau machte sich Sorgen um meine Trainingshose, aber ich genoss einfach nur dieses Glück.


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