Kate Sudgen
»She’s as good as people like Liz Fraser«, Mr. Wells says, and he adds: »It’s almost like her voice sounds like it’s double tracked without it being double tracked, like Gerry Rafferty or Robert Wyatt. There’s a graininess to it.«
on life, music etc beyond mainstream
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2018 5 Apr.
Michael Engelbrecht | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | 2 Comments
Kate Sudgen
»She’s as good as people like Liz Fraser«, Mr. Wells says, and he adds: »It’s almost like her voice sounds like it’s double tracked without it being double tracked, like Gerry Rafferty or Robert Wyatt. There’s a graininess to it.«
2018 5 Apr.
Michael Engelbrecht | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags: ECM Double Take | Comments off
This will be a new series, and nearly everyone can contribute. The double review of Jakob Bro and Yo la Tengo (the albums of this month) maybe strange, on first sight, but makes sense. This forthcoming series does not imply extended reviews, but short reflections on two (!) new, old, ancient, whatever ECM albums of your choice. It can include personal memories, memories of first listening experiences, a change of perception within years, quotes of other reviews, fictional elements. My first text will be about two Gary Peacock albums, „Voice from the Past“, and „Guamba“. The first one is one from my 100 favourite ECM albums of all time, the second one a record I have simply lost – now having to rely on pale memory only. Interesting. Gregor, for example, could make some „Plattenschrank Openers“ with this „Double Take“ as second title :)
In einem anderen Forum, in dem ich mich gelegentlich herumtreibe, wurde auf diesen Artikel aus der Berliner Zeitung hingewiesen. Es geht darin um Spotify und die damit verbundene „ästhetische Verarmung“ der Musik — die jedenfalls behauptet der Artikel. Die daraufhin in dem Forum geposteten Kommentare veranlassten mich zu dem folgenden Kommentar, den ich jetzt einfach mal hier hineinkopiere:
Ein bisschen ist der Artikel wieder mal die alte „früher, als alles noch aus Holz war“-Nummer. Dabei steht der Schlüsselsatz eigentlich schon im ersten Absatz: „Hörgewohnheiten“ ist das Stichwort. Ganz genau: Neue Technologien verändern Gewohnheiten.
Das war nun aber noch nie anders und hat einfach damit zu tun, mit welchen Medien man aufwächst. Und dadurch verändert sich der Maßstab dessen, was man für „normal“ oder „richtig“ hält. Ich hatte hier an der Uni zeitweilig einen Lehrauftrag für Media History. Daraus habe ich z.B. die Erkenntnis mitgenommen, dass die Kids ihre Geräte zwar voller Musik haben, dass sie davon aber mindestens die Hälfte nie gehört haben und auch nie hören werden. Und das, was sie hören, das hören sie sich nicht mal vollständig an, sondern nach dem ersten Refrain springen sie ins nächste Stück. Die Popmusik, die heute produziert wird, ist so standardisiert, dass die sich das auch gar nicht mehr anhören müssen — die wissen schon aus ihrer Hör-Erfahrung, wie das Stück weitergeht. Was sie nicht mehr wissen, ist, dass die Musik der Schwarzen mal der Jazz gewesen ist, sondern die glauben, dass das schon immer Hip-Hop war. So, wie für die auch Andy Warhol schon immer tot war. Und das ist doch auch ganz normal so. Hab ich mich, als ich 18 war, vielleicht ernsthaft mit der Musik beschäftigt, die meine Eltern gehört haben, als sie 18 waren?
Und unsere Generation sollte sich vielleicht immer mal wieder klarmachen, dass das, was wir hören (und wie wir hören), auch kein Naturzustand ist. Prog z.B. mit ellenlangen Stücken entstand nicht deshalb, weil irgendein Musiker mal das Gefühl hatte, lange Stücke machen zu wollen, sondern weil sich im US-Radio Ende der 60er Jahre zusätzlich zur Top-40-Mittelwelle auch UKW ausgebreitet hat, und damit war es plötzlich möglich, akustisch anspruchsvollere Musik im Radio zu spielen. Die fand man aber nicht auf Singles, sondern auf LPs. Und nachdem es mal möglich war, ganze LP-Seiten im Radio zu spielen, kamen dann auch Produzenten und Musiker auf die Idee, die Dreiminutengrenze zu verlassen und ganze LP-Seiten vollzuspielen, die dann auch tatsächlich gesendet werden konnten. Daraus haben sich ganz neue musikalische Strukturen entwickelt, die es vorher überhaupt nicht gab. Deswegen glaube ich, dass die neuen Technologien nicht nur alte Entwicklungen zerstören (das kann passieren), sondern auch neue hervorbringen. Die sind vielleicht dann ungewohnt und zunächst mal unbequem, wenn man geistig auf die Struktur von LPs geeicht ist, aber vielleicht lohnt es sich ja doch.
Auch auf Spotify übrigens bleibt es nach wie vor jedem selbst überlassen, sich ein Album komplett anzuhören, in der Tracksequenz, die der Künstler vorgesehen hat. Er muss das Album dann aber auch so gestalten, dass es den Hörer packt. Das in dem Artikel genannte Beispiel Netflix zeigt das sehr schön. Niemand sieht sich einen Film oder eine Serie an, weil sie auf Netflix läuft, sondern vor allem mal deshalb, weil sie gut ist, weil sie die Zuschauer packt. Dass heutige Serien dramaturgisch horizontal (die Serie erzählt eine durchgehende Story) funktionieren und nicht mehr vertikal (jede Folge eine in sich abgeschlossene Episode), hat wieder damit zu tun, dass wir sie heute dann abrufen können, wann wir wollen und nicht nur eine Folge pro Woche läuft.
Also bitte mal nicht ganz so pessimistisch. Ein echtes Problem ist allerdings die Verteilung der Tantiemen. Dass die beteiligten Künstler mit Centbeträgen abgespeist werden, ist nicht in Ordnung und muss sich ändern. Dann hat allerdings Spotify ein Problem: Dann ist es nämlich zu billig. Drei Viertel ihrer Einnahmen gehen jetzt schon an die Rechteinhaber. Wenn man deren Anteil weiter erhöhen will, gleichzeitig aber die Teilnehmerzahlen gesteigert werden sollen (was teurere Technik erfordert), dann landet man genau da, wo die jetzt eingestiegen sind: an der Börse. Und das kann noch ganz schön nach hinten losgehen.
Was mich übrigens viel mehr beunruhigt, das sind so Firmenkonstrukte wie Live Nation und Ticketmaster, die die Musikbranche inzwischen viel stärker beherrschen als es die Plattenfirmen jemals getan haben. Dazu habe ich vor ein paar Tagen einen Artikel in der New York Times gefunden …
Ist ein neues Thema, aber vielleicht auch mal eine Diskussion wert.
2018 4 Apr.
Manafonistas | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off
„What I still like about Music Has the Right to Children is all about everything it doesn’t do, in the context of the world of music it came into,“ says Sandison today, one half of Boards of Canada. This time-out-of-joint quality is all the more fitting because the old, twenty years old now, is about the uncanniness of memory, the way we are each haunted by ghosts from a private image-bank as well as from the collective unconscious of shared public culture. It’s not so much that this persistence of the past inside the present is the subject of the record as that it’s the substance out of which Boards of Canada weave their music, its spectral warp-and-weft.
(Simon Reynolds)
2018 4 Apr.
Michael Engelbrecht | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | 6 Comments
Different ways of getting, having, and holding. Sometimes, in the past, it was simply there, from one moment to the other, on air, on Europawelle Saar, in the room of your teenager buddy – your life‘s musical history is accompanied by regularly falling in love at first sound. It was more complex when you know the music of your desire would arrive, someday soon, you may have read about it – oh, this rough mix of joy, impatience, daydreaming! At this point in time, and after several disappointments in 2018 (Laurie Anderson, David Byrne a.o. old company) there is no record to be seen in the near future that makes me bite in my teeth, shiver with pre-excitement, wanting to share my untamable enthusiasm for an album that is not yet there. Is this the final arrival of the all-encompassing age of recycling and rewinding so that (in the end) only those records make you hum that are full of distant echoes, and close to falling apart in the most beautiful ways. They have a hidden f o r t e, no doubt, but great records like the ones from Yo La Tengo, Jakob Bro, John Surman or Andy Sheppard send you into dreamspace, for all the good reasons.
I go to the rock arena, and what do I get: a ridiculously bad Jack White album, an agitated post-punk horseshit that real critics applaud to like something that would not be forgotten by the end of the year. I remember the days I waited for a Robert Wyatt or Brian Eno song album many, many moons, and when it was clear, they would land in my small place on the planet, a kind of Christmas vibe was all around. Days ago, I got an email from the son of the late „fifth man“ of The Beatles, no kidding, and he wrote though things are in preparation, it would definitely not yet be clear that the Fab Four‘‘s „White Album“ would be reissued, sensurround and all, in the autum of 2018. My most anticipated album from 2018 stems from somewhere deep in the last century.
I contacted Green Garthside, because I know Scritti Politti is working on the next album, but it is all delayed and questionable. At least Robert Forster said, a new song cycle might appear. A man and his guitar will rock you. You like the woman at his side on violin. She makes you think of Regensburg. You had another love there, slim, brown, sexy. You made love to her, near the big river, no, she made love to you, you both went to a gig of a band that was writing German Rock History, „Fehlfarben“, they toured their „Monarchie und Alltag“-album. Did it rock you? No, a bit only. She did rock you. Memory mode in pastel. Memory fade mode. All quiet. Dark night. Coming. A sound out of nowhere. Like, like…, yes: The The did rock you, „Soul Mining“ was a killer.
2018 3 Apr.
Hans-Dieter Klinger | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags: Jazz - A bis Z, Keith Jarrett, Miles Davis | 6 Comments
Kongreßsaal – so darf man das seit 1996 nicht mehr schreiben. Duden empfiehlt „Kongresssaal“, lässt aber auch „Kongress-Saal“ zu („Konzert-Saal“ dagegen ist ein orthografischer Fehler). Mir sind drei s in Folge zuwider. Ich bin da nicht allein, wie man auf diesem Ticket aus dem Jahr 1977 erkennen kann.
Ohne besondere persönliche Gründe gäbe es keinen Anlass, vom KONGRESS-SAAL IM DEUTSCHEN MUSEUM zu berichten. Dieser einst bedeutende Konzertsaal ist – man muss es so sagen – heruntergekommen. Vor wenigen Tagen war ich in München, an einem kühlen sonnigen Frühlingstag. Wir machten einen ausgedehnten Spaziergang, Wege, die ich zur Zeit meines Studiums und die Jahren danach oft gegangen bin: Musikhochschule, Brienner Straße, durch den Hofgarten an der Residenz vorbei, die den Herkulessaal beherbergt. Entlang der Isar gelangt man zum Gasteig, dann sind es nur ein paar Schritte und ich stehe vor den verschlossenen Türen des Kongreßsaals. Wenn ich an diesen Orten vorbei schlendere tauchen Erinnerungen an fantastische Konzerte auf. Den mächtigsten Eindruck hinterließ der Auftritt des Miles-Davis-Septets im Kongreßsaal des Deutschen Museums im Herbst 1971. Am Osterwochende brachte Ö1 den Mitschnitt des Auftritts dieser Band vom 5. November 1971 in Wien – ein weiterer Finger auf … nein, nicht eine Wunde, eher auf eine erogene Zone.
Hauptsächlich ging es mir gar nicht um Miles Davis, sondern um Keith Jarrett. Seit ich ihn auf Forest Flower gehört habe, bin ich unheilbar infiziert. Jetzt konnte ich ihn zum ersten Mal live hören, es war atemberaubend, natürlich nicht nur seinetwegen, sondern auch wegen der brachialen Energie, welche das Miles-Davis-Septet verstrahlte. Wir saßen vorne links in der ersten Reihe.
Ein paar Reihen hinter uns waren noch besetzt, dann gähnende Leere. Ich schätze, es waren circa 500 Besucher im Saal, der an die 2500 Plätze bot. Keine fünf Jahre früher habe ich im Kongreßsaal das Dave-Brubeck-Quartet und das Oscar-Peterson-Trio gehört – volles Haus! Vielleicht hatte Miles Davis mit Bitches Brew sein altes Publikum (zumindest in München) verschreckt.
Während jener Tournee spielte die Miles-Davis-Group häufig zwei Konzerte an einem Abend, die um 19 und 22 Uhr begannen. Wir hatten Tickets für die 19 Uhr Vorstellung. Nach dem ersten Auftritt kam ein Mitarbeiter des Veranstalters auf die Bühne und bot allen im Saal an, mit der 19 Uhr Eintrittskarte zur 22 Uhr Vorstellung zu kommen. Dafür seien noch deutlich weniger Plätze verkauft worden, das wäre ja ein Affront den Musikern gegenüber. Klar, wir blieben.
Ich musste nach beiden Aufführungen noch zurückfahren, bis nach Kronach, und bin wohl gegen 4 Uhr morgens ins Bett gekrochen. Am Vormittag war Schultag. Ich wohnte zur Miete bei einer Familie, deren Sohn Werner – er wurde ein guter Freund von mir – Schüler in der Abiturklasse war. Nachmittags schwärmte ich vom Erlebnis des Vorabends, offenbar eindrücklich. Denn als ich anfügte, das Miles-Davis-Septet spiele diesen Abend zu Frankfurt-Hoechst in der Jahrhunderthalle meinte er, man solle unbedingt dorthin fahren. Ich sei dazu wegen Schlafmangels nicht in der Lage sagte ich und lehnte ab. Werner rief seinen Freund Wolfgang an, der seit ein paar Wochen den Führerschein besaß. Er war bereit zu fahren, ab 18 Uhr – er leistete Zivildienst. Telefonische Kartenreservierung, kurz vor 22 Uhr trafen wir in der Jahrhunderthalle ein.
Innerhalb von 30 Stunden dreimal das Miles-Davis-Septet live hören – das muss man erlebt haben! Wolfgang hat uns in meinem VW-Käfer, der 2 Jahre später im Oktober 1973 verendete, sicher chauffiert.
2018 2 Apr.
Michael Engelbrecht | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off
This is not the year of yearning, this is the year of remembering years of yearning, remembering the absolute impatience of waiting for the day the probably beloved record will arrive by a handsome postman, run on high rotation in your living room, accompany evenings alone and nights spent together. These years of paradise lost will be THE topic of our next, highly controversial, edition of YOU CANNOT MEASURE THESE SOUNDS. And, in case, someone wants to prove me wrong: no, I have not fallen in love with the new Kathey Musgrave album nearly every critic seems to embrace with arms and ears. No, it is only a nice album. Nothing that rocks me. My favourite albums (with the small exception of Fire!, okay) of 2018 (so far) have a common theme: the point of SAMSARA, dissolving in air and space. Verging into nothingness, a lecture in Zen for Western ears. Wonderful albums, but nothing that ROCKS me. So, come on, ROCK me, baby, please! [Examples for „rockin‘ lifers“: Low, Marquee Moon, White Album, Apocalypse, Nerve Net, Cuckooland, Thick As A Brick, Something Else, Discipline, Bish Bosch, Fear of Music, Chairs Missing, Desire, After The Goldrush, Exodus, Spirit of Eden, Big Science, Third, Let England Shake, To Be Kind, Divers]
2018 1 Apr.
Michael Engelbrecht | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | 10 Comments
Viele Filme verlieren mich mit der Zeit, manche bleiben, begegnen mir immerzu unverbraucht, wecken den kinohungrigen Teenager, verwandeln mich nach wie vor, schärfen meinen Witz der späteren Jahre, lehren mich, wie allerbeste Kriminalromane, das Wenden unmöglicher Situationen. Und das Scheitern mit Hurra.
2018 1 Apr.
Jan Reetze | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags: Holger Czukay | 2 Comments

Das ist es dann also, Holger Czukays Boxset Cinema — fünf LPs bzw. CDs, eine DVD und — in der Vinylversion — eine „Videosingle“ im 17-cm-Format, ein RCA-Patent, das sich nie durchgesetzt hat und das heute sicher nur noch ein Computermuseum abspielen könnte.
Wer nichts von Holger Czukay besitzt und mit einem Querschnitt zufrieden ist, mag bedenkenlos zugreifen. Die CD-Box ist sehr preiswert. Die LP-Box nicht, aber wer’s denn braucht … bitte. Es besteht dann allerdings die Gefahr, auf den Geschmack zu kommen und auf Vollständigkeit zu beharren. Vollständig enthalten sind die Alben Canaxis 5 (1969, heimlich nachts mit Rolf Dammers im Elektronischen Studio des WDR aufgenommen) und Czukays Meisterwerk Movies (1979), dazu Ausschnitte aus On the Way to the Peak of Normal (1981), Full Circle (1982), Der Osten ist rot (1984), Rome remains Rome (1987), Radio Wave Surfer (1991) und aus 21st Century (2007) mit U-She, Holgers inzwischen leider ebenfalls verstorbener Frau. Plus ein paar verstreute Dinge wie „Breath Taking“, das auf einem Sample des „Huuuu“-ausatmenden Karlheinz Stockhausen beruht, die Single „Biomutanten“/“Menetekel“, die Czukay mit Conny Plank unter dem Projektnamen Les Vampyrettes veröffentlichte, ein Song der japanischen Sängerin Phew, ein Ausschnitt aus Cluster & Eno und den Titel „Mandy“ des mir völlig unbekannten Projekts Bison.
Die hypnotische „Ode to Perfume“ vom Peak-Album wurde aus unerfindlichen Gründen von 18 auf 13 Minuten gekürzt, in anderen Fällen ist es schade um die weggelassenen Stücke (etwa „Blessed Easter“ vom Rome-Album). Der als „previously unreleased“ bezeichnete Titel „Konfigurationen“ des Holger-Schüring-Quintetts von 1960 ist keineswegs unveröffentlicht, sondern war bereits als Bonustrack auf der Spoon-CD Canaxis 5 enthalten, dort allerdings unter dem Titel „Mellow Out“ — eine etwas schlappe Jazznummer, aufgenommen wohl beim WDR für die Sendung „Jazz für jeden“, wahrscheinlich hier:
Eine Rarität ganz sicher. Und keineswegs zu vergessen die DVD: Sie enthält den einstündigen Film Krieg der Töne, 1988 unter der Regie von Michael Meert gedreht; wenn ich nicht irre, wurde er damals im „Kleinen Fernsehspiel“ des ZDF ausgestrahlt und wurde seither nie wieder gezeigt. Holger Czukay spielt darin einen (natürlich ziemlich verschrobenen) Musiklehrer. Ein echtes Schätzchen.
Das Booklet ist mit Informationen sehr sparsam. Die Liner Notes sind eher freundlich als informativ; wer die Originalalben nicht kennt oder besitzt, wird vor allem Angaben zu den mitwirkenden Musikern vermissen — etwa, wer eigentlich das Holger-Schüring-Quintett war (oder war es ein sogar nur ein Quartett?).
Wer die Originalalben besitzt und auf den Film verzichten kann, braucht dieses Boxset nicht. Ich weiß auch nicht, ob es mir nur allein so geht oder ob auch andere manchmal das Gefühl haben, dass Boxsets etwas Sargartiges an sich haben — wie schon der legendäre Professor Bur-Malottke in Bölls wunderbarer Mediensatire Dr. Murkes gesammeltes Schweigen feststellte: Ein seltsames Gefühl, ein Lebenswerk in ein paar Bänden … Dünndruck … — Nun ja. Kein Zufall wohl, dass Boxsets wie dieses, ebenso wie „Greatest Hits“-Kompilationen, bei Plattenfirmen hausintern gern als „Goldener Schuss“ bezeichnet werden. Man hört so etwas einmal durch, vielleicht zweimal, um die Box dann ins Regal zu stellen und sie nie wieder hervorzuholen. Und das wäre sehr schade. Denn was diese Box ganz deutlich macht, ist, dass Holger Czukay eine der wenigen wirklich originellen Erscheinungen in der deutschen Musikszene war. Und dass er bei aller zur Schau getragenen Skurrilität (siehe „Hit Hit Flop Flop“ vom Rome-Album, das fast eine Single sein könnte) ein hochsensibles Ohr besaß (oder zwei, möglicherweise sogar ein drittes). Das kommt immer dann zur Geltung, wenn er vergisst, komisch sein zu wollen. Stücke wie „Träum mal wieder“, „Full Circle (R.P.S. N0. 7)“, das hier nicht enthaltene Ambient-Album La Luna und natürlich das unvergessliche „Persian Love“, das sogar Czukays großer Meister Karlheinz Stockhausen gefiel, künden davon. Und die sollen unvergessen bleiben.
Man hätte Holger Czukay ein besseres Ende gewünscht. Obwohl: In seinem Studio zu sterben könnte ihm sogar gefallen haben. Am Ende konnte er kaum noch die Treppe erklimmen, und in einem letzten Radiointerview ist deutlich zu hören, dass er kaum noch sprechen konnte. Inzwischen sind seine Habseligkeiten in genau jenem alten Can-Studio in Weilerswist, in dem Holger und Uschi auch wohnten, per Flohmarkt verramscht worden.
In diesem Sinne: Bye bye, Holger. Auf Wiederhören.