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Archives: The Beatles

Es dauerte etwas, bis ich Albenhörer wurde und Alben in mich aufnahm wie Kinofilme, vom ersten bis zum letzten Ton und Bild. Anfangs sorgten Singles und Single-Sammlungen für die Ausschüttung von Endorphinen, ein Wort, bei dem ich immerzu an luftige Delphinsprünge dachte. „Revolver“ erwarb ich zum ersten Mal irgendwann als CD, meine Kindheit war von den Kinks und vom „blauen“ und „roten“ Album der Beatles gesoundtrackt, waschechte Kompilationen – und (da ging es los mit den „Gesamtkunstwerken“) von Sgt. Pepper und Konsorten („Atom Heart Mother“, „Aftermath“, „Blue“, „The Songs of Leonard Cohen“, „Bringing It All Back Home“ – nicht, dass das obercool klingt, Richie Havens, Esther und Abi Ofarim und Gilbert Becaud waren auch dabei, mhmm, schon obercool😉).

In den knapp zwei, drei, in denen das blaue und rote Album öfter mal heissliefen, war ich verliebt, ein bisschen, ein bisschen mehr, oder gar über beide Ohren, in Marlies Durch den Wald, das Girl aus Amorbach (the strangest story of all), Elke Marie tom Dieck, Katrin Engelmann und Regina Detert (la tristesse pure, natürlich nicht R.D., sondern lonesome me). „I won‘t tell the soft pink truth here!“ 

„Als wir gefragt wurden, was unsere Formel sei, sagten John und ich, wenn wir jemals eine finden würden, würden wir sie sofort loswerden.“ The missing link between The Beatles und Brian Eno. Und dieses Credo erklärt eben auch die von Album zu Album, und ab  „Revolver“ so radikale wie entgrenzende Entwicklung der Beatles, ein Stückweit jedenfalls. (kein Grund zur Übertreibung: „Taxman“ und „Dr. Robert“ sind in meinen Ohren zwei ihrer langweilisügsten Songs ever.)

Wer da skeptisch einwirft, mit ihrem „White Album“ wollten sie doch „zurück zu den Wurzeln“, dem entgegne ich gerne, solch eine Vorstellung sei eine komplette Illusion: zwar verfolgten sie zu der Zeit (man höre nur die wundervollen „Esher Demos“) die Idee „alter“ Direktheit, Rohheit, und Spontaneität, aber natürlich wurde alles, was auf dem „White Album“ geschah, gefiltert  durch die gesammelten Erfahrungen der Zwischenzeit (die Erweiterung der Horizonte, durch unerhörte Töne von von Cage bis Indien, durch LSD sowieso, und die zeitlich für diese Jungs enorm verdichtete Palette von „travels & experiences).

„Revolver“ war der erste deutliche Schritt zu neuen Ufern – zeitlose Melodien schüttelten sie schon seit den grühen Jahren aus den Ärmeln, besonders das Team Lennon / McCartyney. Was für eine Freude also, vor Tagen „A Hard Day’s Night“ und „Help“ und „Rubber Soul“ in mono zu hören! (Bongbong Chimchimcheriiieee!)

 

 

 

 

„Revolver“ klingt nicht nur im ursprünglich so konzipierten Mono-Mix exzellent, sondern auch in dem neuen Stereo-Remix des Sohnes von George Martin – der alte Junge ist sowieso ein kluger Typ und wollte hier nichts für die Ohren des 21. Jahrhunderts polieren, sondern dem Alten neue Finess entlocken. Mit „Revolver“ legten sie jedenfalls den Grundstein für noch ehrgeizigere Musik der Zukunft. Und in dem ganz dicken Boxset, der für die „hopelessly addicted“ ein gefundenes Fressen ist, wird das Kunstwerk, als work in progress, noch ein paar Tonspuren vitaler, beispielsweise, was das uns ansonsten fast schon lachhaft vertraute  „gelbe U-Boot“ betrifft!

Craig Brown hat mit seinem wundervollen, beim C.H. Beck-Verlag erschienenen Buch, ein trickreiches Verfahren entwickelt, uns die Geschichte der Beatles „very fresh“ zu erzählen: bei allen eingestreuten Zeitsprüngen, die wie so vieles andere, zur Auflockerung beitragen, folgt er der Chronologie der Ereignisse, wobei das Marginale (ein weiterer Trick der Auflockerung) genauso fesselnd hinzugezogen wird wie legendäre Schlüsselmomente (für die er auch manch neuen Dreh findet).

Zudem ist hier ein Humorist am Werk, der es versteht, statt schwärmerisch eine Nummernrevue abzureissen, unter mancher Oberfläche des Schelmischen den einen und anderen Abgrund freizulegen. In des Ausdrucks freiester Auslegung, erzählt der gute Craig „mit vielen Zungen“, so gewitzt, oder, wie es die Engländer gerne sagen, „sophisticated“, dass es die Lust an der Lektüre nicht im geringsten mindert, wenn einem manches bekannt vorkommt – so frisch und unverbraucht ist dieses „story-telling“ der Meisterklasse.

In den letzten zehn Jahren konnten wir uns auf unterschiedlichste Weise den Beatles neu annähern, da waren die Mono-Remasters, die Stereo-Remasters, die Surround-Mixe, die filmischen Dokumentationen, deren vorläufig letzter Streich die mehrteilige Serie „Get Back“ war, die, mit der ewigen, stoischen Anwesenheit von Yoko Ono, auch etwas von Bergmanns „Szenen einer Ehe“ hatte.

Eine Serie, die ich, mit den ewigen Diskussionen im Kreis, abwechselnd ermüdend und erhellend fand: es geht um das Ende, und alle wissen es, verrückter, fabelhafter Jahre, ein letztes Sammeln kreativer Energien, für den Schwanengesang, der seine Momente hatte, aber nicht mehr an „Abbey Road“, „Das Weisse Album“, und „Sgt. Pepper“ heranreichen konnte. Oder an den Zauber der frühen Alben.

Die Vier waren auch zu müde, um nostalgietrunken ihre „alten Zeiten“ zu beschwören. Und das bringt mich auf einen entscheidenden Aspekt von Craig Browns Erzählwerk: das Buch geht allen Fallen des Erinnerungsseligen aus dem Weg. Nicht mit Nüchternheit, sondern mit trockenem Humor. Beiläufigkeit. Nonchalance. Mein Musikbuch des Jahres. Vielleicht macht sich der Verlag da selbst Konkurrenz mit dem neuen Buch von Bob Dylan.

 

Just another day on earth. Nach 170 Kilometern auf der Autobahn blicke ich auf das Cover einer heiss erwarteten CD. Was mich da wohl in meinem „elektrischen Kerzenstudio“ erwartet? Das Cover kommt schon mal gut, und die lyrics sind surreal wie eh und je. Aber, was gab es schon alles für Enttäuschungen in diesem Jahr! Und immer noch keine offizielle Bestätigung, dass das Album des Jahres 2018 im Spätherbst auf den Markt kommen wird: die 50th anniversary edition of „THE WHITE ALBUM“. In einem Zustand fortgeschrittener Verzauberung lauschte ich neulich der Monofassung auf Vinyl, jener Seite mit „Why don‘t we do it on the road“. Ein eigentlich nicht ganz so grandioser Song der Beatles, der aber in den nahtlos ineinanderübergehenden  Liedern geradezu vollkommen wirkt. Ich dachte immer, ich sei stets vorne mit dabei, ich bin aber komplett retro. Ich legte die Nadel wieder auf die Einlaufrille, und die Sequenz begann erneut. Zweimal bekam ich pure Gänsehaut. Ian MacDonald schrieb einst ein Buch, in welchem er alle Beatles-Songs vorstellte: „Revolution In The Head“. Ich teile da gar nicht seine Verrisse einiger Lieder der Spätphase, in denen er Unreife und Regression witterte, und es am LSD-Konsum der Fab Four festmachte. Na, was soll‘s? Heute morgen bekam ich die Mail jenes Autoren, der hier zu Beginn der Weihnachtstage seinen Text „Alte Klamotten – ein kleiner Trip durch die Lyrik der 1970er Jahre“ (überarbeitet) präsentiert. Er bittet die Leser der von mir ausgewählten 12 Gedichte um angeregte Kommentare, die er noch teilweise einbauen möchte. Auf die eingangs angesprochene CD mit den herrlich gedeckten Farben auf dem Cover komme ich dann demnächst zu sprechen. Jetzt aber ist es Zeit für „Igel auf der Picknickdecke“, einen Artikel von Ulrich Hartmann, mit dem Unteritel „In Thomas Delaney, Mahmoud Dahoud und vor allem Axel Witsel verfügt Dortmund über ein Mittelfeld-Dreieck, das den BVB taktisch unberechenbar macht“. Sein Wort in das Ohr des Fussballgottes. Und gleich dann auf in die eigenen vier Wände. Die grüne Kerze anzünden. Und hoffen, dass die Silberscheibe so gut ist wie der Titel: „Songs You Make At Night“.

 

 

 
 
 

ONE The Beatles: Sgt.Pepper’s Lonely Hearts Club Band (double cd oder, auch wenn das immer doof klingt, die „super deluxe edition“) – die Herstellung einer wundervollen Stereobalance beweist, dass die Jungs damals wirklich mono bevorzugten, die Transparenz ist atemraubend, der Bass druckvoll. Wer stets gern zu der Garagenband aus Liverpool zurückkehrt, lese das Buch „Dreaming The Beatles“.

 

TWO Brian Eno: Taking Tiger Mountain (By Strategy) (double vinyl) – die „vier half-speed masters“ von Enosvier Songalben aus den Siebzigern sind jeden Cent wert, obwohl die erhältlichen CD-Masters von 2004 auch keine Wünsche übriglassen. Ich schätze tatsächlich alle vier Alben gleichermassen, Favoriten wechseln mit den Jahreszeiten.

 

THREE Brian Eno: Here Come The Warm Jets (double vinyl) – das wildeste Songalbum ist alles, Protopunk vor Punk, wundervoller Pop, extravaganter Melodienrausch, das englische Wort „overflowing“ findet hier seine vollendete Entsprechung. Aus so einem Reigen  könnten andere Künstler ganze Karrieren schöpfen, Eno gönnt es sich nur einmal.

 

FOUR Brian Eno: Another Green World (double vinyl) – man garantiere mir 25.000 Euro, und ich schreibe ein 120 Seiten umfassendes Prosalanggedicht zu diesem sicher einflussreichsten der vier Alben, ohne ein pathetisches oder schwärmerisches Wort. Am 16. Oktober geht es um diese „big four“ in der „Nahaufnahme“ der Klanghorizonte im Deutschlandfunk. 

 

FIVE Brian Eno: Before And After Science (double vinyl) – ein Kieferklapptrunter-Erlebnis unter guten Kopfhörern, ich höre nie auf, das Album zu entdecken, und hatte in diesem Jahr gar einen luziden Traum, in dem ich einen perfekten neuen Enosong hörte, der nur auf dieses Album gepasst hätte. Echtes Copyright-Problem. Die englische Kurzgeschichte (non-fiction) dazu wird mit Ian McCartney verfasst. Kein Witz. 

 

SIX Radiohead: OK Computer NOTOK 1997 2017 – ehrlich gesagt, habe ich erst in diese Jahr einen Narren gefressen an diesem Album, besser spät als nie. Unfassbar „zeitgenössisches“ Werk, um diesem altbackenen Ausdruck mal etwas Feuer zu geben.

 

SEVEN Bark Psychosis: Hex – kaum einer kennt diese Musik, die ähnlich verstörend ist wie spätes Zeug von Talk Talk – noch heute absoluter „underground“ für die Psyche und nächtliches Lauschen!  „Sheer beauty. Knife-slit tension“. 

 

EIGHT Arthur Russell: Instrumentals (double vinyl) – es ist tottraurig, dass der singende Cellist, Tanzbodenforscher und Verhallungskünstler zu Lebzeiten nie das ernten durfte, was ihm posthum an Lobgesängen zugetragen wird, dieses Werk darf man auch unter „new exotica“ katalogisieren, aber es steht immer noch recht einsam da, wartet auf jeden Zuhörer. Und die kleine neue Vinyledition ist schon wieder vergriffen.

 

NINE Midori Takada: Through The Looking Glass (double vinyl) – japanischer Minimalismus, und so viel mehr. Ein Traum von Henri Rousseau, lauter „twilight zones“, ein einsam und allein eingespieltes Kunststück in arg begrenzter Studiozeit. „Beauty hurts, darkness works as medicine“.

 

TEN Pep Llopis: Poiemusia La Nau Dels Argonautes (vinyl)- die mediterrane, tiefentspannte Variante der Minimalisten & Argonauten, in der alles aquamarin funkelt, und jede Oberfläche eine eigene Tiefenströmung produziert. Ibiza ist nicht so weit von Valencia entfernt. Es ist das Jahr 1983.

 

ELEVEN Barney Wilen: Moshi (double vinyl) – eine schillernde Collage, die keine Verschmelzung der Welten vorgaukelt. Man spielt mit Einheimischen, schliesst Freundschaften, studiert neue Perkussionsinstrumente, singt alte und neue Hymnen. Die Musiker aus Frankreich lassen sich mit Haut und Haar auf die Fremde ein, lernen die blauen Menschen kennen – psychedelischer Jazz, erotischer Taumel, surreale Maskenbälle!

 

TWELVE Lal and Mike Waterson: Bright Phoebus – „Get past a couple of hokey moments to be transported back, first to the communal hopes of the ’70s, and thence into the country lanes of centuries passed“ (Jim Irvin, Mojo)

 

 

P.S.: I’m only refering to reissues that got a special treatment by excellent remastering techniques (that surpass the quality of other available editions), or by extended and highly valuable extensions, or by brilliant design matching the brilliance of the music, or, simply being gems being saved from forgetting and ridiculously high prices at Discogs. David Bowie‘ s Berlin days  will join the circle later on. No, I’m not a Prince fan. And if  the number would be twenty, Deathprod, Oregon, Weather Report, and Ray Charles in mono would have got their songs of praise. The one who knows the writer who coined the title phrase on „darkness & beauty“, will get a free copy of the next Eno album in 2018, MHQ promises. The four prints that accompanied Before and After Science’s first edition in 1977 (double click on the pictures) are beautifully reproduced in the reissue’s design. 

Never believe a band that says it’s going to make a „dark“ album, Robert Forster once wrote. So, being very careful, I won’t say I will do a „dark“ radio show between Friday night and Saturday morning, but looking at the titles of the compositions alone might suggest to the innocent reader it possibly might become a „rather dark“ affair. And it cannot really calm anyone down announcing that my Scott Walker interview from today’s afternoon will probably be presented in three little excerpts – time enough left  for him to shout out (hair rising, shiver sending, making the idea of sleep a courageous thing) his „Lullaby“.

 
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Ueb / Cease To Matter / Last Chance Gas & Water / Late Victorian Holocaust / Red Cafe / Soleil rouge / 12.1 / Tremens / 12.4 / Fetish / Night Procession / Bull / Cornubia / A Fearful Proper Din / A Darn Psi Inferno / Evening Star / Softy Gun Poison / Tomorrow Never Knows/ Atomos XI / Rawhide / Farmer in the City / Jesse / Epizootics! / Lullaby / Atomos II

 

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Tremens is, as the other tracks, created in a state of amazement at the state of the world crumbling and tipping over to direct madness around us, as we play.

In the spring months we recorded, Ukraine, Syria, and ISIL happened, and for us, for the first time it is as if we are looking collective insanity in the eye.

We do not want to make program music as such, but this reality is reflected in the outpouring of sound as we try to sort out the bits of information we are fed, but are constantly diverted elsewhere.

In the same manner clarity in the music ( = pulse) is fed to you in bits, but ripped apart by sudden currents of parallel or opposite information .

This record is not a planned career move, it is a direct output of the energy in spring 2014 between the three of us.“

Jon Balke on the track „Tremens“ and the forthcoming album „Outland“ from Jokleba (Balke, Kleive, Jorgensen)

 
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Jokleba never said they were going to make a dark album. It just happened, and it is so wild and uncompromising that it deserves the absence of the usual old words.  (me) 

Vieles verdanken wir dem Spielen: Kultur, Kreativität, Lebensfreude. „Homo ludens“ – ein alter philosophischer Hut, der hübsch schräg auf dem Kopf sitzt. Norbert Bolz spürt in seinem Buch „Wer nicht spielt, ist krank“ diverse Antriebskräfte dieses letztlich Unernsten und doch Leicht-Ernst-Zu-Nehmendem auf. Eine Kernidee der Manafonistas basiert ja auch auf dem Spieltrieb: die Überraschung, die Freude an Überschneidungen, das lustvolle Pokern mit dem Hintersinn des Zufalls. Selbst das Ernste gewinnt bei uns gelegentlich eine leichte Qualität, in der Geschichtenerzählerei.

Eine famose, und toternste Geschichte erzählt der englische Kriminalschriftsteller Mark Billingham in seinem Thriller „Die Lügen der Anderen“. Seit Jahren ein Schöpfer guter und sehr guter Kriminalromane, gelingt ihm sein Meisterstück ausgerechnet da, wo er vertraute Figuren, Muster und Schauplätze hinter sich lässt. Auch eine Begleiterscheinung des Spielerischen: sich seitwärts treiben zu lassen, bis ein neuer Ansatz auftaucht, und neue Volten geschlagen werden.

Wieviel Klangträumerei, Versuch und Irrtum, abseitige Pfade, und Luftssprünge (gerne etwas solider „Aha-Erlebnisse“ genannt), im Spiel waren, als Erik Honore sein Album „Heliographs“ gelang, ist schwerlich zu ermitteln. Dieses Album ist fürwahr eine Entdeckung, und ein weiteres Highlight des aufstrebenden Osloer Labels „Hubro“ – nur dort können es interessierte Mittel-, Süd-, Ost- und Westeuropäer on-line als Cd und Lp erwerben, bevor es am 21. November offiziell ausserhalb Norwegens erscheint.

Und fast von selbst stellt sich die musikalische Wiederveröffentlichung des Monats auf – so vertraut, so einzigartig, dass nur  Desinteressierte und Anhänger des Sensurround-Sounds nicht in Verzückung geraten – die einzige Voraussetzung ist ein gediegener Plattenspieler – und die Ohren werden gross wie Scheunentore: The Beatles In Mono“.


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