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Archives: David Byrne

 
 
Sicher wird niemand widersprechen, wenn ich sage, dass die Talking Heads eine der prägenden Bands der 1970er/80er Jahre gewesen sind. Noch heute haben ihre Platten kaum Staub angesetzt. Da sollte man annehmen, dass die Autobiographie eines ihrer Mitglieder eine interessante Lektüre sein müsste. Aber dieses Buch hinterlässt einen schalen Nachgeschmack.

Gut geschrieben ist das Buch. Entweder, Chris Frantz kann es tatsächlich, oder es war ein guter Editor am Werk. Wir erfahren allerlei aus Frantz‘ Jugend — das in Autobiographien Übliche. Schon dabei erweckt Frantz den latenten Eindruck, ein Dampfplauderer zu sein, aber darüber kann man zunächst noch hinwegsehen. Liest man, was er mit 15 bereits alles getan haben will, kann man das schmunzelnd glauben oder nicht. Liest man, wie er später zur Rhode Island School of Design (RISD) empfohlen wurde, könnte man meinen, hier sei der Welt ein neuer Warhol erschienen. Gut, dieses Institut gilt als Harvard des Kunststudiums. Was genau er dort gemacht hat, bleibt aber im Dunkeln. Statt dessen erfährt man alles über die Einrichtung seiner Studentenbude, wird mit den Namen von Kommilitonen zugenagelt und darf allerlei Histörchen über sich ergehen lassen, die wohl jedem vertraut sein dürften, der selbst mal eine Uni von innen gesehen hat. Und auch hier gilt wieder: Was man glauben möchte oder nicht, bleibt jedem selbst überlassen. Immerhin lernt er Tina Weymouth kennen, und das ist eine bis heute andauernde Lovestory.

Das New York der 1970er Jahre, in dem die beiden dann landen, war ein hartes Pflaster, jedenfalls in den Gegenden, die für noch ziemlich mittellose Artschool-Absolventen in Frage kamen. In diesen Schilderungen ist das Buch wirklich interessant. In Hell’s Kitchen oder in Bowerynähe konnte man für 150 Dollar im Monat eine Fabriketage mieten. Die hatte üblicherweise weder Dusche noch Küche, dafür musste man sie mit Kakerlaken und anderen unwillkommenen Mitbewohnern teilen. Und am Abend stellte sich die Straße als belebter Straßenstrich heraus und die Zuhälter grüßten sich von einer Straßenseite zur anderen. Es dauerte eine Weile, bis sowohl sie als auch die Frauen begriffen hatten, dass Tina keine neue Konkurrenz war, sondern dort wohnte.

Dafür aber — und dafür beneide ich die beiden schon ein bisschen — waren dann das CBGB’s, Max’s Kansas City und Warhols Factory um die Ecke, Debbie Harry, Chris Stein und die Ramones wohnten in der Nachbarschaft, man konnte beim Krämer William S. Burroughs, Lou Reed, Patti Smith oder John Giorno über den Weg laufen. Wer New York auch nur ein bisschen kennt, weiß, wie diese Stadt jeden, der sich dort aufhält, unter Strom setzt. Alle diese Leute lernten sich schnell untereinander kennen und halfen sich mit Duschgelegenheiten und bei anderen Problemen aus. Geld hatten sie alle nicht viel, aber unglaubliche Mengen an Phantasie und Improvisationsvermögen. Das führte fast zwangsläufig dazu, dass neue Bands, Auftrittsmöglichkeiten, kleine Labels, einfache Studios und alle möglichen künstlerischen Projekte entstanden, wie sie nur hier entstehen konnten. Manche Leute, wie etwa Lou Reed, wurden dabei auch ziemlich tricky. Auch Patti Smith oder Mitglieder der Ramones kommen bei Frantz nicht besonders gut weg. In diesem Chaos jedenfalls hoben Chris, Tina und der inzwischen mit ihnen zusammenlebende David Byrne die Talking Heads aus der Taufe; lange Zeit als Trio, später gesellte sich ihnen Jerry Harrison von den Modern Lovers hinzu.

Dass sich Chris stets als quietschmunteres Rehlein darstellt, das unbeschwert durch die Welt hüpft, mag in Ordnung sein. Vielleicht ist er das ja wirklich. Dass er zwischendurch ein Koksproblem entwickelt, wird immerhin nicht verschwiegen. Zunehmend ärgerlich wird aber seine Masche, sich selbst und Tina als Unschuldsengel zu stilisieren, die immer alles richtig machen und die Verantwortung tragen, während alle anderen Beteiligten ständige Störfaktoren sind oder — wie Jerry Harrison — überhaupt nur am Rande vorkommen. Statt dessen hat Frantz die Namedropping-Krankheit. Und dabei geht es nicht um die an der Karriere der Band Beteiligten, sondern jeder Kneipenwirt, jeder Tourbusfahrer und jedes Zimmermädchen in jedem Hotel werden genannt. Bei der Hochzeit von Tina und Chris wird uns buchstäblich jeder Verwandte, jeder Freund und jeder sonstwie Beteiligte vorgestellt (und es sind große Familien!). Das Buch entwickelt sich von Kapitel zu Kapitel mehr zu einer nichtendenwollenden Aufzählung von Tourneestationen, Studiosessions und Partys, und was es dort zu essen gab. Typisch auch ein Kapitel, das in den Compass Point Studios auf den Bahamas spielt. Es trägt die Überschrift „James Brown“. An dessen Ende haben wir erfahren, dass er da war. Das ist alles.

Das zieht sich durch das Buch. Auf der einen Seite wird man mit banalen Details erschlagen, auf der anderen Seite werden ganze Jahre in der Karriere der Talking Heads auf einer halben Seite abgefeiert oder ganz übersprungen. Das Zustandekommen ihrer wichtigsten Alben (Fear of Music, Remain in Light, Speaking in Tongues) wird zu kurz abgehandelten Nebensachen.

Insbesondere hat sich Frantz auf David Byrne eingeschossen. Dem spricht er zwar sein Können nicht ab (das wäre lächerlich, das ist ihm klar), aber dessen Anteil am Erfolg und Auftreten der Band wird ständig heruntergespielt. An Byrnes Persönlichkeit lässt Frantz von der ersten bis zur letzten Seite kein gutes Haar. Mit Sicherheit hatte Byrne seine Macken. So hatte sich die Band etwa darauf geeinigt, alle Namen in alphabetischer Reihenfolge als Autoren der Songs auf der Platte zu nennen. Byrne hintertrieb das dadurch, dass er kurz vor Drucklegung des Covers die Credits in „David Byrne and Talking Heads“ ändern ließ. Das ist fraglos eine Frechheit, auch wenn sie finanziell niemanden benachteiligte. Die Beteiligung Brian Enos als Produzent und sein kreativer Input werden einerseits sehr positiv hervorgehoben (auch hier wäre alles andere lächerlich), gleichzeitig wird Eno aber dargestellt als jemand, der sich ständig in den Vordergrund zu stellen und im Bündnis mit David als Co-Komponist in die Credits zu schmuggeln versuchte. Unter gleichberechtigten Bandmitgliedern gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder, man klärt solche Unstimmigkeiten sofort an Ort und Stelle und macht klar, wo die rote Linie ist — oder man nimmt die Vorkommnisse hin, genießt das resultierende Bankkonto und hält den Mund. Sich aber 40 Jahre später hinzustellen und in einem Buch zu lamentieren, der Betreffende sei aber ein Arsch gewesen — das ist schlechter Stil.

Anderes Beispiel: Chris berichtet, wie Tina und er in irgendeinem Provinzkino Davids Film True Stories (an dem sie immerhin als Mitwirkende beteiligt waren) sahen. Er schreibt, wie angeblich die Zuschauer reihenweise gelangweilt den Saal verließen und am Ende er mit Tina allein im Kino saß. Auch hier gilt wieder: Man mag es glauben oder nicht. Aber man merkt die Absicht und ist verstimmt. In einem anderen Fall, den ich hier nicht ausführen will, wird David auf eine fast schon infame Weise ein unsägliches Verhalten dem Hotelpersonal gegenüber unterstellt und dann im Nachhinein gesagt, man wisse gar nicht, ob der Vorfall überhaupt von ihm ausgegangen sei oder von einem der Roadies. Und weil das noch nicht reicht, wird dem Leser an anderer Stelle zugetratscht, auf wie schäbige Weise sich David angeblich von seiner Frau getrennt habe. Selbst wenn es wirklich so gewesen sein sollte, wäre das eine Privatangelegenheit zwischen David und seiner Frau, und es steht Frantz nicht zu, sie in einem Buch in die Welt zu blasen.

Wie immer in solchen Fällen erfährt man mindestens so viel über den Kläger wie über den Beklagten.

Konsequenz: Schauen wir mal wieder, was David Byrne als Solokünstler gemacht hat, und vergleichen es mit dem, was man von Chris und Tina gehört hat. Da steht dann My Life in the Bush of Ghosts als eine der wichtigsten Platten der 1980er Jahre gegen den Tom Tom Club, der zwar zugegebenermaßen unterhaltsam ist, aber mehr wohl nicht. Klar, eine gute Band ist immer mehr als die Summe ihrer Mitglieder. Aber der Film Stop Making Sense zeigt noch immer unabweisbar, wer das Image der Talking Heads geprägt hat. Einem Menschen mit einigem Verstand — und das ist Chris Frantz — sollte es möglich sein, das zuzugeben.
 
 

2019 20 Nov

2 x Live

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Jeder hat sich wohl schon mal die Frage gestellt, wozu man ein Live-Album braucht, wenn man das Studioalbum schon hat. Zwei Live-Alben liegen auf dem Tisch und zeigen, dass sie durchaus ihren Sinn haben können.

John Fogertys neues, lange angekündigtes, Studioalbum lässt weiter auf sich warten. Statt dessen, sozusagen als eine Art Ansichtskarte zwischendurch, gibt es ein Live-Album, mitgeschnitten irgendwann dieses Jahr im Red Rocks Amphitheater in Denver. Nichts wirklich Neues, eher ein „Greatest Hits“, aber in jedem Fall eine gute Ergänzung zum kürzlich veröffentlichten Woodstock-Auftritt der Creedence Clearwater Revival (siehe auch hier). Denn genau darum geht es: John Fogerty feiert sein 50-jähriges Woodstock-Jubiläum mit alten CCR-Nummern und Stücken von seinen Soloalben. Dass er stimmlich nicht mehr die Durchschlagskraft des Woodstock-Auftritts hat — sei’s drum, man erkennt ihn trotzdem noch, und als Gitarrist hat er seit 1969 eine Menge dazugelernt. Mit dabei Johns Söhne Shane (Gitarre, Gesang), der inzwischen selbst ein respektabler Gitarrist geworden ist, und Tyler (Gesang), dessen Zukunft nach meinem Eindruck eher hinter den Kulissen zu liegen scheint, auch wenn ich schon schlechteren Gesang gehört habe. Kenny Aronoff am Schlagzeug trommelt wie gewohnt Volldampf, Bob Malone (keyboards) und James Lomenzo (bass) halten mühelos mit. Das Ganze klingt selbstverständlich anders als zu CCR-Zeiten: Es klingt so, wie John Fogerty die Stücke heute spielt. Auf eine Nummer wie „Rock’n’Roll Girls“ hätte man verzichten können, aber die meisten Fogerty-Kompositionen sind und bleiben unkaputtbar.
 
 

 
 
Die Überraschung des Albums in der mir vorliegenden Doppel-CD-Version („Walmart-exclusive“; und da Walmart keine ausländischen Kreditkarten akzeptiert, wird diese Version in Europa nur auf Umwegen zu beziehen sein) sind unmittelbare Woodstock-Memories: Coverversionen von „With A Little Help From My Friends“, „My Generation“, „Everyday People“ (das mich heute genauso wie im Original nervt), „Dance To The Music“ und „Give Peace A Chance“, mit Soulgesang (Trysette Loosemore und Lavone LB Seetal) „wie echt“ und ebensolchem Soulgebläse, sind zu hören, und das durchaus hörenswert. Der einzige Missgriff ist Shane Fogertys „Star-Spangled Banner“-Solo — schräge Gitarrensounds mit viel Echo, aber es zeigt letztlich nur, wieviel mehr der Meister draufhatte. Na gut, das Stück hängt am Ende von CD 1 — man hat sich wohl gedacht: Dort stört es am wenigsten.

Um die Verwirrung komplett zu machen, gibt es anscheinend zwei verschiedene 1-CD-Versionen des Albums; eines enthält die Woodstock-Nummern, ein anderes nicht. Im Zweifelsfall darauf achten, welches man bestellt. Es gibt das Konzert auch als DVD und Blue-ray Disc. Vor deren Veröffentlichung wurde das Konzert am 11. November (dem Veteran’s Day) per Satellit in 500 ausgewählte amerikanische Kinos übertragen — allerdings offenbar mit wenig Resonanz. Es gab kaum Werbung, zum Teil gab es technische Probleme, in etlichen Kinos erschien nur eine Handvoll Zuschauer.
 
Das zweite Album, ebenfalls eine Doppel-CD, ist merkwürdigerweise dichter an Fogerty dran als man vermuten könnte: David Byrnes American Utopia on Broadway.
 
 

 
 
Die Studioversion dieser Show war letztes Jahr unter meinen Jahres-Top-Ten. Die hier von Byrne und einer elfköpfigen Band präsentierte Live-Fassung aus dem Hudson Theater am New Yorker Broadway ist aber noch um einiges mitreißender, selbst ohne die Choreographie von Annie-B Parson. Das liegt allerdings weniger an den Utopia-Songs, die streckenweise etwas gewöhnungsbedürftig waren, sondern — und das verbindet dieses Album mit Fogertys — an dem mindestens halben Dutzend alter Talking-Heads-Titel, die sich nicht nur fugenlos ins Programm einpassen, sondern den neuen Stücken an Power sogar noch überlegen sind. Es ist verblüffend, wie wenig Tracks wie „Burning Down The House“, „I Zimbra“ oder „Once In A Lifetime“ gealtert zu sein scheinen, obwohl sie um die 40 Jahre auf dem Buckel haben.

Was soll man sagen: American Utopia on Broadway erinnert unweigerlich an Stop Making Sense, der für mich noch immer ein maßstabsetzender Konzertfilm ist. Und die Frage, ob man das Livealbum braucht, wenn man das Studioalbum schon hat, erledigt sich beim Hören von selbst. Ich kenne die DVD noch nicht, bin aber sicher, dass auch sie das Anschauen wert ist.

 

 
 
 
Es war einmal ein Film: True Stories von 1986, gedreht unter der Regie von Talking-Heads-Mastermind David Byrne. Der präsentiert uns eine skurrile Rundfahrt durch Smalltown America am Beispiel des imaginären Städtchens Virgil, Texas — seine Mall, seine Bewohner, ihre Macken, ihre Unterhaltungsvorlieben.

Ich habe den Film seinerzeit auf Tele 5 in einer deutsch synchronisierten Fassung gesehen und fand ihn witzlos. Allerdings gab es dazu auch die Filmmusik, gespielt von den Talking Heads, und dieses Album gehörte mit seiner merkwürdigen Melodien- und gelegentlichen Walzerseligkeit schon bald zu meinen Heads-Favoriten. Ich mag die Scheibe noch immer.
 
 
 

 
 
 
Vor einem halben Jahr habe ich den Film zufällig als Netflix-DVD entdeckt und ihn erstmalig in der unsynchronisierten Originalfassung gesehen. Erst da ist mir bewusst geworden, wie verdammt gut dieser Film eigentlich war, wie scharf Byrne beobachtet, ohne jemals böse oder zynisch zu sein (das wäre leicht), was für eine melancholisch-absurde Komik dieser Film stellenweise besitzt, und wie wunderbar die Videoclips in den Film passen, die sich Jonathan Demme mit seinem Kunstköpfchen zur Talking-Heads-Musik hat einfallen lassen.

Und jetzt gibt es den ganzen Soundtrack des Films.
 
 
 

 
 
 
Und erst jetzt ist mir so ganz klargeworden, wie gut zum Teil diese Filmmusik war, nicht zuletzt auch die Originale, die nicht von der Stimme Byrnes geprägt sind. Erstaunliche Überraschungen kann man da erleben — z.B., dass im Titeltrack keine Geringere als Meredith Monk mitgewirkt hat (die 1986 ebenso wie David Byrne offenkundig ihren Philip Glass zum Frühstück genossen hatte), oder das Kronos Quartet in der „Dinner Music“. Abenteuerlich die „Mall Music“, gespielt von einem Carl Finch auf einem Hobbykeyboard (dem Sound nach wohl ein Yamaha-Gerät). Ein Titel wie „Wild Wild Life“, gespielt auf einer Pedal Steel Guitar, gewinnt eine völlig neue Dimension, und auch der „Dream Operator“, gespielt auf Gläsern, entwickelt einen unwiderstehlichen Charme.

Dazu kommen einige Talking-Heads-Songs in deren unveränderter Originalfassung, eine Reihe von Songs, die von anderen Originalinterpreten dargeboten werden und bislang auf keiner Platte zu finden waren. Sehr hörenswert zum Teil auch die Talking-Heads-Songs, die auf diesem Album mit den Interpreten zu hören sind, die im Film singen.

Was soll man sagen? Ein verblüffend gutes, hoch unterhaltsames Scheibchen. Hätte ich nicht erwartet.

 

 
 
 

David Byrne ist nicht nur ein begnadeter Musiker und ein kreativer Kopf, sondern auch ein leidenschaftlicher Radfahrer, der sich für fahrradfreundliche Städte engagiert – zudem einer, der das Handwerk des Schreibens beherrscht. Dies zeigt sich nicht nur in seinen poetischen, teils subversiven, Songtexten. Sein Buch Bicycle Diaries, das im November auch in deutscher Übersetzung erscheint, lese ich gerade mit Vergnügen und Erstaunen. Byrne erzählt, analysiert, recherchiert, strukturiert und philosophiert da, als wären auch die Geisteswissenschaften sein Metier. Unter anderem beschreibt er, was alle Radler wohl schon erfahren haben: Radfahren, egal ob man es sportlich betreibt oder gemütlich – die Landschaft erkundend, mit kontemplativen Pausen zwischendurch – ist generell eine ideale Möglichkeit, den Horizont zu erweitern; sich leibphilosophisch-phänomenologisch gesprochen „auszuweiten“ (Hermann Schmitz); sich auf eine gelenkschonende Weise fit zu halten; bei Besorgungen, das Auto stehen lassend, die Umwelt zu schonen; alles in allem Stress abzubauen.

 
 

Peter Sloterdijk habe ich stets bewundert ob seiner Fabulierkunst (sic!) – in einem wähnte ich mich ihm voraus: denn ich war einst topfitter Radsportler. Einen ganzen Sommer lang dann ließ ich das Sportgerät im Keller, fühlte mich schlapp. Da las ich ein Interview mit Sloterdijk im Spiegel, es ging um Profisport und Doping (die Tour de France lief gerade) und der Befragte erwähnte nebenbei, dass auch er seit Jahren ausgiebig diesen Sport betreibe, im Sommer mehrere Tausend Kilometer zurücklege und mit einem Trainer in Begleitung selbst den Mount Ventoux emporgeradelt sei. Ich war verdutzt: sitze in meiner Stube, mehr als zehn Jahre jünger als der Philosoph, vermutlich mehr als zehn Kilo leichter und Sloterdijk fährt mir nicht nur geistig davon. So wurde aus dem Philosophen dann also auch ein Motivationstrainer – und er hat ja mit einem therapeutischen Imperativ in Buchform („Du Musst Dein Leben Ändern!“) und Hochform ein phantastisches Regelwerk der Trainings- und Motivationskunst nachgeliefert. Askesis heißt übrigens „Übung“ – und wer nicht mehr übt, kann den Karren, in diesem Fall das Fahrrad, eigentlich gleich hinschmeißen.

 


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