Manafonistas

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Archives: Juni 2023

Diese Stunde war etwas anders geplant. im Mittelpunkt sollte ein „buried treasure“ von Pharoah Sanders erklingen, aus dem Jahre 1977, remastert und herausgebracht von Luaka Bop, die uns vor Jahren Pharoahs geniales Farewell-Album bescherten. Aber, bei aller Liebe zu den meisten Werken des Saxofonisten nach dem Tod Coltranes, von „Tauhid“ bis früh in die Achtziger hinein, „Pharoah“ (1977) enttäuschte mich fast auf ganzer Linie – von wegen „heiliger Gral“!

Und so kam es, dass ich bei meinem kleinen Trip durch die Siebziger Jahre Station machte im Jahr 1973, der frühen Zeit von Keith Jarretts Solopianokonzerten. Inspiriert auch von Wolfgang Muthspiels Komposition „Folk Song“, die etwas von Keith Jarretts zwei Studioalben mit seinem europäischen  „Belonging“-Quartett aufgriff –  und verwandelte. Das „ECM special“ wurde dezent erweitert – in einem Magazin mit „Neuem von der improvisierten Musik“ bestens zu rechtfertigen mit der aktuellen Vinyl-Serie einer  Auswahl alter „Meilensteine“ des Labels, innerhalb der Reihe „Luminessence“.

Und so ging‘s, zeitweise und in munteren Galopp, schlaglichtartig, durch, musikhistorisch gesehen, eine der wundersamsten Dekaden der letzten hundertfünfzig Jahre, ein „power spot“ ohnegleichen, was Erfindungskraft, Ereignisdichte, Grenzüberschreitungen –  und die Zahl von „Instant Classics“ angeht. Im Jazz und weit über den Jazz hinaus. Da spielte, in meinen „Ton“, eine Prise Humor hinein, etwas „Storytelling“ (wenig ist so lähmend wie eine trockene akademische Ansprache).

In der Losung zum „deep listening“, eine  Art Affirmation, nichts anderes als  der Titel eines Jazz-Standards“ (von dem es übrigens auch eine „late night version“ von Keith Jarrett gibt), kommt etwas zum Vorschein, was leicht den „Meta-Ebenen“ des Diskurses abgeht: dass das existentielle Element die Hörerfahrung selbst ist. Der private Raum.

Hier die ganze Stunde, mein Dank an den „radiophilen Henry“, an die „virtuellen Gesprächspartner Wolfgang Muthspiel und Jan Bang, und an Olafs muntere Replik: „deep listening, michael, auf jeden fall – aber darüber den hund vergessen ??“ Abgesehen vom Jahresrückblick mit Thomas und Karsten im Studio 3A des Deutschlandfunks, sind meine nächsten Ausgaben der „JazzFacts“ und der Klanghorizonte“ erst Anfang des folgenden Jahres.

 

 

2023 26 Jun

Schauder und Idylle

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Die Welle (D, 2008) von Dennis Gansel
nach dem gleichnamigen Roman von Morton Rhue , 1981
basierend auf einer wahren Begebenheit in den USA

 

Es gibt Filme, die ersparen einem eine 4-wöchige Selbsterfahrungsgruppe, indem sie ein Übertragungsgeschehen in uns wachrufen, das uns mit neuen Nebenräumen des eigenen Kellergeschoßes konfrontiert, in dem auch mal dringend abgestaubt werden sollte. Man verlässt dann das Kino reichlich erschüttert – letztlich am meisten über sich selbst. Auch das ein Kriterium für einen guten Film.

Der Film Die Welle handelt von der Unternehmung eines progressiven, aber auch etwas naiven Lehrers, mit seiner Klasse eine Projektwoche zum Thema „Autokratie“ durchzuführen. Der Lehrer – ein grandioser Jürgen Vogel – ernennt sich selbst zum Autokrator, die Klasse zu seiner Gefolgschaft. Es wird Uniformierung vereinbart, eine Begrüssung durch Handzeichen, Gehorsam. Dann bekommen die Schüler beigebracht im Gleichschritt auf der Stelle zu marschieren – die Schule erbebt. „So kann man Brücken zum Einsturz bringen!“.

The first impact has landed – in den Zuschauerraum weht ein Schauder – aber nicht von der negativen Art, nein – sondern von der Macht eines gleichgeschalteten Kollektivs und seiner Durchschlagskraft. Und ja, auch von der Geborgenheit unter Gleichgesinnten und ihrer Verführung. Es entsteht ein „Wir“ wo vorher viele smartphonehypnotisierte „Ichs“ waren. Das springt rasch in den Zuschauerraum über.

Einen ähnlichen Impact konnte ich bei der ikonischen Szene aus Cabaret beobachten, als eine friedliche Biergartengesellschaft ihren Nachmittag geniesst, ein blonder Junge glockenhell und nett anzusehen „Tomorrow belongs to me“ singt, die übrigen Gäste mit einstimmen, die Gesichter sich aber zunehmend aggressiv verzerren und am Ende alle aufstehen und den deutschen Gruss entbieten. Schauder und Idylle – hier mehr Schauder, in der „Welle“ zuerst noch Idylle. Die Klasse, zuvor in die üblichen Interessen-Grüppchen zersplittert, man ist en vogue und weniger en vogue, schliesst sich in einer ungewohnten Einigkeit zusammen, bisherige Outsider werden integriert und gestützt, dem „Autokraten“ wird Gehorsam gezollt. Es macht sich eine Form von Solidarität breit, die auch den Zuschauer aufatmen lässt, der um die Folgen von Autokratien weiss. Aber der Verstand ist ein Idiot, sobald ihn ein Gefühl anspringt. Man suhlt sich also mit im Gemeinschaftsleben, in dem alles zusammen getragen und ertragen wird.

Aber auch Brüche und Verwerfungen werden gezeigt: Unterschwellige Rivalitäten machen sich breit unter den testosterongebeutelten Jungs, während die Mädels besonnener bleiben: eine Rauferei im Schwimmbad unter Wasser – metaphorisch für zunehmende Aggression unterhalb der Wahrnehmungsschwelle; ein türkischer Mitschüler wird attackiert. Die Klasse kreiert sich ein Logo, drängt zunehmend an die Öffentlichkeit auf der Suche nach mehr Geltung. Ein Anfang, wie wir ihn aus der Geschichte bereits kennen.

Das Misstrauen einer kleineren Gruppe von Schülern gegen das Experiment wächst, die zunehmende Abgrenzung nach Außen, der Kadavergehorsam und die Gewaltbereitschaft beunruhigt einige, es entwickelt sich eine Widerstandsbewegung. Diese sensibilisiert uns in einer Art, dass wir nun auch die Gefahr wittern, die die Idylle zunehmend durchtränkt. Flugblätter werden geschrieben. Eine Szene, in der eine Schülerin nachts in der Schule Flugblätter auslegen will und Angst vor Entdeckung hat, zitiert das Sophie-Scholl-Motiv und wirft den Zuschauer in einen Zustand quälender Ambivalenz, der die Idylle nicht verlassen will. Plötzlich ist man gegen Sophie Scholl eingenommen, als hätte sie etwas Wertvolles zerstört.

Schliesslich scheitert das Experiment dramatisch, der Lehrer wird festgenommen und kann sich nun an einem ruhigen Ort mit seinen eigenen Seelenräumen auseinandersetzen. Und seiner Unkenntnis über das Schicksal des Zauberlehrlings und der Unterschätzung der destruktiven Kraft von fehlgeleiteter Autoritäts- und Vatersehnsucht seiner Schüler in einer vaterlosen Gesellschaft. Den hätte ich nur zu gern auf der Couch gehabt …

Zurück bleibt eine traumatisierte Klasse und ein sekundär traumatisierter Zuschauer. Was hat man erlebt? Den Sog des diktatorischen Faschismus und sein Geschick, Idyllen zu inszenieren.

Der Titel zu diesem Beitrag ist geklaut, es ist der Titel eines Buches von Gudrun Brockhaus (Jahrgang 1947), die darin viel selbsterlebte Idyllen, Volkslieder, Lagerfeuerromantik, Gemeinschaftsschauder, Mutterschaftsidealisierung ihrer Kindheit analysiert, und immerzu mit dem eigenen Erleben verknüpft.

 

 

 

 

Der Faschismus und seine Ästhetik ist weiterhin ein Marktfaktor, vor allem in der Comicwelt und Populärkultur. Natürlich sind die Faschisten die bösen Gegner, aber die Heroisierung als Teilmenge der faschistischen Idyllenreinszenierung findet trotzdem statt.

 

 

 

 

Sozusagen das zweite Leben des Dritten Reichs, wenn nicht gar schon das dritte. Das zweite fand dann wohl statt in der Filmproduktion des kalten Krieges, dem geopolitischen Zusammenschluss mit den USA und der zunehmenden Wiederaufrüstung Deutschlands, als der latente Faschismus die Filmproduktionen diskret durchwebte und umschlich: „Ein Jäger ist ein Heger, der das Schwache und Kranke ausmerzt damit das Gesunde erstarken kann!“ schwurbelte damals der Förster vom Silberwald. Das sass so tief, da musste ein Regisseur noch nicht mal besonders dämlich sein, um dergleichen 1954 flott in sein Kunstwerk einzubauen. Von der brutalen Germanisierung und Christianisierung der Indigenen durch einen gewissen Karl May jetzt mal gar nicht zu reden, da waren die Überlebenschancen eines Indianers direkt proportional zu der Angleichung an das Wertesystem des weissen Bruders Scharlih, oder zumindest musste er dahingehend modifizierbar sein; ein Old Shatterhand-look-alike-Rattenrennen in jeder Folge sozusagen – aber ich schweife ab.

 

 

 

 

Faschistische Ikonik, eine Gemengelage aus Wiederentdeckung, Verdrängung, Modifikation und Stellungnahme mit teils unscharf gezeichneten Rändern, aber auf jeden Fall höllisch interessant für viele. Monumental, überwältigend und mörderisch steckt sie auch in Star Wars; Darth Vader trägt nicht umsonst einen Stahlhelm, dem traut man zu, dass er zum totalen Krieg bläst. Der Schatten der westlichen Demokratie im jungianischen Sinne sieht für mich so aus, zumindest fällt mir Vader da immer als erstes ein.

Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal vergangen.

 

… kommen Sie ruhig hereinspaziert, ich höre heute drei Schallplatten, die so unheimlich gut sind, dass ich gar nicht mehr aus der Höhle komme und zwischendurch nur für Kaffee oder Sprudel in die Küche husche. Ein Chiropraktiker zauberte mir vor Stunden die Blockade eines Halswirbels weg, und seitdem schwebe ich noch etwas mehr. Die drei Alben haben stilistisch wenig miteinander am Hut, da öffnen sich, auch ohne Aldous und LSD, „the gates of perception“. Du bist DORT – „getting there“ hiess mal mein esoterisches Pfadfinderbuch in ach so fernen Jahren, wo man zum Beispiel lernte, sich unter offenem Himmel nachts ins die Sterne fallen zu lassen. Diese drei Hammerteile sind alle zwischen 1967 und 1976 entstanden – das Jazzalbum habe ich seinerzeit dank einer Besprechung von Richard Williams im Melody Maker entdeckt (der heute auf seinem Blog „The Blue Moment“ an Peter Brötzmann erinnert), und jetzt im Zuge meines kleinen Gary Burton-Fests der letzten Tage auf dem Regal gefischt, Walt Dickersons „Peace“, einst auf Steeplechase Records rausgekommen: Dickerson, Atkinson, und Cyrille (meine kleine Warnung: man sollte Sounds mögen können, die ein Bogen an Bass und Becken erzeugen kann). Das Blues-Album kannte ich nur vom Namen, und weil John Zorn mir 1990 in einem Interview von diesem Meister vorschwärmte, was gleich verrät, dass ich da nicht so der Fachmann bin (umso spannender, wenn eine Bluesscheibe mich dann umhaut, und das tut dieses Teil (es brauchte aber einen zweiten Anlauf, ist auf dem Foto zu erkennen!) und steht nun mit meinen nahezu einzigen – Bluesfavoriten auf dem Gipfel (was vielleicht auch daran liegt dass manche Werke einfach ihr Genre, ich will jetzt nicht sagen, transzendieren, aber doch, genau das trifft es). Meine zwei anderen Blueshimmelstürmer heissen „Folk Singer“ von Muddy Waters (auch ein „audiophiles“ Highlight, Norbert wird es bestätigen, eim Renner auf High End-Messen und Shops – und dann diese eine Bluesplatte, die John Lee Hooker mit Jazzern aufnahm für das Label Impulse, das habe ich auf einer SACD. Musik und Klang sind da auch der reine Wahnsinn. Und die nächste Platte, die dritte Scheibe im Bunde (wusch, sah die mal gut aus, die Sängerin, nicht die Platte!), und jetzt will WeWantSounds fünf Platten der Japanerin, alle aus den Siebziger Jahren, neu rausbringen. Kaji Meiko und „Hajiku Uta“. Hier meine Besprechung von „Hajiku Uta“ in einem Satz: „Put a match in a gas tank – BANG BANG!“. Nachtrag: Nach einem kleinen Walk wird die Höhle durchgelüftet, und eine Balladenplatte aufgelegt, die belegt, dass Balladen eben nicht einfach immer nur Balladen sind, „Ballads“ vom John Coltrane Quartet. 

2023 26 Jun

Postkarte aus Kassel

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Lyrika_Postkarte_Vorne

 

Lyrika_Postkarte_Rückseite

 

Am kommenden Wochenende findet im Kulturzentrum Kassel in der Mombachstraße 12 unter Kastanienbäumen ein Open Air Lyrikfestival statt, auf dem auch ich auftreten und aus meinen Gedichtbänden lesen werde, am 1. Juli um 14:30 Uhr. Bei der Einladung wurde ich gefragt, ob ich auch bereit wäre, an einem lyrischen Speed-Dating teilzunehmen. Ich fragte nach, was darunter zu verstehen sei. Ich hatte eine Veranstaltung erlebt, bei denen den AutorInnen „zum Warmwerden“ vor ihrer Lesung eine ganze Reihe an Fragen mit Alltagsbezug wie die nach der Lieblingsfarbe gestellt wurden. Nicht, dass das nichts aussagt, aber ich glaube, man lernt AutorInnen doch eher über ihre Texte und die Art, wie sie damit umgehen, kennen. Im Internet fand ich eine Erklärung, die mich noch weniger beruhigte: Es hieß, beim lyrischen Speed-Dating ginge es darum, spontan in poetischer Weise auf Gedichte anderer zu reagieren. Glücklicherweise wird das in Kassel anders ablaufen. Die Gedichte für den ersten Leseblock, ca. 20 Minuten, habe ich inzwischen zusammengestellt. Das Zauberwort ist ein Begriff von Michael: Sequencing. Ich könnte auch sagen: Innere Dramaturgie, Abwechslung, ein Bezug von Motiven aufeinander. Einen Boden für die Wahrnehmung bereiten (sich an andere Orte transportieren lassen) und ihn wieder entziehen, so wie man Sicherheiten entzieht, die Kontrolle verliert und Stimmungen erzeugt. Ich steige ein mit einem Gedicht, das ich ohne Manafonistas nicht geschrieben hätte: Nur eine Straßenecke. Es begann mit einem Blogbeitrag, einer Skizze vom 11. September 2014, die sich auf einen einseitigen Comic von Bill Brag aus der Le monde diplomatique vom Dezember 2010 bezieht. Die Skizze zum Comic hatte ich noch sehr verändert, rhythmisch gestaltet, cut-ups eingefügt, keine zufälligen Schnitte, sondern gewählte, Filmtechniken wie Zoom und Rückwärtsspulen eingebracht, einen Bezug zu Kafka, und, nur für mich erkennbar, eine Kindheitserinnerung an den Hund, mit dem ich damals gern unterwegs gewesen wäre: Lassie. Die Zeitungsseite mit dem Comic habe ich noch, ich bringe sie mit nach Kassel, fürs Speeddating, das ist nämlich – wie jedes aufregende Date – frei in seiner Gestaltung. Hier der Link zur Veranstaltung.

 

2023 24 Jun

17 Beats, Juni 23, 2. Lieferung

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Es geht weiter mit Kurzgedichten zu Musikstücken, die meinen Hirnstamm direkt angesprochen haben. Es kamen wieder jede Menge Inspirationen von hier. Danke dafür.

Es geht los mit dem Meister des Vibraphons und seinem Quartet, die eine Komposition von Keith Jarrett uraufführen(?). Es folgt eine Lady mit dem wundervollen Southern drawl aus Alabama zu himmlischen, unwiderstehlichen Klängen, anschließend ein finnischer Schlagzeuger mit Combo. Meine letzte Lieblingsband, die der frühe Tod der Sängerin und Drummerin, hinweggerafft hat, spielt einen ihrer hypnotisch-melodischen spirituellen Songs. Ebenfalls schon im hiesigen Programm ein Duo des besagten Vibraphonvirtuosen mit Chick Corea in Höchstform. Danach für die gute Laune ein mitreißendes Gesangsstück aus meiner frühen Jugend. Zum Runterkommen ein Instrumental des Meisters, dem wir im Oktober in Berlin huldigen werden. Ich muss es das erste Mal so mit ca. 16 gehört haben und habe es damals ca. 15 mal hintereinander auf beide Seiten einer C60-Cassette kopiert, um es dann auf einem Cassettenrecorder zur Meditation in Endlosschleife zu hören. Weiter geht es mit der Folkrock-Combo schlechthin mit der schönsten Frauenstimme diesseits des Äquators. Im Anschluss eine Gitarrenimprovisation von Jochen. Es endet mit einem Pianisten, den ich gerne in meiner Jugend gehört habe, der etwas ungerechtfertigterweise in die New Age Schublade gesteckt wurde und der uns vor kurzem verlassen hat.

Die Musik findet man einfach im Internet. Hier meine Deezer-Playliste, es handelt sich um die letzten neun Stücke.

 


Effortless floating,
daydreaming, sipping a glass
of smooth Pomerol

[Gary Burton Quartet – Coral (Keith Jarrett)]


Wie du mich reinziehst,
alles sonst zu vergessen,
nur dir zu lauschen

[Hannah Aldridge – Beautiful Oblivion]


Der Regenwald spricht.
Die geheimnisvolle Nacht.
Fiebertraum. Bett nass.

[Edward Vesala – Nan Madol]


Deine Sanftheit fehlt
in dieser verdammichten,
durchgedrehten Welt

[Low – Gentle]


Wenn Glocken tanzen
und Klaviertöne perlen
Einfach wegschweben

[Gary Burton & Chick Corea – Crystal Silence]


Singe dieses Lied
und alle Trübsal wird wie
weggeblasen sein

[Les Humphries Singers – Mama Loo]


Mit einem Ruder
auf dem spiegelglatten See
Immer im Kreis rum

[Brian Eno – Through Hollow Lands]


A fallen angel
singing of the heart of things
So much air to breathe

[Fairport Convention – Who Knows Where the Time Goes?]


Die Sterne funkeln
motoric vibes on the road
Zuhaus ankommen

[Jochen Siemer – Looping Eastward]


It’s the breaks, stupid!
Auch Schmalz kann berührend sein.
Er spielt jetzt oben.

[George Winston – Living without You]
 

Es ist verblüffend, an was du dich alles erinnern kannst, wenn dir ein Album aus alter Zeit begegnet. B & B Wojirsch gehörten zu den frühen Cover-Design-Gestaltern bei ECM, und schon damals berührte mich auf Anhieb die eher sachliche „Verpackung“ dieses Albums. Name und Titel ganz nach oben transportiert, und so viel silberner (Farb-)Raum darunter. Synästhesien sind mir ausserhalb von Träumen fremd, aber etwas Silbriges assoziiere ich mit dem virtuosen Vibraphon-Spiel des Herrn der vier Schlegel (seltsam genug) – eine Art Flirren, ein freies Flottieren, das durch den Raum schwebt und geistert.

 

 

 

 

Ich würde Manfred Eicher gerne mal fragen, was er noch von diesen zwei Märztagen des Jahres 1973 in den fernen Aengus-Studios in Massachusetts erinnert, denn mir scheint, so neu das Quartett auch war, so neu der Lebensraum von Gary Burton nach seinem Umzug nach Boston, so neu der Produzent an seiner Seite – alles, was du hier hörst, ist von frappierender Leichtigkeit.  Als hätte es nie grosse Fragen oder kleine Probleme gegeben – und „laissez-faire“ und „loslassen“ als einzige Devise!  Selbst da, wo das Quartett dicht und ereignisreich agiert, schafft sich enorme Luftigkeit Platz. Alles beginnt mit einem Stück aus der Feder von Chick Corea: „Open your eyes, you can fly“, und  dieser Titel ist Programm!

Da sind die Finessen des jungen Mick Goodrick, der den Fallen typischer Muster entkommt, mit jedem Solo eine kleine neue Welt kreiert. Abraham Laboriel ist ein „Teufelskerl“ am elektrischen Bass (und könnte mit dem Sound und seinen durchweg gruppendienlichen Soli allein die Titelgeschichte eines Bass-Magazins füllen). Und angesichts der Sprunghaftigkeit der Vita des famosen Drummers Harry Blazer überrascht die Kurzlebigkeit dieser Gruppe kaum. In einem Amalgam von Psychedelik, Jazzrock, Postbop, Traumstoff, Ohrwurmgefahr sowie reinen Atmosphären entsteht nichts weniger als perfekte Quartettmusik. Wer seinen Ohren nicht traut, beginnt die Reise einfach von Neuem.


Olaf: ob er kommt, hängt davon ab, ob ich 1-2 Pressekarten bekomme.

Ingo: weiss noch gar nicht, ob er da ist.     
Ich: bin vom 22. bis 25.10. vor Ort.
Martina und Jochen: „eigentlich“  interessiert.
Lajla: zu der Zeit sowieso in Berlin.    
Alex: arbeitet, hätte aber um 16.00 Uhr Zeit am Konzerttag.
Ursula: leider nicht.
Jo: wird sich erst im Frühherbst klären.

Die Anderen: noch ohne Rückmeldung.

 

 

 

 

Wenn es ideal läuft, bleibt eh nur maximal die Zeitspanne zwischen 14 und 18 Uhr. Alex würde später dazustossen, und die Konzertbesucher wohl zeitig aufbrechen. Das Treffen hätte also nicht die epische Länge von Münster oder Sylt, auch nicht das kompakte Programm von Leinfelden-Echterdingen. Dies ist nur ein Zwischenstand. Der hier auch nur kurz „verweilen“ wird. Aber natürlich könnten sich kleinere Gruppierungen hier und da einfinden in jenen herbstlichen Tagen.

 

Comme une parenthèse dans l’agitation du monde, un éloge de la lenteur tissé par deux Norvégiens, le violoniste Nils Okland et le claviériste Sigbjorn Apeland. Minimaliste et planant, un voyage beau et envoûtant.

Patrick Labesse, Le Monde

 

 

 

 

Hello, Sigbjørn, (…) No wonder, GLIMMER is placed at the centre in my radio show being the first of a number of albums dealing with landscapes, old roots and homes, the spaces of childhood etc.. Here my questions…  

1) it is maybe the quietest of all albums you have made with Nils Økland and his hardanger fiddle and violin, even more quiet than your other duo album LYSØEN. My sensation (which may be very wrong) is that you played even the old folk songs more slow, more adagio  than the old sources may sound or siggest. To kind of intensify the material, maybe! In a sequence of 15 tracks, and staying in this slow motion mode, even the tiniest changes of tempo or the suggestion of a rhythm, can have quite a dramatic impact while listening. So what (forget about my assumptions if they are wrong) was the overall idea of GLIMMER? And can you exemplify your approach on one composition (maybe with a little story about an original song)?

2) Knowing that some of the traditionals refer to regions of Norway in which you two grew up – (Nord-Rogaland and Sunnhordland (Haugalandet) – what was making this music on a personal level for you? Did certain memories of your early years became more vivid, was it emotionally a very deep experience when letting you kind of fall back into an early period of your life? I mean: to  get back into contact with a) the places of childhood and b) old songs that may be centuries old and still resonate from a time long gone – has certainly an impact on you… 

K
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3) Some of the pieces relate to the paintings of respectively a film on the life of Lars Hertervig, a famous Notwegian landscape painter of the 19th century. What strikes you as extraoridinary in his paintings and how do you feel their connection to the music of GLIMMER, which by the way, seems a very fitting title for the album? 

4) Did your own compositions for GLIMMER kind of grew out of the research and the playing of the old material, as a kind of „echo space“ of the old songs? Can you speak about one of your compositions, a little story around it?

5) Last question: what makes for you the harmonium with all its wonderful imperfections an ideal partner for such time travels?

Thanks, kind regards, Michael Engelbrecht!

2023 21 Jun

Solstice (Last Two Inches Of Sky)

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As I am just now finding out the most affordable travel options for my trip to Kristiansand for this year’s „Punkt Festival“, I am also working on some photos and videos for the new duo album Eivind Aarset and Jan Bang are going to present on the festival’s final night. The new album, „Last Two Inches Of Sky“, is quite a departure from their previous work, and the two invited a number of diverse international guests into the studio to contribute to this new album. And they are going to welcome most of these guests (and more) at Punkt this year. It is going to be an exceptionally rich three days for the festival with musicians from many different countries, generations, and musical backgrounds. So I am looking forward to travel to Kristiansand – by train and ferry again, this time taking along my bike as well – with one of my oldest friends, who I am sure will be invigorated by the music and by his first actual trip to Norway (even if it’s only the southermost tip of the multifarious country).

I met  with Eivind and Jan a few of weeks ago to take some photos and ask them about their new album; here’s a shortened and condensed version of our talk.

 

 

 

 

ijb: You did two duo records together before, as well as many other collaborations and concerts throughout the years. What was your starting point this time to reach these very different results? 

 

JB: We had done „Dream Logic“ that I produced, Eivind’s record on ECM. And after that, „Snow Catches on her Eyelashes“ came out as a duo record. We had been exploring different atmospheres on that album, mostly improvised, but also composed in the studio. This time we wanted to come from a different angle. We wanted to make something very rhythmical. I had just bought an album of new electronic music from Congo. And the very high tempos were something that both of us really enjoyed. So that was kind of the starting point. 

 

On your previous records, rhythm is never that much in the center of the music. So it was a different process this time? How did you work on these rhythms?

 

EA: Absolutely different. With „Dream Logic“, the starting point was finding new ways to use the guitar. Through the live gigs we found ways of playing together, which we developed further on „Snow Catches“. The starting point [on this new record] was like an experiment. Three or four pieces came out really quickly. But then we spent lots of time [on developing more music] afterwards. The inspiration came not only from African music, but our common work with Jon Hassell has also been an inspiration on this new album to go into a much more rhythmical direction, not necessarily in a metrical way, also parallel rhythms, sometimes different tempos at the same time.

 

From working with Jon Hassell what could you take up during the making of this record?

 

JB: Patterns. Jon was really focused on patterns, but in different tempos. He would have one pattern going in a certain way and another pattern going in another way, which is very close to nature. If you listen to birds singing [for example], you can hear that this is very much part of Jon’s idea – you have one bird singing, then another bird singing [something else] – a call and response thing, not in the jazz sense where you play something and mimic it, but a very natural way of using rhythm. That is basically what his his work with tape loops is based on. He worked closely with Terry Riley and LaMonte Young and of course Brian Eno. And the way that they developed this loop thing, coming out of minimalism, has proven very interesting for us.

EA: We didn’t have drummers on our previous duo albums. Now Adam Rudolph is playing percussion on most of the tracks, Anders Engen is playing drums. That also added a totally different vibe than before.

JB: Audun Erlien did some overdubs on bass, and we played some of the recordings live together in the studio. And we traveled to New York to record Nona Hendryx [former singer] of Labelle. And that has become a very fruitful collaboration. Then there is also Tim Elsenburg of Sweet Billy Pilgrim.

EA: And Gianluca Petrella from Italy playing trombone on one track.

 

 

 

 

When I was listening to the album, I instantly thought of „Remain in Light“, and Jon Hassell was also influential on Talking Heads‘ music back then. I don’t remember if he actually played on „Remain in Light“, but I think he was asked to?

 

EA: He played on at least one track.

JB: „Houses in Motion“.

EA: And Nona Hendryx is on „Remain in Light“ as well.

JB: Yes, Jon Hassell was very influential, both for Eno and for David Byrne. So they decided to do „My Life in the Bush of Ghosts“ together, which was very much based on Jon’s ideas. And then things happened, and for different reasons they decided to do it as a duo. But Jon’s ideas and philosophy is something that is part of both Eivind’s and my DNA. We come from that way of thinking and we really respect his philosophy. And I think he has brought so much to the table – as a musician, but also as a music philosopher, not in words necessarily, but with his actions in music. „Remain in Light“ is of course a result of that. Jon, David Byrne, and Brian Eno, they were hanging out for two or three years in New York around that time, exploring ideas. And at least Jon was presenting a lot of music to the others, sort of global music.

EA: Yeah. These three albums they made within one year – „Remain in Light“, „My Life in the Bush of Ghosts“ and „Possible Musics“ under Jon’s name, which was also with Brian Eno – all of those are really influential for me.

JB: And they use tape loops. The tape, depending on how big the loop was, would go out of the control room into the studio, and they would use forks, mic stands and whatever to hold these tapes in order to make the tape go round and round. And of course with tape, most of the time it’s not in sync. So you would create these types of rhythm that you could not necessarily count as one piece or one rhythm, but multiple rhythms or multiple tempos. These are some of the of the ideas from the starting point for this new record, „Last Two Inches of Sky“. There’s so still so much to explore. Things that are outside of these type of systems. It belongs more to our imagination, to our way of breathing and talking and walking and listening to things that surround us.

 

Hearing you play live yesterday, it’s fascinating to see and hear how much of the music you actually develop in the moment. I have a feeling that you are building on ideas that you have explored before, but then things come up there and then and it might end up very differently in every performance. Last night’s concert worked so impressively as a long piece, even though those are not actually pieces that you thought out before. 

 

JB: Right. That kind of being in the moment is is so important, for us both, not to to present an idea of something. You could present a composition, but then you could immediately leave that and go into a more open forum, a more open improvisation. And that happened a lot yesterday. The things that for the audience may have seemed composed were not pre-composed at all. They were composed in the moment. And that is also how we work in the studio. We compose in the moment through our improvisations. So the improvisation, to me at least, is composition. And being in that moment is something that has to do with preciseness to try to be as precise as possible and not to project our inner emotions towards the audience, because the music in itself is can be so powerful that you don’t really need that.

 

That type of freedom that you experience in improvisation, with the two of you playing together, trying to be in the moment and finding out what to do next, can be great in a concert. But how is it possible to achieve that same quality on a record in a process that involves a lot of people, even in different studios. You invite them individually, you do overdubs, or you travel to New York to record them. That’s more like putting many things together, like an assembly, isn’t it?

 

EA: The starting point might be very quick, but then we add stuff. That’s the difference. I don’t criticize myself when I’m playing [a concert]. When I’m improvising, I’m in the moment, not asking ‚is this good taste or bad taste?‘ But in the studio we have the possibility to decide, [if something]  ‚is maybe too far in that direction‘. And we add  different improvised layers and then make choices, also the choices of bringing in other people, like, ‚Let’s check out how this would work.‘

JB: In a way that’s a very natural way of working for us. It’s like the blood flow flowing through your body in a natural way. And if you capture something that is of some kind of value, at least to ourselves, the blood runs a little bit faster.

EA: Yeah.

 

 

 

Der neue Kultursenator Berlins, Joe Chialo (CDU), hat im Oktober 2022 in einem „Pioneer“-Podcast auf die Frage, welche Band die CDU wäre, geantwortet: „Rammstein!“
Nun gut, die Aussage ist schlecht gealtert, was aber meinte (und wusste?) Herr Chialo von Rammstein? Meint er die Texte von Lindemann und Merz? Meint er die Theatralik von Show und Parteitag? Oder gar …

Rätsel über Rätsel. Die CDU ist Rammstein – muss man auch erstmal drauf kommen …
 
 


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