Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

You are currently browsing the blog archives for the month Juni 2021.

Archives: Juni 2021

2021 30 Jun

Junihorizonte 21

| Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off

Willkommen zu den Klanghorizonten mit Michael Engelbrecht. Der erste Horizont wurde vom britischen Portico Quartet geöffnet. Und wenngleich sie nicht die Ersten sind, die in den Grenzfeldern von minimal, ambient und Jazz arbeiten, so haben sie doch mit ihrem neuen Album TERRAIN einfach das abgeliefert, was man grossartiger ritueller Groove Musik erwarten kann: dass sie den aufmerksamen Hörer immer weiter und tiefer in diese Terrains lockt. Nachtlandschaften besonderer Art werden Ihnen in den folgenden fünf Stunden immer wieder mal begegnen.

Wir bleiben in Britannien: die Sons of Kemet verbinden ihr Bewusstsein  für karibische Wurzeln mit klaren politischen bekenntnissen, sozialem Realismus und einem Quantum Utopie. Das ganze eng verbandelt mit den Wurzeln eines sich spirituell verstehenden Jazz, der auf dem Label Impulse Records in den 60er und 70er Jahren seine Blütezeit hatte. Nicht von ungefähr erschien BLACK TO THE FUTURE aus dem neu belebten Label IMPULSE!, dem einstigen Hauslabel von John Coltrane, Pharoah Sanders und all ihrer Seelenverwandten. ENVISION YOURSELF LEVITATING…

THE RICH CAN ONLY BE DEFEATED WHEN RUNNING FOR RHEIR LIVES. In Trinidad wuchs Anthony  Joseph  auf, fing früh an zu schreiben, siedelte Ende der 80er Jahre nach London um, und nennt seine Haupteinflüsse Calypso, Jazz, die Rhytmik alter karibischer Sprachen, und den Surrealismus. Mitreissend die  vielfalt der Stimmungen aif diesem Werk,  auch Shabaka Hutchings spielt mit.

Der Titel des Albums stammt aus dem Buch „Die schwarzen Jakobiner“, einem 1938 erschienenen Buch des  Historikers CLR James. Es erzählt die Geschichte von den Mühen und Leiden  schwarzer Arbeiter während der haitianischen Revolution das Buch kommt auch vor in Steve McQueens Klassefilm „Alex Wheatle “, der mit den vibes des Reggae dem Rassismus in England der frühen 80er Jahre nachspürt. Noch mehr als unter Thatcher und Kriegstreiber Blair wird England unter Boris Johnsons wieder zu Finsteemgland.

Auch der folgende  Pianist hat  den  Rasssismus in den vergangenen Jahre der Trump-Ära hautnah erlebt. Eine Konsequenz war Vijay Iyers fulminantes Power Trio Album Album UNEASY, und mir unvergessen, was er in einer der letzten Ausgaben der JazzFacts hier im Deutschlandfunk erlebte…ich zitiere:

Das Chaos dieses öffentlichen Diskurses hat uns und unsere geistige Gesundheit beeinflusst. Jeden Tag hatte man das Gefühl, mit Terror zu leben und musste trotzdem versuchen, irgendetwas daraus machen. Ich habe gedacht: Können wir uns überhaupt eine Zukunft vorstellen? Und dann mit der Pandemie, besonders unter diesem Regime hat es sich so angefühlt, als ob es das Ende der Welt sein könnte. 

Touba aus dem Album UNEASY von Vijay Iyer, Linda May Han Oh uund Tyshawn Sorey. Anschliessend MAKA DIMWEH,  ein weiterer Song aus Arthur Josephs THE RICH CAN ONLY BE DEFEATED WHEN RUNNING FOR THEIR LIVES. Ich zitiere aus einem Interview des Magazins Uncut:

„Manche Gedichte können zugänglich sein, aber nicht alle müssen es. Ich bin im Wesentlichen ein karibisch-surrealistischer Dichter – es gibt Zeiten, in denen ich die Grenzen der Bedeutung ausloten möchte, oder in denen ich eine Sprache schaffen möchte, die transzendent, undurchsichtig oder manchmal auch knochendirekt ist. Manchmal wird Klang zu Bedeutung. Oder Bedeutung wird zu Klang. Ich denke, dass man als Dichter mit Worten so arbeitet wie ein Maler mit Farbe und man sucht nach neuen Farben. Immer auf der Suche nach dem geheimnisvollen Ton.

Zitat Ende, und nicht  das einzige Spoken Word Album dieser Nacht. Szenenwechsel. Zu meinen Favoriten am Ende des Jahres wird ganz sicher Lambchops Showtunes zählen. 

Drei Jahrzehnte gibt es nun schon  Lambchop,  diese Band um Kurz Wagner, und es wäre es leicht dürsie auf Nummer sicher zu gehen; der experimentelle Triumph des neuen Werkes „Showtunes“ macht deutlich, dass Sie kein Interesse an alten Hüten haben. 

Ein Wunderwerk ist dieses Album, und wenn ich mir die gute halbe Stunde anhöre, etwa auf weißem Vinyl bei 45 U/min, gibt es nicht einen verschenkten Moment – all diese Samples, akustischen Vignetten, dunklen Winkel, Midi-Transformationen, rauschenden Melodien, Jazz-Schatten und geisterhaften Erscheinungen fesseln mich ohne Ende. Ganz zu schweigen von den Lyrics und dem Hund auf dem Cover. Keine Ohrwürmer, keine Grooves, aber radikale, zeitlupenartig einnehmende Songwriterkunst! Vom gleichen Seltenheitsgrad wie Mark Hollis‘ Soloalbum. Ich halte es für einen Songzyklus moderner Klagelieder, und ist es veilleicht sogar eine Art spirituelle Musik für Existenzialisten?! 

Für den Rest dieser ersten Stunde der Radionacht Klanghorizonte lasse ich Sie allein mit der Musik des Albums SHOWTUNES – später in der Nacht komme ich noch einmal daraif  zurück – und zum Ende dieser Stumde  ein Track aus dem Anfang Juli erscheinenden Album AUFBRUCH von Peter J. Schwalm und Markus Reuter…wir hören uns nach den Nachrichten und der Sternzeit wieder. 

Den Blick zu den Sternen schätzen zwei junge Musiker sehr, die Brüder Diaz, wenn sie abends aufbrechen, die Stadtgrenze von Tucson verlassen und in die Nacht rauschen. Sie lieben es, sich in einer bestimmten Wüszenzone von Arizona herumzutreiben. Und die Aura dieser Nächte und Sternenhimmel hat keinen so geringen Einfluss auf ihre Musik – neben den Inspirationen aus diversen Sphären der Siebziger Jahre: alte ScienceFictionFilme, Krautrock, Spuren von John Barry,  obskuren Horrorfilmsoundtracks italienischer Machart usw. 

POSTHUMAN heisst ihre jüngste Scheibe, und der Vinylversion ihres Hauslabels Soul Jazz Records liegt eine Single bei, MACHINE VISION – die hören Sie gleich.  Klappt man das Album auf, sehen wir eine besondere Nachtlandschaft. Als hätte De Chirico amerikanische Pop Art verinnerlicht und und eine zukünfige Vatiation unserer Spezies in ein, ja, nächtliches Nirgendwo in Arizona verpflanzt. Wir werden einiges von dem Duo TREES SPEAK in dieser Nacht hören …


Trees Speak und Machine Vision, aus dem Album POSTHUMAN. Ich überlege es mir gut, wenn icn hier mal eine Komposition anbiete, die 40 Minuten dauert – so viel Zeit (für manche wird sie wie im Rausch verfliegen)  nimmt das fabelhafze Werk XPUJIL von Nova Materia in Anspruch, einem französich chilenischen Duo. Caroline Chaspoul und Eduardo Henriquez. 

Ausgangspunkt: exezllenet Kopfbügelmikrofone, eine wanderung durch einen mexikkanischen Dschungel um die Ruinen von  XPUJIL herum, mit all ihrem Resten der alten Kultur der Mayas. Daheim verwandelten sie die Aufnahmen mit Okarina, Elektronik etc. in ein Album, das nichts mit EthnoKitsch im Sinn hat – sowas nennen manche das perfekte Kopfhöreralbum, aber hier geht es um viel mehr. 

XPUJIL erscheint am 26. Juni als Vol. 45 der alten Brüsseler Musikreihe MADE TO MEASURE, die ihren Ursprung in den Achtziger Jahren hatte. Im Interview mit Nova  erzählte mir Eduardo folgendes, was einzelne Inspirationen betrifft.

Zu Anfang wussten die beiden gar nicht, ob daraus ein Album würde. Sagt Eduardo Henriquez. Und nennt ein paar Einflüsse: das so versponnene  wie radikale  Werk DREAMS LESS SWEET   der britischen Formation Psychic TV. ein  Album von Ikue Mori, die hier  als Gast mitwirkt und einmal ein Werk veröffentlichte, in dem sie dem gesang von Insekten elektronisch verwandelte (….) und, ja, sicher auch Pionierarbeiten von Pierre Henry für die  musique concrete … aber all das bereitet Sie nun nicht wirklich vor für das Abenteuer von XPUJIL.  Entspannen Sie sich, sorgen sie für eine geschützte Umgebung, Set und Setting sollten stimmen…

OTON  – Für das Plattencover wollten wir ein Bild machen, das nicht den Musikstil widerspiegelt, sondern das eher den Zustand der Psyche reflektiert, d.h. wie dieser Dschungel auf uns eingewirkt hat. Und, ja, es ist ein Dschungel voller Vergangenheit – man spürt das Gewicht der Vergangenheit, indem man auf ihre Relikte trifft. Und es gibt da tatsächlich auch etwas Feinstoffliches aus der Welt des Unsichtbaren, des Gespenstischen, Unwirklichen. Und deswegen haben wir, als wir mit der Arbeit am Cover anfingen,  beschlossen, uns für das Foto in einem Wald in Frankreich einmal ganz nackt zu machen und dann wie Gespenster oder Geister aus dem Wald zu erscheinen, mit hüpfenden Bewegungen. Auf diese Weise wollen wir den Gedanken des Geisterhaften, des Irrealen zum Ausdruck bringen.“

Soviel von Nova Materia alias Eduardo Henriquez und Caroline Chaspoul zu,Zu dem Cover von Nova Materia und  der in der kommenden Woche erscheinenden CD / LP Xpujil. Der letzte Teil der zweiten Stunde gehört einmal mehr dem neuen Album POST HUMAN von Trees Speak aus Arizona.  Dave Segal merkt dazu im Magazin Wire an: 

„POST HUMAN ist im Grunde dystopische Science Fiction  Musik, aber ohne die abstoßende Grellheit, die solche illusorischen Höllenlandschaften typischerweise andeuten. Stattdessen zeigen sie entvölkerte Landstriche mit einer nach der Katastrophe mutierten Flora und Fauna“. 

Es folgen  C ZEIT INCANDESCENT SUN und HEALING ROCX aus der Langspielplatte POSTHUMAN von Trees Speak. (…) Die kommende Stunde dreht sich um spokem word-Magie, einen Klassiker von Robert Ashley, romnatische Gedichte, vorhetragen von Marianne Faithfull und die umschatteten Showtunes von Kurt Wagners Liedern aus einem Hinterhof in Nashville, Tennessee. 

am Mikrofon weiterhin Michael Engelbrecht, und wieder eröffnete  das Das Duo Trees Speak aus der  Stadt, die ich nur aus Alten Western kenne, die Stunde: Tucson, Arizona.  Zwei Tracks aus OHMS, ihrem Debut bei Soul Jazz Records, und schon da, im Frühjahr 2020, als die Welt , wie  wir sie kannt  langsam die Räume dicht machte, waren Trees Speak als Zeitreisende in den Siebziger Jahren unterwegs. Und einer der beiden Diaz-Brüder schrieb mir zum Album, das im Titel mal kurz Kraftwerk klingeln lässt: 

At the time, the standard was to keep it interesting, lead the music into the unknown, and to have a sense of danger. We constantly limit ourselves with basic analog instruments and gear from the 70s and stay away from creating music on laptops or computers.“

Im zeitlichen  Zentrum dieser Stunde steht dann eine Zeitreise an die englische Küste: auf dem rundum bezaubernden konzeptalbum CORAL ISLAND aus dem Jahre 2021 gibt der Grossvater von Nick Skelly den Erzähler – spoken word Magie ist ein roter Faden dieser Nacht – und die Band The Coral sxhüttelt  imaginäre JukeboxHits aus dem Ärmel, beschwört good old times, lustvoll, wehmütig. 

Viele von ihnen kenne vielleicht britannische Ausflugsorte, Blackpool, Brighton, die Küste von Dorset, die verschlafenen Nester von Cornwall, das Doppelalbum CORAL ISLAND ist eine Beschwörung, keine Schönfärberei: alles, was Traum ist, platzt wie Seifenblasen, hier wird verlorene Zeit erkundet.

Ganz und gar persönlich und zeitlos. Ich erinnere mich an eine Kaimauer in Torquay, oder war es Paignton , subtropische  Hitze und Palmen und Golfstrom, und  Blackpool kannte  ich schon viel früher aus Schulbüchern und alten Schwarzweissfotos, die lauten, pulsierenden Spielhallen, das knallbunte Treiben am Strand, das einst pure Gegenwart war  und Zukunft ohne Ende im Angebot hatte:

It’s worth every penny that you spend / the golden age has just begun / Hear the laughter, sing the song. We’ll make you feel like you belong.”.

Es 
gab die Holzverschläge mit fish & chips in Tüten, es gab, eine Bucht hinter dem grossen Rummel, die plätzliche Stille einsamer Buchten,  und es gab Schallplatten von Donovan. 

Aber bevor und nachdem Coral Island die Pforten öffnet, öffnen wird, ein anderer  Trip durch Zeit und Raum, und wer da Höhen- Und Breitengrade mischt oder  am Kurzwellenempfänger tief in der Nacht auf Stimmenfang geht, verrate ich dann kurz vorm Ende dieser Runde.  

„Ideen wie diese entstehen immer nachts um 1 Uhr während dunkler Autobahngespräche. Wir dachten uns: Warum fassen wir nicht einfach unsere Erfahrungen zusammen, die wir gemacht haben, als wir in einer kleinen Stadt an der Küste aufwuchsen, im Schatten von Liverpool und Wales, in diesem Niemandsland zwischen diesen beiden wirklich starken magnetischen Kräften, ohne jemals Teil einer von beiden zu sein.“

„Es geht auch um den Versuch, eine Idee von der Küste einzufangen, die in unserer Vorstellung existiert. Ich habe am Meer gelebt, aber Mama und Papa besaßen Pubs, also bin ich auch viel umgezogen. Ich bekam meine Ideen aus Büchern und Musik, aber ich fühlte mich immer von dem Gefühl dieser Küstenwelt angezogen. Ich fasse es so zusammen: Wenn dz jemals das Geräusch des Windes zwischen den Segeln der Boote im Hafen gehört hast …  für mich klingt das wie die Musik von Joe Meek, Jahrmarktsmusik. Es ist der Klang von Geistern; der Klang einer Welt zwischen den Welten. Der Klang der Koralleninsel.“

Im Zentrum dieser ersten Zeitreise das Album THE CORAL ISLAND der Band THE CORAL, und drumherum, was war das?

Zum einen, unverkennbar, Jan Garbarek, und zwei Kompositiomen ais zwei seiner Klassealben ais den Jahren 1982 und 85: bei dem Album PATHS PRINTS war Bill Frisell der Gitarrist, beo IT’S OK TO LISTEM TO THE GRAY VOICE David Torn…  und dann gab es noch jeweils zwei Tracks aus dem Alben I TRAWL THE MEGAHERTZ von Prefab Sprout und GEGOGRPHIES, vo  Hector Zazou, gerade wieder veröffentlicht, MADE TO MEASURE Vol. 5.  Diese Stunde begann mit Trees Speak und ihrem ersten Album für  Soul Jazz und ihrem kreativen Wildern von Kraut bos Barry, Von Sci-Fi bis library music from the golden 70‘s, und sie klingt aus mit ihrem zweiten Album fü das englische Label. 

Ratzfatz war im März ihr erster Streich OHMS erschienen, da wars auch schon vergriffen. Stuart Baker fragte nach weiterem Stoff, die Band hatte noch ein paar Überbleibsel und improvisationen der vorigen Sessions übrig – und  Baker besorgte das komplette Sequencing der Tracks: Shadow Forms wurde noch unebrechenbarer als OHMS. Wir hören uns kurz nach 5 wieder zur letzten Runde der Radionacht Klanghorizonte!

Willkommen, die letzte Stunde der heutigen Radionacht Klanghorizonte. Mit Michael Engelbrecht. Das Duo Trees Speak aus Tucson, Arizona, hier gerade noch mal mag  kurz soundaktiv, mag die Musik von Can sehr, und wenn die beiden KRAUTROCK sagen, ist der Begriff  nur positiv konnotiert. Die Brüder Diaz lieben den Improvisationsgeist von Can, und wo kann man ihn besser erleben, als auf einem Live-Dokument. Da war nichts geplant. Und LIVE IN STUTTGART 1975 ist alles andere als Resteverwertung.  Tatsächlich, so verrät der einzig nocch Lebende dieses Quartets, Irmin Schmidt (ich habe das aus einem Artikel des Mojo Magazine), hatten Can ein Ritual, um die passenden Schwingungen zu erzeugen, noch bevor die Band auf die Bühne ging.

„Normalerweise durfte in den letzten 20 Minuten, bevor wir auf die Bühne gingen, niemand mehr zu uns kommen. Wir waren ganz allein und niemand durfte in die Garderobe. Nicht einmal Hildegard [Schmidt, Irmins Frau und Cans Managerin]! Denn Hildegard würde anfangen, über irgendwelche organisatorischen Dinge zu reden, also wurde sogar sie verbannt. 

Dann saßen wir da und machten ganz leise Geräusche, trommelten auf dem Tisch und summten, oder spielten vielleicht eine akustische oder elektrische Gitarre ohne Verstärkung. Wir machten Musik, sehr konzentriert und sehr entspannt, wie eine Meditation vor dem Konzert. Das haben wir jedes Mal gemacht, wann immer es möglich war. Niemand hatte das Recht, einzutreten und diese Art der Meditation zu stören.“

Auch wenn Irmin Schmidt keine Erinnerung an diesen Stuttgarter Abend besitzt, wird es eine ähnliche Vorbereitung gegeben haben. Immer wurde in den ersten  Momenten, Minuten, eine spezielle Struktur entwickelt, die einen Rahmen für das oft telepathische Verständnis des Quartetts schufen … manchmal führte es in ein Nirgendwo, und purde Magie. Das Risiko war beträchtlich.  Hier der Anfang dieses  gut neunzig minütigen Konzertdokuments. Nach den Nachrichten um 5.30 Uhr und der der Presseschau bleiben wir bis sechs Uhr früh in den 70er Jahren und wechseln nur den Kontinent.

Eines der ganz grossen Jazzlabels der sechziger und siebziger Jahre: IMPULSE RECORDS, die Platten mit dem orange schwarzen Klappvover, John Coltranes Hauslabel in seinen letzten Lebensjahren zwischen 1961 und 1967 – und mit der Coltrane Ballade Alabama beginnen diese 20 Minuten: MUSIC, MESSAGE AND THE MOMENT. Eine Compilation. 2 CDs oder 4 LPS, kluge beiliegende Essays über die Grossen Jahre  von Impulse. Nir wenige Leichgewichte in dieser Sammlung.  Eine Erinnerung für viele, ein gute Einführung für manche. Und das in einer Zeit, in der politische Aufklärung, Antirassismus Antifaschismus so wichtig sind wie damals in den Zeiten grosser Unruhen und Umwäzungen. nach John Coltrane erzählt Shabaka Hitchings, der Bandleader der Sons of Kemet, von einem seiner Favoriten von IMPULSE Records, Pharoah Sanders‘ Album weniger bekanntem Opus  THEMBI, aus dem wir dann ASTRAL TRAVELING hören.

„Thembi ist eines meines Favoriten  von Pharoah Sanders und Impulse, aus viele  Gründen: vor allem, aufgrund der Konstruktion  des Albums als gabzes. Da flossen sehr viele Gedanken in den Aufbau des Bogens von Thembi. Es ist nicht einfach eine Sammlung guter Stücke, es beginnt ab einem ganz besonderen Ort, und von da an beginnt eine Reise, die mit dem letzten Klang endet. Auch der Sound des Albums, wie es aufgenommen wurde, macht es zu einem Lieblingsalbum, allein schon, was die Aufnahme des Saxofonklanges bezrifft. Und, ja  die Reise beginnt mit Astral Traveling, und wie da das Saxofon von Sanders erstmals erklingt, das ist magisch in meinen Ohren, das ist mein Traum davon, wie man ein Saxofon in ein Soundfeld integrieren kann.“

Sanders und Astral Taveling  dann Archie Shepp, und …….    aus seinem Album FIRE MUSIC – alle Stücke dieses Finales der heutigen Radionacht Klanghorizonte stammend aus der Compulation  MUSIC MESSAGE AND THE MOMENT. 60 jahre IMPULSE RECORDS. 

Was sind denn Ihre Lieblingsalben von Impulse Records – ich habe nachgedacht, und wenn ich mal die ga ze Coltrane-Familie aussen vorlassen, die vielen exezlleneten Alben von Pharoah Sanders und Alice Coltrane, dann sind mir tatsächkicb diese drei Platten eingefallen (und sie alle wurden hier vorgestellt irgendwann in den letzten dreissig Jahren, wahrscheinlich mehr als einmal: GATO BARBIERI: LATIN AMERICA CHAPTER ONE, dann KEITH JARRETT: FORT YAWUH, und MARION BROWN: GECHEE RECOLLECTIONS

Zum Schluss eine Komposition von Marion Brown aus seinem herrlich-lyrischen Album VISTA. Genau dieser Marion Brown wirkte mit, auf dem epchalen FREE JAZZ FUROR ASCENSION von John Coltrane – er sorgte aber auch Jahre später für den sphärischen Zauber auf Harold Budds Album THE PAVILLION ON DREAMS, einer Veöffentlichung von Brian Enos Label OBSCURE RECORDS der 70er Jahre. Wie war das mri den Kreisen die sich schliessen, und den Horizonten, die sich öffnen? Am Mikrofon war Michael Engelbrecht, danke fürs Dabeisein. 

2021 30 Jun

Star Guitar

| Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags:  | Comments off

 

In seinem Musikvideo zu Star Guitar von The Chemical Brothers hat Michel Gondry eine einzige Kameraeinstellung gewählt und die Landschaft und was da zu sehen ist mit den Rhythmen synchronisiert. – Eine innovative Filmarbeit aus dem Jahr 2001.

 

 

 

Zum Tod von Frederic Rzewski – Nachruf bei BR4 KLASSIK

 

2021 27 Jun

Leviathan

| Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags: , | Comments off

Leviathan, der „sich windende“, der Unüberwindliche, der Ungeheuerliche betritt wieder den Plan. Der mythische Riesenwal, das archaische Urwesen. Dieses Mal in Form einer Kollaboration von The Grid und Robert Fripp, die auf altes Material von Anfang der 90er Jahre zurückgreift, als sie in gemeinsamen Sessions offenbar Unmengen an Material produzierten, was immer nur stückchenweise das Ohr der Hörer erreichte. The Grid (Richard Norris & Dave Ball) berichten

 

‘Robert (Fripp) turned up with a truck load of amps and effects, two great big stacks including delay units with a 76 second delay and played and played and played.’

 

Jetzt sind die vielen Bänder mit schier endlos weiten Frippertronics und Guitar-Soundscapes neu überarbeitet und mit subtilster elektronischer Musik angereichert worden, die einer ungewöhnlichen Dynamik folgt. Das Album beginnt extrem ruhig mit Empire, einem wunderbar subtilen Ambientstück, dann Milkwood, das ätherisch schwebend sich verdichtet. Langsam dann kommt ein leises Pulsieren in Pulse Detected und Loom dazu, um sich dann in der zweiten Hälfte dieses Meisterwerkes mit Leviathan rhythmisch immer weiter zu verdichten, zieht über After The Rain an zu Fire Tower, das sich auch mit den weiteren Stücken Zhora und Sympathico in einen feinsten futuristischen Slow-Tribal-Techno entfaltet, dem man das Alter des Ausgangsmaterials nicht ansatzweise anhört. So entsteht ein Mahlstrom einer Musik, die langsam und kompromisslos sich aus den Tiefen emporwindet und einen unabweisbaren Sog entwickelt. Ein Monolith, ein wahrlich raumergreifendes Statement, ein Leviathan!

 
 
 

 

2021 27 Jun

4000 Jahre

| Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags: , | Comments off

 


 
 

Wenn der Postmann dreimal klingelt und niemand öffnet: hat sich da womöglich wieder ein Genießer jüngst zu Tode amüsiert? Allen Unkenrufe zum Trotz und auch gegen jede Sündentheorie: die durch Digitalisierung möglich gemachten Streaming-Angebote können auf kreative Weise neue Perspektiven eröffnen. Reizvoll auch, wenn der Algorithmus ins Spiel kommt und Lieder oder Alben in den Fokus des Interesses rückt, als sei es zufällig angetriebenes Strandgut. So werden wohl all jene, die sich diesem Angebot langfristig verweigern, dereinst das Schicksal teilen mit jenen Bedenkenträgern, die auch Elektrizität und Telefon, Computer und Pferdekutschen, die Eisenbahn oder den Kühlschrank als Teufelswerk abtaten. Unsereinem dämmert es jetzt langsam, welche grosse Vielfalt zur Verfügung steht: Vergleiche mit dem Schlaraffenland sind angebracht. Eingebettet in das allabendliche Ritual konzentrierten Albumhörens, das dem Postulat untersteht, Neuland zu entdecken und dem ureigenen Interesse auf die Schliche zu kommen, das sich nicht manipulieren lässt, wanderte man jüngst am akustischen Strand entlang. Hier half, was schon beim Fernsehgucken auffiel: sobald die Aufmerksamkeit abschweifte, schaltete man das Gerät ab oder drückte auf Pause und machte sich einen Tee. Vor allem in der Landschaft sogenannter Edelserien einfach so drüberhuschen, als sei es Hintergrundmusik im Supermarkt, dafür ist dann Vieles doch zu schade. Auch der Klischee-Detektor funktioniert: Ermüdungen, dem leisen Aufklingen einer Grippe ähnlich, werden strikt umgangen. Andersrum aber das Gegenteil: Brennglasschärfe statt Kaffeesatz, Kraftjazz statt molligem Matt. Ein zeitgemäss transparentes Klangbild, sparsam mit Hall, ist wünschenswert. In diesem Sinne hörte man Musik vom Portico Quartet, von den Bassisten Dave Holland und Linda May Han Oh mit Vergnügen. Auch der russische Trompeter Alex Sipiagin konnte begeistern mit seinen hervorragenden Begleitungen, zu denen neben Holland Saxofonist Chris Potter ebenso gehört wie der Schlagzeuger Eric Harland, ferner die Pianisten John Escreet und Gonzalo Rubalcaba. Mehrstimmige Bläserpower am Rande eines Bigbandsounds, „Hallo wach!“ ist die Devise. Überhaupt dieser Potter, den weiss man immer mehr zu schätzen: kraftvoll vitales, präzises Spiel, mit ultracoolen Phrasierungen. Dass der mit Steely Dan kooperierte, verwundert nicht.

 

• Spirit: not only in the forest but in the carwash, too. Exotic culture forms highlight pop culture forms and vice-versa …

“…and the end of all our exploring will be to arrive where we started and know the place for the first time.”—T.S. Eliot

• Expanding sonic menu made possible by continuing inquiry into what’s the baby and what’s the bathwater, i.e., relationship of surface features (recognizable to most) to structural sophistication (recognizable by few).

“…to change our way of reading (listening), to be attuned simultaneously to flashing surfaces and structural intricacies … both televisual and poetic, and to alter consciousness toward a future mode of perception.”—Mark Edmundson

• Spontaneous combustion of rap, hip-hop as urban folkloric forms. “Folkloric” in the sense that it arises out of sentiments and materials at hand.

• Compare African tribal style: dance, poetic storytelling (in-jokes, ironic boasting mixed with traditional wisdom), local instruments. Hip-hop style: same, except that local instruments are not skin and wood but samplers and turntables and drum machines with TV tempos.

• Funny idea: that parts of CITY are like “classical” hip-hop … What rappers might tune into as an exotic extension of their vocabulary.

• Desire to reinvent, redefine possibilities of Fourth World … To poke air holes in the enclosing bubble of the inevitable banalization and orthodoxy of the “World Music” idea.

• Nigerian writer Ben Okri’s “Brave New Africa” images: City of Red Dust… bizarre ailments… conmen selling Power Drug … A continent dreamed up by Bosch and Borges.

• The polyglot L.A. of the near future in Ridley Scott’s Blade Runner.

• Jean Baudrillard: America as “the primitive society of the future.”

• Italo Calvino’s Invisible Cities: A poetic fantasy conjugation (past, present, future) of “city”. “And from the mixture of those two cities a third emerged, which might be called San Francisco … and which might blossom as capital of the Pacific a millennium hence, after the long siege of three hundred years that would lead the races of the yellow and the black and the red to fuse with the surviving descendants of the whites in an empire more vast than the Great Khan’s.”

• Fellini’s “Reggiolo”: a custom designed film town …It could be Bombay, Beirut, Brasilia.”

• Surrealists’ idea: “Odd things meet in full light.” (Or: ordinary things in odd light?) “Surrealist music”.

• Rushdie’s image of a tropicalized London: “… institution of a national siesta… vivid and expansive patterns of behaviour among the populace, higher-quality popular music, new birds in the trees… improved street life, outrageously colored flowers (magenta, vermilion, neon green), spider monkeys in the oaks… hotwater bottles banished forever, replaced in the foetid nights by the making of slow and odorous love… friends dropping in on one another without making appointments, closure of old folks’ homes, emphasis on the extended family …”

 

jon hassell

 

2021 27 Jun

Jon Hassell: „Miracle Steps“ (1986)

| Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off

Der krasseste und unmittelbarste Titel von Jon Hassells  „Power Spot“ war für mich ‚Miracle Steps‘. Was ist das für ein Lied? Auch wenn mir die Liner Notes sagen, dass dieser Track eine bearbeitete Trompete und Trommeln enthält, sehe ich nicht, dass diese Objekte diese Geräusche erzeugen. Ich höre eine Mischung aus Lemuren, Elefanten und Zugpfeifen, die neben den Ästen der Bäume, die auf die Erde fallen, zirpen.“ (Katie Gately)

 

From an old blog entry 2013: The summer of 1990 was tropical – in London. No rain, no fog, no shades of grey under a clear blue sky. We lived in the Pearl Hotel on West Cromwell Road. The photographer was a woman. We liked the special atmosphere in that old hotel with its sweet raga sounds flooding the entrance area. I thought Harold Budd’s masterpiece „The Pearl“ would be the icing on the cake. Breakfast was terrible, making love was fine. I even remember the two Indian restaurants between Earl‘s Court and South Kensington. Within seven days we met writer Peter Ackroyd (boring talk), the late master of the Penguin Cafe Orchestra, Simon Jeffes (such a kind encounter), and trumpet player Jon Hassell (nearly a lecture with windows to another world). We talked about his musical life, the ups and downs of his career, key moments, his time in Cologne with Stockhausen, his time in New York (and Hamilton, Ontario) with Brian Eno, and his then new album „City: Works of Fiction“. The album soundtracked my life in that week, unforgettable. By the way, the Pearl Hotel doesn’t exist any more. (Aftermath 2021: so many great albums. Before and after 1990. Life‘s company. Lifers.)

 

2021 27 Jun

Jon Hassell 1937-2021

| Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags:  | 6 Comments

 

One time I had the opportunity to see him on stage, here at the Fabrik in Hamburg.

Thank you for the music.

 

2021 26 Jun

Lennie Hibbert: „More Creation“ (1971)

| Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off

 
 

Der alte Jazzfreund hat sich aus dem Teekontor zurückgezogen, und so erlebte ich die herzliche, sehr kluge, neue Managerin in Aktion, belauschte ihr Gespräch mit gerade eingetroffenen Gästen, und als mein Darjeeling in üblich exquisiter Zubereitung auf dem Beistelltisch gelandet war, warf ich den Sonos Move an (nicht ohne mit einer Charmeoffensive für einen kurzen Klangzauber aus Jamaika zu werben), und es erklang, nahezu absurd, Lennie Hibberts Instrumentalstück aus einer lang vergangenen Welt im stilvollen Ambiente des Keitumer Teekontors: es konnte sich nur um Minuten handeln, bis die Rastafari aus den umliegenden Bergen eintreffen würden. Es wurde auch Zeit.

 


Manafonistas | Impressum | Kontakt | Datenschutz