Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Archives: September 2022

 

 

Wenn es zu Daniel Lanois’ Selbstverständnis zählt, stets mit einem Fuss in der Vergangenheit, und dem anderen in der Zukunft zu stehen, bekommt hier die gute alte Zeit eindeutig Vorrang, auf den ersten Ton zumindest. Rasch aber spürt der, der sich mit offenen Ohren in die Musik fallen lässt, dass hier kein regressives Schwelgen am Werk ist, und auch nicht in die klassische Falle getappt wird, den nächsten unausweichlichen „sweet stuff“ in der Nachfolge von Erik Saties goldenen Oldies zu verzapfen. Diese Platte ist eine kleine Sensation. Ein Wunder sowieso, wie er sein Zweit- oder Drittinstrument hernimmt, und ihm demassen verführerische Figuren entlockt, jenseits von Kitsch und Erhabenheit. Hier und da mit den richtigen falschen Tönen, dass nur das normierte Denken zuckt, und jeder andere aus dem Staunen keinen Weg herausfinden möchte. Was der gebürtige Kanadier hier veranstaltet, ist schichtweg ein Traum. Eines der hinreissendsten Klavieralben  der letzten fünfzig Jahre (aus dem Reich der Nicht-Virtuosen): was für Auren, was für Farben, was für Treatments, was für Nachhallkurven und Drumherumgeschimmer, was für eine verdammt intime Veranstaltung erster Güte. Zutiefst humane Musik. Danny Boy hat neben berühmten Produktionen (Dylan, Neville Brothers, Gabriel, u2), neben eigenen rar gesäten, betörenden Songalben, auch  eine stattliche Anzahl rein instrumentaler Musik veröffentlicht „Player, Piano“ gehört neben „Belladonna“ (2005) und „Goodbye To Language“ (2016) zu den drei instant classics  seiner Ambient-Discographie. Und, natürlich, nicht zu vergessen, der heilige Gral, „Apollo“, das Trio mit den zwei Brians, das nach mehr als drei Jahrzehnten eine qualitativ ebenbürtige Fortsetzung erfuhr.

 

v i d e o

 

Schöne Koinzidenz – alle Drei kommen 2022 mit bockstarken Werken daher. Aber zurück zu „Player, Piano“. In jedem Instrumentalstück ein anderer Zugang zum Klavier, ein anderes Ambiente, ein anderer Sound, und doch ein Zyklus aus einem Guss. Unfassbar gut. Old-fashioned (in an adventurous way) and visionary at the same time.

2022 25 Sep.

Der Abschied von einer Legende

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Pharoah Sanders machte Musik, die mein Leben begleitet und bereichert. Jeder hat da eine andere Auswahl. Bestimmte Alben verströmen für mich stets eine stille, und wenn sie gespielt werden, exstatische Präsenz. 2021 holte er zu letzten grossen Streich aus, an der Seite von Floating Points entstand ein „instant classic“. Meine Geschichte mit dem afroamerikanischen Saxofonmeister begann auf den Platten des späten Coltrane, allen voran Expression, Live At The Village Vanguard Again, und Concert in Japan (3 Mono-Schallplatten, unvergesslich). Was seine Arbeiten unter eigenem Namen betrifft, kehre ich am liebsten zurück zu Tauhid (1966), Karma (1969), Jewels Of Thought (1969), Dead Dumb Blind (1970), Thembi (1971) (ein Favorit von Shabaka Hutchings), und Live At The East (1971) – auf letzteres Werk macht mich der Pianist der Necks aufmerksam. Und gerne zu jeder seiner Zusammenarbeiten mit Alice Coltrane. Stellvertretend für die vielen ungenannt bleibenden Klassewerke nenne ich Khepera von Randy Weston, ganz stark, was Pharoah da spielt. Live habe ich ihn nie erlebt, seine Musik war mir immer nah. Und, for beginners, „Thembi“ ist ein guter Einstieg in seine Welt.

 

2022 25 Sep.

War was? Nö!

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Immer wenn ich Bäume im Wind rauschen höre“ – so schreibt die Psychoanalytikerin Annegret Mahler-Bungers – „und es sonst ganz still und der Himmel bleiern ist, dann entsteht die Blow up-Stimmung, in der man eine Unruhe, eine unheimliche Bewegung in den Dingen spürt und an ihrer vertrauten Wahrnehmung zu zweifeln beginnt.“

Niemand hat es besser als Antonioni geschafft, im Wind rauschende Bäume so merkwürdig lebendig und eigenbewegt wirken zu lassen, dass einem gruselig wird und Unheilverkündendes schwant, eine seltsam belebte Natur, die etwas Geheimnisvolles in sich birgt. Zumindest so etwa erging es der Generation, die noch BLOW UP gesehen hat, einen der meistinterpretierten Filme überhaupt, bei dem man sich nie einigen konnte wovon er überhaupt handelt.

Findige Analytiker glaubten zu wissen, es handle sich bei der Begegnung des Photographen Thomas mit einem Pärchen im Park um das halluzinatorische Erleben der Urszene (also des Geschlechtsverkehrs der Eltern) und den danach erfolgenden Vatermord aus Eifersucht, wie jedes Phantasma sich bei genauerem Besehen in Nichts auflösend und damit die Situation des eigenen Gewordenseins in einem Verdrängungsprozess negierend. War was? Nö! Durchaus spannend zu lesen, wenn einen dergleichen interessiert.

Filme haben mehr Aufgaben als nur zu unterhalten, als blosses Entertainment funktioniert Blow up nicht; dieser Film wirft das Grosshirn an. Und er ist auch mehr als nur das Einfangen des Swinging Londons der Sechziger, wie von vielen Kritikern beschrieben. Hier swingt nichts, schon zu Anfang nicht. Der Fotograf Thomas, ein wenig sympathischer, seinerseits „aufgeblasener“ Typ, kommt aus einem Obdachlosenasyl, verschmutzt und zerzaust wie ein verirrtes Kind, und trifft auf eine sinnentleert wirkende Umwelt: Ein Trupp geschminkter Schausteller stürmt über die Strasse, ein paar Nonnen kreuzen den Weg, eine Palastwache bewacht ein verfallenes Haus, in dem es nichts zu bewachen gibt.

Es ist auch nicht nur ein Film über Bilder und ihre Wahrnehmung, über Realitäten und Imaginationen und ihre Relativität. Für mich war es immer eine Geschichte über Leben und Tod, Belebtes und Unbelebtes, wie öfter bei Antonioni (Die rote Wüste), der gern diese Gegensätze gegeneinanderstellt.

Zunächst ist es ist aber auch eine Geschichte über die hypomanische Jagd eines Hungrigen, der getrieben versucht, das Leben durch das ständig bereite Objektiv seiner Kamera – wie ein ständig aufgerissener Mund – einzufangen, und dem alles in Nichts zerrinnt, was er einzufangen versucht.

Das Lebendigste in diesem Film sind die Bäume im Park, ständig rauschend und unheimlich in ihrem Eigenleben, als würden sie zu Thomas sprechen und ihn warnen wollen. Doch das erlebte Drama löst sich wiederum in Nichts auf: Die Leiche im Park verschwindet, die Frau, die ihm die Filme abluchsen will, verschwindet am nächsten Morgen.  War was? Nö!

Eine überhitzt und sexualisiert anmutende Fotosession, in der sich Fotograf und Model in einen gemeinsamen voyeuristisch-exhibitionistischen Rausch hineinsteigern, bricht Thomas plötzlich ab anstatt sie zu dem insgeheim erwarteten Ende zu führen.

Ein Besuch zweier junger Mädchen in seinem Atelier endet in einer kindlichen Rangelei, bis Thomas die Szenerie abrupt verlässt, wie er es immer tut, in Begleitung seiner Kamera, die mit ihm verwachsen scheint, sich mit Bildern füllen möchte als Teil seines Selbst. Das ist ein Handlungsstrang. Thomas sucht Leben und trifft auf Abgestorbenes – seine wie Schaufensterpuppen herumstehenden Models nerven ihn („Habt ihr vergessen, was Lächeln ist?“). Er befiehlt den Mädchen die Augen zu schliessen und sich nicht vom Fleck zu rühren, und verlässt das Atelier – ein Akt megalomaner Abwehr, als wäre er es, der Menschen zur Erstarrung bringen und wieder lebendig zaubern kann. In seinem phallischen Narzissmus wirkt er zunehmend kindlich. In einem Antiquitätenladen , umgeben von erstarrten toten Marmorbüsten erwirbt er einen Propeller – ein Objekt, das etwas in Bewegung versetzen kann wenn, ja, wenn es mit einem Motor verbunden ist, der ihm Leben verleiht.

So bleibt es bei einer ästhetischen Form;  auch diese wird ihn bald nicht mehr interessieren. In einem Konzert der Yardbirds: die Zuhörer sitzen erstarrt und mit unbewegten Gesichtern auf ihren Plätzen, für Popkonzerte eher ungewöhnlich, ein einziges Pärchen tanzt, als hätte es Strippen an den Gelenken. Der Gitarrist zertrümmert seine Gitarre und wirft sie in das Publikum, das sich mit der gleichen Gier auf die Bruchstücke stürzt, mit der Thomas lebendigen Objekten hinterherjagt. Er erbeutet ein Stück und wirft es wieder weg,  wie er alles schnell wieder loslässt bzw fallenlässt, ein gnadenloses Prinzip – ein „Auch-das-ist-nicht-das-Richtige“ scheint sein Leben zu beherrschen und zugleich zu entleeren. War was? Nö! Er scheint sich mit nichts verbinden zu können, nichts ist es wert, es zu Ende zu bringen.

Ein Freund, Maler, spricht mit ihm über seine Bilder – während des Malens begeife er nicht, was sie bedeuteten; erst später entdecke er ein Detail und „alles fügt sich zusammen“ zu einem sinnhaften Ganzen.

Erst am Schluss wendet sich das Blatt – Thomas geht wieder in den Park, die Bäume rauschen ihre geheimnisvollen Botschaften, er trifft auf eine bizarre Szenerie:  eine Gruppe geschminkter junger Leute imitiert auf einem umzäunten Tennisplatz ein Tennisturnier, die Aufschläge des Balls sind zu hören, obwohl kein Ball existiert. Der Ball scheint über den Zaun geschlagen worden zu sein, mimisch und gestisch machen die Leute Thomas klar, dass er ihn zurückwerfen soll. Langsam malt sich Verstehen in seinem Gesicht, ein halbes Lächeln, etwas Resignation, Traurigkeit, Nachdenken – und ohne Kamera, die er sonst zwischen sich und die Welt schiebt, macht zum erstenmal einen schutzlosen Eindruck – ein ikonischer Moment der Filmgeschichte, mit vielen Deutungen bekränzt.

Ein pantomimisches Ballspiel erfordert genaue Beobachtung des anderen, seine Bewegungen müssen gelesen werden und der Flug des Balles erahnt, damit man in der Bewegung glaubhaft reagieren kann. Thomas pflegt zu regieren, nicht zu reagieren, hier tut er es zum erstenmal und wirft den Ball zurück, erkennt das Bedürfnis des anderen. Er hat zum erstenmal etwas gegeben und vielleicht gelernt, in einer gemeinsamen Phantasie mit anderen verbunden zu sein.

Man entdeckt ein Detail und alles fügt sich zusammen zu einem sinnhaften Ganzen – wie sein Freund bemerkte. Das Zauberwort das die Welt zum Singen bringt. Danach verschwindet Thomas, der Zuschauer bleibt zurück mit dem Bild einer leeren Wiese, der Regisseur dekonstruiert seine Figur.

Thomas macht nun mit dem Zuschauer das, was er am besten kann: Unmotiviert verschwinden. Es bleibt aber die Reminiszenz an die letzte Szene, er hat eine lebendige Spur hinterlassen.

War was?

Ja, vielleicht doch!

2022 24 Sep.

Auf der Espressomaschine

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Auf der Espressomaschine traf sie seinen Mund,
einen kurzen Mund mit Zähnen aus Chrom.
Der Atem beschlug ihre Augen,
und sie rauchten sich Worte ins Ohr.

Sein Wagen hockte neben der Tür zur Bar,
ein kurzer Wagen aus Polster und Chrom.
Sie rauchten und strichen die Angst ins Haar,
als sich die Straße im Wind verlor.

In einem Feldweg verdrehte er seine Hand,
eine kurze Hand mit Nägeln aus Chrom.
Als sie in ihrem Körper verschwand,
wußte sie, daß sie fror.

Von Telegrafendrähten tropften Lieder ins Gras,
kurze Lieder aus schimmerndem Chrom.
Wolken flatterten, wurden naß,
Atem verbrannte ihr Ohr.

Speckmond im gelben Licht.
Scheibenwischer aus schimmerndem Chrom.
Wischten Regen aus ihrem Gesicht,
als sich die Straße im Wind verlor.

Auf der Espressomaschine traf sie seinen Mund,
einen kurzen Mund mit Zähnen aus Chrom.
Der Atem beschlug ihre Augen,
und sie rauchte Worte und fror.

 

Und auf einmal ist Herbst, der Ofen an, alle hier sind schon mindestens einmal nass geregnet worden, heute morgen habe ich mir beim Radfahren Handschuhe gewünscht. Regen hat in den letzten Monaten sehr gefehlt; im August habe ich ernsthaft regelmäßige finanzielle Unterstützung einer Organisation wie Extinction Rebellion in Erwägung gezogen und immer mehr Sympathien für Menschen bekommen, die sich mit Sekundenkleber auf Straßen oder an die Rahmen von Kunstwerken kleben, um gegen die Klimapolitik zu protestieren. 

Wie dem auch sei: während viele Pflanzen im Garten unter Temperaturen und Dürre litten, haben sich die Chilipflanzen auf der Veranda sehr wohl gefühlt, die Ernte war deutlich besser als in den vergangenen Jahren. Uli hatte im letzten Jahr in einem Kommentar von einer Marmelade berichtet. Zwar habe ich auch in diesem Jahr keine Naga Pflanzen gehabt, es ging aber auch mit meinen Cayennes ganz gut zu machen. Ich habe ca. 12 Schoten entkernt (kann man auch gut mit Kernen machen, klar), dazu 3-4 Knoblauchzehen, alles püriert, Prise Salz und in einen Topf mit 500g Gelierzucker und einen halben Liter Apfelessig 30 Minuten gekocht, in sterilisierte Gläser gepackt – fertig. 

Für eine deutlich schärfere Sauce habe ich 14 (+/-) Früchte mit Knoblauch und 3 Zwiebeln püriert, 10 Minuten in Olivenöl angeschwitzt, dann 4 Tomaten, drei Äpfel (jeweils zerkleinert), ca. 200 ml Johannisbeeren Pulpe (sehr zähflüssig, war im Kühlschrank) und die gleiche Menge Apfelessig dazu, halbe Stunde kochen, nochmal pürieren und ab in sterilisierte Gläser.

Ein paar habe ich auch noch fermentiert, also in Salzlake in eine Ecke gestellt und schaue in einer Woche wieder hin, mal sehen, wie das klappt. Und die Pflanzen sind noch voll, ich werde wohl noch einige grüne Saucen und Marmeladen machen – vielleicht mit Limettensaft und Quitte, vielleicht auch anders, ich nehme gerne Vorschläge entgegen. 

Zum Abschluss ein kleines Rätsel, der Preis sind zwei Gläser nach Wahl. Gesucht wird ein deutscher Musikschaffender, der in Feuilletonartikeln sowohl mit Jean-Paul Sartre als auch mit William S. Burroughs verglichen und sowohl als Philosoph, als auch als Soft-Pornograph bezeichnet wurde. Antworten bitte bis Freitag (20:00) in den Kommentaren hinterlassen.

 

Vom Bus aus konnte ich ihn täglich bergauf joggen sehen. Ich wunderte mich nicht über sein Laufen in der prallen Sonne, auch seine schlanke Gestalt beschäftigte mich nicht. Seltsam war nur, dass er ein Tablet um seinen Hals hängen hatte. Seine langen glatten Haare bedeckten seine schmalen Schultern, die schwarze Pracht hielt ein weißes Sportsband zusammen. Yeah, let the freakflag fly. Nein, das war kein Freak. Dieser ausdauernde Läufer kam aus einer anderen Welt. Was war sein Geheimnis? Ich gab ihm fortan den Namen „Autopilot“. Ich war mir fast sicher, dass sein ungewohnter Bergaufsport etwas mit positivem Stressen zu tun hatte. Er verbrauchte dabei eine Menge Kalorien, die Andere im normalen Alltag eher mit ständigen Veränderungen erzeugten, die versuchten, irgendwo anzukommen und nicht mehr merkten, dass ihre Konsumgüter sich ständig veränderten, und ihnen deshalb keine Sicherheit bieten konnten. Autopilot joggte vielleicht so extrem, um die Begrenztheit des Ichs zu erkunden. Seine kräftigen Beine schienen gegen etwas Anlaufen zu wollen. Was war sein Geheimnis?

Als er ganz nah an meinem Tisch vor der Bar vorbeitänzelte, schaute ich blitzschnell auf das Tablet. Ich konnte XIASI entziffern, die Buchstaben sagten mir nichts. Unter ihnen konnte ich einen Hundekopf ausmachen. Es vergingen einige Tage, an denen ich Autopilot nicht mehr sah. Vielleicht war er abgereist. Dann hätte er sein Geheimnis mit hinüber auf das Festland genommen. Dann hätte er sein Abenteuerleben woanders willkommen geheißen. Meine Vermutung war, dass Autopilot an einer Strategie gegen ein von mir nicht begründbares Etwas arbeitete. Ich stellte mir vor, dass er woanders seine Sicherheitsmechanismen trainierte. In welche Richtung lief sein Selbst? Konnte er überall seine Zelte für immer aufschlagen? War er soo frei?

Am Abend setzte er sich zu mir an den Tisch vor der Bar. Er grinste mich an und lachte breit: “Do you have a good Karma donatíon?“ Wieso hatte ich die ganze Zeit angenommen, er käme aus Deutschland? Ich lächelte ihn an: “I often see you from the bus, running on the street. Why are you jogging always uphill?“ „I am running against my fears“, he said. „What kind of fears?“ I asked directly. „I bet you saw my tablet. I own several startups all over the world, one in Hyderabad in India, one in Palermo on Sicily, one in Greece on Crete. That’s why I have to check permanently my crypto currency investments.“ Er stand unvermittelt auf, schaute mich intensiv an und meinte dann: „Let us call together as one SILENZIO BRUNO.“ Danach sah ich ihn nicht mehr auf der Insel.

 

2022 19 Sep.

Moguls & Movie Stars

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Dass hier in letzter Zeit verstärkt wieder Filme ein Thema sind, hat mich dazu angeregt, eine DVD-Box wieder hervorzukramen, die seit zwölf Jahren fast vergessen bei mir im Regal stand:

 

 

Moguls & Movie Stars — A History of Hollywood, eine Produktion von TCM (Turner Classic Movies), einem TV-Kanal, wie man ihn in den USA kaum vermuten würde: ein werbefreier Kanal im standardmäßigen „basic cable“-Paket, der nichts anderes zeigt als klassische Spielfilme von zumeist hoher Qualität, ergänzt gelegentlich durch informative Moderation. Damals war der Moderator meist noch der 2017 verstorbene Filmhistoriker Robert Osborne; wer den Job heute macht, weiß ich leider nicht, da wir uns vom TV verabschiedet haben. TCM ist einer der wenigen Kanäle, die ich vermisse.

Auf drei DVDs finden sich sieben einstündige Folgen über die Geschichte Hollywoods, von den ganz ersten Anfängen 1889 bis Ende der 1960er Jahre, jede Folge ergänzt durch eine zehnminütige Paneldiskussion unter Leitung des erwähnten Mr. Osborne. Autor und Produzent der Reihe ist Jon Wilkman, der auch selbst in einigen dieser Diskussionen auftritt. Die Box enthält zudem eine 40-seitige Beschreibung der Folgen, und selbst die ist informativ. Insgesamt stecken drei Jahre Arbeit in dem Projekt.

Eine Unzahl von kurzen Bewegtbildern, Fotos und Filmausschnitten ist hier versammelt, angefangen bei Dioramen, öffentlichen Vorführungen der Laterna Magica, dem Mutoskop, dem ersten Edison-Kinetoskop und den ersten Nickelodeons (der Name leitet sich von der Höhe des verlangten Eintrittsgeldes ab: 5 Cents = 1 Nickel). Das erste Nickelodeon wurde 1906 in Pittsburgh eröffnet:

 

 

 

 

Los Angeles folgte erst einige Tage später. So macht man Geschichte. Man ist in Pittsburgh stolz auf solche Dinge. — Die Projektion auf eine Leinwand kam erst mit den Brüdern Lumière, deren Verfahren besser war als das Edisonsche. Wobei nicht ungewöhnlich war, dass sich konkurrierende Anbieter gegenseitig ihre Maschinen zerschossen — Western live, sozusagen.

Nach dem Stummfilm kam der Tonfilm, der sich mit den Strickmustern von Hörspielen und Radiosoaps verheiratete, womit wiederum erstmals ausformulierte Drehbücher ins Spiel kamen (die übrigens zunächst oft von Frauen geschrieben wurden), es kamen die Studios, es kamen die mit den Studios verbundenen Kinoketten, es kam Hollywoods Starsystem, und mit diesem trennte sich die Produktionsweise Hollywoods von jener in anderen Ländern, etwa der deutschen — und so weiter, ich will hier nicht in die vollen filmgeschichtlichen Details gehen. Was ich aber bemerkenswert finde, gerade auch im Zusammenhang mit den hier im Blog letzthin erwähnten Filmen, das ist die Tatsache, dass die amerikanische Filmwirtschaft (die detailliert in den Folgen geschildert wird) es von Anfang an verstanden hat, populär zu sein. Filme, selbst, wenn sie künstlerisch hochwertig waren, wurden hier nicht als Kunst angesehen, sondern als Massenunterhaltung. Die Zielgruppe waren Arbeiter, Zuwanderer, Leute mit wenig Geld, Menschen, die die Sprache nicht beherrschten. Sie mussten die erzählten Geschichten verstehen können, und die Hollywoodschen Produzenten, Autoren und Regisseure entwickelten ein unglaubliches Gespür dafür, wie das zu gewährleisten war. Die Studiobosse, oft sehr zweifelhafte, autoritäre und unangenehme Typen, ließen das zu; sie wussten, woher das Geld kam.

Ein zweiter Grund war die Existenz von Stars, von Gestalten, mit denen sich die einfachen Zuschauer identifizieren konnten — sei es als Wunschtraum, sei es als Vorbild –, die aber gleichzeitig auch unerreichbar sein mussten. So entwickelten sich Stars, deren Gagenforderungen ins Abenteuerliche stiegen, die aber akzeptiert wurden, weil die Studiobosse (die Laemmles, Mayers, Goldwyns etc.) sicher sein konnten, dass sie ihre Kosten wieder einspielen würden — denn die Stars waren an ein Studio gebunden, sie hatten zu spielen, was man ihnen vorsetzte, sie hatten die Images anzunehmen, die man ihnen verpasste, sie konnten nicht weglaufen (das kam erst sehr viel später).

Das alles lief ohne Förderung und Subventionen. Sie wurden nicht gebraucht, denn das Produktionsprinzip war von Anfang an: Man warf mit hohem Risikoeinsatz Spaghetti gegen die Wand und schaute, was kleben blieb. Das wurde dann ausgebaut. Was nicht lief, wurde nicht mal archiviert, es wurde weggeworfen. Und genau das sind die Gründe dafür, dass Hollywoodfilme bis heute überall auf der Welt funktionieren. Deswegen laufen US-Filme (und Serien) mit großem Erfolg in (zum Beispiel) Deutschland, während deutsche (man kann auch sagen: europäische) Filme in den USA, wenn sie überhaupt hierher kommen, es bestenfalls für eine oder zwei Vorführungen auf ein Festival oder in einen New Yorker Arthouse-Keller schaffen. Hollywood weiß, wie man Geschichten erzählt. In gewisser Weise ist es ja selbst eine.

Moguls & Movie Stars zeigt, wie das funktioniert, der Sprecher Christopher Plummer begleitet einen auf der Reise. Dabei wird nebenbei auf eine ganz verblüffende Weise auch deutlich, wie sehr die Hollywood-Produktionen mit dem Zeitgeist der jeweiligen Jahrzehnte verbunden waren. Es ist nicht übertrieben, sie als Spiegel der amerikanischen Geschichte seit 1900 zu sehen, wobei sich Zeitgeist und filmische Kunst nicht mal widersprechen müssen — wie etwa schon Griffiths Birth of a Nation zeigt, und noch immer Easy Rider. Man staunt, wie zackig im Zweiten Weltkrieg das Militär dargestellt wurde (das US-Militär, selbstverständlich), wie düster die Hollywood-Produktionen in den Jahren danach wurden (Hollywoods Schwarze Serie, die gleichzeitig eine ihrer besten Ären ist), man schmunzelt über die getrennten Ehebetten und andere Sittsamkeiten, die die Hollywoodbosse als Reaktion auf Skandale innerhalb ihrer eigenen Zunft installierten, um in den Augen der Öffentlichkeit „sauber“ dazustehen. Man schaudert über die Blacklists und ihre teils tragischen Folgen, ebenso über die Versuche der Politik, sich in die Filme einzumischen — und darüber, dass die Filmwirtschaft es schaffte, sich aus eigener Kraft wieder freizuschaufeln.

Was leider kaum vorkommt, ist die Tatsache, dass auch anderswo auf der Welt Filme gemacht wurden. Erst in der letzten Folge erfährt man von Italien, Frankreich, auch von Deutschland. Erich von Stroheim wird erwähnt, Billy Wilder (na klar), Ernst Lubitsch. Fritz Lang kommt nicht vor. Das ist aber in US-Dokus wie dieser normal. Damit muss man wohl leben. Das kann man aber in diesem Fall sehr gut. Ich kenne keine bessere Geschichte Hollywoods als diese. Man sieht nach diesen sieben Stunden gerade auch deutsche Filme mit anderen Augen.

Es ist schon einige Zeit her, dass ich mich erstmals in die Welt der MAD MEN und der Werbeagentur Sterling Cooper in der Madison Avenue in New York begeben habe. Damals habe ich mir für die sieben Staffeln, die sich über die gesamte Dekade der 1960er Jahre und bis November 1970 hinziehen, viel Zeit genommen: das Büroleben, Intrigen, Familiengeschichten, vor allem aber „cloud of mystery“ Don Draper, die Fassetten seiner Persönlichkeit, die Art seiner Intelligenz und wie er scheinbar mühelos alles in Magie verwandelt. Nun habe ich die letzte Staffel in wenigen Tagen durchlaufen lassen, eine kleine Retrospektive, immer noch eine faszinierende Erfahrung. Und es sind dieselben Stellen wie beim ersten Mal, die mich staunen und innehalten lassen, dieselben Bilder und Dialoge. Die Staffel beginnt mit dem Vorschlag für einen umwerfenden Werbefilm für Acuton Armbanduhren, vorgetragen von Freddy, einem Freiberufler, hinter dem der freigestellte Don steckt. Ein junger Mann mit Koteletten in Besprechungsraum eines Büros, eigentlich gelangweilt, aber die Uhr gibt ihm Identität; ein Kollege spricht ihn darauf an. Es endet mit dem Pitch: „Acuton. It’s not a time piece. It’s a conversation piece.“ Und viel später Peggy, die Don auffordert, ihr zu erklären, wie er denkt, und dann gemeinsam mit ihm eine verbesserte Fassung ihres Werbefilms für Burger Chef entwickelt. Nicht mehr anknüpfen am schlechten Gewissen der Mütter, die kein Abendessen zubereiten, sondern die Vorzüge von Burger Chef im Vergleich zum Zuhause betonen: a clean, well-lighted place (Hemingway), and every table is the family table. Ohne Fernseher in Reichweite. Don Draper, der das Fenster seines Hochhausbürozimmers berührt. Zum ersten und einzigen Mal hören wir den Wind, wie er um die Betonblocks zieht. Und plötzlich die Vögel wahrnehmen, wie sie ihre Bahnen suchen. Der letzte Dialog zwischen Don und Roger, in dem Don gesteht, er habe Roger immer darum benieden, dass er es nicht für nötig befunden habe, etwas zu erreichen. Eine andere Ausfahrt ansteuern, die Flucht, die kalifornische Wüste, gefangen in einem Yoga- und Selbsterfahrungs-Retreat. Spätestens hier wird mir bewusst, dass es viel zu viele Studioszenen gab: Endlich aufatmen in einem realen Raum. Don ruft Peggy an, sie fordert ihn auf, zurückzukommen ins Büro, nach Hause, wie sie sagt, die Werbestrategie für Coca Cola entwickeln. Don erklärt ihr in ein paar Sätzen, wie vernichtend er über sein Leben denkt. Er hat nur angerufen, um sich bei ihr zu verabschieden. Am nächsten Morgen eine Yogasitzung in kleiner Gruppe am Rand des Pazifik. The new day brings new hope. Lives we’ve lead, the lives we get to lead, a new day, new ideas, a new you. Don im Lotossitz, Hände auf den Knien. Er stimmt ein in den Ruf des „Om“, lächelt, mit geschlossenen Augen. Die Serie könnte jetzt zu Ende sein, es folgt jedoch etwas Irritierendes: eine Werbung für Coca Cola, die aus einem Fernsehbildschirm ausgestrahlt wird. Eine Gruppe von vielleicht hundert Personen aus der ganzen Welt stehen auf einer Wiese und singen. Jeder hat eine Flasche Cola in der Hand. Völlig unterschiedliche und eher normale Menschen. Es könnte die Nachbarin dabei sein oder man selbst. Der Songtext ist ziemlich genial, bringt die Stimmung Anfang der 1970er Jahre auf den Punkt und ist ganz unironisch gemeint: „I’d like to buy the world a coke / and keep it company. // It’s the real thing / what the world wants today.“ Die Schnittstelle zwischen dem lächelnden, ruhigen Don und dem Werbespot ist der rätselhafteste Schnitt der Serie. Warum endet die Serie so und vom wem stammt die Werbung, in der Serie gedacht? (Es ist eine original Coca Cola Werbung.) Immerhin ist die Werbeagentur McCann Erickson mit der Coca Cola Werbung beauftragt. Hat Peggy den Spot mit ihrem Team entwickelt? Don gegenüber hatte sie als ihr Berufsziel angegeben, einen Pitch zu entwickeln, der ein Klassiker wird. Oder ist es eine Idee von Don? Ihm zugefallen im Moment seiner Yogaübung? Ist es nicht eine Idee, die man eher an der Kalifornischen Küste als in einem New Yorker Bürozimmer entwickeln kann? Ist es eine Idee, die umgesetzt wird (der Spot läuft im Fernsehen) oder stellt sich Don nur vor, dass der Film im Fernsehen läuft? Kehrt er nach New York in die Werbefirma zurück? Oder teilt er seine Idee mit Peggy, und sie setzt sie um? Matthias Weinert, Hauptautor und Produzent der Serie, sagte im Audiokommentar, die letzte Minute von MAD MEN hätte für viel Diskussionsstoff gesorgt. Genau das macht den Reiz dieses Schnittes aus.

 


 
 

Finden Sie Gollum unheimlich? Nö, oder? Armes suchtgeplagtes Würstchen … Und Prinzessin Neytiri? Auch nicht – sie ist eine Schönheit innerhalb ihrer Ethnie, und die spitzen Ohren signalisieren uns seit Tolkien nichts Diabolisches, sondern edle elbische Abstammung. Wall-E auch nicht, dafür sorgt schon das Kindchenschema mit den grossen Äuglein.

R2D2 ist eher putzig, kann man auch aushalten, ohne sich unwohl zu fühlen. Der dürfte uns auch im Seniorenheim das Frühstück reinbringen, ohne dass wir kreischend unter die Bettdecke flüchten würden. Bei C-3PO wäre mir da schon etwas gruseliger.

Es geht also hier um künstlich geschaffene Wesen und den Grad ihrer Unheimlichkeit. Das führt uns unter anderem von blauen Avataren eben auch zu Robotern.

Nun finden bekanntermassen viele Menschen Roboter unheimlich, möchten nicht von ihnen gepflegt oder operiert werden. Ein Roboter ist ein Hybridgeschöpf zwischen Mensch und Maschine, es wird viel getan um ihn menschlich erscheinen zu lassen. Seine Fähigkeiten – z. B. die technische Zuverlässigkeit im OP-Saal oder am Steuer mögen die des Menschen übertreffen, trotzdem möchten die meisten lieber einen Chirurgen oder Chauffeur aus Fleisch und Blut.

In Filmen ist es ähnlich: Es gibt kaum einen Film, in dem ein Roboter nicht vermenschlicht würde, ob er nun wie in Star Wars nett herumzwitschert, sich in seine Programmiererin verliebt, die Welt rettet, zur proletarischen Weltrevolution der ausgebeuteten Roboter aufruft – in fast jedem Fall wird ihm seitens des Drehbuchs oder Regisseurs ein eigenes Bewusstsein und ein Gefühlsleben in seinen stählernen oder siliciumdurchwobenen Körper eingeschrieben, in einer Häufung und Perseveration, die auf subliminale Ängste hinweist, bzw auf deren zwanghafte Abwehr.

Eine unbelebte Maschine, die uns versorgt, ertragen wir gut, ein Beatmungs- oder Dialysegerät ist keineswegs unheimlich, da fürchten wir höchstens ihr Versagen, aber nicht das Dingens an sich, obwohl es unsere Körpergrenzen durchstösst – da ist der Mensch schon empfindlich. Etwas eindeutig technisch Geschaffenes macht keine Angst, und blaue Prinzessinnen gibt es unbestritten nicht, also kein Grund zum Fürchten.

Sobald das Dingens aber beginnt, menschliche Konturen anzunehmen, zwei Arme hat, und uns ein Glas Wasser einschenken oder uns die Gallenblase entfernen kann, fängt es für viele an ungemütlich zu werden. Warum ist das so?

Wie bereits andernorts erwähnt, hat der Mensch das Bedürfnis nach eindeutigen Zuordnungen – insbesondere was die bekannten Kategorien betrifft – schon bei uneindeutigem Geschlecht beutelt es viele noch gewaltig, fast mehr noch, wenn die Zuordnung „lebendig / tot“ nicht mehr greift, wie schon Freud ganz richtig herausfand. Darum fürchten Kinder Gespenster. Der Gruselkrimi lebt von der aufgeworfenen Frage, ob eine bedrohliche Präsenz vorhanden oder gar im Raum ist oder eben nicht.

Und nun kommt die Stunde der empirischen Wissenschaft: Findige Köpfe liessen Zuschauer eine Menge an Androiden per ansteigender Rating-Skala graduell einschätzen, wie sympathisch sie ihnen waren. Sozusagen ein Roboter-Ranking.

Es zeigte sich ein ansteigender Grad an Sympathie, je menschenähnlicher die Androiden wurden (oder dem Kindchen-Schema folgten), bis die Kurve plötzlich einbrach – an einem Punkt, an dem sie von lebendigen Menschen kaum mehr unterscheidbar waren und der Anthropomorphismus fast perfekt war. Um danach, bei absoluter Menschenähnlichkeit, wie wir sie aus Animationsfilmen kennen, wieder anzusteigen. Diese Senke nannten die Wissenschaftler das Uncanny Valley (auch Gruselgraben oder Akzeptanzlücke genannt), in dem offenbar die grösstmögliche Verunsicherung für den Menschen verortbar ist.

 
 


 
 

Das Unheimliche ist an die Superposition einer psychischen Spielart der Quantenphysik gekettet: es kann in die eine oder andere Position abkippen, es kann sowohl menschlich als auch künstlich sein. Diese Unbestimmtheit ertragen wir schlecht.

Einige meiner Patienten lieferten mir Aufschlüsse hinsichtlich der menschlichen Roboterangst: Eine Frau, die von einer schizophrenen Mutter (mit teilweise völligem Realitätsverlust) alleine grossgezogen worden war, berichtete von einem wiederkehrenden Angsttraum:

 

Ich stehe einer Maschine gegenüber, sie arbeitet und gibt unschöne Geräusche von sich. Sie kommt näher, und ich habe panische Angst, in diese Maschine hineingezogen und selbst vom Menschen zur Maschine zu werden, meine Seele zu verlieren.

 

Ein Patient mit einer schwer depressiven Mutter berichtete einen fast identischen Traum, auch von Kindern suchtkranker Mütter hörte ich ähnliches. Die Mütter schafften es trotz ihrer Erkrankung, ihre Kinder körperlich zu versorgen, konnten aber keine emotionale Bindung zu ihnen herstellen – was ja auch der Roboter nicht kann – oder konfrontierten sie mit einer beängstigenden und bizarren Wahnwelt, bis die Kinder die emotionale Bindung kappten um nicht hineingezogen und selbst verrückt zu werden. Was sie mit einer überflutenden Einsamkeit und Ohnmacht konfrontierte.

Bei einem Roboter begegnen wir also wohl einer menschlichen Urangst, einem Objekt ausgeliefert zu sein, ohne einen emotionalen Rapport herstellen zu können, das wir nicht steuern, nicht anrühren, nicht um Gnade bitten können und auch nie wissen, ob und wann eine Spule durchschmort, das Ding durchdreht und uns vernichtet – weil wir ihm ja letztlich egal sind. Beziehungsweise nicht einmal das, denn auch Gleichgültigkeit setzt eine lebende Seele als Trägersubstrat voraus. Und hier stehen wir vor reiner Technik in ihrer ganzen Indifferenz und Unerbittlichkeit – das hat jeder schon erlebt, wenn er seinen sonst treuen Computer angefleht hat, den im Speicher unauffindbar verschluckten wichtigen Text wieder herauszuwürgen. Und dem das sowas von wurscht ist. Wenn von dem nun das Überleben abhinge … ?

 

2022 16 Sep.

„Oregonia 2022“

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On top of all this, after Steve Tibbetts has suggested to me several times that I have to meet and talk to Hans Wendl, one of the earliest people that worked for ECM (from when he was just 16 years old, in 1969, until 1985), I drove from the Mexican border to Californian wine region Sonoma via Bishop, CA, where Hans has moved a few years ago — after having lived in Berkeley since his departure from ECM. We sat down in his backyard and he shared all kinds of amazing insights, until three in the morning — among other things that he was driving the band on Oregon’s first European tour in 1974 — and obviously, everyone was quite moved by remembering those early years. Glen even brought me a recent recording of Oregon’s 1974 concert in Bremen, a tape they had kept in the vault for almost 50 years, recorded in the Sendesaal, where I just filmed and took photos of two very ECM recordings. According to Glen, this is the band at their best, and like everyone else he spoke about those years with Collin Walcott only with the nicest words. (Photo of Inyo Mountains, where Hans Wendl lives, and from a hike at the Sonoma coast with Brian Whistler, below. Do yourself a favour, and click on it.)

 

 

 


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