Manafonistas

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Archives: Januar 2017

2017 25 Jan

From the Archives of Borneo

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Summertime. Ein strahlender Junimorgen Anfang der 90er Jahre. Später Vormittag im Innenhof des historischen Museums Frankfurt, der noch halb im Schatten liegt. Barttragende Herren tragen noch Spuren des Frühstückeis im Bart und andere kommen gerade vom Frühschoppen. Normalerweise nicht gerade meine Zeit für Aktivitäten. Aber dieses mal war es obligatorisch. Meine Tochter sitzt auf meinen Schultern und freut sich mindestens genauso wie ich. Was gleich kommt mögen wir nämlich beide.

Bei den Kommentaren zu Jerry Harrisons The Red and the Black fiel unser Blick in die Runde der Side-Projekte der Talking Heads, zuletzt auf David Byrnes Knee Plays. Ein phantastisches Opus, das gerade in Einheit mit Robert Wilsons Inszenierung mir tief in Erinnerung geblieben ist. Jetzt muss ich erst einmal Abbitte leisten, denn hierzu merkte ich an, dass man mich mit Bläsersätzen sonst ganz weit weg jagen könne. Stimmt definitiv. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel: es gibt im weiteren Umfeld der Aktivitäten der Talking Heads doch noch ein einziges Bläseralbum, das mich nicht weit weg jagte, sondern dort hinzog, wo es live zu hören war. An diesem Sonntagmorgen zur Unzeit für einen Nachtmenschen nach Frankfurt.

Die Sonne scheint auf die Bühne, ich stehe noch im kühlen Schatten. Der Professor für Jazzsaxophon aus New York betritt die Bühne. Er ist kein Unbekannter mehr: für David Bowie, Talking Heads und Laurie Anderson hat er schon Arrangements geschrieben. Und jetzt Stücke mit seinem Bläserensemble für eine Tanzperformance: Dance Music for Borneo Horns. Lenny Pickett. Was nun folgt ist kein langweiliges Jazzmatinee, sondern knackig und funkig fegt er mit seinen Borneo Horns den letzten Rest der Müdigkeit des Vorabends aus den altehrwürdigen Mauern, die Köpfe klaren auf und die Beine kommen in Bewegung. Meine Tochter auf meinen Schultern auch und ich schwinge darunter so gut es geht ins Gleichgewicht. Was von Minute zu Minute keineswegs leichter wird. Die Sonne steht inzwischen senkrecht, es wird heiß und die Borneo Horns legen an Fahrt zu, werden fetziger, abgefahrene Arrangements zwischen Barock, City Funk, Avantgarde, Steve Reich und einer ganz und gar nicht unsäglichen Bigband. Lenny Pickett and his Borneo Horns. Gibt’s leider nur einmal. Keine zweite Scheibe, aber diese eine reicht.

 
Neglected Treasures

 

 
 
 

Sie lese nie, sagt sie gern in Interviews. Gleichzeitig ist die Kleinschreibung ihres Namens ein freundlicher Gruß an e.e. cummings. Mit solchen Gedankenkurven muss rechnen, wer sich mit k.d. lang (= Kathryn Dawn Lang) beschäftigt. Unvergessen, wie sie in ihren Anfangszeiten in den frühen 80ern in kanadischen Country- und Westernkneipen und bei ersten Fernsehauftritten sich als trampelhafte Landpomeranze in unmöglichen Klamotten („Cow Punk“) inszenierte, manchmal auch als absurd aufgerüschte Wiedergeburt von Patsy Cline, um dann das Publikum damit zu verblüffen, dass sie nicht nur über eine umwerfende Stimme verfügt, sondern auch das gesamte Vokabular der Country-Intonation draufhat bis in die feinste Tonbiegung.

Sie kann aber auch anders, wie spätere Alben beweisen. Meine Empfehlungen nach wie vor: Shadowland (1988), Ingénue (1992) und Invincible Summer (2000).

Nachdem k.d. langs letztes Album, Sing it loud von 2011, ihr irgendwie missglückt war, ohne dass man so recht mit dem Finger auf den Fehler zeigen könnte, hat sie offenbar darüber nachgedacht, was als nächstes zu tun sei und scheint bei dieser Gelegenheit die beiden Trio-Alben ihrer Kolleginnen Emmylou Harris, Linda Ronstadt und Dolly Parton wiederentdeckt zu haben – und das muss die Grundidee zu case/lang/veirs gewesen sein. Was jetzt nicht soo überraschend ist, denn k.d. hat es immer Spaß gemacht, sich selbst aus dem Mittelpunkt zu nehmen und in die zweite Reihe zu treten. So hat sie ein wunderschönes Duo-Album mit Tony Bennett gemacht, eine Coverversion des alten Songs „Moonglow“ mit ihm findet sich als Bonustrack auf ihrem Best-of Recollection. Ebenso sei auf ihre Mitwirkung als Backup-Sängerin an Roy Orbisons Black and White Night-Auftritt hingewiesen – dessen „Crying“ sie auch schon vorher mit Orbison im Duett gesungen hatte. Herzzerreißend, torch at its best. Und nicht zu vergessen Leonard Cohen, der k.d.s Live-Version seines Songs „Hallelujah“ (zu hören auf der Deluxe-Version ihres Albums Watershed von 2008) mal als „die definitive“ bezeichnet hat.

Aus dem Mittelpunkt nimmt sich k.d. lang auch hier. Mit ihren Kolleginnen Neko Case und Laura Veirs — von denen ich, um ehrlich zu sein, nie gehört hatte, obwohl beide keine Anfängerinnen mehr sind — hat k.d. lang nun ein Trioalbum mit 14 Songs vorgelegt, das es nicht ganz in meine Jahres-Top Ten 2016 geschafft hat, das aber allemal hörenswert ist. Es ist kein Album, mit dem man beim ersten Hören sofort warm wird. Es braucht ein bisschen Geduld. Auch die Texte sind manchmal recht kantig. Und auch nach dem dritten, vierten Hören kristallisieren sich kaum Augenblicke heraus, die wirklich im Kopf hängen bleiben würden. Die drei Sängerinnen spielen alle denkbaren Kombinationen des Solo-, Duo- und Triogesangs durch und liefern auch gleich noch noch einen wunderbaren Hintergrundchor dazu. Ein Streichtrio, ein Streichquartett, gelegentlich heftig durch die Fuzzbox gejagt, sowie Gitarren, Standbass, Pedal Steel und Percussion runden das Ganze ab. Meine Anspieltipps: „Delirium“ und „Blue Fires“.

Was hängenbleibt, sind nicht so sehr markante Melodien, obwohl durchaus vorhanden. Was von case/lang/veirs in Erinnerung bleibt, ist vor allem der Zusammenklang dieser drei Stimmen. Sie erzeugen einen latent schwebenden Teppich, von dem man sich gern davontragen lässt.

 
 
 

 

2017 24 Jan

Suicide Sue & Major Tom

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We will give her a try. One hour before noon, roundabout. It will take some time to arrive at Duncker Str., Prenzlauer Berg. Suicide Sue is a small breakfast café, even Lajla has never been here before on her adventurous Berlin travels. The name reveals a special kind of humour. I hope the music there is some icy new wave from the The British 80’s, stuff from the Creation label, or Viny Reilly from Manchester. No problem if some hot American girl groups, the New York Dolls, are part of the game. We wait and see. We eat and listen. The weather outside: secondhand daylight, the colours will explode later, with The Flaming Lips taking stage.

 

Later in the evening: The Lips really took the stage … awesome! Major Tom was there, too, in his space bubble, rolling above our heads … we saw Wayne riding his unicorn, and they dedicated one piece to the late Jaki Liebezeit, they called him such an influential guy, „a national treasure“. 

 

2017 24 Jan

Tocororo – Afredo Rodriguez

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I first became aware of this young Cuban pianist through my then 80 year old mom. She had gone to a luncheon, and amazingly enough, a young protege of Quincy Jones named Alfredo Rodriguez played a set of solo piano pieces for a group of elderly ladies. I was waiting in the car to pick her up and when my mom walked out, she spoke of being dazzled by this young man’s mastery. She was clutching a piano trio album entitled Sounds of Space, and I promptly put the album on her car CD player. I was immediately blown away by his writing, creativity and supple virtuosity. I also immediately appropriated the CD. (with mom’s permission, of course!)

The second album, The Invasion Parade, was a more ambitious album, featuring expanded instrumentation, synthesizer, electronics and sax, even a couple of vocals if I remember correctly, yet somehow fell short of its vision. For one thing, Alfredo still had a long way to go with his synth programming.

Tocororo is the fulfillment of the promise of Invasion Parade without any of the the missteps of his sophomore release, a kind of conceptual, world jazz album that finds a special sweet spot where all the elements come into balance. Although rooted in his own Cuban jazz and folkloric traditions, Rodriguez incorporates jazz fusion elements along with African and Indian influences. There are a couple of tunes that deploy a South Indian vocalist in a truly inspired way that keeps its harmony western, yet allows for traditional Indian vocalizations to soar above the complex harmonic underpinning. To top it off, Bassist/vocalist Richard Bona makes a guest appearance.

Oddly enough, some of this stuff reminds me of Tigran Hamasyan’s recent fusion masterpieces, Shadow Theater and Mockroot. Odd time signatures accentuate quirky melodies, resulting in a kinetic waterfall of sound. At times I even hear influences of the Bad Plus. Good things all … yet Rodriguez is far from being a good imitator – he’s one of a growing generation of musicians who are forging their own musical vision and are, thank heaven, not in the least concerned with ruffling the feathers of jazz purists.

Perhaps only guitar master Nguyen Le on albums such as Bakida, the breakthrough North African masterpiece Maghreb and Friends, or his more recent east meets west trio, Saiyuki, comes close to this kind of perfect blend, in which a synergistic magic occurs, where the musicians seem to inspire one another to experiment and move beyond their own cultural/musical identity, resulting in a joyous noise that transcends cultural boundaries.

Tocororo should’ve been on my 2016 top 10 list, perhaps even number one. It’s that good.

 

 
 
 

Wenn Lajla auf Reisen geht, auf Nah- oder Fernreisen, ist im Vorfeld die übliche Routine im Spiel, die jeder kennt. Aber es gibt eine kleine Abweichung bei ihr, die auf einem Markt in San Francisco begann, zu einer Zeit, als ihr dort eine blutjunge Grace Slick über den Weg gelaufen war. Eine Schallplatte, von der sie nie zuvor gehört hatte, nahm sie mit nach Hause, allein, weil ihr das Cover so gefiel – die Musik besorgte dann tatsächlich den Rest. Denn so wundersam abwegig manche ihrer Reiseziele sind, es gibt auch wiederkehrende Orte, mal mit einem Häuschen im Wald, mal mit einer Jukebox am Inselende. Wenn dann einmal nicht von vornherein frohe Erwartung herrscht, sondern die Ahnung einer reinen Wohlfühlunternehmung, also ein Hauch von Nervenkitzel fehlt, dann legt sie diese Jahrzehnte alte Highfidelity-Aufnahme auf, und in wenigen Minuten ändert sich die Sachlage der Empfindungen. Selbst die liebgewonnene Wanderdüne und das alte Jukeboxprogramm (nicht jedes Jahr kann Gregor eine Playlist runderneuern am nördlichen Ende der Republik) produzieren dann schon in vorauseilenden Träumereien allerfeinste Vibrationen.

2017 22 Jan

Jaki Liebezeit

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Dammit.
 

2017 22 Jan

Fourth World revisited: Y

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In seinen „Phantastischen Reisen“ schildert François Place im Stil der alten Weltenreisenden in lexikalischer Anordnung von A bis Z zu jedem Buchstaben ein Reisebericht. Fremdartige Länder, fiktive Völker und deren teilweise seltsame, aber stets faszinierend unbekannte und doch nicht wirklich befremdliche Sitten und Gebräuche. Sie finden alle in ebenso fiktiven Gegenden mit ungewöhnlichster Vegetation, den seltsamsten Tierwesen und archaischsten Ethnien statt und trotzdem wirken diese Geschichten so natürlich, als ob nicht mehr geschildert würde als beispielsweise ein Familienausflug auf die Wasserkuppe. Lange habe ich nicht mehr an diese Geschichten gedacht, bis ich die ersten Töne von Y hörte.

Y steht nicht für irgendwas, sondern heißt einfach so. Eine Kooperation von Cummi Flu und Raz Ohara. Cummi Flu heißt eigentlich Oliver Doering und war bereits Mitglied von Raz Ohara’s Odd Orchestra. Stolzer Bastler kleiner Musikinstrumente, z.B. einer Schreibmaschine, die getunte Gummibänder anschlägt. Archaischer Soundforscher und überhaupt: wo hat er die ganzen feinen Rhythmen her? Unbekannte Percussioninstrumente, die zu einfach zum Nachbauen klingen. Polyrhythmische Grooves, die aus den übersehenen weißen Flecken der Landkarten Afrikas und Polynesiens, aber vielleicht auch aus den ritualaffinen Regionen des Stammhirns entführt wurden. Dazwischen Fieldrecordings und artifizielle Frösche oder Vögel, die vielleicht zwei Köpfe oder einen langen Resonanzsack an der Kehle haben und wieder diese kryptischen Gummibandloops. Dazwischen singt Ohara mit verhuschter Stimme mantrenartige Strophen, bei denen meistens unklar bleibt, welche Sprache bei dem Text Pate gestanden haben könnte. Futuristische Ethnomusik, die synästhetisch eine Bebilderung erzeugt, die durch die Schluchten des visuellen Kortex, die lichten Wälder der Insula, vorbei an den amygdaloiden Monolithen und über wernecke’sche Steppen nebst einem Abstecher in die motorisch-dubbigen Areale führt und schließlich bei den weißen Türmen des frontalen Friedens für dieses mal Einhalt zu finden scheint.

 
Cummi Flu & Raz Ohara: Y
 
 
 

 

Das Rote und das Schwarze ist keine scheinpolitische Äußerung zur Lage der Nation und auch kein Statement zu Sex ’n Crime, wo es zwischen obskuren Blutbädern (in der Wanne, versteht sich!) und dem kleinen Schwarzen (mit abhanden gekommener Trägerin) undulieren könnte.

It just follows a sidechain of themes of the last days where sprinkles of Talking Heads popped up, some words, some memories, something of …

Jerry Harrison, der irgendwo im Niemandsland der Talking Heads zwischen dem epochalen Remain in Light und einer etwas schwierigen Neuorientierung zu Speaking in Tongues zum Glück die Zeit fand sein Debütalbum aufzunehmen, das auch nach 35 Jahren in seiner Originalität und kreativen Power neben den Alben seiner Hauptband stehen bleiben kann und nicht nur seinen Anteil am Schaffen der Talking Heads aufzeigt, sondern auch eine Idee davon gibt, wie es nach Remain in Light auch hätte weitergehen können. Und seltsamerweise doch fast gänzlich vergessen …

Funkig, groovig, abwechslungsreich und doch in gewisser Weise homogen. Da blinzelt auch der Architekturstudent zwischendurch einmal. Mit Unterstützung von Nona Hendryx, Adrian Belew und Bernie Worrell. Es treibt voran. Ein Soundtrack zum Autofahren, Landstraße versteht sich, wo noch ein Gefühl für Kurven, Schlaglöcher und unzureichende Beschilderung die Freude am Moment verstärken. The new adventure of what could have been. Zitate an die Berliner Schule und kleine Verbeugungen vor der Discoszene. No warning, no alarm, fast karma, no questions, worlds in collision, things fall apart … no more reruns in the red nights. Still fantastic.

 
 
 

 

2017 20 Jan

Lost in the Valley

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Mir ist ein Lied ins Wasser gefallen. Ich habe noch die letzten Gitarrenriffs im Ohr, erinnere aber nicht den Namen des Songs, obwohl ich ihn seit einer Woche höre. Er ist weg. Ich wache auf und blicke auf Berge von Bettzeug. Ich rufe nach meinem verschollenen Bruder. Der Schuh von Günter. Damit es mir besser geht, stelle ich mir Schlimmeres vor: Wie ich an einer Gräte ersticke. Überall hängen Gräten zum Trocknen an Latten auf den Lofoten. Es drängt sich ein Mädchen am Fjord ins Bild. Es trägt einen blauseidenen Mini und eine großblumige Bali Bluse. Es kreist die Hüften zu einem Lied, das es summt. HERE I GO, FROM THE HUT TO THE BOAT. Ich springe aus dem Bett und schiebe die „Black and White Nights“ ein. OH TO SEE MY BABY AGAIN AND TO BE WITH SOME OF MY FRIENDS. … I’d be happy again, das ist das ent/gefallene Lied: Blue Bayou von Roy Orbison.

 


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