„The cherished things are perishing
And buried in their tomb
There is no hope, no reasoning
This rainy day in June“
on life, music etc beyond mainstream
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2016 31 Okt
Manafonistas | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags: Songs & lyrics, The Kinks | Comments off
„You can draw a lot of parallels between Pan Sonic and Kraftwerk, I think, except obviously Pan Sonic are a lot less melodic. I think I chose them because what I really admire in Pan Sonic – I’ve worked with them and learned a lot about how they work – is their minimalism and the sparseness of their sound. In a similar way to the Shostakovich string quartet, they’ve used very simple themes or elements to create something which has a very strong effect on the listener.
And live, obviously, they’re quite something – they’re much more visceral and much more of a physical experience live. I could include Swans in a similar category: a band that uses simple ideas in an extremely powerful way. I don’t know if you ever saw Pan Sonic in their heyday but it was quite something. I think I’m still processing the influences of the electronic music of that time, and I go back to Pan Sonic again and again: absolute masterpieces of electronic music that were just not equaled.“
(Johann Johannsson, Icelandic composer)
2016 30 Okt
Martina Weber | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags: Adrian Tomine | Comments off
Nach den herausragenden Graphic Novel Bänden „Sleepwalk and other stories“, „Summer Blonde“ und „Shortcomings“ hat in New York lebende Comiczeichner Adrian Tomine, Jahrgang 1974, eine neue Sammlung von Geschichten unter dem Titel „Killing And Dying“ veröffentlicht. Diese Stories unterscheiden sich insofern von den bisherigen, als sie nicht mehr hauptsächlich in Adrian Tomines Generation spielen, sondern sehr verschiedene Settings, verschiedene Figuren und auch eine größere Bandbreite an Zeichenstilen präsentieren. Sie zeigen einen großen künstlerischen Entwicklungssprung, eine Reife in der Wahrnehmung und Erzähltechnik. Alle Geschichten sind – wie die früheren Arbeiten Tomines auch – vom Grundton her melancholisch, sie haben aber auch witzige Elemente, und sie bewahren ihr Geheimnis. Immer gibt es Leerstellen. Niemals werden Figuren bloßgestellt.
A Brief History of the Art Form Known as „Hortisculpture“: Ein Gärtner macht eine Erfindung, es ist eine Kombination aus Skulptur und Pflanzung. Er kämpft um Anerkennung.
Amber Sweet: Eine Studentin hat große Ähnlichkeit mit einer bekannten Internet-Erotiklady. Sie kommt damit nicht zurecht, ändert ihr Leben und irgendwann trifft sie zufällig die Frau aus dem Netz.
Go Owls: Auf einer kleineren Versammlung oder Selbsthilfegruppe lernen ein Mann und eine Frau mittleren Alters einander kennen, sie landen ziemlich schnell im Bett, die Frau zieht bei dem Mann ins Haus ein. Doch da ist etwas an ihm, was ihr nicht gefällt, er will sie kontrollieren.
Translated, from the Japanese: Die Icherzählerin reist mit ihrer kleinen Tochter im Flugzeug von einem Besuch bei ihren Eltern in Japan zurück nach Kalifornien. Es ist die einzige Geschichte, bei der wir die Hauptfiguren nicht sehen.
Killling And Dying: Eine Teenagerin, die stottert, macht einen Kurs als Stand-up-Comedian. Ihre Mutter unterstützt sie, ihr Vater ist skeptisch.
Intruders: Ein Mann mittleren Alters, der nichts Besonderes zu tun zu haben scheint, erhält von einer früheren Untermieterin jetzt erst den Wohnungsschlüssel für eine Wohnung zurück, in der er früher mit seiner Freundin lebte. Der Mann wird Stammgast eines Cafés direkt gegenüber der Wohnung und dringt tagsüber, wenn der neue Mieter arbeitet, mit dem Schlüssel in seine frühere Wohnung ein.
2016 28 Okt
Michael Engelbrecht | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | 2 Comments
Der depressionsfreudige Monat naht, und mit ihm Gruselgrau, Dauerregen und Kaminfeuer. Unser „album of november“ wird von Ingo J. Biermann vorgestellt, und ich habe bislang noch nie etwas von dieser Sängerin gehört. Musikalische Szenen sind so unendlich weit gefächert, dass ein 360-Grad-Überblick gar nicht mehr möglich, auch nicht erstrebenswert ist. Gerade deshalb sind ENTDECKUNGEN jederzeit möglich, zumal, wenn vertrauten Stimmen sich zu Wort melden.
Da Ingo J. Biermann jüngst Manfred Eicher bei einer Studioproduktion mit Kamerateam begleitete, dürfte ihm als Kenner der ECM-Welt (die gerade, in pataphysischer Manier, und ganz im Sinne Cortazar’scher Cronopien und Famen, selbst die Sylter Jukebox-Szene erfasst hat), unsere novemberige Vinylecke, reich an alten ECM-Werken, gefallen. Unserm grossen Vinylexperten und Stammleser Norbert Ennen ohnehin, der da einiges Lesefutter vor sich hat. Der Text existiert jetzt in einer neuen Fassung.
Für das Grau(en) in allen Schattierungen bis ins tiefste Caravaggio-Schwarz sorgt meine Thriller-Empfehlung, die bei aller Plot- und Schreibqualität in ähnliche Dimensionen des Horrors und der Umnachtung vorstösst wie einst Robert Bollanos dunkelstes Werk. Nett wie ich nun mal bin, enthält meine inhaltsfreie Vorstellung neben einer ausdrücklichen Warnung auch die etwas heller gestimmte Alternative, ein gewitztes Frühwerk von Don Winslow, das, folgen wir mal dem Spass des Klappentextes, den „besten Detektiv Amerikas nach London“ verschlägt.
Der Knaller aus der Abteilung „Philosophica“, die diesmal eher „Psychologica“ lauten sollte, ist den kreativen Potentialen von Fehlern, Zufällen, Desorganisation und anderen geplanten wie ungeplanten Verwirrspielen und Missgeschicken gewidmet: MESSY geht los mit Vera Brandes, Keith Jarrett und dem „Köln Concert“, mit David Bowie und Brian Eno in Berliner Tagen, womit sich gleich mehrere manafonistische Kreise schliessen. Lars Gustafsson hat einst den feinen Kurzgeschichtenband „Die Kunst, den November zu überstehen“ herausgebracht (wo es viel ums Reisen geht, auch um die einundzwanzig Eisenbahnen von Iserlohn) – ich bin sicher, unsere Empfehlungen können (wenn man mal unseren „Alptraumthriller“, dessen erster Teil nicht zu Unrecht „Böse Träume“ lautet, aussen vor lässt) dabei wertvolle Hilfe leisten.
Nicht zuletzt auch DETECTORISTS, die zwei Staffeln umfassende britische TV-Serie, welche im ländliche Suffolk den dezenten Obsessionen und Weltverlorenheiten der Protagonisten nachspürt: dass diese neue Kolumne „Bingewatch Trance“ lautet, stellt dem flapsigen englischen Ausdruck fürs „Komagucken“ jene bewusstseinsverändernde Qualität an die Seite („Trance“), die ein Alltagsphänomen ist und nicht das Privileg ausgefuchster Hypnosetechniken. Das rationale Bewusstsein ist ein Teilzeitarbeiter, und überlässt oft genug dem Unbewussten das Feld, gerade auch da, wo wir in andere Welten eintauchen.
P.S. Anlässlich der im November in Hamburg wochenlang zu erlebenden Installation von Brian Eno’s THE SHIP wird die Besprechung dieses Meisterwerkes (im LP/CD-Format) in Kürze wieder ins „Blogtagebuch“ transportiert. Incl. Brians Kommentar zu unserem Text! Ob es tatsächlich das manafonistische Album des Jahres wird, zeigt sich in der Abrechnung zum Jahresende hin.
2016 27 Okt
Ian McCartney | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off
On paper this film sounds extravagantly silly. Basically what it is, is a bunch of old people smashing things up.
And as much as I’d love to be able to do an essay on it and talk about how – not unlike William Blake’s „Songs of Innocence and Experience“ from 220 years earlier – its simplicity (or rather apparent simplicity) defies any attempt to nail it down with words. TRASH HUMPERS, like Blake’s fireworks-in-your-synapses work, is free. You’re free too, to ignore it or call it dumb. I call it fucking genius. I saw it at the cinema – and as you can see in the above pictures, bought the DVD and also the book. The book was an ex-display copy I got cheap from the (it has to be said: miraculous) Magma bookshop on Oldham Street, Manchester. The first few leaves show light wear but the remainder of the volume is in crisp condition. Also, being display copy, the shop had fitted the book with a heavy duty plastic dustsheet. There is a card insert someplace inside the book, with the publishing company’s address in Zurich. It is a good book – some of the pictures in it are actually removeable stickers although why anyone would pay money for a book like this and then stick the stickers to, like a lamp post or somehing is beyond me. The book doesn’t have much in the way of words, just very bare sentences surrounded by white space that say things like „They sleep in junk piles with sleeping bags“. I am guessing that these (fewer than 20) sentences form the film’s script/screenplay.
Quite soon: Into Eternity
Irgendwann in den 80er Jahren muss es gewesen sein, als meine Eltern damit anfingen, sich Briefpapier mit unserer Adresse und Telefonnummer sowie Adressaufkleber für Briefumschläge anfertigen zu lassen. Die Aufkleber hatten eine goldene Schrift, eine Schrifttype, die in Richtung Schreibschrift ging, und ich habe mich jahrelang dagegen gewehrt, dergleichen als Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk zu bekommen. Das Ganze hatte etwas Festgelegtes und Etabliertes, was mir missfiel. Visitenkarten gab es sicherlich schon früher, aber ich vermute, dass sie sich in den 80er, eher noch in den 90er Jahren allmählich auch unter der normalen Bevölkerung verbreiteten. Visitenkarten zu sammeln hatte in bestimmten Kreisen etwas davon, die eigene Bedeutung aufzuwerten. Beziehungen, Kontakte, Chancen, vor allem beruflicher, und auch privater Art. Professor W. beschwor im Journalismusseminar, – und wir haben hier einen großen Zeitsprung gemacht – den möglichst lässigen Austausch von Visitenkarten im Rahmen beruflicher Termine. In dieser Zeit stellte sich dann für ordnungsliebende Menschen die Frage, wie sie ihre Visitenkarten zweckmäßig aufbewahren könnten, und es gab verschiedene Modelle von Sammelordnern auf dem Markt. Ich selbst fand es immer romantischer, Telefonnummer oder Mailadresse handschriftlich auf irgendeinem Zettel zu notieren. „That´s her handwriting, that´s the way she writes.“ Eine völlig aus dem Zusammenhang gerissene Zeile eines Go-Between Songs, und bei der Gelegenheit möchte ich Robert Forster für den nächsten Lyrics-Nobelpreis vorschlagen. Auf der Buchmesse wurde ständig nach einer Visitenkarte des Verlages gefragt, ich ließ die Interessenten eine Postkarte mit einem Buchcover auswählen und notierte auf der Rückseite die Mailadresse, an die Manuskripte oder Grafikbewerbungen geschickt werden können. Dann schrieb ich eine SMS an den Verleger. „Hast du Visitenkarten? Wir könnten auch noch Frühjahrskataloge brauchen.“ Schon seit längerer Zeit war mir andererseits aufgefallen, dass sich die Qualität der Visitenkarten oft umgekehrt proportional zur Qualität der Arbeit desjenigen verhält, der die Visitenkarte verteilt. Das ist vor allem bei angehenden bzw. planmäßig angehenden Schriftstellern und /innen so, die, bevor sie auch nur ein einziges wirklich gutes Gedicht hinbekommen, schon eine eigene Homepage eingerichtet haben. Eine auf schick gemachte Lady ca. ü 60, die einen Verlag für ihren ersten Gedichtband sucht, sich aber nicht mit Gegenwartslyrik beschäftigt hat, überreichte mir eine Visitenkarte, die größer und schwerer als eine Postkarte war. In goldener Schrift war ihre Unterschrift auf der Karte eingestanzt. Sie weiß nicht, dass sie damit gegen sich selbst arbeitet. Der Verleger brachte, wie ich erwartet hatte, keine Visitenkarten mit. Er sagte, er bräuchte keine und zählte ein paar bekannte Verleger auf, die niemals Visitenkarten verteilen würden. Es gibt das Internet, und die meisten Menschen haben mehr Kontakte als sie emotional und intellektuell zu bewältigen in der Lage sind. Die Bedeutung der Visitenkarte hat sich verändert. Es geht jetzt wieder darum, Exklusivität zu demonstrieren. Ich werde mir ein paar Kärtchen mit handgeschriebener Mailadresse zurechtschneiden, ein beiläufig wirkendes Design. Back to the roots.
2016 26 Okt
Manafonistas | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | 3 Comments
Michael started with IT FOLLOWS, a week ago. It can be a one-liner (!), some short, sharp sentences, a memory, or an elaborated essay, up to any Manafonista. Only a question of time when MULHOLLAND DRIVE will pop up here. It can be an old text, slightly revised. The world of feuilleton is overcrowded with „mainstream academica“. And, it should always have the same headline (english or german) – different titles of course, and editions:
From our series „The best movies of the 21st century“ (first edition): IT FOLLOWS
Aus unserer Reihe „Die besten Kinofilme des 21. Jahrhunderts“ (erste Folge): IT FOLLOWS
Controversial comments are always welcome. It can include documentaries, too. In a postcard from Konstanz, Michael wrote: „FLOTUS is cinematic“, referring to the forthcoming Lambchop album.
2016 25 Okt
Lajla Nizinski | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | 1 Comment
Sie war bereits als 10 Jaehrige nach Italien ins Sommercamp geschickt worden, nur unter der Obhut von abenteuerlustigen Studenten. Schon damals hatte sie das Gotthard Gefühl gespürt. Bei der jetzigen 10 minütigen Tunnelfahrt hatte sie gehofft, dass der Freudsche Urschrei ausbliebe und ihr das Hineinschiessen in das Helle der Welt wieder jenen orgiastischen Auftrieb bescherte. Genauso wiederholte sich der Schuss in die sonnige andere Seite. Sie war glücklich. Über ihr Ziel, den „Monte Verita“ hatte sie im ICN folgendes gelesen:
„1900-1920. Kleine Gruppe von Idealisten aus dem Norden ließen sich hier nieder, um alternativ zu leben. Das dauerte bis 1920, ein Lebensexperiment fernab von Hektik, Kapitalismus und sozialen Regeln, naturverbunden und strenger Diät: Beeren, Nüsse, Obst, kein Wasser.“
Gründer waren die Klavierlehrerin Ida Hofmann und ihr Partner Henri Oedenhoven. Der Monte Verita liegt sehr schön oberhalb von Ascona und dem Lago Maggiore. Mit den Überspannten dieser Zeit hatte sie wenig gemeinsam. Viel zu sehr war sie den vorallem abendlich auftauchenden Wünschen nach einer Currywurst verfallen und zudem liebte sie edle Kleidung, auf die sie nicht verzichten wollte. Sie frönte gern exklusivem Essen mit gutem Gewissen: „Solang es noch möglich ist …“ Im Bauhausrestaurant auf dem Monte Verita dachte sie, dass sie den Stil nicht mochte, diese Strenge, diese bigott eingesetzte Ökonomie, das erinnerte sie an Martha Nussbaum. Sie bestellte sich das Risotto von Dimitri. Sie mochte diesen herzlichen Clown, der hier in der Gegend zuhause war, schon immer. Dimitri hatte oft hier gesessen und einmal hatte er sein Rezept mitgebracht: Risotto mit Safranblüten und Himbeer Coulis. Sellerie Pesto und knusprigem Venus Reis.
1926-1964 war der rätselhafte Baron Eduard von der Heydt aus Wuppertal der Besitzer des Monte Verita. Viele internationale Künstler zog es auf diesen magischen Berg. Unter ihnen weilte auch die russische Malerin Marianne Werefkin. Als sie 1938 starb, nahm die gesamte Stadtbevölkerung von Ascona von ihr Abschied. Ein Teil ihrer grossen, grossartigen Gemälde hängen in dem von ihr gegründeten Museum in der Altstadt. Keine Siegerkunst, wie erholsam.
Als sie die 1000 Treppen vom Monte hinunterstieg, zählte sie auf, was sie alles verpassen würde:
– Vanessa Rubin im Jazz Cat Club Ascona
– Paolo Conte, der hier mit 80 noch tourt
– die Kastanienfeste
Alles hat seine Zeit.