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Archives: 21.05 Uhr

 


„The friction between opposing elements – taking a song and throwing in whatever it’s asking for, even if it doesn’t make sense, even if it might be wrecking your original idea, or even if it might be marring the beauty of the melody – is at the bottom of all the music that we do.” (Tim Rutili, Califone)

 

Mod 1
Matthew Herbert: The Horse
Mod  2
Alva Noto: Kinder der Sonne
Dudu Tassa & Johnny Greenwood
Mod 3
Zsófia Boros: El ultimo aliento
Josephine Foster: Domestic Sphere
Mod 4
Dedalus Ensemble plays Brian Eno
Califone: Villagers
Mod 5
Craven Faults: Standers

 

Es ist eine interessante Arbeit, die JazzFacts zu gestalten.  Nachdem der „Baukasten“ der Sendung mit Hilfe einiger Hörer konkrete Gestalt angenommen hatte, aus einer ganzen Reihe spannender neuer Produktionen ein paar der Kohärenz des Ganzen geopfert werden mussten („killing your sweetest babies“ – sorry, Steven Bernstein, sorry, Tim Berne), die drei Beiträge geklärt waren, begann das „sequencing“, das heute morgen eine weitere Volte erlebte: ich tauschte die Plätze von Niklas‘ Suche nach den Bertriebsgeheimnissen des Münchner Quintetts „Fazer“ mit meiner Vorstellung des wunderbaren „Korallen-Trios“ von trumpet magus Leo Smith (80 Jahre jung, ultraproduktiv) mit zwei Gitarristen. Vor dem Finale mit „Dedication“ werden also drei Trompeter den Ton angeben – unterschiedlicher können Trompetenhorizonte kaum sein.

 

Der ganze Plan bekam vor einer Woche einen zusätzlichen Kick, als  das Basssolowerk von Dieter Ilg in der Post lag, und ich ganz und gar beeindruckt von der Musik, über Michael Gottfried, den Kontakt zum Künstler herstellte. Meine Fragen beantwortete er schriftlich. Kein Problem, wir haben gute Sprecher im Sender. Aber was für scharfe, gewitzte Antworten das waren – Dieter Ilg nimmt kein Blatt vor den Mund, und zwei Passagen seines „Briefes“ bilden den gelungenen Rahmen dieser Jazzstunde. Und es beginnt wie in einem Film: jemand erzählt, der sich „Einzelwolf“ nennt, lässt seine  Worten Töne folgen … und wir sind mitten drin im Geschehen.

 

Und dann der schöne Übermut in Zeiten blitzschneller Kontaktmöglichkeiten. Ich mailte Steve Tibbetts die „Korallenmusik“, und bat ihn – vorausgesetzt er habe Zeit (er hat derzeit sehr wenig), und fände grossen Gefallen an diesen mäandernden Gitarrensounds von Leos Reise zum Pazifik – mir seinen Höreindruck zu schildern. Vom Schlagwerker Ziv Ravitz wollte ich auch gerne was wissen, fand seine Adresse im Netz, formulierte knapp gehaltene Fragen ins Blaue („Naked Truth“ hat gewiss einen magischen Mehrwert – aber fassen Sie den mal in Worte, ohne Poesie). Und dann nahm ich mir spasseshalber noch die originelle wie wimmelbildfeudige Website von  Bill Carrothers vor, bat auch ihn um ein „audio-file“ zu meiner Frage, worin denn die Eingebungen des Augenblicks bestanden hätten, als er sich in der Provence mit Vincent Courtois Joni Mitchells „Circle Song“ zugewandt hatte, ein Song, der vielen eine Menge bedeutet.

 

Aber auch, wenn bis zur Produktion am frühen Morgen des 3. Februar keiner der Drei Laut gibt – es ist einfach ein gutes Gefühl, konzentriert dieser Handvoll Platten der kommenden Ausgabe mit Neuem von der improvisierten Musik ausgiebig zu lauschen, hier und da kleine Texte dazu zu verfassen, und ganz beiläufig darauf gefasst zu sein, kleine Audiodateien aus der weiten Welt zu erhalten. Aber warum so weit in die Ferne schweifen, ladies and gentlemen – die Post des „Einzelwolfs“ (aka Dieter Ilg) liess keine Wünsche offen und überraschte zudem. Zum Ende hin fragte ich ihn, wie es ihm denn an jenem Tag ergangen sei, als „Dedication“ seinen letzten Schliff erhalten hatte, und er antwortete:

 

„Auf dem Nachhauseweg stromerte ich an den Hängen des Schwarzwaldes entlang und siehe da. Meine gute Stimmung nach produktiver Arbeit verleitete mich etwas vom Weg abzukommen. Nein, Rotkäppchen lief mir nicht über den Weg. Aber einige Prachtexemplare von Steinpilzen lockten mich down, Verzeihung, zogen meine Blicke an, und verkündeten wohlschmeckende Berichte aus den Mysterien des Myzelreiches. So stieg ich hinab in die Untiefen des Pilzglücks und widmete mich stundenlang den Fruchtkörpern irdischen Glücks. Carlos Castaneda wäre neidisch gewesen.“

 


Ayumi Tanaka Trio: Subaqueous Silence (ECM)

Thomas Loewner über „Charlotte Greve: Sediments We Move“

Linda Frederiksson: Juniper (We Jazz)
James Mainwaring: Mycorrhiza (Discus)

Bert Noglik über John Coltranes „Free Jazz-Version“ von „A Love Supreme“ 

Mats Eilertsen: Hymn for Hope (Hemli)
Kappeler / Zumthor: Herd (Intakt)

Karl Lippegaus über „Craig Taborn: Shadow Plays“

Eberhard Weber: Once Upon A Time (Live In Avignon) (ECM) 

 


(Mit angeschlagener Stimme, Honig und Salbei trat ich heute zur Produktion an. Aber mein CEO fand das halb so wild, na gut. Tatsächlich steckt in so einem Magazin eine Menge Arbeit drin, wenn man es nicht gerade zusammenwürfelt. 
Der Struktur der Magie bleibt (bei besonderer Musik) stets etwas Unerklärbares erhalten, der Struktur so einer Stunde haftet kein Zauber an, nur eine klare Linie: Coltrane wird zentral platziert, wo sonst. Ich teile Berts Ansicht, dass es sich wohl um die jazzhistorisch bedeutsamste Ausgrabung der letzten Jahre handelt. Bedeutsamer aber ist, dass „Live in Seattle“ manchem Hörer den Zugang zu Coltranes „Free“-Phase öffnen könnte. Grossartig, dass Bert auf Stimmen aus alten Interviews mit McCoy und Elvin zurückgreifen konnte. Und sonst: das eine und andere Thema als Leitmotiv, und: drei Frauen eröffnen den Reigen der „blauen Stunde“, mit höchst unterschiedlichen Ansätzen. Die neuen Alben, die ich vorstelle, haben eins gemeinsam – sie erhalten von mir allesamt (Linda und Ayumi, James und Mats und Eberhard, sowie das Duo Kappeler / Zumthor), in altem downbeat-rating, vier Sterne. Ein Dank an alle Beteiligten – und an Martina B., die für klare Abläufe sorgt, immer. Im nächsten Jahr dann lasse ich die Nächte weg, freue mich auf abendliche Sendungen voller Jazzfakten und Jazzvisionen. Den Jahresrückblick 2021 haben Odilo, Karsten und ich fest im Visier.)


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