Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Was für eine Enttäuschung, in die alte BRD zurückzureisen, und vollkommen ernüchtert Wim Wenders zweiten oder dritten Teil seiner Road Movie-Trilogie zu erleben! Ich werde es nicht schönerzählen.  In Jahr 1975 sah ich „Falsche Bewegung“ zweimal, einmal war ich verliebt, und lud die noch unbekannte Schöne ins City-Kino von Würzburg ein, um den Film mit mir zu sehen, das andere Mal hatte ich das Herz von C. vorübergehend erobert, weiterhin full in love, und Wim Wenders antworte, im Rahmen eines kleinen Würzburger Filmfests, auf die Fragen der Studentenschaft.

 

 

Herr Wenders, warum haben Sie das leere Rauschen des Fernsehers eingesetzt, als die Reisegruppe Ivan Desny in seinem Schloss aufsuchte. Hatte das eine Bedeutung?

– Der stand da einfach. (Geschmunzel allseits)

 

 

Ich werde mich hier nicht gross aufhalten, bei der literarischen Vorlage von Goethe, die Drehbuchschreiber Peter Handke bruchstückhaft aufgreift, um seine subdepressive Reisetruppe vom Norden Deutschlands runter zur Zugspitze zu schleusen. Herr Handke war schlecht drauf, nach dem Suizid seiner Mutter, und liess eine Weltschmerztirade nach der anderen vom Stapel. Das alter ego von Handke / Wenders, Rüdiger Vogler (ach, wie gerne sah ich ihn einst – er war älter als ich, und trug ziemlich beeindruckende Melancholiewerte in seiner aufgeräumten Gesichtslandschaft umher!), hatte am Anfang einen Wutmoment und legte in seiner Dachstubenwohnung im hohen Norden eine Single von den Troggs auf.

Etwas mehr Rock der alten Schule hätte dem Film gut getan, aber was dann abging, in dieser Reisegesellschaft, mit der gedankenvoll-abwesenden Schygulla, der jungen Kinski (14 Jahre, und fast schon gruselig sexualisiert in Wenders tendenziell komplett unerotischem Kino), einem Kriegsverbrecher (grosser alter deutscher Schauspieler, Jahre später stand er direkt vor mir bei den Berliner Filmfestspielen), dem, einen Vollidioten von Lyriker spielenden, Peter Kern (wohl eine Selbstparodie Handkes), geht kaum auf die berühmte Kuhhaut. In Handke‘schem Duktus reden selbst Zugschaffner, und klingen, als hätten sie gerade die falsche Tüte geraucht.

 

 

 

 

Was für einem seltsam überanstrengtem Mist war ich damals nur ergeben. Aber Wim Wenders‘ Kino wurde überall in Europa von den Künstlern geliebt, Brian Eno schätzte, was Wunder, die Langsamkeit, und erwärmte sich für die „Kings of the Road“. Peter Buchka war Wenders‘ Hofberichterstatter bei der Süddeutschen, und gierig verschlang ich seine Zeilen, sie verkürzten mir die Wartezeit aufs erste Sehen, und gaben keine Handlung preis, wie auch, wo es ja kaum Handlung gab.

Der von Peter Kern gespielte Vollpfosten bringt die Gruppe dazu, seinen reichen Onkel zu besuchen, der über das schwere Leben sinniert. Sie kommen gerade rechtzeitig, um seinen Selbstmord zu verhinden, und Peter Kern merkt an, das sei wohl gar nicht sein Onkel. Was für ein Quatsch.

Als sie dann allesamt gefühlte Stunden auf einem Weinberg rumkraxelten und sich wenig wärmende Selbstgespräche an die Köpfe warfen (immerhin hatte Rüdiger die helle Idee, er solle das mit den politischen Kommentaren besser lassen – Peter hätte besser mal zuhören sollen!), war es dann um meine Chronistenpflicht geschehen. Ich stoppte diese weitgehend uninspirierte phlegmatische Filmerzählung, an der ich rückblickend wenigestens ein paar gute Haare lasse. Die Kameraarbeit von Robby Müller beeindruckt, wenn Bewegung ins erstarrte Gruppenleben kommt. Sie kreiert flüchtige Illusionen des  Vorwärtsdrangs, und lässt den Zuschauer hier und da Frischluft schnuppern. Auch die Hauptmelodie des Films geht unter die Haut, mehr, als das Gewicht der Welt, an dem hier alle in unterschiedlichen Aggregatzuständen der Schwermut zu tragen haben.

In einem sehr langen Essay, der sich in englischer Sprache im Netz findet, erzählt uns ein sanft berauschter Filmkritiker für die „Criterion“-Ausgabe seine Sicht von „Wrong Movement“, erkennt eine Studie über die Unmöglichkeit von Kommunikation (na, ist das grossartig!!), und preist den Film für seine konstante Vorwärtsbewegung, allen Wirrnissen zum Trotz. Natürlich erkennt er auch einen Finsterblick auf die BRD anno 75, wobei ich aber nicht mehr mitmache. Ich wollte wirklich bis zum Ende aushalten, da sollte die Truppe schliesslich die Zugspitze erreichen: ob damals schon das Wirtshaus existierte, auf dem ich mir vor sieben Jahren eine Mass Weizenbier gönnte? Ob der Kamera von Robby ein paar Bergdohlen vor die Linse kamen? Hat die junge  Kinski ein Rad geschlagen auf dem  höchsten deutschen Berg?  Fragen über Fragen.

Ähem, die Siebziger Jahre waren ein magisches Jahrzehnt – in diesem massiv überschätzten Film merkt man nichts davon. „Falsche Bewegung“ ist womöglich als Fallstudie zu gebrauchen über mehr oder weniger kaschierte Depressionen.

Alle Abenteuer sind daraus verschwunden.

2022 23 Juni

Player, Piano

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Im Januar 2021 war es recht einsam auf Sylt (man kann sich das schon gar nicht mehr vorstellen), und doch fand ich zwischen Sansibar und Samoa ein freigeistiges Paar, mit dem ich wunderbar reden konnte über die üblichen Verdächtigen einiger Manafonisten: so staunten wir unisono, wie rigoros ein gewisser Daniel Lanois letzthin seine Träume umsetzte, ohne Rücksicht auf populären Widerhall. „La Noise“ war gewiss kein grosser kommerzieller Erfolg, seine Gospelplatte aller Klasse zum Trotz auch nicht, und 36 Jahre nach „Apollo“ einen nahezu ebenbürtigen Nachfolger in der gleichen Besetzung (Eno/Eno/Lanois) abzuliefern, grenzte an altmodische Tollkühnheit.

 

 

Und jetzt also das: in einer Zeit, in der man noch Singles kaufte, wäre „My All‘ allemal dezent exzentrisch gewesen, ohne vocals, eine Abschiedsmelodie. Für den kleinen toten Bruder. Wehmütig, weit ausholend, kitschbefreit. Das neue Album, auf dem dieses Stück zu finden ist, wird Ende September erscheinen und viele verblüffen, im Gewande einer historischen Aufnahme mit allerlei raumbildenden Massnahmen.

 

Der Klavierpart basiert auf einem Ansatz, den ich von Steven Tyler von Aerosmith gelernt habe. Vor einiger Zeit war Steven bei mir zu Hause und spielte auf meinem Klavier. Er zeigte mir einen Pianostil in den man einen Akkord mit der rechten Hand wiederholt und währenddessen mit der linken Hand eine bewegte Melodie spielt. Das war ein Wendepunkt in meinem Klavierspiel … Danke, Steven!“

 

„In einer Zeit, in der ich nirgendwo reisen konnte, hat mich die Aufnahme dieser Platte wegtransportiert. Ich konnte nach Kuba, Mexiko und Jamaika reisen. Ich konnte die Geister von Erik Satie und Oscar Peterson und Harold Budd besuchen. Ich konnte in die Vergangenheit gehen und meine Arbeit mit Brian Eno und Kate Bush und Emmylou Harris erleben. Und das alles, ohne jemals mein Studio zu verlassen.”

 

Um die zeitlos klingenden Aufnahmen auf „Player, Piano“ zu erzielen, machten sich Lanois und Lorenz daran, jedes der drei Klaviere im Studio umzugestalten, die Saiten mit Geschirrtüchern zu dämpfen und den perkussiven Aufprall der Hämmer abzuschwächen, indem sie kleine Filzkissen auf die Köpfe legten. Für die Aufnahmen wurden alte Bändchenmikrofone verwendet, die nicht vor, sondern hinter den Instrumenten angeordnet wurden, um den Klang noch weicher zu machen.

„Ich beschloss, dass ich eine Klavieraufnahme machen wollte, die wie Aufnahmen aus den 40er und 50er Jahren klingen sollte, als das Klavier noch weich und schön war“, erklärt Lanois. Und lässt dabei, zum Glück, ein paar Fragen offen.

2022 22 Juni

„The Sylt Loneliness Treatment“ (remix)

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Auf dem Weg zum nördlichsten Punkt des Landes stoppten mich, es ist nun auch schon länger her, ein paar Schafe auf dem holprigen Weg, die aber nichts am Fluss der Gedanken änderten. Ich liess ihnen alle Zeit der Welt und dachte über die Umstände des Suizids von Ulrich Wildgruber nach, dessen Leiche vor Ewigkeiten morgens am Strand von Westerland gefunden wurde. Ich hatte ihn, etliche Jahre zuvor, in dem Film „Die Hamburger Krankheit“ gesehen, in dem die BRD von einer todbringenden Seuche heimgesucht wurde. Am Vorabend war mir der Tod des Schauspielers zum ersten Mal durch den Kopf gegangen, als ich allein in einer Sauna am Meer war und später im Stockdunklen ins Wasser ging, aber nicht weit, aus Respekt vor den Buhnenresten. Schliesslich trotteten die Schafe dahin, wohin sie gehörten, auf ihre Weide, und ich fuhr weiter, schön langsam.

Das Radio blieb, während meiner Tage auf der Insel, weitgehend aus dem Spiel, aber in diesem Moment hatte ich das dringende Bedürfnis, irgendeinen alten, gut abgehangenen Song zu hören. Ich zappte mich durch die Sender, und, hey, da war er, ein „fucking golden oldie“, und ein altmodischer Schauer des Glücks durchfuhr mich. „Sunny Afternoon“. Wir haben das schon auf dem Schulhof gesungen. Ich sang die paar Zeilen lauthals mit, die mir besonders gern im Kopf rumschwirren. Und ich imitierte die absteigende Basslinie.

 

 

 

 

 

 

Selten habe ich in einer Radiostunde langsamer gesprochen, zumindest stellenweise. Das war die Zeit des ersten knallharten Lockdowns, und nachdem ich zuvor auf Lanzarote schon in den Mauern der Hotelanlage bleiben musste, besorgte ich mir nun über die Pressereferentin der Kieler Landesregierung (mir der ich bis heute Krimitipps austausche) eine Akkreditierung für eine Inselreportage. Unvergessen der kauzige Polizist, der in Hörnum jeden Fremden in Empfang nahm, bevor der Blaue Autozug bestiegen werdem konnte. Zu dem Zeitpunkt mussten auch alle Zweitwohnungsbesitzer Sylt verlassen. Als ich da einmal eine frende blonde Frau traf, auf einem Parkplatz, sie in ihrem Sportwagen, ich ein meinem Toyata, kurbelten wir die Scheiben runter, und wir wechselten Worte miteinander geradezu wie alte Freunde am Ende der Welt. 

 

 

 

 

Gestern fiel mir die neue HörZu in die Hände,  mit einer Coverstory über die Lieblingsinsel der Deutschen, und ich konnte an dem Luftbild so ungefähr erkennen, wo ich mich in jenen Tagen  rumgetrieben hatte. Was ich erlebte, war eine kleine Sylter „Gespenstergeschichte“, und alles, was ich erzähle, ist wirklich passiert. Aus Braderup machte ich Brederup, so what! Wenn man so seltsam allein über eine ansonsten hypertouristische Trauminsel stromert, werden manche Dinge von allein etwas dunkler, und in die Reportage des Aussen spielt immerzu das Innen hinein. Die Zeitzonen verschieben sich. Auch die Räume. (Eine kleine mp3-Aufzeichnung. Alles live, deshalb die kleinen Pausen, wenn etwas nicht gleich anspringt  wie es sollte, und ab und zu liess ich dem Reden freien Lauf, verliess die Notizen und das Skript. Dass es nachts Räume gibt, solche Stimmungen entstehen zu lassen, weg von den genormten Empfindsamkeitsstandards, rechne ich dem Deutschlandfunk hoch an.)

Werner Panke was a jazz critic, a regular at the old Dortmund „Domicil“. In my memory, the seventies purr a little together when thinking about the constant rush of ECM highlights. In that decade every album of the pianist was a „must-buy“ for me, and so before his trip to Japan anno 1976, these albums were all there, in my room, in my heart:  „Facing You“, „Bremen/Lausanne“ (this one probably re-appear in autumn, in the „Luminessence“ series), „Cologne Concert“,  and „Staircase“. To these works I still (and without any inner „ranking“)  return, with careless enthusiasm, and a dancing vibe (shoulder to shoulder with my bloody young ego). Steve Tibbetts once told me the following story about a special day of Mr. Jarrett and his producer in Japan:

 

 

 

 

 


„On that Japanese tour I saw a sun bear in the zoo, a small bear which really looked friendly and doesn’t exist anywhere outside Japan. The next day I asked our Japanese sound engineer about this animal because I remembered its face, a really friendly small face, and he replied, ‚Yes, it’s a beautiful bear but if you get near enough to him he will knock you three blocks down the road‘. I simply liked the idea of an animal that looks as if it would be nice to get near to and which, when you do so, shakes your whole conception of life.“ (I’m not quite sure if Jarrett was aware of the wonderfully black humor of the last sentence. Or whether he was, perhaps, thinking more of the particular „animals“ we encounter in Castaneda’s books).

P.S.  As with me, Steve Tibbetts‘ first, let’s say, 300 records from ECM, landed almost completely on his turntable in those „golden years“. Steve then released most of his own work on the Munich label, starting in 1982. „Life of“ was my album of the year in 2018. 2022 saw the release of a wonderful showcase of his work, „Hellbound Train“.

2022 20 Juni

„Hitchhiker, 1976“ & „Royce Hall, 1971“

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One of my ten favourite albums of 2017 comes from 1976, Neil Young‘s home studio recording „Hitchhiker“, raw, vulnerable. On that night in California, I‘d like to have been Dean Stockwell, the actor, aside from David Briggs at his favourite mixing console, the only witness. Neil Young was in a special mood, drinks, weed, a broken heart, everyone knows something like that. If you listen carefully, during a small passage, Briggs puts some reverb on the voice, making it sound even more ethereal. I see wooden furniture in the surroundings, an old record player, a Judy Collins album on the turntable, silent of course, collecting dust, not even one, two candles burning in the front room. The electric light has been turned down low, thatˋs enough. An audiophile delight, pure intimacy. Now, from the archives, three more Neil Young albums from early days, live, on solo flight. Isn‘t it strange I cannot wait to have „Royce Hall, 1971“ in my hands and on the record player. „All seats reserved at 2,50 Dollars.“ Know all the songs, but Neil, well, fine humour, stories to tell, changing undertones from night to night.

 

So, endlich. Nach wochenlangem Abtauchen in Robert Fripps Schatztruhe „Exposures“ ist nun die Story fertig. Keineswegs zuende erzählt, aber lesefertig. In unserer Kolumne „Time Travel“.  Bis Ende August. Keine Besprechung im herkömmlichen Sinn. Eher das, was ich vor Jahren  zu Brian Enos Album „The Ship“ veranstaltete, mit  „Braveheart“ Ian. Wir nannten es damals „A review and a story“. Nur dass wir die Rahmengeschichte in eine ferne Zukunft verlegten. Hier geht es definitiv ans Ende der Siebziger,  an den Anfang der Achtziger Jahre. Safe Journey! (Uschi weiss, dass alle hier vorkommenden Personen real sind, zumindest die, die in Würzburg damals studierten. Und all dies wäre wohl nie so erzählt worden, hätte mein alter Weggefährte Uwe Z. nicht vor Wochen die erste King Crimson-Cd in den Player eingeschoben, auf dem Weg zum Blaubergsee, tief im nördlichen Bayerischen Wald.)

„Mai 1980. Wir waren im Hinterland angekommen,  und vom Hinterland fühlte ich mich von früh an angezogen. Gerne hohe Wellen, gerne wildes Grau, gerne grüne Wiesen, Auen, Almen. Der Name der Sehnsucht hatte vorzugsweise einem weiblichen Vornamen. Die  Brünette, die ich an einem Bach, nah des Dorfes, um einen Kuss bat, frech wie ich war, und die retournierte: „Macht ihr Landeier das so?“ „Ich bin kein Landei. Ich bin der letzte Romantiker  des Internationalen Studentenhauses zu Würzburg.“ „Guter Versuch, Schätzchen.“ Netter Korb. Hippie baggert Punk an – „es wird böse enden“. Ed und ich gingen nach zwei Gläsern Bier in einem „zünftigen“ Wirtshaus in die Scheune, und es gab dort eines dieser Konzerte, das ich nie vergessen würde: „Robert Fripp & The League of Gentlemen.“

 

 

Manchmal braucht es nur einen einzigen Ton, und schon ist man drin in der Erinnerung, in einem Moment aus längst vergangener Zeit. Man riecht, was man damals gerochen hat, spürt, was man damals gespürt hat, fühlt, was man damals gefühlt hat. Melancholie. Wehmut. Hoffnung? Mit dem ersten Tastenschlag von Keith Jarretts „The Melody At Night With You“ bin ich wieder da, in einem schwülen, verschwitzten Juniabend Anfang der Nullerjahre. Die Luft schmeckt salzig, über den Bildschirm flimmert Sebastian Schippers „Absolute Giganten“ auf Videokassette. Raus aus der Ära des deutschen Blödel- und Depressionskinos.  Ein Film über Freundschaft und Verlust, über das Ende der Kindheit auch. Da ist diese Szene, kurz vor Schluss: Frank Gierings Floyd erzählt während der stillen Fahrt im Ford Granada von der ersten Sache, an die er sich erinnern kann. Im Hintergrund läuft Sophias „Reprise / Cresdendo“, und auch das beginnt mit so einem alles entrückenden Tastenschlag. Ich fühlte mich in diesem Film zuhause, wie man sich nur in einem Film zuhause fühlen kann, der recht albern beginnt und dann nicht mehr vom Haken lässt. Und der mit dem anderen Frühwerk eines spannenden Regisseurs, „Y Tu Mama Tambien“, besonders eins gemeinsam hat: Musik, die einen Riss erhält. Schlüsseltöne. Impacts! (Eine gekürzte Fassung dieses Texts erschien vor zwei Jahren auf dem Blog, der Titel: „The breaking moment“.)

Rückblende 2016: 14 Hamburger Programmkinos zeigen einen Tag lang einen Film: „Absolute Giganten“ . Wäre ich in Hamburg aufgewachsen, hätte ich dort einige bekannte Gesichter gesehen. Die Lichtspieltheater (eines meiner zehn deutschen Lieblingswörter) waren rappelvoll, wen wundert’s. Nach so einem Film wäre man auch mit Wildfremden ins Gespräch gekommen. Und jetzt noch eine Ankündigung, bei der manche Insider des Blogs kurz zucken.

Rückblende 1975: In einer weiteren Folge dieser kleinen Reihe erinnere ich an Wim Wenders‘ „Falsche Bewegung“, das auf einem Drehbuch von einem gewissen Peter Handke basiert. (Ich ahne es, der Text wird mich 500 „follower“ kosten.) Der Film kam am 14. März 1975, meinem 20.  Geburtstag, ins Kino. Fürs Protokoll: Ich war schon immer der Meinung, dass Wenders einen der durchweg am wenigsten erotischen Blicke im Kino hat – ungeachtet der etwas gruseligen Erotisierung einer damals 14-jährigen Nastassja Kinski. Nun gut, wie wir heutzutage immer öfter zu sagen scheinen, es waren die 70er Jahre –  Fassbinders gesammelte Ödnis, Frau Trottas „bleierne Zeit“, etliche krachende Monster der Langeweile, hochgejubelt von leicht schwermütigen Filmkritikern – und doch für viele (von uns) ganz wunderbare Jahre.

2022 17 Juni

Meine Surroundmixe

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Der Oppo 103 ist der preiswerteste Teil meiner Anlage, und über diesen Alleskönner  werden die unterschiedlichsten Formate verarbeitet, die Bluray bietet gestochen scharfe Bilder, die Dvd das, was eine Dvd kann, und alles andere von Bluray Audio bis Sacd wickelt den Surroundsound ab.  Eine gute Surroundanlage muss nicht teuer sein.  Bei den Umbauarbeiten in meinem Archiv habe ich nun eine eigene Ecke eingerichtet für meine Sourroundmixe, und hier kommen gleich meine relativen Favoriten: nicht dabei ist Pink Floyds „Dark Side of the Moon“, was zwar eine allerfeinster 5:1-Abmischung bietet (die bei meinen vier Lautsprechern stets vom Trinnov Ametyhst auf 4:0 runtergerechnet wird, und zwar „lossless“), aber ich mag nur die Hälfte der Musik. Anders als bei dem lang nicht so gerühmten Opus „10000 Hz Legend“ des französischen Duos Air, derzeit meine Nummer 13.  Und hier geht es um WERKE, in denen mich der Surroundmix genauso flasht wie – durchweg – die darauf enthaltene Musik. Die Profis des heute nicht mehr in der Form existierenden Essener Ladens „Studio für aktiven Hörgenuss“ haben meinen Raum ca. 2014 nach allen Regeln der Kunst so eingerichtet, dass Vinyl so immersiv zu erleben ist wie Cd, Bluray wie Bluray Audio.  Das Schöne an dieser Liste ist, das jederzeit die zwölf Ränge im Wandel begriffen sind, und ab und zu ein Überflieger aus meiner restlichen Sammlung durchstartet. Und so würden an manchen Tagen drei King Crimson-Alben auf den ersten drei Rängen stehen, morgen ist fraglos „Discipline“ der Olymp der Surroundmixe. Gäbe es nur endlich Brian Enos On Land im 5:1-Gewand! Aber das wäre das Ende der Sehnsucht.

 

1) King Crimson: Lark Tongue‘s  In Aspic   
2) Robert Fripp: Let The Power Fall   
3) The Beatles: „White Album“    
4) Miles Davis: Bitches Brew       
5) The Dukes Of Stratosphear: Psurroundabout Ride
6) America: Homecoming    
7)  XTC: Black Sea    
8) Herbie Hancock: Sextant   
9) Miles Davis: Sketches Of Spain     
10) The Beatles: Abbey Road    
11) The Allman Brothers Band: Live At Fillmore East   
12) Robert Fripp: Exposure

 

 


Jean Luc Godard hat einmal gesagt, Kino heisse, dem Tod bei der Arbeit zuzusehen. Michel de Montaigne hat einmal geschrieben, leben heisse sterben lernen. Willkommen in Twin Peaks. Der wunderbare Soundtrack von Angelo De Badalamenti erleichtert den Zugang zu diesem modernen Klassiker der Fernsehgeschichte genauso wie der seltsame Humor, der in der ersten Staffel durchaus einen gewissen Raum einnimmt.

 

The most exhilirating of last years’ time travel activities has been the return of „Twin Peaks“, 25 years after leaving Agent Cooper in a disturbing trap. 18 episodes rush over you with the inventiveness of radical cinema, anti-nostalgia (what an ability to disappoint our expectations – and then to fulfill at least some of them when we are all ready to give up) – and an even higher level of bleakness that can only be handled with a big step into surrealism, dream territories, and some fleeting moments of relief. The third season of Twin Peaks is a fanatstic achievement, and one of the most effective renditions of surrealism in modern TV history.

Though I always raise my eyebrows when David Lynch promotes his heavily manipulative TM machinery (as bad as Scientology), he is definitely (still) a master in filmmaking, a chain-smoker, and (looking at the bonus material of season 3’s limited edition) apparently a warm-hearted person, occasionally.

It takes some time to discover old traces of humour and burlesque again, but they still exist. As does a prevailing sense of wonder. This is enlightening stuff from the department of darkness, and more so for those who have seen the first two seasons decades ago. A show that once changed the landscape of television forever – ask Damon Lindelof, the mastermind of LOST and THE LEFTOVERS. Or, simply, do remember!

And, please, forget your dreams of fairytale endings. In essence, it is all about the samsara of life, the illlusionary character of everything we are striving for with blindness (to only offer you the polite version). We learn these things with a devastating sense of hopelessness. David Lynch wanted us to feel utterly lost. It’s one of the most powerful emotions there is. What a paradox that in the end you are left speechless, but with a strangely knowing smile.

And the humans here, coming back from the glorious past of early Twin Peaks – some of them have had to face their deaths in fucking real life, after the curtain‘s call. The last one to leave was Julee Cruise. Her singing – the stuff dreams  are made of. The old lucid dreamer‘s training question about being in a dream or in waking life – well, you can ask this the whole way through. Never even try to see this third season without getting lost in the first two ones, seriously.

 

(There is a fine Bluray version of Twin Peaks, seasons 1-3, for 45 Euros.)

Aber beim Hören von „Royce Hall 1971“ macht sich ein seltsames Gefühl breit. Zuerst weiß ich nicht, was es ist, aber nach einer Weile dämmert es mir. Es sind Neid und Missgunst gegenüber dem Publikum. Sie sehen Neil Young dabei zu, wie er sich durch eine Setlist kämpft, die die meisten seiner Fans gerne in einem intimen Rahmen hören würden. Sie sehen ihm dabei zu, wie er selbstbewusst, aber auch etwas schüchtern auftritt. Er weiß, dass diese Songs zu den stärksten gehören, die er je geschrieben hat, aber „Harvest“ ist noch ein Jahr entfernt, also ist er etwas zurückhaltend. Neil Young wird auch nicht von jemandem begleitet. Er hat nur seine Gitarre zwischen sich und dem Publikum. Das ist wunderbar zu hören. Und genau deshalb ist „Royce Hall 1971“ ein bemerkenswertes Album. Ja, wir haben all diese Songs schon einmal gehört, aber nicht so wie hier.

(Nick Rosenblade, translated with care and artificial intelligence)

 

Well, folks, my first trip to America, and I was there, at Royce Hall, January 1971 (the oldest building of the university of California), bloody young me, still at highschool in Germany. Most of the guys around me were students, one was a professor with long white hair, and another one looked like Bobby Zimmerman‘s younger brother. I was quite unhappily in love, a priest‘s daughter named Regina. My first poems were for her, it was too early for mixtapes, and my biggest success was being allowed to kiss her fifteen minutes long in her room while Genesis‘ „Foxtrot“ was running in circles. The longest and the best kiss I remember from the very early 70s. But now I was in America and sitting in Royce Hall, and I was melting. Can anyone imagine what a rush of feelings blew my mind and soul when listening to Bernie Grundman‘s mastering of that concert in dead silent vinyl. In contrast  to the intimacy of „Hitchhiker“, recorded in a small wooden barn, five years later, you can hear the wide, wide space of „Royce Hall“. And, in the center of a cheering audience, this master of songs. „What is the colour when black is burned?“ I remember the river of tears running down my cheeks. Quiet tears, of course, and it all turned magic when a dark haired beauty suddenly turned to me, wiped off my ridiculous tears and then took my hand for a small unreplaceable eternity. (m.e.) 

 


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