Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Archives: August 2017

An einem sommerlichen Morgen hatte ich in Dortmund, auf dem britischen Soldatensender BFBS, den Song „Here He Comes“ erstmals gehört, aber es dauerte Wochen, bis ich, zurück in Würzburg, genauer gesagt, in Gerbrunn, Paul Ehrlich-Strasse 14 (seltsam, dass man manche Adressen im Kopf behält, die nur von kurzer Verweildauer waren), vom Paketboten aus dem Bett geklingelt wurde, und die Erste Edition von „Before and After Science“ in Händen hielt: diese wahrlich limitierte Auflage enthielt vier Lithographien von Peter Schmidt, einem guten Freund Brians, dessen früher Tod ihn tief traf. Ich weiss nicht, ob ich jemals einer Platte (das Paket kam aus Unterlüß, Leser der Zeitschrift „Sounds“ erinnern sich) mit solcher Vorfreude entgegengefiebert habe, ausser vielleicht „Blue“ und „Sgt. Pepper“. Und „Dondestan“. Es waren einfache Motive, eine Treppe, ein Blick aus dem Fenster, Marginales, alles in unaufdringlicher Farbgebung – diese „paintings“ empfand Eno als zusätzliche „tracks“, nicht erst in seinen späteren Installationen suchte er nach einer Verschmelzung von flüchtigen Klängen und flüchtigen Bildern: die vier Bilder schliessen nahtlos an die ambienten Sphären der Seite Zwei der Schallplatte an, und transportieren das dort vermittelte Gefühl der Ferne, des Treibens im Irgendwo, des stillgestellten Radios, in ein surreales Flair von Alltag, von Tagen im All, von scheinbar vertrauten Räumlichkeiten (die Songs hörte ich heute morgen, sehr früh, am noch unbevölkerten Badestrand Schillig im Wangerland („a thousand miles away …“) – und diese vier Bilder finden sich zum Glück wieder, wenngleich nicht als Einzeldrucke, auf der neuen „half-speed“-Ausgabe seines vierten Songalbums der Siebziger und seines letzten für viel zu lange Zeit. Diese vier gesangshaltigen Alben, die schon seinerzeit so viel Zukunft in sich trugen, und heute wahlweise zeitlos oder zeitgenössisch klingen, sind nach wie vor grosse Abenteuer. Am besten funktionieren diese gesammelten Unerschöpflichkeiten, wenn die eigenen Wissens- und Nostalgiespeicher nur leise im Hintergrund rumpeln.

2017 7 Aug.

Before and After Dorothy

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Hello Brian,

here’s a „gospelmate“ of yours:

 

„The Great Debate“ is an eight-minute mini-musical that pits science against religion to determine, once and for all, who is right when it comes to humanity and existence. Though you are an atheist, in the song, the religious side comes out on top, largely thanks to the power of gospel music.

Randy Newman: Faith wins because it’s got Dorothy Love Coates, the Golden Gate Quartet, Bach, Beethoven, Mozart, Brahms, everybody. I don’t know whether I am a music lover, strictly – it’s hard to say how I feel about it – but I love good gospel music. No doubt. My side, the agnostic, atheist side, has got nothing like that. There’s no great song that’s like, “Let’s all not believe and play our agnostic hymnals!” They got everything: the high ceilings, the confessions – man what a hit idea.

(from a new Pitchfork interview)

 

P.S. Though you’ve never been too much interested in your historical ego, it’s great to see how these four classics from the 70’s receive a lot of interesting thoughts and appraisals, funny enough, nearly no one has been diving deeper into the special sound quality of the new „half-speed masters“. And there should be an improvement – standing up three times to get the full experience, makes a difference to old time vinyl experiences :) – I’m prepared for some comparative listening soon … best, Michael

 
 
 

 
 
 

Thanks Micha,

I’m just reading Anthony Heilbutt’s book THE GOSPEL SOUND which has a lot about Dorothy Love Coates in it … I’m still in love with her.

Yes, the old albums have had a good reception. I should listen to them again myself 😉. Last time I listened to any of them I found myself thinking „Who was that person?“. Releasing little time-capsules called „albums“ certainly gives you some surprises later in life: surprises about how much you change over a lifetime, and about which bits don’t change.

And I see Randy Newman has a new record out too. I look forward to that – always admired him enormously as a songwriter (GOOD OLE BOYS one of my alltime favourite albums).

XXB

2017 7 Aug.

Das Universum ist eine Scheissgegend

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Seien wir ehrlich: sehr wenige, aber weitgehend liebenswerte Menschen, denken in diesem Moment an den Club der Manafonisten, sehr viel mehr denken, in welchen Unlaufbahnen und Tangenten auch immer, ans Universum. Manche verwechseln gerade ihren Bauchnabel damit. Wobei, im Vergleich, das Universum durchweg unfassbarer ist als, bei aller Einmaligkeit, der Club der Manafonisten. Denkt man an das Universum, wird es ungemütlich in jeder Hinsicht, denn: das  Universum war von Anfang an unendlich und es ist es immer noch und wird es auch immer sein. Einerseits ist es fürchterlich kalt dort, andererseits auf zahllosen Sonnen grausam heiss. Und am Ende vergeht es doch, an ein Happy End ist nicht zu denken. Die schriftstellernden Wissenschaftler der Gruppe „Science Busters“ erzählen vom Universum, von seinem inneren und äusseren Treiben, auch vom Leben und Streben des Sonnensystems, so, als handle es sich um gute Bekannte mit ihrem Alltag, ihren Hochzeiten, und ihrem Sterben. Das klingt manchmal kabarettistisch banal und vergnügt kolportagenhaft trivial. Aber es stimmt alles, dafür bürgen die in roter Schrift hinzugefügten „Fact Boxes“ zu Fachbegriffen und den sie benennenden Vorgängen. So wird auch erklärt, wieso Popcorn bei der Erhitzung herumspringt. Gewiss, das liest sich manchmal wie Blödelei von Naturwissenschaftlern, die den Expertensprech satthaben. Doch unter Lachen lässt sich unmerklich lernen. Womöglich weiss man am Ende einiges mehr, von dem man bis dato keine Ahnung hatte. Das Universum ist eine Scheissgegend. So heisst das Buch von Oberhummer und Co. – und dieser Text hier, von dem geschätzten Harald Eggebrecht (ein grosser Ernst Augustin-Fan!), steht in der morgigen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung. Oder hat hier jemand was vom Pferd erzählt? -m.e.

2017 6 Aug.

The Man Who Fell From Earth

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I’ve followed Anders Parker’s career since The Sunday Times reviewed Varnaline’s Man of Sin a long time ago. It was the cover art that drew me in, as much as the review. 17 or so albums later and Anders Parker’s music continues to develop, unfold and inspire. The Man Who Fell From Earth is (if you ask me, which of course, you don’t) the artist’s best work since 2009’s epic Skyscraper/Crow double CD set.

Parker wrote the songs that comprise The Man Who Fell From Earth during the winter of 2016 in the mountains of Upstate New York, then recorded the songs in those same mountains. The album is Parker singing and playing acoustic guitar accompanied by a string trio and a pedal steel. One of the record’s themes is interstellar transmutation. You can sense an element of elevation here. It’s folk music, Jim, but not as we know it. And it may be my album of 2017. And if it isn’t, it’ll still be in the top 3 of the year’s releases for me.
 
 

„Yeah, I went to where you were
Gravity it held on tight
Standing up against the stairs
All of you looked so right
All of you looked so right
No regrets, no turning round, no looking back
It’s who you are, it’s who I am, it’s who we were, it’s who we are“

„Found you on the sand dunes, found you in the streets“

 
 
The record’s title is an obvious nod to Nicolas Roeg, but for me the Earth/space interplay here is more reminiscent of the opening sequences of Tarkovski’s „Solyaris“. Tarkovski really lays the visual language on thick, in a good way: the wooden cabin whose window looks out upon towering forests and the nowhere, endless blue above, the caged bird, the grounded spaceman, all that jazz.
 
 
 

 

2017 5 Aug.

Es zählen die Gänsehautmomente

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Am 30. Juli morgens um 7:20 Uhr startet die Maschine von Keflavík nach München. Kurz vor Mitternacht ins Zelt kriechen, um gegen 2 Uhr morgens wieder aufzustehen, packen, mit dem Flybus um 4 Uhr von Reykjavík zum Flughafen fahren, wäre ein schnöder Abgang aus Ísland. Also lieber durchmachen. Philip kennt sich gut aus in der isländischen Musikszene, besucht seit Jahren das Airwaves Festival und vor seiner Trekking-Tour diesen Jahres im Juli war er beim Metal Festival Eistnaflug in Neskaupstaður. Mit Freunden schreibt er an einem Blog über isländische Musik. Da entgeht ihm zwar manches, aber nicht, wer am Vorabend des Heimflugs im Hard Rock Café in der Lækjargata auftritt.

 
 
 

 
 
 
Josef Bulva sagt:
 

Jedes Urteil, jede Meinung ist nur so gut wie das Wissen über diesen Gegenstand. Das ist ein Axiom, dem man nicht entrinnen kann. Musik ist dazu da, bei den Menschen bestimmte Emotionen zu wecken und deren Reflexion. Es ist ihr gutes Recht, wenn Menschen, die in der Musik illiterat sind, Wagner als bedrohenden Krach empfinden. Für mich dagegen ist Discomusik störend. Jeder muss das Recht haben, seine Musik zu genießen. Der Spruch, es gäbe nur zwei Arten von Musik, gute und schlechte, ist Unfug. Mein großes Hobby ist die Astrophysik, und überall lesen Sie heute Horoskope – etwas Dümmeres können Sie kaum finden, vielleicht Religion, das ist dasselbe. Aber wenn jemand liest, heute wird alles gut laufen, und es hilft ihm durch den Tag, dann ist doch alles gut – auch wenn das aus unserer Sicht etwas naiv ist.

 

Ísland ist teuer, ein Stück Torte im Restaurant am Gullfoss kostet um die 10 € – so wurde mir kolportiert. Der Eintrittspreis im Hard Rock Café ist in Ordnung, Pepsi Cola mit Eis kann man nachfüllen lassen. Der Himmel im geräumigen Souterrain: Flying Cymbals.

 
 
 

 
 
 

Im düster bunten Ambiente sind edle Gitarren hinter Glas ausgestellt, über mehrere Screens wird Mainstream Rock verteilt, für mich so flach wie die Bildschirme. Es ist mein gutes Recht, Bon Jovi als öde zu empfinden. Ich kenne fast keine isländische A-bis-Z-Musik und bin gespannt. Es dauert bis 22 Uhr, dann beginnt One Week Wonder, 2 Keyboarder, einer der beiden ist lead vocalist mit schöner vibratolos-cooler Stimme, eine Vokalistin, ein Gitarrist mit jazz feeling und drums – ich genieße die lässig groovenden, in Moll verliebten Songs, ihre frischen Melodien und ausgesuchten Harmonien. Gutes muss nicht berühmt und Berühmtes nicht gut sein.

Es gibt viele Bands in Ísland, wo nur wenig mehr als 340.000 Menschen leben. Kein Wunder, dass dann alle Musiker von One Week Wonder, in Teitur Magnússons Band weiterspielen, ausgelassen, witzig. Zum Schluss ein feines Solo des Gitarristen.

 
Josef Bulva hat noch mehr zu sagen:
 

Problematisch wird es, wenn man etwas professionell macht: Die ‚Mondscheinsonate‘ hat ihren Namen 27 Jahre nach Beethovens Tod erhalten, aber, da nehme ich die Naiven in Schutz, er passt, und man kann sich, wenn man die Musik als Berieselung nimmt, sehr gut in eine Mondscheinstimmung träumen. Wenn es aber ein Profimusiker so spielt, ist es eine Sünde – eine Todsünde. Der erste Satz ist eine große dreistimmige Invention, das war eine Provokation gegen die Sonatenform. Beethoven ersetzt das eröffnende Allegro durch einen erweiterten langsamen Satz – genial. Und das ist so aufgebaut, dass es wie ein Motor durchlaufen muss, nur dann spüren Sie die Spannung.

2017 5 Aug.

Aktueller Filmtipp: Die Erfindung der Wahrheit

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Es sind die Lügen, die uns den Ärger in der Welt bringen.

(aus: The Circle)

 

Wir wollten von L.A. nach Süden in die Sonora Wüste fahren. Dafür kauften wir uns einen gebrauchten Chevy Camper Van mit der Aufschrift „Christ Church“ auf metallblauem Lack. Im hinteren Teil des Wagens fanden wir unter dem Bettgestell ein geladenes Luftgewehr. Als wir eines Nachts leise Stimmen hörten, vermuteten wir, dass Benzin aus unserem Tank gesogen wurde. Wir feuerten einen Warnschuss ab, die Treibstoffdiebe verschwanden in die Nacht …

 
 

Ob diese Geschichte sich so zugetragen hat, ist nicht bewiesen. Die Wahrheit lässt sich nicht googeln. Für Heidegger liegt ein Weg zur Wahrheit in der Schaffung eines Kunstwerkes, „wo Wahrheit als Un-verborgenheit an sich zum Vorschein kommen kann.“

 

Ich habe gestern ein kleines Filmkunstwerk im Kino angesehen: Die Erfindung der Wahrheit. Eine scheinbar eiskalte Lobbyistin gesteht ausgerechnet ihrem Callboy, dass sie als Kind immer lügen musste und ihr Leben allzu gern für ein normales Leben eingetauscht hätte. Es ist ausgerechnet dieser Callboy, der später als Zeuge für sie lügt und doch zu seiner moralischen, prinzipiellen Wahrheit steht. Der Film ist raffiniert aufgebaut. Jessica Chastrain spielt die Chefin der Bewegung für Waffenkontrolle einfach umwerfend. Als „Konzerntussi“ – so nennt sie der Callboy – ist sie dem Gegner stets ein Schritt voraus. Ihre Gegner sind diejenigen, die den 2. Zusatzartikel zur Verfassung der USA gepachtet haben. Dieser Zusatzartikel verbietet, das Recht auf Besitz und Tragen von Waffen einzuschränken. Miss Sloane, so der amerikanische Filmtitel, weiß genau, wo sie ansetzen muss, um gegen die Ratten des verkommenen Systems vorzugehen. Ihre Zielgruppe für den Sieg sind die Frauen, die sie clever umwirbt und für ihre Sache gewinnt. Leider verrennt sie sich ausgerechnet bei ihrer besten Mitarbeiterin, Esme, weil sie nie weiss, wo ihre Grenzen sind. Ihre Überraschungstaktik wird ihr zur Falle. Jane Molly, ihre rechte Hand und als einzige Verbliebene  in der alten Firma, da ging es um Steuerrechte für Palmoel in Indonesien, wird am Ende des Films die Karte des Maulwurfs ziehen. John Madden ist der Regisseur dieses intelligenten Politthrillers. Max Richter ist der meisterliche Komponist dieser unter die Haut gehenden Filmmusik.

2017 5 Aug.

Maja

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The soundtrack of your life can easily be synchronized with the „covertrack“. There was a year when I listened to Desire, Zuma, and Yellow Fields in equal measure, and the covers became as unforgettable as the music while simply being there, „all the time“, in your room. Not that  these covers were, on a regular basis, as stunning as the music, but, in case of Maja Weber, I have really liked most of her covers for ECM records.

I still remember the first time I ever saw one of her paintings, on Eberhard Weber’s debut, The Colours of Chloe. I saw that album, the name of the artist, the shocking cover, shocking in its own peculiar ways: a family picture, utterly naive, flowers beyond any San Francisco  hippie cult, a fairytale family in pastel shade. I think for some jazz „conoisseurs“ that must have been like a personal insult: nothing cool, nothing rebellious – and knowing from where Eberhard grew up, you could instantly think of a „schwäbische Musterfamilie“.

In fact this album became a „jazz classic“ transporting the listener to a place beyond any trained fantasy of what a jazz record should be and look like. Wonderful, never losing its spell. And the second one was Yellow Fields, another stunner. Funny, most people who apparently know that cover very well simply oversee that one of the trees looks like a flower. And then came The Following Morning, highly addictve, ask Pat Metheny! Three masterpieces in a row. From time to time, Kate Bush is taking one of these records from the shelves and plays it. And there they are again, the good old vinyl covers.

„What has happened down here is that the wind has changed –
clouds roll in from the north and it started to rain.
And it rained real hard and it rained for a real long time,
six feet of water in the streets of Evangeline …
 
Louisiana, Louisiana –
they’re tryin‘ to wash us away,
they’re tryin‘ to wash us away.“

(Randy Newman)

 
Martin Simpson – „Louisiana 1927“
 

2017 5 Aug.

Slow, Slow Down

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Tao films is a new online distribution service, which specialises in previously undistributed independent and arthouse cinema from around the world. The films they show have, in most cases, been rejected by other distributors because of their form, be it because they are too experimental, or too contemplative, or even both. Tao films gives those films a life because they believe that the directors show talent, vision, an eye for the extraordinary in the ordinary, a love for eye-opening simplicity, or a beautiful way to tell a story.

 

The VoD platform will expand a little more every month, offering a chance to see the potential of filmmakers from over 40 countries and from 5 continents. Tao films is not a business, as are other VoD platforms. Instead, they are more like a family consisting of the hosts, the filmmakers and the viewers. Obviously, it’s an effort to slow down, and, besides from being a counter-balance to action-filled home cinema and the speed of cuts, it may also put an eye on non-narrative forms of moving pictures in the future.

 


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