Manafonistas

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Archives: Juli 2014

2014 17 Juli

Fussballyrik (für Ror Wolf)

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„Schürrle … der kommt an – mach ihn!
Mach ihn – er macht ihn!
Mario Götze!
Das ist doch Wahnsinn!

Und da ist gekommen dieser eine Moment für Mario Götze, da ist alles andere egal!
Irre!
Der Bundespräsident steht, die Kanzlerin …
Das nächste Jokertor für Deutschland: Helmut Rahn, Gerd Müller, Andy Brehme, Mario Götze! Ist das die Viererreihe?

Es sind noch sieben Minuten.
Aber Schürrles Einsatz, Schürrles Laufweg bis an die Grundlinie hat das möglich gemacht. Und diese Technik, die er gelernt hat bei Borussia Dortmund, bei Volker Pröpper in der Jugend – mit der Brust angenommen, mit links macht er den rein!
Mario Götze!

Ein Traum für achtzig Millionen Deutsche kann in sieben Minuten wahr sein!
Ein Riesentor – und wir freuen uns so mit für ihn, für Mario Götze!“
 
(Tom Bartels, 13.07.2014, ARD)

Following the seismic excitement of the announcement that Scott Walker and Sunn O))) would be releasing an album together, we’ve now got full details of said album. Soused will be out on September 22 via 4AD and was recorded earlier this year in London. Sunn O)))’s core duo of Stephen O’Malley and Greg Anderson were joined by auxiliary member Tos Nieuwenhuizen, with Walker producing along with Peter Walsh, assisted by musical director Mark Warman.

Its origins began back when O’Malley approached Walker in 2008 about contributing vocals to their last album, Monoliths & Dimensions, the Quietus‘ 2009 album of the year. While Walker couldn’t do so then, he came back to O’Malley with what would become Soused, a set of music he’d written with Sunn O))) in mind. We’ll post more details as soon as we have them.
 
(Source: thequietus)

2014 17 Juli

„Sans Soleil“ (Remix)

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Vor langer Zeit begegnete mir „Sans Soleil“, auf einer Videokassette im letzten Jahrhundert. Ein Film, der einen Abend bereicherte, neben guter Musik und patati patata. Die zwei Frauen auf dem Futon waren spezialisiert auf das amerikanische Undergroundkino, und lasen mir zwischendurch immer mal Zeilen aus einem rororo-Filmbuch vor. Die meisten Filme, um die es ging, habe ich vergessen – nicht aber einzelne Sätze und  Blicke, die durch den Raum flogen, und es war wohl das letzte Mal, das ich in einem Raum voller Patchouli das feeling alter WG-late-night-Rituale erlebte, und ab einem gewissen Zeitpunkt hätte ich eine Runde guten Sex gerne gegen Schnitt-Gegenschnittdiskussionen eingetauscht. Aber die Ladies waren lediglich einander zugetan, und so versuchte ich mich ein wenig locker zu machen, und diesen bedroom-talk selbst wie einen Film zu erleben. Ich hatte dafür auch ein bestens passendes Buch dabei, und streute gelegentlich ein Kapitel von Richard Brautigans „Forellenfischen in Amerika“ ein. Und, holla, es gab eine selten erlebte Einstimmigkeit klanglicher Präferenzen: wo Neil Young und Steely Dan einen Raum teilten, ist sowieso alle Verbissenheit auf und davon. Und nicht ich war es, sondern Karin, die sagte, „Sans Soleil“ sei eine Tranceinduktion. Keine Frage, der Film hinterlässt so viele Lücken, Spalten, Kammern – dass er, mit seltsam flüchtigen Sätzen aus dem Off, geradezu nach Traumdeutung ruft, und einem Weiterwirken des Gesehenen. So sei hier erinnert an Martinas Text zu „Sans Soleil“. Und endlich ist dieses Stück Kinomagie auch allgemein zugänglich. (m.e.)

 

„Die Sache, die den meisten von uns fehlt, und vor allem auch den Cineasten, das ist die Z-e-i-t. Die Zeit zu arbeiten, und auch nicht zu arbeiten, die Zeit zu reden, zuzuhören und – vor allem – zu schweigen, die Zeit zu filmen und keine Filme zu machen, zu verstehen und nicht zu verstehen, erstaunt zu sein und zu warten auf das Staunen, die Zeit zu leben.“ Dies schrieb Chris Marker in einem Essay zu „Kashima Paradise“, einem Dokumentarfilm, der im Jahr 1974 in Paris lief.

Chris Marker hatte sich Zeit genommen, für ausgiebige Reisen, fürs Fotografieren, zum Schreiben. Er setzte verschiedene Mythen über seine Herkunft in die Welt, benutzte einen Künstlernamen und ließ sich nicht gern fotografieren. Anfang der 50er Jahre begann er, Filme zu drehen. „La Jetée“ (1962) ist ein Science-Fiction-Kurzfilm, eine Erzählung, die aus einer Aneinanderreihung von Schwarzweißfotos besteht. Es geht darum, Zugang zu einem zentralen Erinnerungsbild zu finden. Wir befinden uns in einem zerstörten Paris während oder nach dem dritten Weltkrieg. Eine Eschertreppe.

„Sans soleil“ oder auch „Sunless“ kam 1983 in die Kinos und wird unter der Rubrik „Essayfilm“ gehandelt, ein Meilenstein in der Filmgeschichte ist es allemal. Ich habe „Sans soleil“ erst vor etwa vier Jahren gesehen, da muss der Film im Fernsehen gelaufen sein, ich fand den Film konfus und anstrengend, aber auch anziehend, und ich spürte, dass der Film etwas hatte, mit dem ich mich genauer beschäftigen wollte, wenn die Zeit dafür passend war, weil ich den Zugang haben würde, zu dem Themenkomplex Reise, Erinnerung, Gedächtnis, Unterbewusstsein, Geschichte.

Normalerweise würde kaum jemand den Text zu einem Film recherchieren und lesen wollen. Bei „Sans soleil“ macht es Sinn, jedenfalls wenn man versuchen möchte, das Gespür für die Magie des Filmes zu verfeinern, das Wiederaufgreifen von Motiven, das Januarlicht auf den Treppen, die Zeremonien, Verführungsrituale, die Poesie und wie Hunde herumtollen am Meer.

Ich gehöre zu denen, die es lieben, sich zu verzetteln, cut-ups in Raum und Zeit, und ich saß mit einem kleinen Ordner an Filmbesprechungen zu „Sans Soleil“ und Essays aus Fachbüchern in einem Café-Antiquariat in Budapest, die Nachmittagssonne schien schräg auf die Bücherregale, ich hatte einen iced Matcha-Latte ausgewählt  und es war wahrscheinlich der friedlichste Ort, den ich in dieser Stadt finden konnte.

Die Offenheit in der Struktur, das Gegeneinanderspiel von Bild, Ton und Text, das Gesagte und das Ungesagte, eine Liste von allem, was das Herz höher schlagen lässt. Bruchstücke eines Spiegels, das Eintauchen in einen kollektiven Traum. Eine Frau gibt wieder, was ihr ein Mann (der Kameramann) schrieb oder erzählte. Der Reichtum an Themen ist enorm, manches wird angerissen, angedeutet, an anderer Stelle wieder aufgenommen oder auch nicht. Der Text ist weitaus eigenwilliger als ein traditioneller Essay.

Der Film gibt vor allem Einblicke in die japanische Alltagskultur, kleine Alltagsrituale, das Stehenbleiben vor Ampeln, der 15. Januar als der Tag der zwanzigjährigen Frauen, die mit ihren Winterkimonos durch die Straßen spazieren. „Die Weide betrachtet umgekehrt / das Bild des Reihers“ (Basho). Wie funktioniert das Erinnern? Wie funktioniert das Vergessen? Es gibt das Denkmal eines treuen Hundes, der seinen Herrn jeden Tag am Bahnhof erwartete, auch als dieser gestorben war.

Kaum jemand im Westen weiß vom kollektiven Trauma in Okinawa gegen Ende des zweiten Weltkriegs. Chris Marker hat das Thema in seinem Film „Level five“ wieder aufgegriffen und dabei die Witwe des Programmierers eines Computerspiels in den Mittelpunkt gestellt, in ihrem Versuch, im Computerspiel den Verlauf der historischen Geschehnisse zu verändern.

„Sans soleil“ ist ein Palimpsest, eine Partitur, die Einblendungen diverser Dokumentarfilme anderer Filmemacher enthält. Bilder aus Afrika, aus Island, aus Guinea-Bissau. Auch mal: minutenlanges Schweigen. Das Herzzerreißende der Dinge. Flaschen, die aus dem Fenster geworfen wurden. Es gibt die „Zone“, ein Begriff, der allen vertraut ist, die Tarkowskijs „Stalker“ gesehen haben, und der hier, bei Chris Marker, für die eigene Erinnerung steht: bearbeitetes Material, speicherungsfähig. Das Digitale, seine Möglichkeiten, seine Zerstörungskraft.

„Sans soleil“, das ist, so heißt es im Text, eine Materialsammlung für einen Film, der nie gedreht werden soll. Und sind es nicht die Widersprüche in einem Kunstwerk, die wir suchen, die Leerstellen, die Risse, durch die wir die Kraft des Lichts umso intensiver fühlen, weil wir sie nur ahnen?

Es gibt eine längere Passage über den einzigen Film, der, so heißt es, das wahnsinnige Gedächtnis auszudrücken vermag, Hitchcocks „Vertigo“. Die Suche nach den Schauplätzen in San Francisco. Alles war da. Die Brücke, das Auge des Pferdes, die Bucht. Der Briefschreiber (Chris Marker oder der Kameramann) hat „Vertigo“ neunzehn Mal angeschaut. So weit würde ich nicht gehen. Ich könnte mir eher vorstellen, „Sans Soleil“ neunzehn Mal anzusehen.

Der Film ist in seiner Gesamtstruktur so wenig greifbar wie die Magie eines vielschichtigen Gedichtes, er entsteht in jedem Betrachter auf andere Art. „Sans soleil“, das ist auch der Versuch, sich an einen Moment des Glücks zu erinnern. Der Film beginnt mit einem schwarzen Startband, ein Moment des vollkommenen Glücks. Die Schnitttechnik zeigt erst am Ende, wie gefährdet dieses Glück bereits zu Beginn des Filmes war. „Sans soleil“ ist der Versuch, einen Trost zu schaffen, für etwas, wofür es keinen Trost geben kann.

 

Man sieht den Erscheinungsjahren an, wann ich Gedichte als vorrangige Seelennahrung betrachtete. Ist schon eine Weile her. In der Zeit, als ich bei „Bücher Krüger“ Lyrikbände kaufte, waren die Beatles schon Geschichte, Borussia Dortmund hatte die erste und zweite grosse Zeit hinter sich, und die ersten hundert Langspielplatten von ECM drehten sich auf meinem Dual-Plattenspieler.

Man schleppt, der Jugend sei es geschuldet, noch eine Menge Naivität mit sich herum, und versucht sich gegen die Blödheit zu wappnen, die andere einem noch zusätzlich andienen wollen. Man ist eine kleine springlebendige, verletztliche Hormonmaschine und träumt von Sex mit erfahrenen, unerrreichbaren Frauen. Wie sollte ich mit Diana Rigg im Bett landen? Wie mit Stephanie Audran? Wie mit Monika Peitsch? Wie mit Hannelore Elsner? Und als ich mich mit „sweet sixteen“ in die schönste Frau von Dortmund-Bittermark verliebte, eine evangelische Pfarrerstochter (sie wohnte einen Steinwurf vom Teufelsgeiger Zbignew Seifert entfernt!), war ein Jahr Unglück die Mindestgarantie, da nutzte es auch nichts, dass ich Räucherstäbchen mitbrachte und „Foxtrot“ von Genesis auflegte.

Gedichte waren etwas pflegeleichter. Sie steckten zwischen zwei Buchrücken, sprangen nie aus den Seiten heraus, und man konnte sie so tief einatmen, dass sie einem in die Träume folgten. Sie beflügelten tollkühne Empfindungen, schufen Räume reiner Faszination, man konnte sich innerlich sammeln, die Assoziationen fliegen lassen, und sich zwischendurch einen runterholen. „… und wenn, vor der vergeblichkeit von allem, mich grauen packt, so bin ich doch, zum glück, Intakt wie eh und je.“ Unvergessliche Zeilen aus dem Büchlein „Der gelbe Hund“, in dem es viel strenger zuging als in Jandls frühen sprachspielerischen Bänden a la „Laut und Luise“. Ein Buch, um auch mal das Sterben etwas näher kennenzulernen.

Rolf Dieter Brinkmann war einer von uns, nur wilder, und etwas älter, und früh tot. Durch ihn habe ich Frank O’Hara kennengelernt. „Westwärts 1&2“ erschien bei Rowohlt und hatte auf dem Cover diese gefährlich roten Ränder. Er war ein Getriebener und hörte gute Rockmusik. Die Gedichte von Jürgen Becker las ich besonders langsam, eine „ambient music“ der Wörter, spezialisiert auf deutsches Niemandsland: wie in Nichtigkeiten und Verlusten und zerstörter Natur noch der Nachhall eines alten Zaubers wirkte, lehrten mich Beckers nur auf den ersten Blick spröde Texte, und einmal stieg der ehemalige Hörspielchef des Deutschlandfunks zu mir in den Fahrstuhl, mein einziges Interview ohne Worte!

Peter Rühmkorfs Buch mit dem überquellenden Aschenbecher kaufte ich mir in der Inselbuchhandlung von Langeoog, und es wurde, zwei Wochen lang, mein Buch für die nicht wirklich einsame Insel. Wie schön, dass er zweimal mit Michael Naura, Manfred Eicher und Co. ins Tonstudio ging. Ich hörte seine Stimme gerne. Er fand immer wieder einen zweiten Weg ums Gehirn herum. Und wenn es abseits des selbsterfahrungserprobten Befindlichkeitsgesäusels der Siebziger und Achtziger eine lyrische Stimme gab, die aus einem Liebesdrama ungeheuerliche Gedichte schöpfte, mit der Wucht von John Cales rabenschwärzestem Rockalbum, dann war es Christoph Meckel mit „Souterrain“ und „Säure“. „Nummer Sechs“ auf meiner Liste wäre ein Buch von Robert Gernhardt. Und lassen Sie mich bitte mit Erich Fried in Ruhe!

 

Günter Becker: Das Ende der Landschafsmalerei (1974)
Christoph Meckel: Souterrain (1984)
Rolf Dieter Brinkmann: Westwärts 1&2 (1975)
Peter Rühmkorf: Haltbar bis Ende 1999 (1979)
Ernst Jandl: Der gelbe Hund (1980)

2014 17 Juli

Wilhelm Genazino über das Buch seines Lebens

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Fast wäre ich damals, Ende der sechziger Jahre, auf die Tod-der-Literatur-Kampagne hereingefallen, obwohl ich erst kurz zuvor zu schreiben begonnen hatte.

Dann aber kam Günter Eich und schützte mich vor meiner Ernsthaftigkeit.

Sein Rettungsbuch hieß „Maulwürfe“ und erschien 1968. In diesem Buch stehen viele ironische, befreiende, absurde Sätze, von denen ich viele heute noch auswendig kann. Zum Beispiel diese hier: „Ich wache auf und bin gleich im Notstand. Die Gründe weiß ich nicht genau, verhafte aber vorsorglich meine Kinder, Verhaftungen müssen sein.“ Oder diesen: „Endlich weiß man, was Zeit ist: Solange man auch trödelt, es wird nicht früher.“ Und diesen: „Wäre ich kein negativer Schriftsteller, möchte ich ein negativer Tischler sein.“ Und noch diesen: „Die Zusammenhänge sind deutlich, wenn ich auch nicht weiß, welche Zusammenhänge.“

Und das 1968! Als es überall von Durchblickern wimmelte, die uns die Zusammenhänge erklärten, besonders oft und gern die nicht existierenden. Erst viel später habe ich bemerkt, dass Eich mit den „Maulwürfen“ auch gegen die eigene Ernsthaftigkeit agitierte. Vermutlich war er nur heiter, um hinterher wieder besser ernst sein zu können.

Ich war von den „Maulwürfen“ derart begeistert, dass ich Günter Eich sofort kennenlernen wollte. Man möchte seinem Retter doch danken, nicht wahr? Und das, obwohl ich in den „Maulwürfen“ gelesen hatte: „Ich habe keine Wohnung, bloß ein Postfach, besuch mich da!“

Die „Maulwürfe“ waren damals erstaunlich erfolgreich; das Buch erlebte mehrere Auflagen. So dass Günter Eich ein zweites Maulwurf-Buch nachschob: „Ein Tibeter in meinem Büro“ (1970).

Der neue Band war allerdings bei weitem nicht mehr so tiefsinnig und abgründig wie der erste. Danach war es mit den „Maulwürfen“ ganz vorbei. Günter Eich wurde wieder so ernst wie ein gewöhnlicher großer deutscher Lyriker.

Zu den langweiligsten Erzählwerken der jüngeren Historie (zwischen der Erfindung psychedelischer Rockkmusik und dem Ersterscheinungstag von Stephen Kings brilliantem Thriller „Mr. Mercedes“) zählen die beiden Bücher „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ und „Die linkshändige Frau“ von Peter Handke. Sterile Versuchsanordnungen zwischen noveau roman und Ozu-Abklatsch. In einer Rezension sang Jörg Drews einst in der SZ sein Loblied auf den Roman „Obduktionsprotokoll“ von Hartmut Geerken. Er verglich es mit  Handkes „linkshändiger Frau“, und hob die Vorzüge des freejazzhaltigen, überbordenden Bewusstseinsstroms gegenüber der Handke’schen Askese hervor. Dennoch landete das herrliche „Obduktionsprotokoll“ auf dem Ramschtisch, und wurde vielleicht zwölfmal verkauft. Ein grosses Unrecht. Übrigens stehe ich mit meiner Privatmeinung zu diesen Zeitvernichtern von Handke nicht allein. Peter Radenkovic, früher Torwart bei 1860 München und Erfinder des „Torwartausflugs“ (ein grosser Humorist wie Ente Lippens) fand das Buch über den „Tormann“ auch doof und brach die Lektüre, ein Akt der Hellsichtigkeit, nach drei Seiten ab! In Deutschland aber feierte der Handkediskurs fröhliche Urständ, und beide Bücher wurden dann auch noch mit grosser Werbetrommelrührerei verfilmt, einmal fürs Fernsehen, einmal fürs Kino. Dass sie wenigstens auf hohem Niveau scheiterten, wäre eine glatte Lüge. Das „Obduktionsprotokoll“ möge wiederentdeckt und wiedergedruckt werden.

2014 16 Juli

Filmmusik

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Yesterday, 1.15 pm, a look from the 11th floor – Pittsburgh in the dark. Auf dem Balkon sitzen, nichts tun, die verbliebene Wärme des Tages genießen, die blinkenden Lichter der Sendemasten am Horizont beobachten.

Dazu im Kopfhörer Filmmusiken von Irmin Schmidt.

Über Schmidts handwerkliches Können braucht man kein Wort zu verlieren. Das hätten andere auch, aber Schmidt hat ihnen etwas Wesentliches voraus: Er hat ein sicheres Gefühl für das, was ein Film braucht, weil er versteht, wie Filmdramaturgie funktioniert. Er hat die bei Filmkomponisten leider nicht allzu oft anzutreffende Fähigkeit, die Stimmung und Atmosphäre eines Films mit seinen Kompositionen zu unterstützen, ohne einfach nur akustisch das zu verdoppeln, was man im Bild ohnehin sieht. Gleichzeitig ist er aber musikalische Persönlichkeit genug, um seine Kompositionen so zu gestalten, dass viele auch für sich allein stehen können. Schmidts Filmmusiken öffnen Räume – innere und äußere. Kopfkino und virtuoses Spiel. Und er kann hier Seiten zeigen, die bei Can so nicht zum Zuge kommen konnten.

Zum Beispiel „Es geht ein Schnitter“ (aus „Rote Erde II“) – eine Trauermusik, wuchtige Mollakkorde auf dem E-Piano, dazu das getragene Cellospiel von Scott Terzaghi. Das wäre kitschig (und würde bei anderen Komponisten wohl auch so stehenbleiben) – wäre da nicht auch, leise zunächst, dann aber stetig in den Vordergrund tretend, Michael Karolis Gitarre, die das Cellospiel in einer Dauerrückkopplung kontrapunktiert. Und plötzlich entwickelt sich aus der Trauer eine zunächst unterdrückte, dann immer offenere Wut – bis das E-Piano mit ein paar Forteakkorden die Oberhand gewinnt und klarmacht, dass es für diesmal bei der Trauer bleibt. Aber man ahnt: Irgendwann im Film wird sie umschlagen.

Oder der „Aller Tage Abend Walzer“ (aus „Es ist nicht aller Tage Abend“, 1984) – ein Piano-Walzer, der in seiner Ruhe zunächst an Claude Debussy denken lässt, sich dann aber im Laufe von 13 Minuten (mit Gerd Dudek am Saxophon, Serge Ferrara am Akkordeon und David Johnson an der Flöte) mit immer undurchschaubareren Hintergrundakkorden und -geräuschen zu einem Horrortrip entwickelt, ohne dabei jemals die Form zu verlieren oder den Hörer plötzlich ins Nichts fallen zu lassen.

Dazu gibt es auch einige kurze Songs; etwa „Roll On Euphrates“ (aus einem Schimanski-Tatort) und noch einige andere. Dass Schmidt nicht wirklich singen kann – geschenkt. Je länger man seine Stimme aber hört, desto mehr gewinnt man das Gefühl, dass es genau diese Stimme ist, die diese Stücke zum Laufen bringt.

Für mich sind das „desert island records“.
 
 
 

 
 
 
Irmin Schmidt: Anthology – Soundtracks 1978-1993 (3 CD). Musiken u.a. aus „Rote Erde“, „Rote Erde II“, „Pizza Colonia“, „Tatort“, „Der Mann auf der Mauer“, „Messer im Kopf“, „Im Herzen des Hurrican“, dazu auch Theatermusiken mit Texten von Heiner Müller.
 
 
 

 
 
 
Irmin Schmidt: Filmmusik Anthology Vol. 4 & 5 (2 CD). Musiken u.a. aus „Palermo Shooting“, „Schneeland“, „Paparazzo“, „Bloch“, „Ich werde immer bei euch sein“.

Weitere Filmmusiken gibt es zum Download auf Schmidts Homepage.

10) Dan Michaelson and the Coastguards: Bones
9) To Rococo Rot: Gitter
8) Neil Young: Girl from the North Country
7) The Flaming Lips: In a Dream
6) John Hiatt: Wind Don’t Have To Hurry
5) Swans: A Little God In My Hands
4) The National Jazz Trio of Scotland: Getting Out
3) King Creosote: Largs
2) Remember Remember: Magnets
1) Eno / Hyde: Return

2014 15 Juli

One of …

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One of the most beautiful songs of my lifetime … sustenuto
 
 
 

 
 
AUDIO
 
 
©FoBo_HenningBolte


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