Manafonistas

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Archives: Tindersticks

1. Brian Eno: The Ship
2. David Bowie: Blackstar
3. Vijay Iyer & Wadada Leo Smith: A Cosmic Rhythm With Each Stroke
4. Jon Balke: Warp
5. Matmos: Ultimate Care II
6. Naqsh Duo: Narrante
7. Van Morrison: It’s Too Late To Stop Now, Vol. II, III & IV
8. Paul Simon: Stranger To Stranger
9. Sturgill Simpson: A Sailor’s Guide To Earth
10. Tindersticks: The Waiting Room
11. Thomas Köner: Tiento de la Luz
12. P. J. Harvey: The Hope Six Demolition Project
13. Darren Hayman: Thankful Villages Vol. 1
14. Jack DeJohnette, Ravi Coltrane, Matthew Garrison: In Movement
15. Glenn Jones: Fleeting*
 
 
*  … this will be one of my all time favourite guitar solo albums!

Kleines Mädchen mit grünen Haaren. Das ist das einzige Buch, das ich von David Foster Wallace gelesen habe, ein Kurzgeschichtenband. Worte wie „überbordend“ und „verstörend“ dürfen da gerne zur Beschreibung eingesetzt werden, auch „wahnwitzig“, und „skurril“.

Es ist ja derzeit die Zeit der 1000-Seiten-Bücher, David Mitchells Die Knochenuhren verpasst die Grenze schon mal um knapp 200 Seiten, Guntram Vesper liegt mit seinem grossen  Hinterlandepos Frohburg (ich verdanke Herrn Vesper ein bewegendes Leseerlebnis auf Langeoog in den Siebziger Jahren, Nördlich der Liebe und südlich des Hasses) genauso über der Messlatte wie Garth Risk Hallberg mit seinem Thriller und Gesellschaftsroman City of Fire.

Vielleicht war ich damals, als der Tausendseiter Unendlicher Spass in deutscher Übersetzung erschien, mit Sawyer in der sechunssiebzigsten Folge von Lost unterwegs, oder, mit meiner damaligen „amour fou“ (ich hatte nur etwa dreimal eine „amour fou“, rückblickend ziehe ich (im Vergleich) schmutzige gute „one night stands“ in bezahlbaren Hotels vor, noch weitaus mehr natürlich die „romantische Liebe“, insbesondere in der alltagstauglichen Version – dieser Satz hängt etwas durch, Entschuldigung!) auf einem wochenlangen Spanientrip auf dem Weg zum Ende aller Illusionen – bei Mammutunternehmungen gilt es halt Entscheidungen zu treffen.

Der Film The End of the Tour basiert auf der fünftägigen Reise eines Journalisten (David Lipsky) mit dem früh und  freiwillig (so eine Sache bei Depressionen, das Freiwillige!) aus dem Leben geschiedenen Meisterautor. Der Schreiberling des Rolling Stone machte daraus ein Buch, und 2015 kam der Film ins Kino, ein kleiner Film mit einem schönen Ende, und ganz ohne Girls mit grünen Haaren. Für solche Filme gibt es den Ausdruck „low key“: da wird nichts aufgebauscht, dem Blick aufs Alltägliche vertraut, der allein genug Verschrobenes wie Erhellendes zu Tage fördert. (Zum ersten Mal im Leben sah ich eine Filmszene aus dem verschneiten St. Paul in Minneapolis, jenem Ort, in dem anno 1989 ein Brief von mir im Briefkasten von Steve Tibbetts landete, und meine Radiojahre auf den Weg brachte.)

Die beiden grossen Jungs quasseln nun eine ganze Menge im Laufe dieser gut anderthalb Stunden, man ist versucht, am Tag darauf noch einmal Louis Malles Mein Essen mit Andre hervorzukramen (zumindest, wenn man danach gleich ein Chateaubriand für zwei Personen aus dem Ofen zaubern kann). Das alles funktioniert, weil en passant Verwundungen und Verletzungen spürbar werden, zwischen Alanis Morissette-Fantasien, obsessivem Fernsehgucken, und hemmungslosem Süssigkeiten-Shoping. Und ganz sicher auch, weil „on the road“ etliche gute Songs zu hören sind, es beginnt gleich – Überraschung – mit meinen geliebten Tindersticks (wir sahen sie erst vor Tagen im Kölner „Gloria“!), und endet – noch grössere Überraschung – mit Brian Enos „The Big Ship“.

Und diese Schlussszene allein (mit Enos Instrumentalstück und dem tanzenden David Foster Wallace resp. dem seine Rolle spielenden Akteur, der ein wenig wie eine junge, sympathische, transatlantische Version des Stinkstiefels Gerard Depardieu rüberkommt) hebt den Film (der zuweilen etwas viel „buddy-movie“ ist, aber auf eine nette Art) noch einmal auf ein anderes Niveau. Das ganze Geschwätz ist verstummt, auch die Offenbarungen haben ein Ende – in diesen Schlussminuten wirkt alles noch einmal nach, Momente, die aus der Redundanz des Alltäglichen herausfallen – ein schwebendes Finale. Hernach las ich, dass DFW in einem seiner letzten Bücher („The Pale King“) tatsächlich etwas über „The Big Ship“ geschrieben hat – und diese Notiz lautete folgendermassen:

 

„This song is making me feel both warm and safe, as though cocooned like a little boy that’s just been taken out of the bath and wrapped in towels that have been washed so many times they’re incredibly soft, and also at the same time feeling sad; there’s an emptiness at the center of the warmth like the way an empty church or classroom with a lots of windows through which you can only see rain in the street is sad, as though right at the center of this safe, enclosed feeling is the seed of emptiness.“


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