Manafonistas

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Archives: Music for Installations

Ich habe diese Story vielleicht schon ein- oder zweimal erzählt, aber es sind, anders als in der Bildenden Kunst, die Versionen, die zählen, nie die Originale – niemand besitzt originale Erinnerungen. Sie hiess Julia B., und einmal war sie mit einem Jazzschlagzeuger zusammen, und ich war neugierig, mehr von ihm zu hören, als Verteter einer Spezies, der den Jazz aktiv gestaltete. Ich erinnere aber nur, dass er wohl sehr sensibel war, und irritiert, weil kleine Glaskörperchen quer durch sein Sichtfeld segelten. Es kümmerte ihn, obwohl es harmlos ist, meine segelnden Glaskörperchen kannte ich seit Jahren. Es war die Zeit nach dem Ende meiner ersten grossen Liebe, und Versuch und Irrtum waren alles, zu dem ich in romantischen Dingen fähig war. Trotzdem hätte ich gern, all meinen ungestillten Sehnsüchten zum Trotz, den Hebel der Zeit gefunden, der die Siebziger Jahre noch eine ganze Weile verlängert hätte. Ich weiss, dass manche jetzt die Augen rollen: – „Ah, es geht hier wieder los mit den tollen Siebzigern!“. Aber nennt mir ein Jahrzehnt seit dem 12. Jahrhundert, und den Anfängen der Polyphonie, dass musikalisch aufregender war (dreiundzwanzig Arten des befreienden Lachens an dieser Stelle)! Julia holte mich noch einmal ins Bett, nachdem ich eine meiner beliebtesten Nummern als Lover performt hatte, in der ich es zu beträchtlicher Meisterschaft gebracht hatte, das Brötchenholen nämlich. Marmeladebrötchen im Bett, Kaffeeflecken auf dem Teppich, Glasköperchen, die durch mein Sichtfeld flogen – aber keine Musik. Julias Erregungskurve war ein feiner Erdton, der sich an Kakteen und kahlen Wänden brach, kurz durchs gekippte Gerbrunner Sonnenfenster entwich, und von einem wohligen Gurren abgeschlossen wurde. Als Musik genügte das vollauf, damit das Klingeln des Postboten nicht durch Neil Young, Keith Jarrett oder „Abbey Road“ übertönt wurde. Es waren Tage freudiger Erwartung. Als es klingelte, dauerte es noch eine schmerzhaft lange Weile, bis das Paket aus Unterlüß in meinen Händen lag. Brian Enos „Music For Films“. Und was mir da beim ersten Hören klar wurde, trotz all der fragmentierten Stücke und schwebenden Sphären: ich würde ewig zu diesem Album zurückkehren, und hatte endlich einen Hebel gefunden, den Flow der Siebziger zu verlangsamen. Ich sah aus dem siebten Stock, ich hörte „Sparrowfall 1“, ich brachte Julia noch ein Brötchen ans Bett. Heute erscheint Brian Enos „Music for Installations“.

2018 1 Mai

Zentastic

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„From the glittering birth-rite of ‘Kazakhstan’, which welcomes you not only to the record but to Eno’s world itself, with its pulse and deep inhale of our first moments in the world – to the tribal rain-dance faux-deity worship of ‘Needle Click’; this collection shows that ambient music can take you on the most rollercoaster of journeys.“

 

 


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