Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Einstmals haben wir gegen den Haifischkapitalismus demonstriert, die Folgen der Wachstumskrise diskutiert und vor der weltweiten Ressourcenverknappung gewarnt, den real existierenden Sozialismus gefeiert, bis wir merkten, dass er weltweit längst zu einer brutalen Parteidiktatur verkommen war. Hat eh lange gedauert, bis wir das wahrhaben wollten und gereicht uns nicht eben zur Ehre. Ich habe auch nicht wahrgenommen, dass ein Trauerprozess stattgefunden hätte über die meines Erachtens gravierende Tatsache, dass es zwar gutgemeinte politische Systeme und moralische Denkgebäude gibt und die sich in Marx’scher Manier auch prima von vorn bis hinten durchrechnen lassen, der Mensch aber offensichtlich nicht dafür gemacht ist – auch so eine Kränkung der Menschheit nach der Kopernikanischen, der Freudschen und der Darwinschen. Keine Chance auf ein dauerhaftes humanes Zusammenleben, in dem man noch zu teilen versteht.

Und was haben wir uns in den studentischen K-Gruppen in den Kapitalschulungen mit dieser Mehrwertmathematik gequält, auch für die Katz! Musste alles auch erstmal verdaut werden. Danach hofften wir, dass die kleinen Rinnsale unserer Aktivitäten zur Weltverbesserung – die später nach Revoluzzertum und Flowers-in-our-hair etwas pragmatischer orientiert waren (wir buken erstmal kleinere Brötchen und wollten nicht mehr sofort übermorgen zur proletarischen Revolution blasen), sich eines Tages zu einem breiten machtvollen Strom vereinigen würden. Ein Stück mehr Realitätssinn der Jugend, immerhin. Das Leben ist ein Miststück, aber ein blendender Erzieher, es bringt den grössten Traumtänzern noch etwas bei, zumindest den meisten davon.

Leider finden sich zu allen humanen Kräften und Bewegungen gleich wieder Gegenkräfte, die diese schlicht und gründlich ausknocken. Fair Trade ist eine gute Sache zur Stärkung der Ökonomie und Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von Herstellern in ländlichen Regionen der dritten Welt, leider hat man nicht dafür gesorgt, das Siegel gesetzlich schützen zu lassen, zudem brechen auch die Strukturen konventioneller Markt- und Wettbewerbsstrategien zunehmend in die Fair-trade-Welt ein, so dass wir auch dort bald wieder die bekannte profitorientorientiere Marktwirtschaft zu erwarten haben. Schön wärs gewesen …

Plastikverpackungen sind mit viel Mühe und Kosten recycelbar gemacht worden, landen dann aber letztlich doch in den Weltmeeren oder auf Müllhalden der dritten Welt, weil’s eben nicht verboten ist, Recycelbares nicht zu recyceln und ohne gesetzliche Regelung geht’s da vermutlich auch nichts weiter.

Wir haben ein humanes Arbeitsrecht, aber im Niedriglohnsektor wird der Druck zunehmend brutaler und die abendliche Mitnahme einer übriggebliebenen funktionsfreien Wurstsemmel führt zur fristlosen Kündigung.

Es scheint, als würde ein Teil der Menschen seine Intelligenz dafür nutzen, über rechtliche Freiräume nachzusinnen, die gesetzlich fixierte soziale Errungenschaften erfolgreich unterlaufen.  Wie anders kann es sonst sein, dass Trump noch frei herumläuft und sich offenbar noch zutraut, ein ganzes Land in seinen Einkaufswagen zu packen und an der Kasse dafür genug im Säckel zu haben? Rechnen kann er ja zumindest. Die amerikanische Justiz hat ihn juristisch schuldig gesprochen, ihm aber „bedingungslose Straffreiheit“ – ein existierendes, aber selten angewendetes Gesetz – zugesichert. Autsch …!

Gesetzesänderungen müssen durch den Bundesgerichtshof gepeitscht werden, der Bundesrat muss den Änderungen zustimmen – für die Mitgliedschaft dort ist eine Parteienzugehörigkeit vonnöten … ein unabhängiger Beirat schaut anders aus, die wissenschaftlichen Beiräte von Konzernen sind ja schliesslich auch unab … ähm … naja … äh … wurscht …! Hab nix gesagt!

Dergleichen Feinheiten eben … aber von grossem Einfluss auf Regierungsentscheidungen.

Leiharbeit und Pseudowerkverträge sind legal und erlauben es den Firmen, unterhalb des Mindestlohns malochen zu lassen. Unterlaufen von Tarifverträgen scheint also auch keine grosse Kunst zu sein und beim Outsourcing eines Konzerns in ein Land der Träume, der Sonne und der Niedriglöhne stehen die Mitarbeiter-Recruiting-Firmen auch gleich Gewehr bei Fuss und die Bude ist voll mit Arbeitswilligen, denen sonst nix anderes übrigbleibt.

Die Vorgaben des Lieferkettengesetzes gelten nur für Grossbetriebe und die dort ursprünglich festgeklopften klimabezogenen Sorgfaltspflichten für Betriebe wurden in der deutschen Version von der FDP gleich wieder gekippt. Anything goes ...

Scheinbar gibt es hier nichts, was nicht ginge und langsam beginne ich derlei Gesetzesfreiräume zu fürchten. Sie sind ubiquitär zu finden, alles scheint seltsam vernetzt und geheimen Fäden zu folgen, für jede Übeltat eines Grosskopferten stellt die Justiz ein Hintertürchen bereit und sei es nur auf dem Weg des Bauernopfers. Kohl ist auch vermutlich zusammen mit seinem schwarzen Koffer beerdigt worden, in dem neben Pfälzer Saumagen als antike Grabbeigabe sicher auch noch einiges andere reingepackt war, das man gerne gelesen hätte. Der Souverän steht über dem Gesetz und die alten Feudalstrukturen haben offenbar immer noch überlebt.

Wären wir noch im Mittelalter, könnten wir hier prima das Wirken des Gottseibeiuns und seiner Angriffe diagnostizieren, wenigstens wär’s dann etwas übersichtlicher. Geht jetzt auch nicht mehr – aber wer befriedigt sonst unser Kausalitätsbedürfnis nach den treibenden Kräften und Prinzipien, die immer wieder Freiräume der Nichtjustitiabilität für Gangstertum der höheren Etagen schaffen und so die Maschinerie am Laufen halten? Die Version mit dem Weltjudentum und den Illuminaten will mich nicht so recht überzeugen und die Reptiloiden geben zwar etwas für das Science-Fiction-Genre her, aber andererseits ist diese Zuschreibung auch eine non-woke kulturelle Aneignung des Echsenreiches, in dem man anstandshalber wie in jedem anderen Tierreich nur soviel frisst, bis man satt ist. Schon von daher passt es nicht, dass in unseren Politikern und Konzernvorständen Echsen stecken sollten. Bloss wer zieht dann die Strippen mit subliminalen Outlawpraktiken in einem scheinheiligen Rechtsstaat? Wer füttert die Phantasien der Paranoiker und wer macht psychisch stabile Mitbürger sukzessive auch zu solchen? Da läuft doch was …

Offenbar versteckt er/sie sich in den faltenreichen Gewändern von Justitia und – was haben diese Scherzkekse vor? Schwer durchschaubare Dinge geschehen und das „gesunde Rechtsempfinden“ des Volkes läuft oft genug ins Leere und in diesen Leerräumen erblüht die Theoriebildung – immerhin gibt es noch Leute, die über Verschiedenes nachdenken, auch wenn nur Eidechsen dabei herauskommen; Denkanstösse liefern wir ja genug, da brauchen wir uns über individuelle und manchmal ins Pathologische driftende Kausaltheorien jenseits jeglicher Logik nicht zu beklagen. Jedes Volk hat die Verschwörungstheoretiker, die es verdient.

Und Bielefeld gibt’s ja anscheinend auch nicht … wär sicher ’ne schöne Stadt gewesen … wenn da mal nicht wieder die Grünen dahinterstecken …!

 

 
 

Die Skulpturen und Installationen der Künstlerin Ursula Dietze beschäftigen sich ausnahmslos mit dem Menschen – mit dem Menschen, der einen Prozess durchlaufen hat, der ihn geformt, entstellt, verstümmelt oder verfremdet hat. Es sind Menschen in Zuständen, denen sie nicht entkommen können, in Momentaufnahmen eingefroren und dem beobachtenden Auge preisgegeben. Manche Figuren weisen nur noch Elemente des Organischen auf, drohen sich in eine Maschine zu verwandeln, erinnern an Freuds „Prothesengott“. Oder versucht hier der erstarrte Stahl Mensch zu werden, ähnlich wie sich Michelangelos „Sklaven“ dem Gestein zu entwinden suchen, um einen Körper zu bekommen? Eine Frau hält eine Dornenkrone auf dem Schoss … eine Piéta? Wo ist der Leichnam? Um sie herum Gedenksteine – Söhne, die der Krieg verschlungen hat?

 
 

 

 

 
 

Menschen, die ihr Gesicht verloren haben … oder es nicht zeigen wollen? Sie wirken unheimlich … wir können sie nicht einschätzen, sehen sie uns überhaupt? Oder sieht man besonders gut, wenn man seine Sehkraft verloren hat? Kunst wird auch geformt durch den Prozess zwischen Objekt und Betrachter, diesem strömen Informationen zu, die der Künstler in den Prozess hat einfliessen lassen, geronnene Gedanken und Gefühle des Kunstschaffenden, die vom Betrachter wieder decodiert werden müssen.

Frau Dietze arbeitet mit unterschiedlich formbaren Materialien – Metall, Erde, Ton, Wachs … die miteinander in Interaktion treten und ein Ganzes ergeben, so wie das Harte und das Weiche das Leben formt und durchdringt. Erstarrte Gesichter blicken ins Nirgendwo, umgeben von Worten, die aus ihren Zusammenhängen gerissen worden sind, die Verständigung ist zusammengebrochen.

 
 

 
 

 
 

„Wenn mancher Mann wüsste, was mancher Mann wär“ – dazu müsste er ihn aber anblicken, ansonsten fragmentieren sich die Sätze und verlieren sich. Eine rudimentäre Gestalt hinter einer Kombination von Zielscheibe und Fadenkreuz, die ihn gleichzeitig schützt, ihn aber als Ziel ausweist – eine doppeldeutige Botschaft. Wer sich zu sehr schützt, entlarvt seine Verletzlichkeit. Alles in allem … verwüstete Menschen …

Die Künstlerin ist Ärztin, Psychiaterin; von Verformungen und Entstellungen weiss sie etwas zu erzählen; die Psychiatrie weiss viele Antworten auf Vieles. In ihrer Kunst stellt Frau Dietze die Fragen, die auftauchen, wenn die Wissenschaft alle Antworten gegeben hat. Vor allem: Wie kann man so leben?

 

2024 30 Dez.

Think positive!

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Jo, bist’n Spielverderber! Negativität … lasschmirnichnachsagn … grad sitzich am nächst’n Beitrag un deris nich negativ – jawoll! Un Weihnachtn fernsehn is klasse, binich grad wieder dabei … sum Beispiel! Lernste viel! Gibt schon echt gute Filme, ehrlich, die sin nich negativ! Welt wiese wirklich iss … Genau, Alder …

Un üwerhaupt is Papa der Beste! Sum Beispiel! Wenn der Papa nich da is is der Ehemann der Beste und steht imma hinta seiner Frau. Oder obendrauf …

Wenn der Olle im Lebn nicht su Potte kommt macht die Tochter ebn ne gute Heirat und aufwärts gehts mitm Rest der Mischpoche. Beim erstn Date schwärmen die Mädels dem Mann was von ihrm Pappili vor. Der rennt trotzdem nich wech. Verstehchswarnich … wenn eine schon mit der Zither durch’n Wald rennt … willse da die Hirsche mit erschlagn oder was?

Wenn die Schwester den gleichn Mann will wolln die Mädels den natülich nich mehr. Sollidarität unner Frauen heisst das. Männer ham sowas nich … Wenn Mama auf Besuch kommt geht die schlimmste Leukämie wieder wech, glaub ich sofort …

Die Frau is bei ihr’m Mann gut aufgehoben und wird vor dem Schwiechertiger geschützt! Umgekehrt auch. Das Volk is bei seiner Regierung gut aufgehoben. Herrschern wird immer zugejubelt egal wiese sich aufführn. Aber im Prinzip sinse immer nett so dass su Recht gejubelt wird.

Monarchinnen spucken gern auf Schuhe und meinen die wärn dann sauber. Schwiegermütter hörn auf ihre Söhne. Söhne hörn nich auf ihre Mütter sobald se Schwiegermütter sind, awa auf ihre Fraun.

Länder lassn sich annektiern wenn die Dings…die Monarchin hübsch is … Dann jubelnse..sonst eher nich … Und das Kind is wenichstens auch hübsch! Hatse ihm aber untergeschohm! Is bestimmt vom Graf Andraschi! Aber is ja wurscht …

So läufts! Also alles subber! Un ich bin nich negativ, Bruder … kannse gleich knickn! Ich seh die Welt wiese iss! Hupps! Glühwein is alle. S’einzige was hier negativ is …

Morgn guck ich’n sweiten Teil …

 

 

 

 

(Quelle und Inspiration zu eigener Ausgestaltung: Rosenheim, Würstlbude)

 

 

     

 
 
 

Kafka muss man mögen, um dergleichen Filme durchzustehen – ebenso wie Beckett – und man sollte vor allem eines nicht: ihn interpretieren, auch wenn einem Gymnasiallehrer, Kunstkritiker und Professoren noch so wüst in dieser Richtung zusetzen. Es genügt, die Bilder auf der Leinwand wirken zu lassen – oder die Bilder die beim Lesen vor dem inneren Blick entstehen – jede Interpretation wäre der Versuch einer Bewältigung, bei der wir Sicherheit suchen und das liefe der Absicht des Autors zuwider, dem es nur darum ging, das Unbewältigbare zu beschreiben und ein Leben im Gefühl einer ständigen diffusen Bedrohung darzustellen und auszuhalten; obwohl er nach aussen hin ziemlich gesettelt lebte, schien ihm etwas die Axt an die Wurzel gesetzt zu haben. Seine Geschichten erzählen davon, sind eher Komposition als Narrativ.

Die Erzählung“Der Bau“ beschreibt die Geschichte eines dachsähnlichen Tieres, das vergeblich in seinem umfangreichen Bau Sicherheit sucht, aber immer von nicht zu ortenden Geräuschen beunruhigt wird. In der Verfilmung von J.A. Freydank (D,2014) ist der Dachs ein Mann namens Franz – der furios aufspielende Axel Prahl – der diese Sicherheit, mit seiner Familie in einer düsteren postapokalyptischen Welt lebend sucht – Geborgenheit in einer hermetisch abgesicherten Wohnanlage mit Panzertüren, Kameras, einer Security an der Rezeption und einem unablässig herumreparierenden Hausmeister, der den status quo einer relativen Stabilität und Alltäglichkeit erhalten soll.

Geborgenheit will aber nicht aufkommen, jedes Geräusch erschreckt ihn, es wird immer noch ein Riegel mehr an der Tür angebracht, die Angst vor einem unerwünschten Eindringen beherrscht ihn immer stärker und droht wahnhaft zu werden, bis ihn seine Familie schliesslich verlässt. Die Geräusche verbinden sich zu einer Entität genannt „Das Geräusch“ – das verfolgenden Charakter annimmt. Draussen herrschen Obdachlosigkeit und Kriminalität, auf eine geheimnisvolle Weise scheint die Welt um den „Bau“ herum zusehends zu zerfallen und zu vermüllen, nur die ursprünglichen Strukturen bleiben bestehen und rahmen das Chaos rechtwinklig ein, ohne es aufhalten zu können. Die Kamera filmt meist in Schräglage, alle Linien fallen und stürzen und unterstreichen die Instabilität dieser Lebenssituation, fragil wie das Regal, das er aufbauen möchte und das ständig zusammenbricht, obsolet wie der ganze Lebensentwurf eines zwanghaften Festhaltens. Kubistische Gemälde in Grauweiß und Khaki mit den gnadenlosen Linien eines Feininger, die die Welt in Rechtecke zerteilen. Nichts scheint mehr sicher, Wände werden durchbrochen oder zerfallen und Franz gerät immer tiefer in den Sog seiner gefühlten Bedrohung; wenn das Aussen hier das Abbild einer Seelenwelt ist dann erleben wir hier das Vollbild eines psychotischen Zusammenbruchs – aber Kafka geht ja gerne über das Individualpsychologische hinaus und hin zum Allgemeinmenschlichen, zum Menschen in seiner existenziellen Bedrohtheit und dem der Welt innewohnenden Zerfall. Eine Parabel über die conditio humana?

Oft sieht der Zuschauer das Geschehen von einem erhöhten Standpunkt – eine Kameraführung die einen glauben lässt, man selbst wäre eine Überwachungskamera oder blicke in ein Aquarium mit seltsamen Bewohnern. Die Grenzen zwischen Innen und Aussen verschwimmen zusehends, auch das Haus vermüllt und der Zuschauer weiss bald nicht mehr, wo er den unablässig umherirrenden und monologisierenden Franz noch verorten kann, der inzwischen genauso aussieht wie die, von denen er sich gerne abgrenzen würde. Sein manischer Sprachstrom – teilweise unverständlich, weil nicht an den anderen, sondern an sich selbst gerichtet – begleitet uns bis zum Ende. Eine Glaswand wird zerschlagen – und er ist draussen, läuft an den Lagern und Feuern der Obdachlosen vorbei, der Soundtrack kehrt sich ins Harmonische und Beruhigende mit Anklängen einer keltischen Flöte, signalisiert ein befreiendes Angekommensein, irgendetwas scheint plötzlich gekippt.

 
 
 

 
 

 
 
 

Schliesslich legt Franz sich auf eines der zerlumpten Nachtlager mit den Worten „Aber alles blieb unverändert!“ – eine seltsame Feststellung inmitten eines fortlaufenden Untergangs und seiner Chaosarchitektur. Irgendetwas scheint seine Konstanz bewahrt zu haben. Die Erzählung bzw das Fragment Kafkas endet mit den Worten „Aber alles blieb unverändert, das …“ – offenbar wollte er noch weiterschreiben; Max Brod, der es aufgefunden hatte, setzte hier den Punkt, um die Erzählung veröffentlichen zu können, an diesem Satz haben sich sicher Tausende von Abiturienten und Literaturwissenschaftlern abgearbeitet und vermutlich verfolgte er sie auch nächtens wie das besagte Geräusch, dessen Herkunft Franz ergründen wollte und sie schreckten auf wie dieser und meinten den Sinn gefunden zu haben. Und oft mag es sich entzogen haben wie eine Handvoll Sand. Trotzdem wirkt der Schluss seltsam beruhigend und fast tröstlich – Freedom is just another word for nothing left to lose. Anscheinend kommt der Frieden, wenn man seiner grössten Angst begegnet ist und sich in ihr niederlassen kann. Und jeder Hurrikan hat wohl sein Auge, für den der es zu finden versteht – oder dem nichts anderes übrigbleibt.

 

 

               

 
 
 

Ich liebe es, wenn in der bildenden Kunst Dinge gegeneinandergestellt werden, Polaritäten entstehen, sich eine Spannung aufbaut, aus der dann etwas Drittes entsteht. Eine Art Zeugungsakt in der Kunst und eine Performance, der sich die Münchner Glyptothek bedient, wenn sie Altes und Neues forsch miteinander kombiniert und zwischen ihre alten Griechen und Römer placiert. Moderne Plastiken von Fritz König – in der Formensprache an archaische afrikanische Kunst erinnernd, sich aber auf Themen aus der griechischen Mythologie beziehend sind sparsam – und darum doppelt wirksam – gegeneinandergestellt. Ein Faun und eine Pferdefrau – Hybridwesen zwischen Menschlichkeit und einer noch nicht unterworfenen animalischen Natur – was könnten sie sich zu sagen haben? Lass uns das ausleben, was wir noch an Natur in uns tragen, bevor wir es verlieren! Die Karyatide, die so viel mehr zu tragen hat als einen Balkon – eine ganze Weltkugel. Wie schwer trägt sich’s wohl an der Welt? Wird man sie jemals wieder los? Was passiert mit ihr, wenn sie losgelassen wird? Grüsse an Atlas, der sich bis heute noch nicht getraut hat loszulassen …

 
 
 

               

 
 
 

Ein erstarrte minimalisierte Skulptur betrachtet den schlafenden Faun und den Apoll von Tenea – Wesen voller Formen, Lebensspuren und Lebensfreuden, der Kouros mit einem Lächeln das die Vergänglichkeit transzendiert – ursprünglich sollte er ein Grab bewachen, jetzt lebt er nur noch für sich selbst. Was denken sie wohl, wenn sie sich betrachten? Ikarus, an einer gewaltigen Sonnenscheibe zerschellend neben dem Faun, der das geniessen durfte, an dem jener sich die Flügel verbrannt hat, sie können sicher auch etwas miteinander anfangen.

 
 
 

 
 
 

Vielleicht wäre es ohnehin die beste Art der Kunstbetrachtung, sich am Abend im Museum einsperren zu lassen und zuzuhören wenn die Dinge zu reden beginnen und zu hören was sie sagen. „Und die Welt hebt an zu singen …“ – es sind ohnehin bald die Rauhnächte, in denen um Mitternacht alles lebendig wird, auch die Tiere im Stall und die Püppchen im Kinderzimmer, wie man uns als Kinder erzählte. Und sich alle beschweren, dass man nur über sie spricht und nicht mit ihnen. Und dann manchmal auch wieder ganz froh darüber sind, wenn sie unter sich bleiben können.

 

 

LaBrassBanda Live – Brass Banda & Schuikalier & Tubissimo @ Sziget 2012

 
 

Erfolgreiche Band, alle meinem Heimatort entstammend.

Auch genannt „Die Giftler“, weil sie sich vor jedem Auftritt  Verschiedenes reinpfeifen …

So, jetzt geb ich Ruhe!

 

 

Hubert von Goisern + Alpinkatzen: „Solide Alm“ / „Goaßbeitl-Bauernbuam“ / „Landlertanz“ (live 90er)

 
 

Beitrag zur lauten und leisen Gaudi der verschiedenen Bundesländer

Am besten voll aufdrehen und bis zum Schluss anhören!

Fasten seat belts!

 

 
 

Und wieder ist ein Stück Nachkriegs-Filmgeschichte von uns gegangen: Karin Baal, eine blonde Berliner-Wedding-Prollo-Schönheit mit immer etwas trotzig-maulig herabgezogenen Mundwinkeln. Allein wegen dieser Kellerkeim-Ausstrahlung fand ich den Titel „Deutsche Antwort auf Brigitte Bardot“ nie ganz passend, Bardot passte in jedes Glamourambiente, Baal war die Schönheit der zerbombten Strassen, Hinterhöfe und miefigen Treppenhäuser, denen sie auch entstammte. Bardot war nie „eine von uns“, Baal schaffte es in jedem Film, uns nahezukommen. Bardot konnte man anbeten, Baal und ihre Aura von Verlorenheit vermittelte uns immer das Gefühl, man könnte sich jederzeit prima zusammen mit ihr am Tresen ausheulen. Als „Halbstarke“ durfte sie Horst Buchholz küssen – was wir ihr damals nie verziehen haben. Man nannte sie auch „die Queen des deutschen Erbsuppenkinos“. Später spielte sie bei Fassbinder, Wenders, Hauff und Margarethe von Trotta. Die Liste der Filme und Fernsehsendungen ist umfangreich, trotz häufiger Einbrüche aufgrund ihrer Alkoholabhängigkeit, aus der sie nie ein Hehl machte. Eine zutiefst ehrliche Frau, die auch ihr Gesicht im Alter behalten wollte.

Die gebürtige Weddingerin starb am 26.11. mit 84 Jahren in ihrem geliebten Berlin. Tschö, Karin und mach et jut! Falls im Himmel gefilmt wird und man einen gefallenen Engel braucht, bist Du genau die Richtige!

 

2024 3 Dez.

R I P

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Man nannte sie „die Muse Buñuels“ und die „letzte Diva des spanischsprachigen Kinos“. Silvia Pinal, die immer aussah, als wäre sie in Schweden und nicht in Mexiko geboren und auch im Spiel eher zurückgenommen, als explosiv agierte und oft den ruhenden und gefestigten Pol in einem chaotischen Geschehen verkörperte, ist am 28.11. im Alter von 93 Jahren verstorben.

Sie erfreute uns mit ihrem Anblick und ihrem tiefgründigen Spiel vor allem in Viridiana, Der Würgeengel und Simón del Desierto von Luis Buñuel und stand bis zuletzt im Rampenlicht, drehte Fernsehserien, wandte sich der Politik zu und war Kongressabgeordnete für eine progressive mexikanische Partei; dazu 4 Ehemänner und 4 Kinder, was auch eine Leistung ist. Fotos aus späteren Zeiten sieht man sich besser nicht an – sie vertraute wohl eher Chirurgenskalpellen als ihrer Fähigkeit in Schönheit zu altern.

Adiòs … und der Himmel hat einen blonden Engel mehr!

 

 
 

 
 

Konklave (USA, GB) 2024 von Edward Berger

nach einem Roman von Robert Harris (2016)

 

Es hätte so schön sein können – und so herrlich boshaft. Ein Film über den Inner Circle der katholischen Kirche, der Ablauf eines Conclaves, der hermetisch abgeschlossenen Versammlung von Kardinälen zur Wahl des neuen Papstes – vom Eintrudeln der Herren aus allen Ecken der Welt – ein bombastischer Ansturm rotgewandeter, vor sich hin welkender Männlichkeit, in die ebenfalls intrauterin anmutende rot ausgekleidete Sixtinische Kapelle und deren Nebenräumlichkeiten – bis am Ende zum weissen Rauch am Petersplatz.

 
 

 
 

 
 

Ansichten einer prätentiösen Innenwelt, das Aussen ausschliessend und damit auch die Kirche mit ihren Ritualen und Denkgebäuden symbolisierend, die längst wie ein herrenloses Boot von allem wegtreibt, was mit realem Leben zu tun hat. Amüsant zu sehen ist, wie es in der Kardinalshorde zu menscheln beginnt, wie sich Ränkespiele, Verfehlungen und Bespitzelungen in das Sacrosanctum einschleichen, sich das Ferngehaltene und seine verpönten Triebregungen und Intrigen unaufhaltsam „besudelnd“ ihren Raum im Innen nehmen. Dass Priester sich sexuell betätigen, ist allerdings jetzt nicht überwältigend neu und ein Bombenanschlag auf ein Fenster der Sixtinischen Kapelle scheint doch reichlich unrealistisch, da hätte es spannendere Eröffnungen gegeben wie z B die intransparenten Geldgeschäfte des Vatikan oder den epidemischen Kindesmissbrauch einfliessen zu lassen – aber ein Priesterkind reisst heutzutage wirklich niemand mehr vom Hocker.

Die endgültige Papstwahl gelingt nach langem Getöse schliesslich doch und endlich platzt die Bombe – but no spoilers – mit der man einen spannenden Schluss hätte hinkriegen können, etwa: wie reagiert die Kirche, wenn sich das, was sie für verteufelt hält, endgültig in ihren Reihen festgesetzt hat? Hätte einer sich auf einen Papstmord eingelassen? Dan Brown wäre hier sicher etwas Fetziges und vor allem Kirchenkritisches eingefallen, wenn man ihn nur hinzugezogen hätte. So bleibt es bei gelungenen Tableaus, gekonnt übermittelter klaustrophobischer Atmosphäre, Choreographien in Rot-Weiss, die zwei Stunden an einem vorbeidonnern, ohne einen gross zu berühren und einem Star wie Isabella Rossellini in einer Miniminirolle, die jede andere auch hingekriegt hätte und ansonsten guten schauspielerischen Leistungen.

Und so endet der Film verfrüht und brav mit einer verlaufenen Schildkröte, die wieder zurück in den Teich darf und vermutlich auch etwas symbolisieren soll, was sich mir nicht so recht erschliessen will (verirrtes Lamm und guter Hirte? Was für eine Metaphorik!!) und einer weissen Rauchfahne, die ihrerseits ein treffendes Symbol für den Film darstellt – und vielleicht auch für die Kirche, von der er erzählt: Guter Anfang, aber leider zunehmende Auflösung in Dampfplauderei.

 


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