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2024 26 Nov

Huis Clos im Vatikan – leider schnell verraucht

von: Ursula Mayr Filed under: Blog | TB | 6 Comments

 
 

 
 

Konklave (USA, GB) 2024 von Edward Berger

nach einem Roman von Robert Harris (2016)

 

Es hätte so schön sein können – und so herrlich boshaft. Ein Film über den Inner Circle der katholischen Kirche, der Ablauf eines Conclaves, der hermetisch abgeschlossenen Versammlung von Kardinälen zur Wahl des neuen Papstes – vom Eintrudeln der Herren aus allen Ecken der Welt – ein bombastischer Ansturm rotgewandeter, vor sich hin welkender Männlichkeit, in die ebenfalls intrauterin anmutende rot ausgekleidete Sixtinische Kapelle und deren Nebenräumlichkeiten – bis am Ende zum weissen Rauch am Petersplatz.

 
 

 
 

 
 

Ansichten einer prätentiösen Innenwelt, das Aussen ausschliessend und damit auch die Kirche mit ihren Ritualen und Denkgebäuden symbolisierend, die längst wie ein herrenloses Boot von allem wegtreibt, was mit realem Leben zu tun hat. Amüsant zu sehen ist, wie es in der Kardinalshorde zu menscheln beginnt, wie sich Ränkespiele, Verfehlungen und Bespitzelungen in das Sacrosanctum einschleichen, sich das Ferngehaltene und seine verpönten Triebregungen und Intrigen unaufhaltsam „besudelnd“ ihren Raum im Innen nehmen. Dass Priester sich sexuell betätigen, ist allerdings jetzt nicht überwältigend neu und ein Bombenanschlag auf ein Fenster der Sixtinischen Kapelle scheint doch reichlich unrealistisch, da hätte es spannendere Eröffnungen gegeben wie z B die intransparenten Geldgeschäfte des Vatikan oder den epidemischen Kindesmissbrauch einfliessen zu lassen – aber ein Priesterkind reisst heutzutage wirklich niemand mehr vom Hocker.

Die endgültige Papstwahl gelingt nach langem Getöse schliesslich doch und endlich platzt die Bombe – but no spoilers – mit der man einen spannenden Schluss hätte hinkriegen können, etwa: wie reagiert die Kirche, wenn sich das, was sie für verteufelt hält, endgültig in ihren Reihen festgesetzt hat? Hätte einer sich auf einen Papstmord eingelassen? Dan Brown wäre hier sicher etwas Fetziges und vor allem Kirchenkritisches eingefallen, wenn man ihn nur hinzugezogen hätte. So bleibt es bei gelungenen Tableaus, gekonnt übermittelter klaustrophobischer Atmosphäre, Choreographien in Rot-Weiss, die zwei Stunden an einem vorbeidonnern, ohne einen gross zu berühren und einem Star wie Isabella Rossellini in einer Miniminirolle, die jede andere auch hingekriegt hätte und ansonsten guten schauspielerischen Leistungen.

Und so endet der Film verfrüht und brav mit einer verlaufenen Schildkröte, die wieder zurück in den Teich darf und vermutlich auch etwas symbolisieren soll, was sich mir nicht so recht erschliessen will (verirrtes Lamm und guter Hirte? Was für eine Metaphorik!!) und einer weissen Rauchfahne, die ihrerseits ein treffendes Symbol für den Film darstellt – und vielleicht auch für die Kirche, von der er erzählt: Guter Anfang, aber leider zunehmende Auflösung in Dampfplauderei.

 

This entry was posted on Dienstag, 26. November 2024 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. You can leave a response here. Pinging is currently not allowed.

6 Comments

  1. Jörg R.:

    Fast wär ich reingegangen

  2. Ursula Mayr:

    Greif lieber nochmal zu „Illuminati“.

  3. Christoph:

    Danke für die Rezension!
    Wenn es um Vatikan (und Glauben) geht, dann hat mir gut die Serie „The young pope“ von Paolo Sorrentino gefallen (Staffel 1).
    Grüße

  4. Ursula Mayr:

    Oh, danke … noch nicht gehört …

  5. Jörg R.:

    Wobei es die Frage ist ob die Urkirche ein guter Anfang war.

  6. Ursula Mayr:

    Da würde ich weiter zurückgehen und fragen: Ist die Schöpfung überhaupt ein guter Anfang. In einem überwiegend unbelebten Universum einen Planeten zu schaffen, auf dem man nur überleben kann, wenn man den anderen umbringt und frisst und die Geschöpfe mit einem höchstgradigst verletzbaren Körper auszustatten, der einem grosse Qualen zufügen kann – was denkt sich einer da dabei. Vermutlich nichts – der ist ja damit beschäftigt, zu grollen und zu strafen, weil die Menschen sich unter diesen extrem erschwerten Umständen nicht wie die Friedenstauben verhalten. Gott, wenn ich mal rüberkomme, müssen wir reden.

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