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Archives: Januar 2023

2023 31 Jan

Ein Film über … was?

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Der Rausch (Dänemark, 2020) von Th. Vinterberg

 

Empfehlung von Micha. Ein kleiner, feiner Film über – ja, über was genau? Eine Tragikomödie im Gewand eines Buddy-Movies mit Tiefgang. Über das Leben? Zu platt! Über Sucht? Auch zu platt! Ein Oscar für die beste Regie, eine weitere Nominierung sowie auch eine für die goldene Palme und andere Bepreisungen. Der Soundtrack ist vielgestaltig, von Klassik bis Jazz.

Es beginnt mit einer Zeichnung bürgerlichen Wohlstandslebens und dessen langsamen Einmündens in Alltagsöde und Ausgebranntsein, Sich-Verschleissen in täglichen Wiederholungen des immergleichen Schulstoffs, nöligen Abiturienten und allzu geölt-eingefahrenen Familienlebens.

Vier miteinander gut verkumpelte Gymnasiallehrer, alle ziemlich amtsmüde, beschliessen ein Experiment: Sie wollen sich auf einem 24-Std.-Alkoholpegel von 0,5 bewegen, um mehr Feuer in ihren Alltag zu bringen. Der norwegische Psychiater Finn Skårderud postulierte, dass dieser Alkoholpegel, dauerhaft eingehalten, Menschen geistig leistungsfähiger und seelisch stabiler halten würde.

Man kann sich nun den Kopf zermartern, wieso vier intelligente Männer ein Experiment starten, dessen Ausgang hinreichend bekannt ist, aber darum geht’s nicht. Das Experiment beginnt, der Film transportiert zusehends eine spürbare Leichtigkeit und Lebensfreude, die Midlifers tollen herum wie ihre eigenen Schüler, der Hauptdarsteller in einem mänadisch anmutenden Tanz, die Kamera kreiselt schwindelerregend mit, die Umgebung wird wohltuend verschwommen, das Alltagsgrau schrumpft zu einem blassen Schatten (eine wirklich gelungene visuelle Umsetzung einer Rausch- und neuen Lebenseuphorie), und die Schüler freuen sich über ihren dynamischen und einfallsreichen Lehrer. Die Ehefrau desgleichen über einen wieder potenten Ehemann.

Dann schlägt das gnadenlose Prinzip des Verlangens nach Dosissteigerung zu – natürlich misslingt das Experiment; ein fraglicher Suizid ist zu verzeichnen, es bleibt offen, was geschehen ist; einer der vier wird von seiner Frau wegen seiner zunehmenden Suchtprobleme verlassen.

Eine an sich wenig komplexe Handlung, aber sie eröffnet einen Denk- und Phantasieraum, in dem das Gesehene (und Gehörte) noch lange nachhallt: ist der Mensch überhaupt dazu geschaffen, glücklich zu sein? Geht es ohne Rauschmittel? Ist er am Ende eine Fehlkonstruktion; zum Glück aus sich selbst heraus nicht fähig, immer abhängig von Menschen oder Substanzen? Ist es nicht besser in einem Bacchanal zu enden als nach einem langen öden Leben? Oder scheitern wir nur an einem überzogenen Dauerglücksanspruch?

Ein guter Film beantwortet keine Fragen, sondern stellt sie; es ist also hier auch keine Lösung zu erwarten. Nach der Beerdigung seines Freundes (oder anstatt: geht der Protagonist mit seinen Abiturienten feiern, beginnt wiederum zu trinken und ekstatisch zu tanzen. Er klettert auf ein Geländer und springt mit einem Kopfsprung in das Hafenbecken in dem sein Freund zu Tode kam. Hier stoppt der Film und er verbleibt in der Luft schwebend für alle Zeiten, wie Thelma und Louise als ihr Wagen über den Rand des Abgrunds im Grand Canyon schoss. Dort wurde uns erspart, Zeuge des Schrecklichen zu sein, wir verlassen die beiden Frauen noch als Lebende und das Leben Feiernde und so bleiben sie uns in Erinnerung.

 
 

 
 

Hier zeichnet der Film eher das Carpe-Diem-Motiv nach; das „Verweile doch, Du bist so schön“, den Wunsch, die Zeit so stillstehen lassen zu können wie die Kamera. Die verdammte Flüchtigkeit des Augenblicks …! Also kein Film über Sucht, sondern über Sehn-Sucht, über den urmenschlichen Wunsch, glücklich zu sein und einmal nicht über den Preis nachdenken zu müssen. Ein Film über das „Trotzdem“ oder „Erst recht“. Über ein Glück, das man einem Stärkeren immer wieder abtrotzen muss.

 

2023 30 Jan

January Listenings

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Taylor Swift – „This Love“
Sarah Jarosz – „Johnny“
David Crosby – „Secret Dancer“
Carlinhos Brown – „Seo Zé“
Sting -„Harmony Road“
Taylor Swift – „Anti-Hero“
Joni Mitchell – „Sex Kills“
John Martyn – „Lookin‘ On“
Carlinhos Brown – „Crendice“
Ruben Blades – „Paula C“
Tori Amos – „Caught a Light Sneeze“
Taylor Swift – „Snow on the Beach“
Udo Lindenberg feat. Clueso – „Cello“
The National – „Tropic Morning News“
Celia Cruz – „Por Si Acaso No Regreso“

 

2023 30 Jan

2023 KW4 LPs CDs Season

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    1. King Crimson: Discipline
    2. Nana Vasoncelos: Saudades
    3. Bob Dylan: Time Out Of Mind
    4. Bob Dylan: Tell Tale Signs
    5. Eberhard Weber: The Following Morning
    6. Steve Tibbetts: Yr
    7. Steve Tibbetts: Exploded View
    8. Downton Abbey: Zweite Staffel

 

2023 29 Jan

Wie die Großen am Pokertisch

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Wann verlieren Kinder ihre Milchzähne? Mit acht? Die ersten drei Minuten dieses Kurzfilms, der heute Nacht in der Sendung Kurzschluss auf ARTE lief, hatte ich zunächst verpasst. Wir befinden uns in Frankreich: Eine Frau betritt mit ihrer kleinen Tochter eine Villa in einer ländlichen Region. Sie wird von einer Bediensteten in engem schwarzem Kleid und weißer Schürze begrüßt. Die Dame des Hauses und zwei weitere Frauen plaudern im Salon. Eigentlich war vereinbart, dass die Tochter jetzt ihre Hausaufgaben macht; sie wird jedoch ins Spielzimmer geschickt, wo drei etwas ältere Mädchen um einen niedrigen Tisch sitzen und mit einem Brettspiel beschäftigt sind. Hier entwickelt sich die Dynamik und die Spannung des Films, dessen Qualität auf der schauspielerischen Leistung einer Zweitklässlerin und einer Elfjährigen basiert. Der Film ist mit einer Warnung versehen. Kinder, Jugendliche und empfindliche Personen sollten es sich überlegen, ob sie sich auf das Abenteuer einlassen. Als sich im Verlauf des Nachmittags die Wahl zwischen Schokoladen- und Kirschkuchen stellt, ist die Antwort klar. Joséphine Darcy Hopkins, die Regisseurin, erzählt in „Zoom“, dass sie Pokerfilme gesehen hat, um auf Ideen für eine dynamische Gestaltung der Schnitte zu kommen. Und als ich eben die ersten drei Minuten online gesehen habe, verstand ich, wie sie den Bezug zu Stanley Kubricks Shining in einer Einstellung von wenigen Sekunden Dauer in der dritten Minute allein dadurch herstellt, wie ein Koffer in einer Diele über Fischgrätparkett geschoben wird und wie es dabei holpert. Und dann wird die kleine Madeleine, verschreckt und widerwillig, die Treppe herunter geführt. Das Brettspiel hat Joséphine Darcy Hopkins selbst entworfen. Wenn sie bereit wäre, eine der Spielregeln zu ändern, könnte es sich ganz gut verkaufen.

 

Film (24:43 Minuten, online bis 27.03.2024)
Zoom (Gespräch mit der Joséphine Darcy Hopkins, 5 Minuten)

2023 27 Jan

Hairy Issues

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2023 27 Jan

listening limitzzz /1: Don Cherry

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About Don Cherry’s  short-wave radio listening practice

 

„… He did that well before the days of Walkmans, iPods, or listening to music on phones. Don had large headphones that could pick up short-wave radio signals from around the world. Since the dial couldn’t indicate where a particular signal was coming from, he could be listening to something from Ghana or Indonesia or New Jersey. He didn’t care where it was coming from, he just wanted to hear music that interested him.

It seemed like Don would just listen all day long. Quite often he came into rehearsal and taught us a melody that he just heard on the shortwave. … he had an incredible capacity to hear music in whatever shape it took.“

 

(Karl Berger, The Music Mind Experience. Wolke 2022)

2023 27 Jan

Z w i s c h e n

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BERLIN JAZZ FEST 2022 – a sound collage by Vilte Gustyte

 

 

s   o   u   n   d

 

 

In order of appearance:

 

Ben LaMar Gay – Mette Rasmussen – Olga Kozieł – Maryana Golovchenko – Nadine Deventer

 

Excerpts from:

 

The Hemphill Stringtet – Mette Rasmussen Trio North –

 

Sven-Åke Johansson: “MM Schäumend” – Siri/Carina – Die Hochstapler –

 

KOMПOUSSULĂ – OTTO – Brötzmann/Bekkas/Drake –

 

Asher Gamedze “Dialectic Soul” –

 

Blue For A Moment (film by Antoine Prum) – Camille Émaille Solo

 

Recorded at: A-Trane – Haus der Berliner Festspiele, 2022 November 3 – 6

 

 

My first Berlin Jazz Fest and I am late for the very first concert. I end up watching the live stream of The Hemphill Stringtet concert from Berlin Festspiele foyer bar. I sit down, I catch my breath and start recording. I hear the music coming from the small speakers and apparently, I am not the only one late – more and more people are gathering around the bar, getting their drinks and chatting silently. I am suddenly inside the festival.

 

And my journey starts, four days of sounds and discoveries, meetings and explorations. Listening back to the recordings after some time, I hear characters emerging like in a theater space. Each of them with their own stories, melodies, experiences. Exploring the places of inside and outside spaces. Through my own rememberings, I hear a celebration of cultures, coming together, and with each new encounter, a new unexpected place  … relation … improvisation.

 

Vilte Gustyte, originating from Vilnius, Lithuania, is a student of Sound Studies and Sonic Arts at Universität der Künste (UdK) Berlin. 

2023 25 Jan

t(h)ree spreadouts

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