Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2014 12 Aug

ECM NEW SERIES 2367

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | 14 Comments

 

 
 
 

Aus der Jazzredaktion nahm ich gestern einen Stoss Neuheiten mit, um zu hören, welche Entdeckungen sich in Zeiten des Sommerloches machen lassen. Und, tatsächlich, ich staunte und bekam grosse Ohren, als ich MODERATO CANTABILE auflegte. Nur hat diese CD, die am 5. September in den Handel kommt, rein gar nichts oder nur einen Hauch mit Jazz im Sinn. Ich werde sie also erst in der Oktoberausgabe meiner übernächsten Radionacht auflegen – mit den passenden fahlroten Baum- und Blattgespinsten des Covers ist diese Musik eine grosse kleine Herbstmusik. Die Komponisten heissen Komitas, Gurdjieff und Mompou – und diese drei alten Meister garantieren Subtiles und Sangliches fernab alles Grellen. Anja Lechner spielt das Violoncello, und Francois Couturier, der auch zwei Kompositionen beisteuert, spielt das Piano. Ohne den beiliegenden Text von Steve Lake zu lesen, war ich im Nu von den Klängen absorbiert. Die Aufnahme entstand in dem mir ja nun etwas vertraut gewordenen Tonstudio in Lugano, und ich sehe die zwei Musiker im weiten, kaum erleuchteten Rund des Konzertsaales aufspielen, vor niemandem, ausser den beiden Fachkräften hinter der Glasscheibe, Tonmeister Stefano Amerio und Produzent Manfred Eicher. Ich bin begeistert, und ich dachte, es bliebe bei freundlichem Respekt. Eine magische Produktion. Wieviel Manafonistas werden meine Freude teilen? Gregor gewiss, Wolfram womöglich auch, Lajla vielleicht. Man höre vorher oder nachher ZAUBERBERG von Gas!

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14 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    Dieser Text wird am VÖ-Tag neu gepostet! Das gibt ein paar glückliche Käufer mehr.

  2. Michael Engelbrecht:

    Gregor am Mittelmeer. Kleine Wellen, Pizza, Gemüse. Jedes Jahr machen wir unsere top 20-Listen. Diese CD hier wird, Stand der Dinge, bei uns beiden Platz finden, so weit kenne ich den Schwabenmann. Und sonst schon, als Dauerbrenner und Kandidat der insularen Jahresbestenliste, fast schon sicher gesetzt: High Life von Eno/Hyde, Heliographs von Erik Honore, Mira vom Arild Andersen Trio, From Scotland with Love, von King Creosote, vielleicht auch noch das National Jazz Trio of Scotland.

  3. Uwe Meilchen:

    Zumindest der Name Gurdjieff ist mir schon einmal untergekommen; ein Komponist, der viel in Russland gewirkt hat und den ich daher auch mit Russland assoziere. (http://de.wikipedia.org/wiki/Georges_I._Gurdjieff) Fuer die alljaehrlich im Herbst kommende Schwermut ein mir willkommener Hinweis. Vielen DAnk ! .-D

  4. Michael Engelbrecht:

    Jahreszeitlich gebundene Schwermut ist mir fremd. Ich liebe Regen, Nebel, schwere Himmel.

  5. Michael Engelbrecht:

    Im Norden Finnlands wäre es allerdings um meine Gefühlsfestigkeit geschehen, in langen Wintern :)

  6. Henning Bolte:

    Ja Jungs, Schwermut, Hirtenmusik und was sonst noch so Weihevolles! Jetzt mal halblang.

    Und Gurdjieff Komponist? Ja, nee. Ein grosser Mann mit viel Undurchsichtigkeit, ein früher Guru und Holismusverfechter. Der Lebenslauf, ein erstaunlicher wie typischer Fall für die erste Hälfte des letzten Jahrhunderts.

    Sein Harmonium befindet sich in Amsterdam. JA, er hat dazu gesungen. Gibt’s auch Originalaufnahmen. Woher er das alles hatte, was er sang? Ja, da forschen Leute wie Levon Eskenian fleissig nach. Sein Jünger, der russische Komponist de Hartmann, hat die Sachen für Piano harmonisiert. Also für Piano und nichtöstliche Ohren zugänglich(er) gemacht. Und das wird meistens gespielt. Frühe Aufnahme von Keith Jarrett. Ja, um Gurdjieff scheint niemand drumrum zu kommen. Ach so, Russe war er nicht. Armenier aus Armenien mit griechischen Anteilen.

    Komitas aka Soghomon Soghomonian, ein Zeitgenosse, war so ungefähr das Gegenteil von Gurdjieff. Aber das ist eine andere Geschichte für einen eigenen Post.

  7. Michael Engelbrecht:

    Alte Meister sind auch solche skurrilen Vögel wie Gurdjieff, die aus manch Vorgefundenem zusammengefügt, alte Lieder weitergetragen haben. Nix halblang: beeindruckend, wie hier ganz verschiedene Quellen lebendig zusammen kommen, ohne grosses Gewehe und Gehabe.

  8. Michael Engelbrecht:

    Und unter uns, Henning, ich erlebe diese Quellensichtung schon weitaus erhebender als etliche deiner doch recht spröden hard core-free jazz-Belobigungenen. Also: halblang beginnt in der eigenen Küche, Meister!

    Und diese drei Komponisten zu vereinen, macht vorne und hinten Sinn. Couturier ist mir oft zu abstrakt, hier stimmt alles, und ich habe eine neue Lieblingsplatte.

    Nix Kirche im Dorf lassen! Keine Kirche, keine Dorf, auf ins Offene. Es leben die Hirten, die Schafe, die Amateure, die mit Liebe zur Sache. Thx.

  9. Henning Bolte:

    hallo Michael, können wir zukünftig den „Free-Jazz“-Knüppel im Sack lassen bitte!

  10. Lajla Nizinski:

    Ja Micha,das Umfeld dieser Musiker zieht auch mich an. Die Filme von Tarkowski und die Mystik von San Juan de la Cruz. Ich habe mir vor kurzem in Bruessel die Francisco de Zurbaran Ausstellung angesehen. Dort war auf einem Oelgemaelde Johannes vom Kreuz zu sehen. Ein Hell/Dunkelspiel von meisterlicher Hand. Wenn die CD auch so schoen ist, dann werde ich die Freude mit dir teilen.

  11. Henning Bolte:

    Ich habe mich nicht zu dem von Dir Gehörten geäussert, das ich selbst noch nicht angehört habe. Ich kenne Anja Lechner und habe da erstmal vollstes Vertrauen. Zumal sie sich in der armenischen Musik und in Armenien auskennt.

    Auf Hirtenritte reagiere ich leicht allergisch, das weisst Du. Was nicht für Hirten im Allgemeinen gilt.

  12. Henning Bolte:

    Wieso ist Gurdjieff ein skurrieler Vogel?

    Und was ist mit ‚Quellen‘, ‚verschiedene Quellen‘ gemeint?

    Dass Dir die Musik gut gefällt, ist doch wunderbar!

  13. Michael Engelbrecht:

    Das mit dem skurrilen Vogel ist leicht: einer, der sich abseits der gängigen Kompositionspraxis und Musikerkarriere bewegt. Ein wenig mythenumwoben: „skurriler Vogel“ ist also positiv konnotiert. Solche Vögel bewegen auch gerne in Hirtennähe, im offenen Feld. Hirtenritte gehören auch dazu.

  14. Michael Engelbrecht:

    Dass du Anja L. kennst, sagt nun nicht allzu viel. Ich kannte auch Astor Piazzolla. Volles Vertrauen in was? Ist gar nicht erforderlich.


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