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Archives: Messiaen

Peter Serkin starb am 1. Februar diesen Jahres in seinem Haus in New York im Alter von 72 Jahren. Er litt an einer schweren Krankheit, an einem Pankreaskarzinom, das zu seinem schnellen Tod führte. Noch am 1. Mai 2019 sprang er in Toronto für den erkrankten Murray Perahia ein. Von seinem Tod erfuhr ich heute bei der Lektüre der neuen Ausgabe des FONO FORUM Magazins.

Peter Serkin entstammt zwei legendären musikalischen Familien. Sein Vater war der berühmte Pianist Rudolf Serkin und der Großvater mütterlicherseits war der bedeutende Dirigent und Geiger Adolf Busch.

 
 
 

 
 
 

Als ich in München studierte, hörte ich Peter Serkin als Solist in Béla Bartóks 3. Klavierkonzert im Herkulessaal der Residenz. Beeindruckend. Er dürfte damals um die 20 Jahre alt gewesen sein und stand kurz vor einer längeren Auszeit. Er war sicherlich stolz auf sein Erbe, empfand es aber auch als Belastung. In seiner Familie wurde Musik ernst genommen wie eine Art Religion. Wie viele, die in den 1960er Jahren groß wurden, stellte er das Establishment sowohl in der Gesellschaft als auch in der Klassischen Musik in Frage. Er widerstand einer traditionellen Karriere und hörte mit 21 Jahren auf, zu konzertieren, spielte monatelang nicht mehr Klavier. Er reiste nach Indien, ließ sich in Nepal und Thailand nieder und lebte eine Weile in Mexiko mit seiner damaligen Frau Wendy Spinner und ihrer kleinen Tochter.

Nach einigen Jahren nahm er das Konzertieren mit neuer Zufriedenheit wieder auf, nicht zuletzt aufgrund einer Neuausrichtung seines Repertoires. Seine Aufnahme von Olivier Messiaens grandiosem Zyklus Vingt Regards sur l’Enfant-Jésus wurde für den Grammy nominiert. Es sind 20 Kontemplationen über das Jesuskind, 1944 komponiert, Musik von außerordentlicher Schwierigkeit, die zweieinhalb Stunden dauert und mit Cluster-Akkorden und der Beschwörung von Vogelstimmen, Momente mystischer Freude und Passagen auffahrender Wildheit lebendig werden lässt. Messiaens Klavierzyklus lernte ich durch Peter Serkin im Jahr 1978 kennen, als ich im Radio einen Liveauftritt Serkins bei den Berliner Festwochen hörte und mitschnitt. Ein solches Wagnis hat vor ihm kein Pianist auf sich genommen.

 
 
 

 
 
 

Peter Serkin ist auf ECM 1676/77 zu hören. In The New York Times schrieb Anthony Tommasini einen sehr lesenswerten Nachruf auf diesen großen Musiker. Ich habe über die Jahre wenig Aufnahmen von ihm gehört, denn seine Diskografie ist nicht ausufernd. Ganz klar deshalb, weil er sich dem üblichen Starrummel entzogen hat. Welcher merkantil wertvolle Pianostar spielt schon als Straßenmusiker? Als ich heute von seinem Tod erfuhr, ging das nicht spurlos an mir vorüber.

 
 
 

 
 
 

Diskografische bzw. YouTubische Hinweise finden die wenigen interessierten Leser in comment #1.

Vingt regards sur l’enfant-Jésus

 

Diesen Klavier-Zyklus hörte ich zum ersten Mal 1978 als Live-Übertragung von den Berliner Festwochen im Radio. Von Messiaen kannte ich bis dato ein paar Orgelwerke, die Turangalîla-Sinfonie und wohl noch ein paar Orchesterwerke. Es war mein  Einstieg in seine Klaviermusik – ich war überwältigt. Peter Serkin (der Sohn von Rudolf Serkin) war der Interpret dieses immens schwierigen und anspruchsvollen Werkes. Die Rundfunksendung habe ich mitgeschnitten, die Notizen in meinem Tonbänder-Merkheft habe ich noch.

 

 

Bald darauf  besorgte ich die Schallplatteneinspielung Peter Serkins, aufgenommen 1973. Inzwischen ist die CD-Version dazu gekommen.

Huit Préludes

Die „Huit Préludes“ sind Messiaens erste im Druck erschienene Klavierkompositionen. Manchmal schimmert es wie Claude Debussy, aber der junge Messiaen ist schon ganz bei sich. Da ich (oder man) Musik sowieso nicht in Worten fassen kann, erlaube ich mir den farblosen Ausdruck, dass die „Huit Préludes“ außerordenlich farbige Musik sind, ein guter Zugang zu Messiaens Klaviermusik. Wenn ich Musik höre, sehe ich keine Farben, rieche ich keinen Schweiß. Das sind nur Assoziationen, keine genuinen Sinneseindrücke.

Messiaen sagt über seine „Huit Préludes“:

Ich war damals zwanzig Jahre alt und hatte noch nicht die rhythmischen Studien betrieben, die mein Leben verändern sollten. Ich liebte leidenschaftlich die Vögel, verstand mich aber noch nicht darauf, ihren Gesang aufzuzeichnen. Aber ich war bereits damals ein Musiker des „Farbtons“

Prélude VI – Cloches d’angoisse et larmes d’adieu

Das „Wummern“ und alle Obertöne der Glocken lösen sich auf in leuchtende Vibrationen. Der Abschied ist purpurfarben, orange, violett.

Die Türe zur Synästhesie ist offen …


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