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Archives: Mark Feldman

 
Birdies For Lulu, das erste Werk des neuen Sylvie Courvoisier/Mark Feldman Quartet mit Bassist Scott Colley und Schlagzeuger Billy Mintz.
 
 
 


 
 
 
Wie ein munteres Uhrwerk nahenden Unheils klingt der Anfang dieses Albums, ein einprägsames Klangmotiv voller Reminiszenzen halbdunkler Welten. Scheinbar unaufhaltsam läuft es, aber dann beginnt es drumherum zu schaben und zu knarzen. Solcherart aufgeladene Klangmotive gehen einher mit verblüffenden Übergangsqualitäten und Umschwüngen, die aufhorchen und aufschauen lassen. Es treffen erstaunliche klangliche Kernmotive aufeinander, verzahnen sich miteinander, umspielen sich frech oder ehrbietig, dreist oder behutsam, flüsternd oder krachend.

Der Kontext stiftet Lesarten, lässt Stimmigkeit entstehen. Dadurch, dass solche freien Kerne zu Kontexten füreinander werden, können ganz neue, erstaunliche Valenzen entstehen, die sich in einer Klangdramaturgie von erstaunlicher Direktheit, Dynamik und Enigmatik entfalten. Fixierschrauben gelöst oder gänzlich ohne. Hier wird nicht in grossen Linie geschwelgt oder Fertiges vorgegaukelt. Vielmehr ist es ist ein grossartiges Spiel in vielen Varianten mit der Unbestimmtheit der Form, das von einem ausgeprägten Formgefühl getragen wird. Und so wird der eine wunderbare Schuh nach dem anderen daraus. Im Gegensatz zum Ideal der Nahtlosigkeit wird hier der Prozess der Entstehung von Sinnfälligkeit und Sinngebung im Spiel selbst gefeiert – eine befreiende Wohltat. Ach, und so macht’s wohl keiner. Vergleichsverrenkungen erübrigen sich!
 
 
 


 
 
 
Nun braucht man all das beim Zuhören nicht zu wissen oder (mit)zu denken. Die Elemente, Übergänge und Bewegungsarten sind so reich und anregend, dass sie einem als solche zum Vergnügen reichlich genügen. Und wie dabei ein bestechendes Ganzes entsteht, das ist schon verblüffend wunderbar. Vom Kartenspiel des Capitaine zum krönenden Shmear und über verklanglichte Körper-Kontext-Figurationen zu den Birdies für die Katze Lulu und den Travesuras, was für ein Wort, den Possen der Klangverwandlung. Und zu guter Letzt noch eine Coda für einen Freund, den Capitaine.

Dies alles verdankt sich einem ganz eigenen Zusammenwirken von Colley und Mintz mit dem Zweigespann Feldman Couvoisier. Es überrascht, wie Colley dies, das Ganze in voller Fülle hüllend, trägt. Auch seine solistischen Interventionen sind erstaunlich, von grosser Klasse, enorm bereichernd. Mintz ist der Mann, der aus dem Hintergrund agiert, nicht so sehr ausbauend, sondern eher injektierend. Schönes Beispiel: sein evokatives, suggestives Besenfegen im Eröffnungsstück. Wie ein munteres Uhrwerk … scheinbar …
 
 
©FoBo_HenningBolte


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