Wer oder was blickt uns hier an?
Ein Ziegenbock? Der Teufel? Ein Hybridwesen – weder der einen noch der anderen Welt so ganz angehörig? Und wie wirkt der Blick auf uns? Wie der Blick eines Menschen, der sich noch an einen Vorsprung klammert, während die Beine schon den Halt über dem Abgrund verloren haben. Der noch nicht weiss, ob er sich festhalten will oder lieber loslässt, aber mit den Augen eine letzte Botschaft hinterlassen will. Eine kaum erträgliche Intensität, die fast schmerzt. Was würde er als letztes noch sagen wollen? Soll der Blick festhalten, wenn die Hände schon losgelassen haben? Er scheint sich in die Augen des anderen bohren zu wollen. Erst wenn ich gesehen werde, weiss ich dass ich bin. Erst wenn ich in einem anderen lebendig werde, weiss ich dass ich lebendig bin. Ein Fluch, den anderen so sehr zu brauchen.
Ein Blick wie ein Sprung in den anderen.
Quelle: Anonymer Maler, um 1926. Prinzhorn Sammlung „Bildnerei der Geisteskranken“, Heidelberg