Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2023 15 Okt

Quiet days in evil times

von: Lajla Nizinski Filed under: Blog | TB | 6 Comments

 

In den letzten Tagen habe ich viel herumgelungert, zwei Bücher verschlungen, bis dann der Mittag rief.

 

 

 

 

Der Mittag ist ein Berg bei Sonthofen.

 

 

Dorthin – w i l l ich und ich traue

mir fortan und meinem Griff.


Offen liegt das Messer, ins Blaue, ins Blaue

treibt mein Genueser Schiff.

Alles glänzt mir neu und neuer,

Mittag schläft auf Raum und Zeit -:

Nur d e i n Auge – ungeheuer

Blickt mich’s an, Unendlichkeit!

Friedrich Nietzsche

 

 

Auf den Mittag wollte ich nicht hinauf. Ich genoss das entspannende Schwimmen in den stillen Bergseen, bald würde mich der unruhige Atlantik wieder umherschaukeln. Und dann schickte mir Apollo gen Mittag auf einem Weg eine Frau vorbei.  Sie erzählte, dass die Bergbahnen um uns herum ihr Vater gebaut hätte und dass sie sehr stolz auf ihn sei. Bei einem Frühstück mit ihrem alten Vater hätte sie zu ihm gesagt, dass jetzt die Werkstatt nicht stillgelegt werden müsste, dass da doch auch andere Klänge hineingezaubert werden könnten. Ihr Vater hätte darauf gesagt: “Wenn du meinscht.“ Das sei das grüne Licht für ihren lang gehegten Wunsch gewesen, einen Musikclub zu eröffnen. Sie hätte ihn – zu Ehren ihres Vaters – KULTUR WERKSTATT genannt. Das klang wie ein Märchen. Ich besuchte die Location und mittlerweile habe ich dort schon vier ausgezeichnete Konzerte gehört.

Gestern Abend nahm ich Abschied von Frau Bestle, die diesen Club seit 1997 alleine führt. Davor hörten wir gemeinsam die eingeladene Band, die sich schlicht Allgäu-Jazz-Quintett nennt. Das Programm war den aktuellen Dramen der Zeit gewidmet – intelligent und sensibel hatten die Musiker eine Komposition zusammengestellt, die es in sich hatte. Das Konzert begann mit PEACE, einem Stück von dem amerikanischen Jazzpianist und Saxophonist Horace Silver. Es folgte eine Coverversion von Lars Danielsson, einem schwedischen Jazzbassist, das Stück heißt ORANGE MARKET, es beschreibt den Markt in Haifa. Die Zugabe war erstaunlich. Der Jazzsänger brachte eine groovige Version von „Der Mond ist aufgegangen“ – was für ein kluger, einfühlsamer Konzertabschluss.

 


Verschon uns Gott mit Strafe

und lass uns ruhig schlafen

und unsern kranken Nachbarn auch

 

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6 Comments

  1. Jochen:

    Ah, da ist er wieder: der strafende Gott, kompatibel mit jeder schwarzen Pädagogik.

    Fuck y o u, Knecht Ruprecht, und pack deine Rute wieder ein! Soviel zum Thema Gottesbilder – in Zeiten der massenhaften Umbenennung von Strassenschildern sollte man/frau auch über das Vermeiden gewisser Verszeilen nachdenken.

    Schade, denn eigentlich ein schönes Lied.

  2. Lajla:

    Jochen, mir war nur die letzte Zeile wichtig. Wer glaubt denn noch an den Mann mit dem weißen Bart ;)

    Ansonsten bin ich jeder Religion gegenüber aufgeschlossen und tolerant. Diese Gretchenfragen sind meiner Meinung nach wegen ihrer Irrationalität nicht wirklich zu beantworten.

  3. Jochen:

    Verstehe, Lajla.

    Mich stört nur die erste Zeile.

    Nevertheless, ein schöner Beitrag von dir.

  4. Ursula Mayr:

    Da gibt’s noch ’ne Menge, die an den alten Mann mit der Rute glauben.

    Auf El Hierro sicher auch.

  5. Lajla:

    Ja sie verehren ihre Virgin auf El Hierro. Alle vier Jahre schleppen sie sie einen Monat lang über die Insel. Die Herreños sind dann wie in Trance durch ihre Tanzerei und ihre Musik. Mit stillem Gebet hat das wenig zu tun.

  6. Lajla:

    Das oben erwähnte Buch von Lauren Groff schildert die Befreiung einer jungen Frau von der bigotten Gesellschaft im 17. Jhdt. durch ihre Erlebnisse in der Wildnis. Sehr lesenswert.


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