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2022 7 Apr

KW13

von: Olaf Westfeld Filed under: Blog | TB | Comments off

Die 13. Kalenderwoche dieses Jahres war ereignisreich: Am Samstag leitete ein ukrainischer Freund F, N und mir ein Hilfsgesuch eines Internats für Waisenkinder inmitten seines Landes weiter. Die Schule dort ist zu einem Flüchtlingslager umfunktioniert worden, auf ein Bett kommen vier Personen, die dort lebenden Menschen sind zwischen fünf und 83 Jahre alt. Wir bekamen eine Liste mit Gütern, die gebraucht werden: Matratzen, Schlafsäcke, Taschenlampen, Kleidung, Hygieneartikel, Medikamente, u.a. Noch am Samstag bekam ich einen Opel Vivaro von dem lokalen Car-Sharing Unternehmen zugesichert, um damit an die polnisch-ukrainische Grenze zu fahren. Sonntag verschickte ich einen Rundbrief an die Elternhäuser der Schule, mit der Bitte um Geld- und Sachspenden. Bis Mittwoch waren gut € 3000,- auf meinem Paypal-Account eingezahlt, womit F und N einkaufen gingen. Die beiden übernahmen auch die Annahme der zahlreichen Sachspenden in der Schule und packten am Donnerstag einen Anhänger. Ich selbst war ab Dienstag in einer dreitägigen Weiterbildung, die über Zoom durchgeführt wurde – eine andere Geschichte. Immerhin konnte ich parallel den ganzen Papierkram erledigen. Freitag holte ich den Wagen aus der Stadt ab, wir packten die restlichen Sachen und gingen noch einmal bei Aldi Süßigkeiten und Kaffee kaufen (den 132cm langen Bon werde ich als Erinnerung behalten).

Nach einer eher unruhigen Nacht ging es Samstag um 5:00 morgens los. N konnte nicht mitkommen, dafür war U dabei. Wir fuhren also 1200 km nach Nisko, luden die Spenden aus einem Auto mit Anhänger in ein anderes, Sonntag waren wir gegen 21:00 wieder zu Hause. Wenn man an zwei Tagen 2400km Auto fährt, passiert nicht viel und doch jede Menge. Entfaltung bekommt eine ganz neue, physische Bedeutung. Die Unterschiede zwischen den Autobahnen waren gering: ähnliche Landschaften, die gleichen Großmärkte an den Ausfahrten, hier zahlreiche Windräder und Solarparks, dort ein Kohle- und ein Atomkraftwerk. Hinter Krakow dann nur noch Schnellstraße, dort waren auch vereinzelt Militärfahrzeuge und einmal etwas, das verdächtig nach Flugabwehrraketen aussah. 

Der freundliche Kontaktmann vor Ort gab uns dann zwei Stadtführungen, eine noch am Abend, eine morgens um 8:00, zeigte uns das Kasernengelände auf dem zahlreiche Panzer standen, die Kirche, vor der Sonntagmorgen um 8:00 zwei Leuten kniend dem nach draußen übertragenen Gottesdienst andächtig folgten, zahlreiche Denkmäler, die den Widerstand gegen die Russen thematisierten, und die Flüchtlingsunterkunft. Unsere Vorstellung, Flüchtlinge mitzunehmen war nicht umzusetzen; ich hatte mich in der Woche schon darum bemüht und es gab auch immer wieder Kontakte, letztendlich fanden wir aber niemanden: alle, die sich mal interessierten, wollten lieber in Polen bleiben. Dort sind sie nahe ihrer Heimat und dort scheinen sie auch adäquat und gastfreundlich versorgt zu sein. 

Beeindruckt bin ich von der Spendenfreude hier in Deutschland, sehr beeindruckt von der polnischen Gastfreundschaft. Unserer Kontaktmann / Gastgeber tat alles, um uns den kurzen Aufenthalt in seiner Stadt so angenehm wie möglich zu machen, der Inhaber unseres Hotels hat uns eingeladen: Es war nicht möglich für Unterbringung mit Abendessen und Frühstück auch nur ein Trinkgeld zu geben. 

Während der ganzen Woche konnte ich den Gedanken nicht verdrängen, dass es vielleicht effektivere Methoden geben würde, den Menschen vor Ort zu helfen. Ganz sicher bin ich mir da immer noch nicht. Am Ende überwiegt jedoch das Gefühl, dass es richtig war, auf das Hilfegesuch eines Freundes einzugehen.

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