Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

Martina berichtete kürzlich in einem Kommentar, dass die Pandemie die Hörgewohnheiten einer Freundin verändert habe, sie höre jetzt kaum noch molllastige Musik (so erinnere ich es wenigstens, ist schon ein paar Wochen her). Auf Anhieb dachte ich, dass dies für mich nicht zutrifft: am häufigsten lief bei mir in den letzten Monaten mit Amnesiac ein zeitloses Klanglabyrinth, sicher kein Quell der guten Laune. Davon abgesehen ist es schon so, dass bei mir in dieser Zeit des Schmuddelwetters und der ungemütlichen Gesamtlage (eine meiner täglichen Aufgaben ist es, den Vertretungsplan für eine Schule zu erstellen, womit ich gerade überdurchschnittlich viel zu tun habe) Musik läuft, die eher gute Laune verbreitet. Ich mag an der Stelle ja das englische Wort „uplifting“ ganz gerne, die deutschen Übersetzungen „erhebend“ und „erbaulich“ treffen den Kern nicht, „aufmunternd“ passt schon eher, aber auch nicht wirklich. Ende letzten Jahres kaufte ich zwei gebrauchte Pet Metheny LPs: „Wichita Falls“ und „Pat Metheny Group“. Midwestern light, wide open spaces, coffee with milk and lots of sugar and one of the most beautiful songs Rick Beato knows. Meine Wertung: knapp 4 Donuts mit Zuckerglasur für beide Alben. Dann kamen in den letzten zwei Wochen noch drei Platten bei mir an. Bei dem Album des Ibrahim Khalil Shihab Quintet ist der Titel Program: Spring. Hier sind Charles Lloyd oder John Coltrane als Assoziationen naheliegend, insgesamt wunderbar sonnige Musik. Leider mussten die Klänge 1968 in Johannesburg in nur zwei Stunden aufgenommen werden; man wünscht sich, diese so gut eingespielten Musiker hätten die Chance gehabt, ein ernsthaft produziertes Album aufzunehmen. Trotzdem: diese Musik verströmt unverschämt gute Laune und bekommt als Wertung 3 1/2 Gläser frisch gepressten O-Saft. Mit der Post kam ausserdem Cat von Hiroshi Suzuki, ein Juwel aus Japan, das aber eher nach groovy West Coast klingt. 1975 aufgenommen, Schlagzeug, Bass, Keyboards, Saxophon und Posaune. Wertung: 4 Flat Whites.

Und dann war da noch Trio Tapestry von Joe Lovano & Co im Paket. Hiermit bin ich noch lange nicht fertig, schreibe später hoffentlich etwas, vergebe aber als Wertung schon mal 4 Klangschalen und einen Gong für dieses meisterhafte Webstück.

This entry was posted on Samstag, 12. Februar 2022 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

10 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    Lieber Olaf,

    Bei mir löuft gerade ein Album heiss, dass meine Definition von UPLIFTING trifft, wenn da nir ein Spur YEARNING konnotiert werden könnte.

    Freunde der Tuaregs von Tinariwen haben in einem selbst fabrizierten Studio ein allerfeinstes Album aufgenommen. Vier Wüstenmonde von mir dafür, ganz, wunderbar, auf City Slang erschienen.

    Einer von Tinariwen sang hier ein Lied, und starb bald darauf.

    IRMAHAN heisst die Band (bitte nicht Wüstenrocker nennen) und ABOOGI die CD / LP.

    Das Video zu „Achinkad“: Die Band sitzt in traditionellen Gewändern um ein Lagerfeuer und zupft auf akustischen Gitarren ein düsteres, hypnotisches Muster. Obwohl der Song nach der Hälfte mit Gebrüll zum Leben erwacht – wobei die Lagerfeuertableaus Szenen mit ausgelassenen Schwerttänzen und einem über den Sand rasenden Jeep weichen – ist die Botschaft klar. Dies ist eine bewusste Rückbesinnung auf dieTuareg-Wurzeln, ein Zeichen für ihr Engagement für die Musik und die Traditionen ihres halbnomadischen Volkes.

    Eine etwas andere „Wintermusik“ – in die Gesänge könnte ich reinkriechen.

  2. Olaf Westfeld:

    Die hatte ich sogar irgendwann im Januar mal im Netz entdeckt und den Namen nicht notiert, mich schon gefragt, wer das war – insofern vielen Dank für die Erinnerung – das hört sich gut an!

  3. Michael Engelbrecht:

    Alle Texte liegen in englischer Übersetzung bei – auch das öfnet Zugänge und verringert all die Klischees des Exotischen. Diese Songs können so packen wie Paul Bowles‘ Stories aus Nordafrika, Marokko und umliegende Länder.

    Im nächsten Leben als Musiklehrer weiss ich schon, was auf meinen Lehrplänen steht😅

  4. Michael Engelbrecht:

    Und was das Trio Tapestry betrifft, setzen wir hier ein ältere Konversation fort:

    https://www.manafonistas.de/2019/07/25/aus-meiner-radiosendung-zum-auftritt-von-joe-lovanos-trio-tapestry-in-bonn/

  5. Olaf Westfeld:

    Hatte ich heute morgen auch gesehen und gelesen…;-). diese wunderbare Musik hätte eine schönere Verpackung verdient gehabt.

  6. Michael Engelbrecht:

    Falls du auf das Blue Note Artige Cover anspielst – ich mag es!

  7. Olaf Westfeld:

    Ich hörte heute auch ein „macht doch kein Unterschied zu deinen anderen Covern.“ Ich werde kein Fan dieses Covers mehr – die Musik allerdings *schwärm* und um die geht es.

  8. Michael Engelbrecht:

    Ich nenne dieses Cover einen hintersinnigen Joke: ein völlig untypisches ECM Cover – eher typisch Blue Note. Aber zu Joe Lovano als „Vollblutmusiker“ passt es – eine schöne Parallele zu einem Cover vor vergleichbarem Hintergrund mit Sonny Rollins. Nur die Musik, so ätherisch, so zen-artig. Unglaublich fein. Das zweite Trio Tapestry Album, GARDEN OF EXPRESSION, hatte dann wieder ein typisches ECM Cover, mit einen Touch zu typisch. Joe Lovano zeigte Manfred Eicher die Fotos einer Session eines (BLUE NOTE-)Fotographen, und war überrascht, dass der Produzent sofort sehr angetan war. In den Siebzigern und Achtzigern wäre so ein Cover ein NO GO bei ECM gewesen.

  9. Olaf Westfeld:

    Ja – sehr feine Musik, das trifft es.
    Garden of Expression ist wirklich etwas zu ECM typisch, eine Variation zu End To End von Barre Philips.

  10. Michael Engelbrecht:

    Das Cover, ja, aber die Musik, oh my god … .a second stroke of genius

    https://www.manafonistas.de/2021/01/26/trio-tapestry-garden-of-expression/


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