“This film is concerned with the interior experiences of an individual. It does not record an event which could be witnessed by other persons. Rather, it reproduces the way in which the subconscious of an individual will develop, interpret and elaborate an apparently simple and casual incident into a critical emotional experience.”
— Maya Deren on Meshes of the Afternoon, from DVD release Maya Deren: Experimental Films 1943–58.
Wer jemals das luzide Träumen geübt hat, weiss, dass eine Basisübung die Prüfung des Wirklichkeitszustandes ist: Träume ich oder bin ich wach? Durch alle Sinneskanäle hindurch wird die „Realität“, besser, „der Realitätszustand“, kritisch hinterfragt. Keine fünfzig Meter neben dem Kino, das „Meshes of the Afternoon“ aufführte, spielte sich, in anderer, hier ungenannter Zeit, eine leicht surreale Situation ab. This story is concerned with the interior experiences of an individual. An jenem Abend war ich mit einer guten Freundin im Restaurant des Bahnhofs, wohl heute noch ein kultureller in-Treff – Jan Garbarek spielte da schon, Tocotronic, und Faust (ein geniales Konzert spät in den Neunzigern). Irgendwie hatte ich, was ich sonst nie habe, eine Vorahnung, des öfteren schweifte mein Blick durch den Raum. Es war später Nachmittag, die Küche hatte bereits geöffnet, die Netze des Nachmittags waren weit gespannt. Nach einem kurzen Gang zum WC kehrte ich zurück an unseren Tisch, und, neben dem kleinen hölzernen Podium dort passierte es. Unsere Blicke trafen sich, und ich will nicht sagen, dass ich vom Donner gerührt war – vom Blitz getroffen war ich. Sie hatte Engelslocken – fernab meiner sonstigen, urtyp-definierten Jagdgründe ein blondes Wesen. Was tun, in Bruchteilen von Sekunden? Wir kreuzten uns, keinen Meter voneinander entfernt. Ich drehte mich um. sie drehte sich um. Wir standen da wie angewurzelt, schauten einander in die Augen. Die Zeit stand mucksmäuschenstill, es könnten drei Sekunden gewesen sein. Die nächste Drehung, absolut synchron, und jeder setzte den eigenen Weg fort. This story does not record an event which could be witnessed by other persons. Or on the surface only, bit by bit. Ich entschied mich für die galante Variante, und eine Pointe, einen Knalleffekt, der Jean Pierre Leaud, Truffauts alter ego, würdig sein sollte. Es ist doch cool, eine romantische Seele zu sein, erfindungsreich und furchtlos. Ich zahlte zügig unsere Rechnung, kutschierte S. nach Hause, 15 Kilometer, und fuhr mit dezent angezogenem Tempo zurück zum Bahnhof. Nichts sollte mich aufhalten, selbst von einem vollbesetzten Tisch mit Kind, Hund, und Ehemann, würde ich sie kurz nach vorne winken. Es gibt in Max Frischs „Mein Name sei Gantenbein“ diese Gedankenspiele zu Alltäglichkeiten, in denen eine profane Verrichtung, ein Schritt nach links oder rechts, einem ganz anderen Lebenslauf auf die Sprünge helfen. Rather, this story reproduces the way in which the subconscious of an individual will develop, interpret and elaborate an apparently simple and casual incident into a critical emotional experience. So, wie sie mich angesehen hatte, war hier keineswegs die alte Tante Projektion im Spiel, vielmehr pures „Wahr-Nehmen“, ein erster Blick, der tausend weitere enthielt. Eine Prüfung von „Realität“ der Marke „a thousand kisses deep“. (Leonard war mein Lehrer. All die Abende in Babsis Dachboden, Jahre, Jahre zuvor, mit Cohens endlosen Drehungen auf dem Plattenteller, liefen auf diesen Moment hinaus, ich hatte den „Stranger Song“ auf den Lippen, „Suzanne“ sowieso, bereit jeden Millimeter zwischen dem Müll und den Blumen abzusuchen.) Ich war schwarz gekleidet, bereit zur Eroberung. Django in love. Nach Paris, mais bientôt, ein Dutzend Liebesgedichte, gerne ein Song aus der Hüfte, wäre ich Bob Dylan – und der Bund fürs Leben sowieso! Sie war nicht mehr da. An den folgenden Tagen und Wochen war ich häufig wie nie im „Bahnhof Langendreer“, ich gab einer Studentin, die dort kellnerte, und sich was traute, 100 Mark, und versprach ihr eine Menge mehr, sollte sie den Engel im Raum ausfindig machen (sie bekam eine Beschreibung, zehn Karten mit meiner Telefonnummer, ich nannte sie meine „Liebesdetektivin“). Sie machte einen guten Job, schoss ein paarmal ins Blaue, wie sie mir erzählte, doch der Engel tauchte nie wieder auf. Ich hätte schlichtweg sofort handeln müssen, in the moment. „And you want to travel with her, and you want to travel blind.“