Diskurse umschwirren mich wie Motten das Licht. Einer ist der von der „künstlichen Intelligenz“. Hier sollte man die Musik betrachtend einbeziehen. Wenn mir ein Song gefällt, dann höre ich ihn wohl weit über Hundertmal, er bietet mir dann Zuflucht sozusagen. Ich renne also nicht von etwas weg, sondern horche in etwas hinein, versuche jede Nuance nachzuahmen. Auf einer Bank vor der faszinierenden Silhouette des Ihmezentrums mal wieder sinnierend sitzend, dabei die scheinbar sinnlos umherlaufenden Tauben betrachtend, kommt also folgender grossartige Geistesblitz: der Gesang von Taylor Swift und Ed Sheeran in dem Song „Run“ wäre, abgesehen von der mathematisch leicht feststellbaren Akkordfolge, nicht annähernd von einem noch so weit entwickelten Computer zu kopieren, weil ihm Emotionen innewohnen, die ich als warmhearted american Country Coolness umgehend ins Guinessbuch der Rekorde eintragen liesse. Auch rhythmische Feinheiten: mit Null und Eins nicht darstellbar. Künstliche Intelligenz ist Lichtjahre entfernt von jedem subtilem Empfinden. Ein weiterer Diskurs ist das Motiv des „Weniger ist Mehr“, das heute höher denn je am Zenit des Bedeutungshorizonts erscheint, in Zeiten des Klimawandels. Bevor ich aber irgendeinen schlaumeierischen Verriss zu Harald Welzers neuem Buch Nachruf auf mich Selbst lese, werde ich es zunächst einmal selbst lesen. Der Autor kommt aus Hannover, kennt sicherlich das Ihme-Zentrum, und ich hatte, wenn ich ihn im Fernsehen sah, stets das Gefühl: den kennst du doch! Eines vorweg: wie Ciorans guter Freund einst kein Nirvana ohne Kaffee wünschte, käme für mich kein „Weniger ist Mehr“ infrage ohne die generelle Ambivalenz des Konsums als auch unser grundlegendes Verlangen nach Kontinuität mit in Betracht zu ziehen. Fatal ist doch: die meisten Dinge, die wir angesammelt haben, überleben uns. Mir kommt zunehmend mehr abhanden. Im Bloch-Jargon gesprochen: ist, was wir haben, überhaupt noch in unserem Besítz?