Short documentary: Visiting Jan Jedlička in Prague, June 2019
(English translation of the text below in comments)
From The Green Hill von Tomasz Stańko ist eine der besonderen, typisch singulären Eicher-Produktionen: Eine einmalige, einzigartige Band kam im Rainbow Studio in Oslo zusammen, wie es sie davor und danach nicht gab. Mit dem 2018 verstorbenen polnischen Trompeter spielten der englische Baritonsax-Individualist John Surman, der argentinische Bandoneon-Meister Dino Saluzzi, die sich rar machende US-Amerikanerin Michelle Makarski an der Geige, der Schwede Anders Jormin am Bass und der ebenfalls unlängst verstorbene, allseits verehrte Schlagzeuger Jon Christensen aus Norwegen. Es war die erste CD von Stanko, die ich entdeckte, und entsprechend ist sie mir bis heute die liebste. Die Musik ist, wie ich es liebe, unklassifizierbar zwischen Genres und Stilen, kein Wunder bei dieser Besetzung. Zu einer ähnlichen Zeit entdeckte ich John Surman auch auf Anouar Brahems Thimar, und so sind diese beiden CDs vielleicht die in meiner Musikbiografie wichtigsten ECM-Alben der 1990er geworden.
Immer hatte ich mich gefragt, was auf dem Cover von From The Green Hill zu sehen ist. Offenkundig ist es kein normales Foto – wenn man genau hinsieht, kann man auf dem CD-Cover die Schlieren von altem VHS erkennen. Ich habe mich immer an diesem Bild gerieben, weil ich nicht der größte Fan davon bin, Filmstills von VHS auf CD-Cover zu verwenden. Auch konnte ich mich nie entscheiden, ob ich es eine gute oder eine alberne Idee finde, den grünen Hügel des Albumtitels im Motiv widergespiegelt zu sehen. Andererseits ist das Motiv genauso singulär wie das gesamte Album, und das quasi in der Zeit eingefrorene Feuer und der dazugehörige Rauch ist in jedem Fall eigenwillig.
Da Jan Jedlička über die Jahre noch für eine ganze Reihe anderer einzigartiger und eindrücklicher ECM-Covermotive verantwortlich zeichnet, unter anderem meinem persönlichen Piano-Solo-Lieblingsalbum, Der Bote von Alexei Lubimov, hatte ich immer die Idee, den tschechischen Künstler irgendwann einmal zu besuchen und ihn zu seiner Arbeit zu befragen. Dies sagte ich auch vor Jahren Manfred Eicher, der ein solches Portrait ebenfalls als eine gute Idee bezeichnete, und bei einem meiner Besuche in Gräfelfing tatsächlich direkt mal mit Jan Jedlička telefonierte und ihm das sagte. Es verging noch ein wenig Zeit; die Idee der 50 Kurzfilmportraits reifte, wurde gemeinsam besprochen und bei einem späteren Besuch am selben Ort mit grünem Licht bekräftigt.
Und so machte ich vor rund eineinhalb Jahren gemeinsam mit meiner Frau, selbst bildende Künstlerin, einen Wochenendausflug nach Prag, um Jan Jedlička in seinem dortigen Atelier zu besuchen. Zur selben Zeit war bereits ein tschechisches Team damit beschäftigt, einen längeren Dokumentarfilm über den Künstler zu drehen; sie hatten ihn in seiner Züricher und seiner italienischen Residenz in der Maremma besucht und gefilmt, und aus irgendeinem Grund hatten sie auch die Idee, mich beim Filmen zu filmen. Dies führte zu einer etwas unguten Filmsituation für mich, weil die drei Tschechen entgegen der Absprache nicht nur „kurz“ mit anwesend war, sondern fast den gesamten Zeitraum, so dass ich einigen Aufwand mit dem Bereinigen meiner Tonaufnahmen (lauter Holzboden … geräuschhaft mit Equipment agierende Techniker) hatte und hin und wieder auch den tschechischen Tonmann in meinem Bild hatte.
Der Schnitt zog sich bis letzte Woche immer wieder in Etappen hin, da ich die Interviewpassagen mit mühsam millimetergenau schnitt und auch visuell einige verschiedene Vorgehensweisen ausprobierte, bevor ich zu dem vorliegenden Endergebnis kam. Ursprünglich hatte ich den Plan, zu Jedličkas 75. den Film fertig zu haben; nun ist es ein Jahr später geworden. Aber ich denke, das Ergebnis ist sehr schön. Natürlich ist der Aufhänger Tomasz Stańkos From The Green Hill, aber man erfährt auch einiges andere mehr.