1975 oder 1976 muss es wohl gewesen sein, als es mich mit meiner damaligen Gang in die Hamburger „Fabrik“ verschlug. Angekündigt war das „1. New Jazz Festival“, federführend stand wohl der NDR dahinter, dennoch hat es meines Wissens nie eine zweite Ausgabe gegeben.
Ich meine, es hätten drei Gruppen an dem Abend gespielt. Die beiden anderen habe ich vergessen (bestimmt zu Unrecht), aber eine hat sich mir unauslöschlich ins Gehirn eingegraben: die Band von Terje Rypdal, dessen Album Odyssey damals noch als eine Art Geheimtipp herumgereicht wurde. Die „Fabrik“ war zum Bersten voll, die einzigen (Steh-)Plätze, die es noch gab, waren ganz hinten im Saal, oben auf der Galerie, direkt hinter dem Elefanten mit den nickenden Kopf und den Glühbirnenaugen. Die Luft war blau, und auf der Bühne war es dunkel. Tatsächlich, Rypdal spielte annähernd im Dunkeln. Mehr Licht hätte gestört. Aus dem Dunkel schälte sich Terjes singender, vom Spiel mit dem Volumenpedal geprägter Gitarrensound heraus, füllte die „Fabrik“, kombiniert mit dem Klang eines damals neuen Keyboard-Instruments, dem sogenannten „String-Ensemble“ (eine Solina, dem Klang nach). Dazu vorsichtig tappende Drums, ein zurückhaltender, aber hochpräziser Bass, eine geheimnisvoll klagende Posaune. Für mich damals der Beginn einer wunderbaren musikalischen Freundschaft.
Nach langer Pause — sein letztes Album liegt sieben Jahre zurück — ist Terje Rypdal zur Atmosphäre von Odyssey oder Waves zurückgekehrt. Mit seinen Mitstreitern Ståle Storløkken (Keyboards), Endre Hareide Hallre (fretless und Fender Bass) und Pål Thowsen (Drums und Percussion) ist ihm ein Album gelungen, das mühelos an das Konzert von damals anknüpft und trotzdem keine Sekunde lang „alt“ klingt. Hier ist er wieder, der schwebende, raumfüllende Gitarrenklang, der mal flüsternd, mal auftrumpfend, mal singend, mal wild daherkommt; ein Sound irgendwo zwischen Mike Oldfield und Robert Fripp, dabei aber immer präsent und unverwechselbar Rypdal. Diesen Klang kann kein anderer.
Aufgenommen im Osloer Rainbow Studio und produziert von Manfred Eicher ist Conspiracy ein strahlendes Polarlicht in einer Zeit, in der der Rauch von der Westküste auch hier im Nordosten den Himmel seltsam zu färben beginnt. Schade lediglich, dass das Vergnügen mit gerade mal 32 Minuten recht kurz ist. Und das Schlagzeug könnte vielleicht ein wenig präsenter sein. Das ist aber auch alles, was es an dem Album auszusetzen gibt.