Zum Beispiel das Magazin vom 5. März, das man abends um 21.05 Uhr hören kann. Im Deutschlandfunk. Und sieben Tage lang, danach, in der Mediathek des Senders. Ein Magazin, in dem alles bloss unverbunden nebeneinander steht, mag ich nicht. Ein Strauss Buntes ist zwar nicht zu verachten, aber ein Strauss Buntes ist eben nicht einfach ein Strauss Buntes. Da können Welten zwischen liegen. Es kommt auf die Komposition der Farben an. Ich mag rote Fäden, die en passant auftauchen, oft erst in der Planung, oder beim Verfassen des Skripts. Diskrete Leitfäden.
So diskret natürlich nicht, wenn man in einen öffentlichen Raum spricht. Ein Leitfaden diesmal sind sogenannte „alte Werke“, Schallplatten und Cds, die zwischen 1971 und 2018 rauskamen. Sie fliessen am Rande ein, aber bei manchem Hörer wird dann der Griff in den Plattenschrank (oder die Lust am Verfolgen einer Spur) so naheliegend sein wie der Wunsch, vielleicht die eine oder andere der neuen Produktionen zu erwerben. Welche historischen Aufnahmen werden also anklingen, ohne einen einzigen Ton von ihnen zu spielen? Hier sind sie: Carla Bley: Escalator Over The Hill. Paul Bley: Open, to Love. Gil Scott Heron: Pieces Of A Man. Ralph Towner: Solo Concert.
Und natürlich, wenn man sich die Sendung ein- oder zweimal anhört, und meinen dezent servierten, rein verbalen, Schlussknall nicht überhört, eine hübsche Breitseite für stockkonservative Musiklehrer, Gema-Lobbyisten – und Bierzeltbewohner des Jazz, dann weiss man, wo hier der Hase im Pfeffer liegt.
Dass es beim Hören von Musik, die nicht auf glattrasierten Oberflächen dümpelt, stets eine Tiefenstrukur, oder, weniger Chomsky-like, einen doppelten Boden, einen Abgrund, diverse „roots“, und zuweilen eine Unerschöpflichkeit gibt (warum sonst zu ihr zurückkehren?), das sollten die eingehend vorgestellten neuen Produktionen idealerweise belegen. USA: Gil Scott-Heron & Makaya McCraven. Jeff Parker. Transatlantische Bündnisse: Carla Bley Trio. Wolfgang Muthspiel Trio (diese beiden ECM-Produktionen werden von Bert Noglik und Thomas Loewner mit Interviewpassagen präsentiert). England / Südafrika: Shabaka and the Ancestors. Europa: Samuel Rohrer.
Und im Laufe der Zeit werden Sie auch die Stimmen von zwei Schlagzeugern vernehmen, von Samuel Rohrer aus einem aktuellen Interview, und von Jon Christensen aus einem Gespräch aus dem letzten Jahrhundert. Samuel Rohrer schrieb mir vor Tagen: „Jon Christensen war und bleibt mein erster großer Held!“ Und so wäre es auch gar nicht verfehlt, ein paar der grossartigen Alben zu nennen, an denen der Norweger mitwirkte. Ich habe mich auf ein einziges beschränkt, statt gleich ein Dutzend aufzuzählen, weil ein Magazin eben nicht ausufern sollte. Und „Sich-Auf-Die-Suche-Machen“ ein Teil der Freude auf Entdeckungsreisen ist.