Joni Mitchell – „Urge For Going“: es ist mein Herbstlied, besonders die Version von 1965. Mein Herbstbuch ist thick as a brick, 950 Seiten. Geschrieben hat es Bernd Krolop: Fremdheit und Heimkehr. Individualitaet und Zusammengehoerigkeit in der medialen Marktgesellschaft. Ich denke, man kann die Frankfurter Schule und insbesondere Adorno negativ beurteilen, aber wie sie uns mit Denken/Dialektik zusammenhielt, laesst sich aus heutiger Sicht eher positiv erinnern.
Bernd Krolop versucht in seinem Buch „die Trivialisierung philosophisch-wissenschaftlicher Erkenntnis umzukehren.“ Er beginnt mit den Positionen von Zusammengehoerigkeit und Individualitaet im 18.Jhdt. – zeigt die Widersprueche von Mandeville und Smith, Marx und Keynes usf und stellt die Frage, wie zunehmende Individualitaet in die heutige Gesellschaft einzuordnen ist. Krolop bringt auch sehr schoene Beispiele aus der Musik. Hier eine Kostprobe:
An der Resonanz auf Musik wie sie etwa Jimi Hendrix [Purple Haze], Alan Wilson oder Jimi Morrison praesentierten, laesst sich die Attraktivitaet besinnlich gestalteter Individualitaet und Gemeinschaft fuer ein grosses Publikum erkennen. Dieses Wechselspiel trug dazu bei, den Gnadenpartikularismus der Mystik ebenso massenwirksam wie unterhaltsam zu oeffnen … Dabei gab es bereits 1968 Zweifel, ob so viel ertraeumte Bruederlichkeit bzw. Gemeinschaft in der Welt des kapitalistischen Individualismus auf Dauer praktizierbar ist. In ihrem Lied „The Weight“ erzaehlt The Band zu einem melodioesen, erdenschweren Rhythmus eben dies: wie die Hoffnung eines Ichs zu Boden gedrueckt wird. Robbie Robertson setzt „Rauchzeichen“:“ There is a smokesignal over your head / A smoke signal, you know what it said? … Your old neighbourhood ain´t even there no more.“ Stattdessen werden Uhren verkauft: „I got six on each arm and two more round my feet“. [Life is a carneval]
Dass das Reklamieren alternativer Individualitaet und neuer Gemeinschaft bloss eine modische Variante ist, behauptet ebenfalls Frank Zappa auf We’re Only in It for the Money. Am Beispiel San Franciscos praesentiert er eine parodistisch-satirische Kritik der entstandenen Alternativbewegung: „We are other people too / Found a way to get to you. – Do you think I am crazy?“
Krolops Buch ist eine erstaunliche Fundgrube.