on life, music etc beyond mainstream
2023 21 Mrz
von Manafonistas | Kategorie: Blog | | 2 Comments
Ich habe viele, viele, viele Songs, an denen ich arbeite, und ich arbeite die ganze Zeit an ihnen. Nicht an jedem einzelnen, aber sie sind immer im Umlauf, und das war bei mir schon immer so. Es ist seltsam, denn wenn ich eine Idee habe und sie mir gefällt, bin ich fast schon ein wenig skeptisch, ob ich sie tatsächlich festhalten soll, weil ich weiß, dass sie mich verfolgen oder nerven wird. Und in vielen Fällen wird sie unvollendet bleiben. Manchmal treffe ich mich mit einem alten Freund und es ist so, wie wenn jemand eine Geschichte erzählt, die er schon erzählt hat, z.B. wenn ich ihm einen Song vorspiele, an dem ich gerade arbeite, und er sagt: Ja, den hast du mir schon vor fünf Jahren vorgespielt, als du daran gearbeitet hast … Ich habe mal diese Sache mit Tom Waits gehört, er spricht davon, dass ihm beim Autofahren eine Idee in den Kopf kam und er sagte, dass er sozusagen mit der Idee gesprochen hat, und er fragte: „Bleibst du hier, bis ich zu Hause bin?“ Jeder hat eine seltsame Beziehung oder Herangehensweise dazu. Aber für mich geht es nur darum, diese kleinen Ideen aufzunehmen, und dann kommen sie immer wieder zurück. Sie enthalten eine Frage, und die Antwort liegt irgendwo auf dem Weg. Und viele Songs gehen für mich in diese Richtung. Und dann gibt es welche, die zehn Jahre alt sind, und welche, die zehn Tage alt sind, und die neueren scheinen oft dringender zu sein. Im Grunde ist mein Leben wie ein wirklich großes … ich weiß nicht, man kann es nicht wirklich ein Gesamtwerk nennen, weil es nicht fertig ist, weißt du?
2023 21 Mrz
von Henning Bolte | Kategorie: Blog | | No Comments
Robert Creeley (1926-2005) ist einer meiner Lieblingspoeten. Sein erster Gedichtband auf Deutsch erschien 1967 in der edition Suhrkamp. Ich lese immer wieder in dem dunkelgrünen Bändchen, das ich noch in meiner Gymnasialzeit kaufte. Ich kann seine Gedichte auch lesen, wenn ich sie nicht „verstehe“. Immer wieder. Es hat einfach etwas. Wieder und wieder. Der Bassist Steve Swallow hat zwei Alben gemacht, die durch Creeleys Lyrik getriggerd wurden.
ROBERT CREELEY – Ich kenne einen
Wie ich zu meim Freund
gesagt hab, weil ich
immer rede, – John, hab ich
gesagt, was nich sein name
war, das dunkel um-
gibt uns, was
könn wir dagegen
tun, oder aber solln wir &
wieso nich ’n groBes klasse auto kaufen,
fahr, hat er gesagt, um
gotteswillen, kuck
wo de hinfährst
Übersetzung Klaus Reichert
As I sd to my
friend, because I am
always talking, John, I
sd, which was not his
name, the darkness sur-
rounds s, what
can we do against
it, or else, shall we &
why not, buy a goddamn big car,
drive, he sd, for
christ’s sake, look
out where y’r driving
Steve Swallow – Home. XtraWATT
Steve Swallow – So There. XtraWATT
Unter demPflaster liegt der Strand – so ein geflügeltes Wort aus leidenschaftlichen Zeiten! Unter Asche und Erdschichten befinden sich immer beredte Reste, Spuren und Artefakte der Vergangenheit, die zu Deutungen herausfordern.
Wie aber ist es mit Klängen? Nach ihrem Erklingen sind sie verschwunden? Sie verklingen, klingen nach. Wie lange dauert Verklingen und Nachklingen? Wie und wo geistern verklingende und verklungene Klänge herum?
Das Ganze hat verschiedene Seiten: einerseits das Verstärken des Klangs und die Erhöhung von Lautstärke und Reichweite, andererseits das Konservieren, Bewahren von Vergangenem für die Zukunft. Letzteres scheint ein bisschen umständlich ausgedrückt, absichtlich. Über Jahrhunderte geschah das Bewahren in oraler Kultur. Dann begann die unterstützende schriftliche Fixierung mit den Neumen*, aus der sich über längere Zeit – mit der Entwicklung der Musik – die heutige Notenschrift entwickelte.
Vom Bewahren kommt man dann auf die Vervielfältigung und Zugänglichkeit von Bewahrtem. Und daraus entwickelte sich seit der Konstruktion des Phonautographen 1857 durch Éduard-Leon Scott de Martinville und später, 1877, des Phonographen durch Thomas Edison eine lange Strecke von technologischen Entwicklungen und sich verändernden Rezeptionsweisen. Walter Benjamin hat das erstmals 1936 in seinem Aufsatz “Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit” thematisiert.
Die älteste Stimmaufnahme von 21 Sekunden stammt aus dem Jahr 1860. Als Kontrapunkt dazu lieB die US-amerikanische Vokalistin Shelley Hirsch auf ihren farbenreichen Alben verlauten: ~ the body is THE Biggest Recorder Possible ~ . Die ersten Aufnahmen gegen Ende des 19. Jahrhunderts sind dramaturgisch eigentlich ziemlich modern, da Spuren der Produktion und des Bewahrers selbst klar hörbar sind in der Wiedergabe. Zur Eliminierung von Nebengeräuschen Musikaufnahmen und deren Wiedereinführung im Punkzeitalter bis hin zu Noise-Musik demnächst mehr.
Soweit so gut, Schnitt. Jetzt aber zu den Klangspuren der historischen Stätten Knossos und Pompeji auf dem Album “ash” des AVA TRIOS. Wie kommt man zu den Klängen dort? Auf die Fährte dessen, wie etwas zu DEN Zeiten geklungen hat, kommt man nur durch selbst singen und spielen, durch praktisches Ausprobieren und Herausfinden. Es ist das MusikMACHEN, das einem den Weg weist. Dabei müssen Musiker sich natürlich des JETZT bewusst sein/werden, in dem sie sich und die Zuhörer (be)finden. Sie müssen mit der dialektischen Spannung, die damit einhergeht, produktiv arbeiten. In Musik gibt es ja – trotz vielfältiger Entwicklungen bestimmte tiefere Grundkonfigurationen, die – nicht umsonst – immer wieder auftauchen. Ein wichtiger Schlüssel ist TIEFES LAUSCHEN, tief hineinhörend erfassen.
Eine wichtige Erfahrung hierin war (und ist) die Musik von PAUL MOTIAN (1931 -2011). Diese Musik faszinierte viele, blieb für manche aber auch ungreifbar. Beschreibungen seiner Art des Schlagzeugspiel sprechen zuweilen Bände. Ich habe mich auf die Suche nach Platten gemacht, die Motian in seinem armenischen Elternhaus in … gehört haben könnte. Es war nicht so schwierig, gute Kandidaten zu finden. Zur Zeit seiner Kindheit hatten die meisten ethnischen Gruppen ihn den USA ihre eigenen Plattenläden und spielten auch Musiker der Herkunfts-kulturen regelmäBig in den USA. Als ich die Platten hörte war ich erstaunt, was für ein ‚tiefer‘ Zuhörer Motian war und wie tief er das Gehörte absorbiert hatte. Die Konfrontation der Musik von den alten Platten und Motian’s eigener Musik in einem Radioprogramm, was ich dazu zusammengestellt habe, war erstaunlich und eine schöne Offenbarung (link zum Radioarchiv in Kürze). Und demnächst ein Gespräch mit Giuseppe Doronzo zum tiefen Hineinhören.
2023 20 Mrz
von Henning Bolte | Kategorie: Blog | Tags: Esat Ekincioglu, Giuseppe Doronzo, Pino Basile | No Comments
2023 19 Mrz
von Michael Engelbrecht | Kategorie: Blog | | No Comments
It is revealing, illuminating to follow the conversation with David Toop, and, en passant, a time travel excellence of honesty with at least some shivers running down the spine. Everyone can follow that journey, within the next four weeks, for example in our „time travel column“. After that talk, Stunty did what Stunty does, for another two hours. With part time companion Michael 45RPM. And what did I hear quite at the beginning, Michael … I am not THAT avantgardish??!! we have to talk about this … 😂, see you later, Studebaker!
2023 18 Mrz
von Martina Weber | Kategorie: Blog | Tags: Black Hole, Charles Burns | 4 Comments
Dieses Pannel ist einer Graphic Novel entnommen, und es fällt nicht schwer zu erkennen, in welcher Zeit wir uns befinden. [Zur Vergrößerung die Bilder anklicken.] Die Frisuren, die Schlaghosen, der Hemdkragen. Die Lampe, die Bilder an der Wand. Und die Pilotenbrille. Alles deutet auf die 70er Jahre hin. Geht die Datierung genauer? Jugendliche trinken Bier auf einer Party und jemand erzählt, er hätte Karten für ein Konzert von Emerson, Lake and Palmer gekauft. Es klingt nach Geheimtipp. Chris, eine Ausreißerin, besucht ihre Freundin Marci. Die legt Harvest von Neil Young auf; sie hören es leise. Ein Lieblingsalbum der beiden, aus dem Jahr 1972. Chris nimmt eine Neuerscheinung in die Hand: Diamond Dogs von Bowie. Es erschien am 24. Mai 1974. It’s kind of weird stuff, sagt Marci. But I’m starting to get into it.
In der Graphic Novel Black Hole von Charles Burns erleben wir eine Apokalypse, einen Absturz in eine surreale Zwischenzone, in der die Systeme des Elternhauses und der Schule ihre Bedeutung verlieren. Die Körper erleben eine Revolution. Hierarchien und Grüppchen bilden sich aus; man grenzt sich voneinander ab. Auf Partys herumstehen, sich festhalten an der Bierdose in der Hand, fachsimpeln, rumkiffen im Wald, weiter hineingehen, auch wenn Knochen an Äste gebunden sind, ein zerrissenes Kostüm menschlicher Haut in den Zweigen hängt, und in einem Zelt auf einer Lichtung Playboyhefte und Snickers lagern. Was die Jugendlichen gravierend verändert, das ist das Virus, das sich durch ungeschützten Sex überträgt. Es wirkt sich unterschiedlich aus. Die Meisten entwickeln entstellte Gesichter, andere Symptome sind Schwimmhäute zwischen den Fingern, eine klaffende, offene Wunde entlang der Wirbelsäule, ein zweiter Mund am Halsansatz. Ein Mund, der die Wahrheit spricht. Angesiedelt ist die Geschichte im äußersten Nordwesten der USA, am Rande von Seattle, wo Charles Burns in den 70er Jahren seine Jugend erlebte. Seattle wird zwar nicht genannt, aber es gibt ein Pannel mit der Silhouette von Downtown Seattle, genannt wird auch Bremerton, eine Stadt im Bundesstaat Washington. Charles Burns hat Black Hole in den Jahren 1995 bis 2005 in zwölf Heften veröffentlicht. 2008 erschien die Graphic Novel als Buch, 2011 auch auf Deutsch (bei Reprodukt). In der Fassung des Buches ist der Schluss offener als in den Heften. Dafür hat es genügt, den letzten Absatz zu löschen, in dem eine Figur erzählt, dass die Symptome irgendwann verschwanden und sie „dann wieder mit den Scheiß-Normalos herumhing, so wie früher“. Das wirkte wie ein Plädoyer, die gewohnten Pfade lieber nicht zu verlassen, war unnötig und allzu moralisch. Warnungen vor dem Betreten fremder Sphären gibt es ohnehin. Gohwa heißt go away. Der Wald ist das Rückzugsgebiet der Infizierten. Die Natur bietet zwar kurzfristig, for a swim, Schönheit und Berauschung, aber keinen Schutz. Auch nicht die Häuser. Die Atmosphäre ist düster und intensiv. Schwarz ist der Farbton, an den man sich erinnert. Bedrohung das Grundgefühl. Nacht. Wie Paare aber dann zusammenfinden, am Rand einer Party. Das geht so leicht. Die Stimmung schwankt zwischen aufgeladener Lust, pathetischen Liebesschwüren, tiefer Einsamkeit und dem Glücksgefühl, das darin besteht, dass Erinnerungen verblassen. Es wäre zu kurz gegriffen, die Metapher des Virus einzig auf eine Aidserkrankung, die zur Zeit der Entstehung der Graphic Novel noch sehr gefährlich war, zu reduzieren. Black Hole ist auch die atmosphäre Schilderung einer inneren oder äußeren Transformation, einer Sinnsuche, einer Ohnmachtserfahrung.