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Archives: Pharoah Sanders

 

Als Olaf W. mich vor Wochen auf dieses Album hinwies, war ich erstmal sehr zurückhaltend. Ein Elektronik-Produzent, ein alter Jazz-Hase, und dann noch das London Symphony Orchestra. Mir fielen fürchterliche Verbindungen von Jazz und Symphonik ein. Und dann noch Synthesizer. Zu Pharoah Sanders hatte ich meist einen guten Draht, aber leicht kann es närrisch zugehen, wenn das hohe Alter naht. Es gibt nun mittlerweile dutzendweise Lobgesänge auf „Promises“. Auch in Pop-Zirkeln, ähnlich wie vor Jahren bei diesem Dingsda, dessen Namen ich zum Glück gerade vergessen habe. Ein verquastes Gebräu war das, aus Pomp, betont tiefschürfendem Jazz, und kosmischem Geraune – die Naiven witterten tatsächlich einen neuen Coltrane. Nun hat Pharoah Sanders einst selbst mit Coltrane gespielt, noch dazu auf Augenhöhe. Aber Zeiten ändern sich, und es sind schon andere Wilde in der Nostalgie und Weichzeichnung alter Meriten gestrandet. Der Londoner Elektroniker nennt drei Künstler in einem Atemzug, die seine Arbeit an den „nine movements“ inspiriert hätten: Claude Debussy, Olivier Messiaen und Bill Evans. Hoch hängt die Latte – mein lieber Herr Gesangsverein! Sam Shepherd hatte natürlich zwischendurch immer wieder Kontakt zum Saxofonisten, und einmal erzählte ihm dieser vielleicht schon weise, gewiss aber sehr alte Mann folgendes:  „Ich bin auf einem Schiff auf dem Ozean. Bären kommen vorbei und rauchen Zigarren. ‚Wir haben die Musik‘, singen die Bären. ‚Wir haben, wonach du gesucht hast.‘ “ MhhmmmEin Traum. Vielleicht ein Schlüssel zur Musik? Wenn man in diesen Tagen auf die Uwe-Düne steigt, ist man dort stundenlang allein. Der, nach dem die Düne benannt ist, hat hier im Norden deutsch-dänische Geschichte geschrieben, landete zwischendurch im Knast, und nahm sich Ende der Dreissiger Jahre des letzten Jahrhunderts in Rio de Janeiro das Leben. Jeder Wanderweg ist hier ein Bildungsweg. Aber klar ist auch: wenn ich meine Boom-Box raushole, spotify anzapfe, bin ich in exklusiver Gesellschaft eiskalter Ostwinde, und dieser Musik von Floating Points, Pharoah und dem LSO. Ich hatte mich ganz dick eingepackt, und lauschte der Musik vom ersten bis zum letzten Ton. Ich traue meiner Faszination im nachhinein noch nicht so recht über den Weg – der Raum, in dem ich die Komposition in mich aufnahm, auf dem höchsten Punkt von Sylt, war zu speziell, um nicht jedem Sound eine bestimmte Aura zu verleihen. Ich blickte aufs Meer hinaus, um herauszufinden, ob ich gerade vielleicht selber träumte – aber ich sah keine qualmenden Bären. Was die wohl geraucht haben?! Und so habe ich alle Fertigurteile ausgesetzt, und mich ein weiteres Mal mit Pharoah verabredet, dann aber nachts in einem Strandkorb. Immerhin kann ich schon eins sagen: die Musik hat was.

 


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