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2023 4 Apr

Hareton Salvaninis kleines Meisterstück

von: Manafonistas Filed under: Blog | TB | Comments off

 

Hallo, liebe Leser, liebe Manafonisten. Mein Name ist Nils Schlechtriemen, ich bin Musikjournalist, Waldpädagoge und Kulturpessimist. Heute stelle ich euch ein Kleinod der brasilianischen Musikhistorie vor. Der Pole Zygmunt Sulistrowski hatte von früh an ein Faible für die brasilianische Avantgarde und Popularmusik sowie die verrückten Schnittstellen „in between“ – und er gilt als Pionier des frühen low budget-Nudistenfilms, ab Mitte der 1960er Jahre ein tatsächlich expandierender Markt im Erwachsenensegment westlicher Bahnhofskinos und Videotheken.

 

 

 

 

Zwar war er auch Ökologe und damals schon leidenschaftlicher Naturschützer mit einer Faszination für den Amazonas, doch in Erinnerung blieb er Cineasten des Abseitigen vor allem durch Titel wie »Happening in Africa«, »The Virgin Of The Beaches« oder eben »Xavana: The Island Of Love« eine Platte, die nun in einer kleinen Auflage von 555 Stück neu herausgebracht wurde. Für Letzteren engagierte Sulistrowski aufgrund finanzieller Schwierigkeiten den quasi unbekannten brasilianischen Singer-Songwriter Hareton Salvanini, der daraufhin in wenigen Wochen von den Stimmen über die Drums, Gitarren, Flöten und Klarinetten bis zum Piano fast alles selbst einspielte sowie arrangierte. Resultat ist dieser zuweilen verträumte und ungemein atmosphärische Soundtrack, der ohne größere Vorbehalte als „little gem“ seiner Zeit gelten darf. Qualität wurde hier nämlich ausnahmsweise mal groß geschrieben – damals wie heute keine Selbstverständlichkeit im Schmuddelfilmbereich.

Das ist in der Dynamik der vergleichsweise toll produzierten Instrumentierung ebenso feststellbar, wie in der Bandbreite an Stilkleckereien, zu denen es sich verdammt gut auf der Terrasse mit einem Spliff entspannen lässt. Manchmal mehr Samba-Jazz, an anderen Stellen brasilianischer Vintage-Pop, dann aber auch wieder orchestral unterfütterter Easy-Listening-Funk, ist der Score des 2006 verstorbenen Brasilianers leider seine wahrscheinlich finale Arbeit gewesen, die parallel mit dem Film bereits 1981 erschien Ach ja, das waren noch Zeiten! Ob Salvanini danach noch weitere Alben veröffentlichte, ist bislang nicht abschließend geklärt. Von manchen Zeitgenossen wird er jedenfalls als eine obskure Version Arthur Verocais gesehen, was für Sympathisanten des MPB-Geheimtipps aus den Siebzigern zu viel der Lobhudelei sein mag, stilistisch aber ungefähr hinkommt. Enjoy!

(Sundappled vinyl version available at HHV, low stock)

 

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