Nicht so leicht, sich von der neuerworbenen Abhängigkeit zu befreien, alles fotografieren zu müssen, weil es ja via Smartphone so einfach ist. Man zückt das Teil aus seiner Tasche, als wär’s der Colt von Marshall Raylan Givens aus dem Neo-Edel-Western-Drama Justified, das im ehemaligen Bergminengebiet von Harlan County in Kentucky spielt. Allerdings wurde aus Kostengründen hauptsächlich in Kalifornien gedreht. Trotzdem spiegelt sich sehr viel vom Milieu dieser Region dort wieder, in der Country- und Hillbillysongs Hochkonjunktur haben, was sich im modernen Soundtrack dieser verblüffend dicht und witzig erzählten Serie zeigt, die auf Romanen von Elmore Leonard beruht (der ja hier schon oft erwähnt wurde). Ich schweife ab, zurück zum Addiktiven: Das Smartphone kann man einfach mal zuhause lassen, sich dann auf meditativen Sufi-Wegen der reinen Gegenwart widmen, aber beim Rezipieren von Songs wird es schwieriger: unsereins kann nämlich kaum noch etwas hören, ohne es auf Gitarre nachspielen oder lernen zu müssen, ihm auf die Schliche kommen wie einem Rätsel. Da lehnt sie griffbereit in einer Ecke: die Stratocaster Rifle Gun. Ein Lied von Taylor Swift kann man schnell erlegen, Steely Dan ist schon komplizierter, herrje: nun auch noch Celia Cruz und Ruben Blades! Als wollte man deren Melodien „essen“ und sich dazu die Salsa-Rhythmen einverleiben: le cannibale obsédé – auf Französisch hört sich’s besser an und ist auch legitim.
Soundtrack: „Mary Shut The Garden Door“