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2021 30 Aug

Bob Dylan und schwarzer Samt

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Tags: , 1 Comment

 

Du kennst diesen Moment, wenn du zufallsfreudig durchs Plattenregal schaust, plötzlich dein Blick an einem Album hängenbleibt, und du aus unerfindlichen Gründen  grosse Lust verspürst, ohne jeden Aufschub diese und keine andere Schallplatte anzuhören. Mir ging es gestern Abend so. Es gibt Platten, die werden nicht sonderlich ernst genommen, weil sich da alte Meister*innen angeblich eine Auszeit nähmen im Land seliger Erinnerungen. Wie bei Bob Dylans „Triplicate“. „Pitchfork“ vergibt nur 6.5 – ein Stöbern halt im alten amerikanischen Songbook. Zusätzlich wird gern bemängelt, dass trotz manchen Tempowechsels und Bläsersatzes diese unzähligen, also bitteschön, dreissig Lieder allzu abgehangen dahinströmen in ihrem Ruhekissen aus (unter anderem) pedal steel und gestrichenen wie gezupften Bass. Ich höre das ganz anders, über sechs Schallplattenseiten. Kaum ist der erste Ton erklungen, bin ich gefangen von der Ruhe, die dieser Sänger hier weg hat, ohne auch nur einen Funken Intensität einzubüssen. Ich befinde mich im Reich der Vielstimmigkeit – auch wenn Bob Bob ist und Bob bleibt, enthüllt jeder Song eine neue alte Story aus 1001 Nacht, bildlich gesprochen. Zuviel noir ist in diesen Liedern, um zu verklären. „Bob, do you pick vocal approaches like an actor playing a role?“ „No, it’s more like hypnosis, you instill it in your mind and you keep repeating it over and over until you got it.“ Ein Song daraus ist gebucht für die letzten zwanzig Minuten der kommenden Klanghorizonte im Oktober, ich werde ihn auswürfeln. In other words, my conclusion: he just doesn‘t cover these songs, he haunts them.

 

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1 Comment

  1. Michael Engelbrecht:

    Sehr interessant ist dieses Interview von Bill Flanagan mit Bob Dylan zu dem Dreifach-Album. Die Lesedauer entspricht zwei Vinylseiten von „Triplicate“, wenn man adagio liest – und manchmal die Gedanken schweifen lässt.

    In feiner Übersetzung findet sich das Interview auch in dem von Heinrich Detering herausgegebenen Buch „Bob Dylan – Ich bin nur ich selbst, wer immer das ist – Gespräche aus sechzig Jahren“ (Kampa Verlag, 2021, S. 263-298)

    Dazu passt: ein song & spoken word album von Bob Dylan und Steve Tibbetts (to be released autumn, 2022, no official announcements yet, and no title either but this working title: „The night of nights“ – Bob Dylan, vocals, Steve Tibbetts, guitars, Marc Anderson, percussion)


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