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2021 4 Apr

Schiffsverkehr, Analyse eines gescheiterten Liedes von Herbert G. (2011)

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Comments off

Entfalte Meine Hand / Die Anker Los / Denn Auch Jedes Tief Dreht Sich Ins Hoch / Fall Auf Meinen Fuß / Die Feuer Sind Gesetzt / Und Die Nebel Leuchten

 

Deutung: Das lyrische Ich macht sich auf den Weg auf die hohe See. Es ist sicher, dass nach schlechter Zeit auch mal wieder eine gute Zeit kommt. Herzlichen Glückwunsch, schon mal vorab, zu dieser Erkenntnis!

 

Weg Mit Dem Fixen Problem / Ich Will Mehr / Schiffsverkehr / Endlich Auf Hohe See / Endlich Auf Hohe See

 

Deutung: Ein fixes Problem will das lyrische ich loswerden; es soll nicht starr sein, sondern in Bewegung geraten. Schau, schau: „Wenn man sich bewegt, bewegt sich was“. Hey, diese Textzeile hätte auch noch gut gepasst. Das ist nicht Küchenpsychologie, das ist Besenkammerpsychologie.  

 

Werde, Wer Ich Bin / Gute Fahrt & Die Dämonen Sind Versenkt / Aufgeklart / Es Gibt Kein Damals Mehr / Es Gibt Nur Ein Jetzt, / Ein Nach Vorher

 

Deutung: das lyrische Ich will in der Gegenwart leben. Es hat die Dämonen versenkt. Hoffe, die waren schon tot, als er sie versenkt hat. Die Vergangenheit gibt es nicht mehr. Das ist natürlich Blödsinn, Herr Grönemeier. Und für das Jetzt erfinden Sie einen neuen Ausdruck, das „Nach Vorher“. Entschuldigung, aber dieser Ausdruck hat keinerlei sinnliche Präsenz und wirkt ein bisschen lächerlich.   

 

Stell Mich Vor / Das Leere Tor / Ich Schlag Mich Fein / In Seide Ein / Geb Mir Ewigen Schnee / Pures Gold, Wohin Ich Seh / Und Leb Mich Voran / Und Leb Mich Voran / Und Ich Verliere Mich In Mir

 

Deutung: ich fürchte, hier brennen dem Dichter die Sicherungen durch. Vor einem leeren Tor trägt er Seide und wünscht sich ewigen Schnee. Befindet er sich in Todesnähe? An einer Schwelle? Oder meint er Koks? Oder ein El Dorado im ewigen Eis? Wird er hier gar vieldeutig? Er sieht überall pures Gold. Welche Drogen sind im Spiel? Ein bisschen holzschnittartig ist das für so viel Psychedelik. Dann wird’s ganz hart: das lyrische Ich lebt sich voran und verliert sich in sich; das ist nicht mehr Besenkammerpsychologie, das ist trivialer Totalblödsinn!  Er spielt wieder mit Pseudotiefe und kalauert dabei vollkommen unfreiwillig.

 

Brauch Meinen Tag / Kein Schicksalsschlag / Das Salz In Mir / Die Vorfahrt / Radikalkur / Klare Natur / überholspur / Kein Radar Den Abendstern

 

Deutung: Na, klar, jetzt zieht es unsern Freund zum Abendstern, natürlich auf der Überholspur. Schliesslich will er keine Zeit verlieren. Er reimt im Staccato, will sagen: auf Teufel komm raus, Radikalkur auf klare Natur. Da steckt natürlich Potential drin, wenn eine Brauerei mal wieder einen Song für einen Werbespot sucht. Da passen auch Form und Inhalt, denn wenn man Lyrik auf einen Promillegehalt untersuchen könnte, wäre das hier schon was für eine Zwangausnüchterung.

 

Endlich Freie Sicht / Die Segel Sind Gefüllt / Und Keine Liebe Bricht Mich

 

Deutung: das lyrische Ich hat freie Sicht. Prima. Die Segel sind gefüllt: ich ahne, es weht eine steife Brise (da fällt mir ein Bierwerbespot mit Joe Cocker-Musik ein). Und er ist frei von allem Liebeskummer. Das überrascht nicht: denn die Vergangenheit hat er ja abgeschafft (s.o.), und eine Braut ist bei dem Verrückten glücklicherweise nicht mit an Bord.

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