Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2021 31 Jan

The Dry

von: Olaf Westfeld Filed under: Blog | TB | 3 Comments

Seit einer Woche ist die Hündin morgens kaum zu bewegen, das Haus zu verlassen. Mal versteckt sie sich unter dem Bett, wenn sie merkt, dass ich mich zum Rausgehen fertig mache, mal läuft sie im Treppenhaus schnurstracks in den ersten Stock und sucht Zuflucht an der Wohnungstür der Nachbarn. Wieder zu Hause verbringt sie möglichst viel Zeit möglichst nahe am heißen Ofen. Ich habe heute das erste Mal in diesem Winter eine achtzehn Jahre alte Daunenjacke ausgepackt, die ich nur selten anziehe – so kalt wie heute ist es fast nie bei uns. Wärme spenden Tom Ka Gai, Steve Eliovsons Dawn Dance und The Dry von Jane Harper, ein Krimi in dem es so heiß ist, dass die Flüsse ausgetrocknet sind, die Farmer kein Einkommen mehr haben („The drought. It’s going to kill this town.“), in dem ein 36jähriger Polizist aus Melbourne zurück in das Nest seiner Heimat kommt, aus dem er vor 20 Jahren Hals über Kopf wegziehen musste. Er ist gekommen, um bei dem Begräbnis seines Jugendfreundes dabei zu sein, der seine Frau, seinen Sohn und sich erschossen hat – oder ist die Familie vielleicht doch anders umgekommen? „All around were rosebushes that were neatly pruned, but very dead.“

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3 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    Als jemand, der ein Hundetyp ist, und kein Katzentyp, lese ich jede Geschichte hier, die mit Hund oder Hündin zu tun hat, sehr gerne und aufmerksam.

    „The Dry“ ist ein sehr, sehr guter australischer Thriller, vielschichtig und hitzeflirrend. Auch die deutsche Übersetzung ist gelungen.

  2. Michael Engelbrecht:

    Hier ein alter Eintrag vom Sommer 2015. Mit meinem Hund auf Langeoog. Diese Erinenrung ist ganz und gar real. Ich habe nur die Musik verändert. Wäre es also ein Film, würde diese andere Musik laufen….

    „Paris 1919“ läuft im Player. John Cale der dunkle Romantiker. Die Reise beginnt. Zuhause bleibt alles, was mediale Kommunikation ermöglicht. Nur das Handy für Notfälle (verirrt im Watt) – vier Tage, fünf Nächte, ein Buch, „Meime Reisen mit Charlie“. John Steinbeck. Gute Neübersetzung. Das Auto bleibt auf dem Festland. Sancho und ich. Das Wetter bewegt sich konstant um 20 Grad herum, der Leuchtturm ist nicht so entlegen, wie ich es am liebsten habe, ich kenne ihn seit meinem achten Lebensjahr. Die Insel ist mir so vertraut, überall Dejavues mit jüngeren Ausgaben meines Ichs, und all jenen, die lange fort sind, fast aus dem Sinn. Hier ist die Buchhandlung, in der ich Peter Rühmkorffs Gedichtband „Haltbar bis Ende 1999“ kaufte, dort ist das Cafe, deren Tortengrösse sich wohl seit den ersten Wallungen der Wirtschaftswunderzeit nicht verkleinert hat. Rumtorte, riesig, reine Nostalgie. Die Sandorntorte im Leiss. Pflaumenkuchenorgien. „Banana Split“ war in der alten Bundesrepublik mal so exotisch wie ein afrikanischer Klangtraum von Les Baxter in einem lang versunkenen Amerika. Der erste Stau auf der Fahrt in den Norden. Morgen der erste Sprung in die Wellen. Im Auto läuft mittlerweile Neil Young, „On The Beach“. Keine normale Strandmucke. Dark stuff, brilliant, elevating. Sancho liebt das Autofahren. Er träumt, wie ich herausfand, meistens in Farbe. Ein psychedelischer Hund. Ich würde mich jetzt gerne mit Ray Davies unterhalten. Ich bin träumendes Mitglied der „Village Green Preservation Society“. Es gibt einen kleinen Dschungel auf der Insel, mit Teestube. Die Dämmerung der Kindheit darf nicht verloren gehen.

  3. Olaf Westfeld:

    Habe mich immer für einen Katzentyp gehalten, bis wir vor zwei Jahren dem sehr ausdauernden Bitten und Betteln meiner Tochter nachgaben und diese Hundelady in unserer Leben ließen. Super Entscheidung.


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