Wenn es edel wird und gestenreich, ist der Kitsch immer eine Option. Das Schicksal trifft auch solche Musiker, die manch kühnes Glanzstück verfassten, und „big players“ in der Folge an die Tür klopften. Man sucht ja gerne die grosse Zahl der Hörenden, und an Mut zur Peinlichkeit scheint es wenigen Klavierspielern zu mangeln, die gerne Popsensibilitäten mit Klassiktouch verbandeln. Es ist unfassbar, wie ein gewisser Max Richter zu seiner grossen Konzeption für schlaffreudige Nachtlauscher ansetzte, und dann mit SLEEP eine Mogelpackung aus Klang gewordenem Aloe Vera und Johanniskraut entwarf, die man, tiefenwirksamer noch, mit der Qualität eines künstlichen Schaumbades a la „Badedas“ übertrumpfen kann. Ganz tief versank ich in den Untiefen meiner Petrolcouch, als ich Hauschkas neuem, erstem reinen Pianosoloalbum ohne präparierte Sounds zuhörte. A DIFFERENT FOREST ist ein Gipfelerlebnis des schwelgerischen Kitsches, und dass soviel ganzheitliches Geschmäckle einen Blutzuckertest nahelegt, lässt sich an diesen Tonmalereien mit dezenten Wallungskurven trefflich beweisen – zu jedem Baumrauschen gibt es im Booklet eine kleine Story, und das ist so andächtig und ökologisch wertvoll, dass man sich schämt, jemals an einem Baum gepinkelt zu haben. Gerne wird in solchen Zusammenhängen von Neo-Romantik und schlichter Ergriffenheit auf Michael Nymans preisgekrönten Soundtrack zum preisgekrönten Film The Piano verwiesen, wahrlich biedere Klimperei, so rigoros wie Pavlovs Hund auf simpelste Reflexe des Gemüts zielend. Das mit dem „Understatement“ scheinen manche arrivierten Neoklassizisten nicht richtig verstanden oder vorübergehend vergessen zu haben – sie müssten nur den asketisch zirkulierenden Pianotönen von Robert Wyatt auf Music for Airports ihre schwebende Aufmerksamkeit zuwenden, und dann ein bisschen Cage lesen, oder es mal mit Heavy Metal versuchen.