Manafonistas

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2018 29 Jan

„Harvest Time“

von: Manafonistas Filed under: Blog | TB | Comments off

Andrea Petkovic mag den Film nicht. Egal, ich schon. Nichts Dramaturgisch-Ausgefeiltes, einfach nur Fragmente und Momente rund um die Entstehung des berühmten Albums aus dem Jahre 1972. Wir beginnen in der Scheune von Youngs „Broken Arrow“-Ranch  in Kalifornien, wo ein junger Mann in den Zwanzigern die jungen Musiker (später The Stray Gators genannt) mitbrachte, die er in Nashville gefunden hatte, um die dunklen, elektrischen Momente für Harvest aufzunehmen. Die Aufnahmen, die sie beim Jammen und bei der Arbeit an „Words (Between the Lines of Age)“ und „Alabama“ zeigen, wirken wunderbar voyeuristisch – gefilmt von der Seite eines Klaviers oder durch ein Schlagzeug. Das Ergebnis ist ein unglaubliches Gefühl von Intimität, wie ein Kind, das auf einer Party seiner Eltern durch das Geländer späht. Plötzlich befinden wir uns in einem Studio. Neil mit David Crosby zu seiner Rechten und Stephen Stills zu seiner Linken. Es ist ein atemberaubender Sprung und ein Trick, der später in einem anderen Studio und mit Graham Nash anstelle von Crosby wiederholt wird. Was in beiden Szenen durchscheint, ist die Freundschaft, der Spaß und die gute Laune – und der prickelnde Nervenkitzel, den eine dreistimmige Harmonie in so ziemlich jede Party bringen kann. Der Film ist gespickt mit solchen Momenten, die einem den Atem rauben oder ein breites Lächeln entlocken. Die augenzwinkernde Vorstellung des Hausmeisters von Broken Arrow, Louis Avila, der Gegenstand von Youngs wunderschönem Brückenschlag über die Alterskluft „Old Man“ ist; der Sänger, der sich auf seiner Ranch entspannt und Bedenken bezüglich seines Songs „Alabama“ locker ausräumt, bevor Lynyrd Skynyrd ihn überhaupt gehört haben; in London, mit einem Bier in der Hand, beschwert er sich darüber, dass das Londoner Symphonieorchester zu langsam spielt, und arbeitet eher im Takt des Dirigenten als auf sein eigenes Stichwort hin.Vor allem aber, und das ist vielleicht noch wichtiger, ist Neil Young: Harvest Time ein fesselndes Dokument eines jungen Mannes, dessen Reichtum seine Vorstellungskraft übersteigt und dessen Leben ein Wirbelsturm war, der ihm die Zeit und den Raum gab, herauszufinden, wer er ist und was er tun will. Während des gesamten Films sieht man Young, wie er in ein breites, albernes Grinsen ausbricht: „Ich fühle mich jetzt so frei wie nie zuvor“, sagt er an einer Stelle. Es ist der Klang eines Mannes, der das Leben genießt und seinen Platz findet – eine Nadel, die ihre Rille findet.“

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