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2017 27 Aug

Vagabundenkarawane

von: Jan Reetze Filed under: Blog | TB | Tags: , , | 5 Comments

 

 
 
 
Gestern durch Zufall bei Youtube gefunden: Werner Penzels Dokumentarfilm Vagabundenkarawane von 1979 über die achtmonatige Reise der Gruppe EMBRYO mit drei ziemlich schrottreifen Bussen durch Griechenland, Türkei, Iran, Afghanistan, Pakistan und Indien – der Hippie-Trail im O-Ton sozusagen.

Lange Fahrten auf öden Straßen. Regenzeit. Brennende Sonne. Montezumas Rache. Und eine natürliche Geburt irgendwo am Ende der Straße in Afghanistan, aber auf eine Ärztin möchte man doch lieber nicht verzichten. Dazwischen Auftritte der Band, teils spontan und mit örtlichen Musikern, etwa dem Karnataka College of Percussion, aber auch mit z.B. einem lokalen Zauberer, der zum ersten Mal in seinem Leben auf einer elektrischen Orgel spielt. Andere, offizielle, Auftritte waren in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Goethe-Instituten organisiert.

Ich meine den Film 1979 oder 1980 in seiner Originalfassung im ZDF gesehen zu haben. Es gab ihn zeitweilig auch auf DVD, die aber sehr schnell zu Fantasiepreisen gehandelt wurde. Ich habe den Film deshalb seit damals nicht mehr wiedergesehen – und nun, zu meiner Überraschung, steht er plötzlich auf Youtube (jetzt mit zeitgemäßem Deppenleerzeichen: „Vagabunden Karawane“), anscheinend sogar auf einem „offiziellen“ Kanal, so dass man hoffen darf, dass er dort eine Weile bleiben wird. Der Film ist digital restauriert, dem Ton ist das gut bekommen, dem Bild nicht immer. Hauptproblem allerdings ist die Kürzung: Von den ursprünglich 115 Minuten sind jetzt nur noch 88 übrig. Man hat, wenn mich meine Erinnerung an die ZDF-Ausstrahlung nicht trügt, etliche Reisebilder weggelassen und weitgehend auf die erklärenden Kommentare verzichtet. Die fehlen dem Film jetzt. Man wollte sich offenkundig auf die Musik konzentrieren. Die allerdings, wenn wir mal ehrlich sind, ist nicht immer so mitreißend, dass sie den ganzen Film allein tragen kann. Ab etwa der sechzigsten Minute beginnt sich die Angelegenheit ein wenig zu ziehen.

Aber sehenswert ist die Vagabundenkarawane noch immer. Und die Musik dazu gibt es noch immer auf Doppel-LP oder einer leicht gekürzten CD – einer meiner Langzeitbegleiter auf dem MP3-Player:
 
 
 

 

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5 Comments

  1. Lorenz:

    Toll! Ich habe auch immer wieder nach dem Film gesucht. Ich hatte ihn damals auch im ZDF gesehen. Die DoLP hatte ich damals und seit kurzem eben die gekürzte CD. Danke für Deinen Tip!

  2. uwe Meilchen:

    Und an AGITATION FREE sei auch erinnert, die ihre Eindrücke aus Reisen in den 1970igern in fernöstliche Länder in LP Form verarbeiteten …

  3. Uli Koch:

    Vielen Dank! Wollte den Film schon immer mal sehen! Embryos Reise war schon immer mein Lieblingsalbum von Embryo. Habe die beiden Platten rauf und runter gehört und derletzt bei einer längeren Autofahrt mal wieder mit immer noch der gleichen Begeisterung! Einfach zeitlos gut.

  4. Lajla:

    Ich mag Embryo, den Film sowieso.

    Als langjährige Goethe Frau empfand ich es eher als eintönig, immer wieder Embryo in die Auslandsinstitute zu schicken. Genauso nervig war der jahrelange Dauergast unseres Wortprogramms:Grass Grass. Embryo war ungefährlich, gefällig, mit schneller Fremdeinwirkung. Ohne deutsche Texte.

    Wieso sie als „Krautrock“ bezeichnet wurden, verstehe ich bis heute nicht. Ich hätte mir auch mal Gruppen wie Der Plan gewünscht in unseren GIA. Muss ja nicht gleich „Ulrike“sein. Übrigens, Jan, gibt es von ihnen eine neue CD: „Unkapitulierbar“.

    Bitte auf Reisen schicken.

  5. Michael Engelbrecht:

    Embryo, „ungefährlich und gefällig“ – mhmm?

    Sie waren vielleicht gut abgesichert durch das Goethe Institut, aber sie waren ganz klar Teil der Gegenkultur, das Reisen, die Ferne, die Drogen. Ganz ungefährlich erscheint mir das aus der Distanz nicht …

    Krautrock ist nur ein Hilfskonstrukt, kein Gütesiegel. Mehr ein Sammelbegriff für made in Germany, „leftfield“, sehr eigen und subversiv. So erlebte ich Embryo in den Pionierjahren schon, okay, mehr Ethno als „Teuto“. Ich habe nur eine Platte von ihnen, die mochte ich damals sehr: STEIG AUS der Titel.

    Das ich weiss auch , dass man einer Musik die Schärfe nehmen kann, indem man sie vereinnahmt, kulturell hofiert. Das berührt dann aber nicht den Kern der Musik, sondern jene äussere Schichten der Zwiebel, von den Martina spricht in ihrem „Miles Davis“-Text.


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