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2016 8 Jun

Gregor öffnet seinen Plattenschrank (115)

von: Gregor Mundt Filed under: Blog | TB | Tags:  1 Comment

Tzadik III

 

Verpasst! Das Jubiläum! 25 Jahre Tzadik, das wäre 2015 gewesen. Vor ein paar Wochen gönnte ich mir einmal mehr einen wunderbaren Tzadik-Abend, als es mir plötzlich auffiel, Tzadik müsste doch jetzt 25jähriges Bestehen feiern. Zu spät!

Den Gründer des Plattenlabels, John Zorn, kenne ich freilich schon länger: 1991 konnte ich John Zorn das erste Mal in Tübingen hören, er kam mit seiner Band Naked City, dabei waren Bill Frisell, Wayne Horvitz, Fred Frith und Joey Baron. Es war ein wildes Konzert, laut, absolut schräg, unerhört, begeisternd. Bereits 1988 hatte ich die Gelegenheit Naked City in gleicher Besetzung in der Berliner Philharmonie während der Berliner Jazztage zu hören, allerdings nur über das gute, alte Radio. Meine ersten Platten mit John Zorn trugen die Titel The Big Gundown (1985) u.a. mit dem Kronos Quartet, Tim Berne, Bill Frisell, Big John Patton, Toots Thielemans, Vernon Reid, Shelley Hirsch und Spillane (1987) mit Bill Frisell, Albert Collins, Ronald Shannon Jackson, Melvin Gibbs, dem Kronos Quartet und vielen anderen Mitwirkenden.

Aber erst 1995 wurde das Tzadik-Label von John Zorn gegründet. Mit der Veröffentlichung von Kristallnacht, einem Werk, das an die Reichspogromnacht erinnerte, fing alles an. Mit dabei waren damals Anthony Coleman: Keyboards, Mark Dresser: Bass, Mark Feldman: Violin, David Krakauer: Clarinet und Bass Clarinet, Frank London: Trumpet, Marc Ribot: Guitar und William Winant: Percussion. Wurde diese Platte zunächst 1993 auf einem japanischem Label veröffentlicht, folgte dann 1995 das Erscheinen dieses Werkes auf Zorns eigener New-Yorker Plattenfirma Tzadik. John Zorn meinte damals, „zu wenig würde der Beitrag jüdischer Musiker zur amerikanischen Musikgeschichte als jüdischer Beitrag gewürdigt. Zu groß sei die Zurückhaltung, mit der sich Jazzmusiker als jüdisch outen würden: «Die antisemitische Vision jüdischer Omnipotenz kollidiert mit der Tatsache, dass die meisten Juden, die in den darstellenden Künsten arbeiten und sich öffentlich zu ihrem Judentum bekennen, angreifbar und aus dem kulturellen Mainstream Amerikas ausgeschlossen werden». Aufgrund dieser Analyse amerikanischer Musikgeschichte proklamierte Zorn damals eine offen jüdische Musikkultur, die sich selbstbewusst mit den eigenen musikalischen Wurzeln beschäftigt.“ (Jüdische Zeitung 2008)

 
 
 

 
 
 

Vier Platten (über 400 Schallplatten erschienen bisher auf dem not-for-profit, cooperative record label) möchte ich heute aus der Abteilung Radical-Jewish-Culture meinem Plattenschrank entnehmen und dringend empfehlen:

 

– John Zorn: Testament of Salomon (2014) mit Bill Frisell, Carol Emanuel, Kenny Wollesen, die ganze CD ist große Klasse. Leider habe ich sie erst jetzt entdeckt, sie hätte sonst Eingang in meine persönliche Top-Ten-Liste des Jahres 2014 Eingang gefunden.

John Zorn Masada Guitars (2003) mit Bill Frisell, Marc Ribot, Tim Sparks, besonders gefallen mir die Stücke Abidan, Kodashim, Bikkurim und Kisofim.

Great Jewish Music: Burt Bacharach (1997) Do-CD mit Robin Holcomb, Wayne Horwitz, Marc Riboz, Greg Cohen, Dave Douglas, Guy Klucevek, Eric Friedlander, Joey Baron, Bill Frisell, Chris Wood, John Medeski, Billy Martin, Fred Frith, Elliot Sharp, Anthony Coleman, Doug Wieselman, Shelly Hirsch und viele andere.Tolle Stücke: Close to you; Promises-Promises, Freefall und Don´t Go Breaking My Heart.

Rob Burger: Lost Photograph (2002) Rob Burger ist Komponist, spielt Akkordeon und viele andere Instrumente, plus Kenny Wollesen, Greg Cohen . Wunderbare Stücke unter anderem: Inzihuat, Aveenu Malkenu, Ringling Kid und Youkali (von Kurt Weill).

 
 
 

 
 

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1 Comment

  1. Christoph:

    Hallo Gregor,

    vielen Dank für die Erinnerung und den Beitrag. Ich habe Naked City 1991 in Freiburg gehört. So kam ich zum Jazz und Zorns Downtown NY. Kein Wunder, dass Tzadik Alben am häufigsten in meiner CD-Sammlung vorkommen. Viel, sehr viel großartige Musik! Ja, ein Grund zum Feiern!


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