Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2015 25 Okt

Michael öffnet Gregors Plattenschrank

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | 12 Comments

 


 
 
 

Es waren Ferien, und wir hörten Paul Bleys wunderbare Pianosoloplatte „Alone Again“. Allerdings ist das schon einige Jahre her, die Erinnerung spielt Streiche, ich weiss noch, wie ich einige Platten des Labels Steeplechase entdeckte, u.a. ein Duo von Paul Bley mit dem berühmtesten Jazzbasissisten Dänemarks. Unser Gespräch ging von Hölzchen auf Stöckchen, und worüber sprechen Männer schon, wenn gerade keine Dramen in Sicht sind, über Reisen, Musik, Fussball umd Wein.

Wir machten es uns also gemütlich, und dann landeten wir bei einem sich launig verzweigenden Wortwechsel über audiophile Tonaufnahmen. Cds oder Vinyl, das war nicht die Frage, heute macht jedes dieser Medien beste Resultate möglich. Nein, die Frage war: was sind eigentlich d i e herausragenden audiophilen Aufnahmen? Wir stellten da eine virtuelle Liste zusammen: eine Blue Note-Platte von Kenny Burrell war dabei, die mit dem Congaspieler, „Way Out West“ von Sonny Rollins,, eine Techno-Scheibe von Robert Hood, „Let The Power Fall“ von Robert Fripp, „Live At Fillmore East“ von den Allmans, „Book Of Ways“ und „Staircase“ von Keith Jarrett (und natürlich etliche andere ECM-Aufnahmen). ECM-Produkte haben übrigens keineswegs den einen seligmachenden „sound next to silence“, in ihren Hallcharakteristika sind sie ziemlich unterschiedlich, und manche Arbeit aus früheren Jahren gefällt mir gar nicht, zu halltrunken kommt das eine oder andere daher, etwa Gary Burtons „Easy As Pie“ (Geschmackssache, klar!). Sicher stand auf dieser Liste aber nicht die völlig überschätzte „Anlagen-Test-Platte“ von den Dire Straits (nicht ihre erste, die mit Abstand beste!), die in jedem nicht ganz geschmackssicheren High-End-Laden potentiellen Kunden angedient wird.

Meine ganz persönliche Referenzaufnahme stammt aus dem Tonstudio Bauer, und ist eine Manfred Eicher-Produktion aus den frühen 80ern: „El Corazon“, von Don Cherry und Ed Blackwell. Stephan Mathieu, der kurzfristig und leidvoll mit David Sylvian zusammen arbeitete, stimmt mir in diesem Punkt voll und ganz zu. Nun bin ich kein grosser Blues-Experte, aber mein Unterkiefer klappte doch kurz nach unten, als Gregs „Folk Singer“ von Muddy Waters auflegte. Eine Aufnahme aus einem kleinen Kabuff Anfang der 60er: atemraubende Dynamik, extremer Realismus, ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, so einen Klang hatte ich auf einer Bluesplatte noch nie gehört – ein gut gefülltes Glas Rotwein aus dem Weinkeller des Herrn der Jukeboxen rann unsere Kehlen herab, während Muddy Waters‘ Stimme die Räume erzittern liess, sowohl den amerikanischen wie den badischen.

Kennt jemand noch andere Folk- oder Blues-Platten (oder auch ältere Jazzaufnahmen), gerne auf Vinyl, die einen vergleichsweise überragenden Sound haben, zu dem Engländern gerne sagen, er sei  „crisp“, „stripped down“ und „crystal clear“? 

Rosato nannte mir in dieser Hinsicht einmal „Out Of The Woods“ von Oregon, die einzige Oregon-Platte aus alten Zeiten, die an mir vorbei gegangen ist. Solche Tondokumente gibt es bereits seit den 50er Jahren, sie sind keine Kreation neuer Remaster-Verfahren. Bei JPC kann man sich übrigens Muddy Waters‘ „Folk Singer“ immer noch auf edel zubereiteten Vinyl besorgen (CD geht natürlich auch) – bedanken können Sie sich anschliessend bei Gregs!

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12 Comments

  1. Lajla:

    Joe Turner: That’s Jazz 1956 Atlantic recording Cor.

    Mike Oldfield:Hergest Ridge 1974 Virgin Records

    (Very humbly suggested)

  2. Gregor:

    … und, weißt du noch, wie du die LP: Paul Bley / Jimmy Giuffre / Bill Connors ‎– Quiet Song aus dem Plattenschrank genommen hast und begeistert ausgerufen hast, dies sei einer der besten Trioplatten ever? … und gleich auch noch beglückt die Alfred Harth-Platte This Earth mit in die große Tasche hast rutschen lassen? … und …

    Ja, Lajla, Joe Turner, der nimmt bei mir ein ganzes LP-Fach ein, muss ich unbedingt mal in einem „Plattenschrank“ vorstellen.

  3. Michael Engelbrecht:

    Joe Turner kenne ich herzlich wenig. Und bei Mike Oldfield kommt es mir vor als habe er ein Rezept ewig variiert. Ommadawn finde langweiiger als Tubular Bells, obwohl er da den Tod seiner Mutter verarbeitet, und Hergest Ridge kenne ich nur vom Namen, aber da es da auch einen Sensurround – Mix gibt, und das alles wohl mit einer englischen Landschaft zu tun hat, habe ich das bestellt, und werde vor Weihnachten HERGEST RIDGE einen kleinen Artikel widmen. Ach ja, diesen schrechlichen Song SHADOW ON THE WALL hat er auch fabriziert, und Sally hat immer das gleiche Lied gesungen….ich hoffe, ich bin da nicht in einen loop geraten…

  4. Uwe Meilchen:

    Die ersten drei Alben von Mike Oldfield, also „Tubular Bells“, „Hergest Ridge“ und „Ommadawn“ mag ich sehr. „Incantations“, die DLP ist auch noch empfehlenswert. –

    @ Michael: Ich bin einmal sehr gespannt, wie Dir der 5.1 Surround Mix von „Hergest Ridge“ bzw. das Album „an sich“ so gefallen wird.

    Oldfield ist ein m.E. ein unterschaetzter Gitarrist. Und seine Vergangenheit mit Kevin Ayers, Pekka Pohjola und „Gong“ etc. vermutlich groesser als all die kommerziellen Alben, die er nach den ersten drei Alben aufnahm.

  5. Michael Engelbrecht:

    John Lee Hooker: Boogie Chillun in einer audiophilen Pressung wurde mir empfohlen, auch auf Peter Gabriels „3“ bin ich gespannt, als spezielle Vinyl-Ausgabe soll das jetzt grossartig klingen. Gabriels erste vier Soloalben habe ich mir seinerzeit gekauft, später wurde es mir zu bombastisch.

    Zur Zeit von „4“ sah ich ihn der Alten Oper in Frankfurt, und es war exzellent.

    Es ist mir en Rätsel, wieso Brian Eno seine Ambient-Werke nicht als 5:1-Mix neu herausbringt, da könnte er sich von seinem Freund Robert Fripp ne Scheibe abschneiden. ON LAND, APOLLO , THe SHUTOV ASSEMBLY auf 5:1, das wäre fantastisch. Und Sinnmachte es sowieso. A m b i e n t eben…. S u r r o u n d . In den ersten liner notes hat er ein seltsam simples Sensurround-System mit drei Boxen beschrieben, 1980!!!

    HERGEST RIDGE: da bin ich neugierig, ich habe das Teil nie im Leben gehört.

  6. Lajla:

    Prima Gregor, wenn du mal Joe Turner hier vorstellst. Mir gefällt das Stück „Low down dog“ auf dieser LP so gut, weil es so rockig anfängt und in das Jazzige hinüber „bellt“ und dann wieder prächtig rockig aufhört.
    Ja Uwe, ich bin auch gespannt, wie Michael „Hergest Ridge“ gefallen wird. Passt absolut in die Dezemberzeit, da wirkt ein Nutcracker mit:)

  7. Michael Engelbrecht:

    https://vimeo.com/134616031

  8. Rosato:

    Gabriel

    45rpm-Doppel-LPs
    ——-

    Blues

    woher nehmen? ich bevorzuge zwei Quellgebiete

    (1)
    race music, race records (so genannt bis ca. 1949), R&B (Bezeichnung ab ca. 1949),
    also Robert Johnson, Bukka White, Muddy Waters, Joe Turner u.v.a.

    (2)
    British Blues frühe 60er

    crystal cleares, crispes Material ist da rar, da muss man schon Abstriche machen.

    Aus (2) würde ich Gordon Smith und Duffy Power auswählen.

    G. Smith kenne ich von der legendären(?) Doppel-LP The Blues (Labels: Blue Horizon und CBS Ⓟ 1969) mit einer grandiosen Version des „Diving Duck Blues“. Smith habe ich über lange Zeit für einen black musician gehaltengehalten. Naja, die Platten sind im Praeinterneticum erschienen und „googeln“ stand damals noch nicht im Duden. Es war schwer, Informationen über den Musiker zu finden. Von Gordon Smith gibt es heutzutage The Complete Blue Horizon Sessions in gutem Sound.

    Duffy Power hat in den frühen 60er Jahren unter Mitwirkung von John McLaughlin, Jack Bruce und anderen Aufnahmen gemacht, die erst 1971 auf der LP Innovations veröffentlicht wurden. Es sind Mono-Aufnahmen aus verschiedenen recording sessions, einige Songs richtig gut klingend. Die LP ist 1992 unter dem Titel Little Boy Blues auf CD erschienen. Das ist British Blues far beyond mainstream. Die LPs gehören zu den höchst geschätzten Platten meiner Blues-Sammlung.

    ——-
    http://www.discogs.com/Various-The-Blues/release/1522224

    http://www.discogs.com/Gordon-Smith-The-Complete-Blue-Horizon-Sessions/release/3806781

    http://www.discogs.com/Duffy-Power-Innovations/release/2557892

    http://www.discogs.com/Duffy-Power-Little-Boy-Blue/release/7351492

  9. Michael Engelbrecht:

    Whole lotta stuff, thanks a lot to everybody …

  10. Michael Engelbrecht:

    Es gibt da zwei Möglichkeiten, man entdeckt etwas Altes, aber einem selbst Unbekanntes, Ich kenne keine einzige der Rosato-Platten. Oder man entdeckt etwas Altes neu, hoffe auf neues Staunen bei ewig nicht mehr gehörten Gabriel-Platten …

  11. Jan Reetze:

    In den 80ern habe ich Oldfield sehr gemocht, habe ihn auch mindestens dreimal live gesehen (was mich wieder an den phantastischen, viel zu früh verstorbenen Drummer und Vibraphonisten Pierre Moerlen erinnert), danach habe ich ihn aus den Augen verloren, und ich hatte auch keinerlei Lust mehr darauf, mir seine Platten anzuhören.

    Erst vor wenigen Jahren habe ich ihn plötzlich wiederentdeckt. Der Mann ist schon ziemlich genial. Eine Platte wie AMAROK muss man erst mal hinbekommen. Seine Missgriffe mag ich ihm nicht übelnehmen, er hat halt viele Dinge ausprobiert.

    Von HERGEST RIDGE gibt es eine Quadro-Version, die in der 4-LP-Box „Boxed“ zu finden ist. Selbst in Normalstereo gehört ist das im Vergleich zur ursprünglichen LP-Version die bessere Abmischung. Und TUBULAR BELLS enthält den Originalschluss mit Viv Stanshall als Fremdenführer – ein wunderbarer Blödsinn.

    Es gab dann „Boxed“ auch als 3-CD-Set, aber da sind es wieder nur die Standardversionen …

  12. Michael Engelbrecht:

    Da kommt eine Erinnerung, Jan: Shamal, eine Gongplatte mit Pierre M.

    Ewig nicht gehört, das war so eine tiefentspannte Spielart von Fusion …

    Heute nochmal Ommadawn gehört: doch, doch, exzellente Passagen.


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