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on life, music etc beyond mainstream

2015 29 Mai

Neunundzwanzig Fuenf Fuenfzehn

von: Uwe Meilchen Filed under: Blog | TB | 4 Comments

 

 
 
 
Als wir nach der Trauerfeier noch etwas zusammen sassen und einen Kaffee tranken, tauschten wir Erinnerungen aus. Schon waehrend der Trauerfeier war mir aufgefallen, dass dies die erste Trauerfeier an der ich teilnahm war, auf der kein Abgesandter irgendeiner Konfession in Erinnerung an den Verstorbenen sprach. Stattdessen sprach ein freier Trauerredner und er tat dies sehr ueberzeugend: er erzaehlte vom Verstorbenen, erinnerte an einige seiner Charakteristika und hob seine Leidenschaft fuer die Musik und da besonders fuer den Rock’n’Roll und die Beatmusik der 1950iger und 1960iger Jahre hervor. Wir alle wussten davon und so erklangen – auch das fuer mich ein Novum – statt der ueblichen, gewohnten Kirchenlieder Songs von den Rolling Stones, die er sehr gemocht hatte: an „I´m Free“ erinnere ich mich, und „Wild Horses“ war auch dabei.

Als wir so zusammensassen, kam natuerlich (unweigerlich?) das Gespraech darauf, welche Songs wir denn, vor die Wahl gestellt, fuer unsere eigene Trauerfeier – quasi im Voraus also – auswaehlen wuerden. Hatten wir alle uns da schon Gedanken gemacht?

Man koenne, so war mein spontan geaeusserte Gedanke, der meine Beklommenheit nach der Trauerfeier abzuschuetteln versuchte, doch moeglichst lange Musikstuecke auszusuchen, die die versammelten Freunde und Verwandte dann auch moeglichst lange zusammen sitzen lassen moege; also „In-A-Gadda-Da-Vida“ von IRON BUTTERFLY zum Beispiel; oder „Shine On You Crazy Diamond“ von PINK FLOYD – bei letzterem waere dann auch ein Bezug in den lyrics enthalten, denn alle verstehen wuerden.

Weiter verfolgt haben wir den Gedanken „schon jetzt fuer spaeter“, oder, wie Uwe Johnson es formuliert hatte „fuer wenn ich tot bin“ nicht wirklich. Zumindest habe ich von meinen Freunden spaeter zu diesem Thema nichts mehr gehoert.

Uwe Johnson hatte sich, als er schon in Sheerness lebte, fuer seine Trauerfreier jegliche Musik, jegliche konfessionalle Ansprachen schriftlich (vehement?) verbeten. Auch dies eine aus seiner eigenen Lebensgeschichte sehr nachvollziehbare Haltung.

Wenn der Moment gekommen ist, dann ist der Moment gekommen – und genauso sicher wird dann sein, dass jemand dann drei vier Musikstuecke auswaehlt.

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4 Comments

  1. Jens Müller:

    Der erste spontane Gedanke nach dem Lesen: Recht hat er, der Uwe Meilchen; lange Stücke, auf daß die Freunde noch lange zusammen sitzen mögen. Wäre ich dann doch noch „irgendwie dabei“ würde ich mich über folgende Titel freuen:

    Brian Eno: Neroli

    Miles Davis: He loved him madly

    Joni Mitchell: Mingus (die ganze LP)

    Dave Holland: Life Cycle (die ganze CD)

  2. Martina Weber:

    Ich habe es lieber dramatisch und widersprüchlich:

    1) U2: I Still haven´t found What I´m looking for

    2) Rick Holland and Brian Eno: West Bay

    Und eigentlich würde ich Nr. 1 schon wieder streichen. Und ein Stück aus den Alben von Labradford einfügen, in denen Marc Nelson etwas kaum verständliches spricht. Wow. Das wär´s.

  3. Michael Engelbrecht:

    @Jens: ich erinnere mich an ein Interview mit Dave Holland, da erzählte er mir, dass diese Solo-Cello(!)-Platte nach einer lebensbedrohlichen Operation entstanden sei. Mir gefällt seine Solo-Bass-Aufnahme „Emerald Tears“ auch sehr gut. Vollkommen effektfrei.

  4. Jens Müller:

    @Michael: von der Enstehungsgeschichte der Life Cycle-Platte wußte ich bisher nichts, aber ich habe immer gespürt, daß es mit dieser Musik etwas Besonderes auf sich haben muß. Ich war 16 Jahre alt als die LP 1982 erschien, und es war Liebe auf den ersten Blick (das rote Cover mit dem schwarzen Rad). „Emerald Tears“ entdeckte ich erst später, auch sie eine meiner Top Five von D. Holland.


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