Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

Die Zeit der Sensationen ist wohl fürs erste beendet. Und das ist eine dezente Untertreibung. Es ist in dieser Saison eine intellektuelle Herausforderung geworden, den Niedergang von Borussia Dortmund von einer europäischen Spitzenmannschaft zu einem Krisenteam zu erklären. Nun, hier das vorletzte Wort in dieser Sache, kurz und ein wenig schmerzhaft. Der Torwart hat seinen Zenit überschritten, Weidenfeller ist kein herausragender Torwart mehr, er wird nächstes Jahr von Mitch Langerak abgelöst, an dessen Sonderklasse allerdings noch leichte Zweifel angebracht sein dürfen. Die Meisterviererkette ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Nach seiner Hüftoperation ist Pischu (a good guy!) nie mehr zu alter Form aufgelaufen, in den beiden Meisterjahren galt er neben Lahm als bester Rechtsverteidiger der Liga. Mats Hummels ist in ein Loch gefallen nach der WM, wird sich allerdings davon erholen. Neven Subotic ist seit Jahr und Tag mein Lieblingsspieler, ein wunderbarer Mensch, aber in seiner Spielkultur ein wenig stagniert. Er konkurriert mit Sokratis um den Posten des zweiten Innenverteidigers. Für 10 Millionen kam zu Beginn der Saison Matthias Ginter aus Freiburg, Weltmeister ohne eine Minute Spielzeit, und er wird auch nie mehr für Nati auflaufen. Ich habe noch nie einen so schlecht spielenden Abwehrspieler gesehen, der so viel Geld gekostet hat. Immerhin hat er die Bundesliga um einige Slapstickeinlagen bereichert. Für den besten Slapstick aller schwarzgelber Zeiten sorgten in Dortmund allerdings Frank Mill und Ente Lippens, die waren allerdings auch ausgefuchste Rastellis. Ganz erschreckend unsere linke Abwehrseite: es ist kaum zu erwarten, dass Durm oder Schmelzer noch jemals in wichtigen Länderspielen auflaufen, sie haben massive Defizite im Abwehrverhalten (Durm) und Flanken (Schmelzer). Ausserdem sollte Jürgen Klopp, der die einzige Konstante ist, und trotz der Seuchensaison ein Klassetrainer ist und bleiben wird, Herrn Schmelzer Fernschüsse kategorisch verbieten. Das Herzstück jeder Mannschaft ist die Doppelsechs: Gündogan liebäugelt mit grösserem Geld und einem Vereinswechsel, zeigt nach langer Verletzung nur sporadisch altes Können. Nuri Sahin, von den Profis der Ersten Liga nach dem ersten Meisterjahr zum besten Spieler der Saison gekürt, bringt nach seiner Rückkehr aus Madrid und Liverpool, auch nur noch 60% seiner Leistungsstärke auf den Platz (lieber Herr Watzke, lieber Herr Zorc, bitte engagiert ein Psychologenteam in der nächsten Saison, und das ist beileibe kein Sarkasmus!) Manni Bender ist ein effizienter Zerstörer, der im Spielaufbau nichts zuwege bringt, und der Käptn, Sebastian Kehl, hört nach der Saison auf. Mit ihm verliert der BVB einen echten Leader. Kommen wir zum offensiven Mittelfeld. Und, gottogott, Mikhitaryan, 2014 beträchtliche Schwankungen, und in dieser Saison die personifizierte Krise. Kagawa, neben Sahin der nächste traurige Rückkehrer. Nie der Alte geworden, und dabei ist er noch so jung. Für den Glanz sorgen Aubameyang und Reus, grossartige Fussballer, ohne die wir wohl noch auf Platz 16 rumdümpeln würden. Kuba braucht noch etwas Zeit, nach seinem Kreuzbandriss, ein weiterer Lichtblick. Keine Witze über Immobile, aber bitte ein schneller Transfer nach Italien! Durch den Paniktransfer (?) von Kampl aus Salzburg (der den Beweis seiner Klasse bis heute nur sehr behutsam andeutete) hat der BVB einmal mehr zu viel Geld ausgegeben, und somit nur noch Spielräume für besondere Neueinkäufe, wenn Stützen des Teams verkauft werden (Hummels, Gündogan), und Fehleinkäufe mit Verlust abgegeben werden. Das wars. Wobei ich Ramos ausnehme. Ich halte ihn für einen tollen Spieler, und weiss nicht, wieso er die Spiele meistens von der Tribüne betrachtet. Das wäre meine einzige kritische Frage an Jürgen Klopp. In der nächsten Saison muss etwas Ausserordentliches passieren im Spiel des BVB, vielleicht die Erfindung eines neuen Spielssystems, aber auch der Fussball ist in der Postmoderne gelandet. Sonst sind Platz fünf bis acht das Normalmass. Es gibt noch Fans, die träumen von einem Pokalsieg in Berlin. Das wäre ein Märchen. Wieder Hunderttausende auf den Strassen, und in der Hafenkneipe meines Vertrauen würde der „Colonel“ alte BBC-Sendungen mit DJ Joe Strummer auflegen, ganz grosses Radio: die knochentrockene Stimme des Clash-Sängers, Nina Simone, Magazine, Wire, und die Titelmelodie von „John From Cincinatti“, eine brilliante HBO-Serie über eine Surferfamilie an der West Coast.

This entry was posted on Samstag, 4. April 2015 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

Sorry, the comment form is closed at this time.


Manafonistas | Impressum | Kontakt | Datenschutz