Manafonistas

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Die Geschichte erreicht ihre dramatische Phase, wenn dem Helden im Rausch das Erlebnis eines reinen Idealismus widerfährt: „Alles, was er bisher getan, gedacht, gelernt und gefühlt hatte, beruhte auf einem einzigen, gewaltigen Irrtum. Gut, bös, falsch, richtig, schön, hässlich, ich, du, mein, dein: alles Werte einer Skala, die die große, letzte Wahrheit außer acht ließ: Es gibt keine Vergleichsgrößen. Weil es nichts gibt. Es existiert nur eine einzige Wirklichkeit: Urs Blank.“ Aus der Perspektive der Menschenwelt, in den Augen seines Freundes, des Psychotherapeuten Alfred Wenger, aber erscheint diese Bewusstseinsverfassung als Schrecken erregende und zugleich lächerliche Geistesverwirrung, als vollendete Inhumanität, die der Heilung bedarf. Die Anstrengung einer höchst ambivalenten Rettung des Allgemeinmenschlichen bewegt fortan die dramaturgisch meisterhaft gestaltete Handlung, deren Fort- und Ausgang nicht verraten werden darf. Nur so viel, dass sie sich zum Kriminalfall entwickelt, der Aufklärung im doppelten Sinne erfordert. Diese ist einer Figur von Dürrenmatt’scher Bonhomie aufgegeben, dem Landpolizisten Rolf Blaser.

 

Suters Roman ist ein philosophisch gegründetes Gedankenspiel um die Wirklichkeit des Unwirklichen und die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen und auch darüber, wie wenig es bedarf, um die menschlichen Konstruktionen und Vereinbarungen zusammenbrechen zu lassen. Vor allem aber ist er eine gründlich recherchierte, präzise, elegant und humorvoll geschriebene Geschichte, realistisch und phantastisch zugleich. Der Leser, der sich einmal auf „Die dunkle Seite des Mondes“ hat ziehen lassen, wird das Buch bis zum ebenso überraschenden wie stimmigen Finale nicht mehr aus der Hand legen wollen. Die geistige Gesundheit ist dabei nicht gefährdet. Vielmehr bietet Martin Suter mit raffiniert adaptierten klassischen Mitteln ein Optimum an Bewusstseinserweiterung, Suspense, und Leselust. (Friedhelm Apel, FAZ)

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