Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2014 14 Dez

Der Dortmunder Fussballblues

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | 1 Comment

Vor Jahr und Tag gab es eine öffentliche Diskussion mit unserm Präsidenten Watzke und Trainer Klopp. Dass Jürgen hier nie entlassen würde, und das Ende seiner Dortmunder Zeit selbst bestimmen werde, verkündete der Sauerländer (ein exzellenter Chef) kurz und trocken. Aber wenn sie mal Tabellenletzter seien, entgegnete unser Trainer, das solle er, Aki, sich dann nicht antun. Doch, auch dann, keine Frage. Der Trainer steht tatsächlich nicht zur Diskussion und wird hundertprozentig nicht gefeuert.

Am Ende dieser Woche könnte der BVB zum dritten Mal in dieser Saison den letzten Platz einnehmen, vor der Winterpause. Harte Zeiten. Der Abstiegskampf wird dauern, womöglich bis zum 34. Spieltag. Wie konnte das passieren? Kein Mensch hat mit so einem Absturz gerechnet. Das sprengte tatsächlich die Kaffeesatzleserei der dunkelsten Schwarzseher.

Nach der WM kamen unsere „Weltmeister“ verspätet zurück, mit einer gewissen Leere, mit Trainingsrückstand, und, im Falle von Hummels, verletzungsanfällig. Nach seinem Kreuzbandriss fand auch der ursympathische Subotic nicht zu alter Klasse, Ginter, der 10-Millionen-Mann aus Freiburg, ist nervlich überfordert, wohl auch überschätzt, produziert Fehler fürs Skurrilitätenkabinett. Torgarant und Genius Reus fällt permanent verletzt aus, Gündogan braucht viel Zeit, um seine alte Stärke auf den Platz zu bringen.

Lewandowski wird nicht ansatzweise ersetzt durch die wankelmütigen Formschwankungen von Immobile und Ramos. Auf einmal tauchen in scheinbar automatisierten Abläufen Spieler wie Fremdkörper auf. Aubameyang hat den beiden Neuen bislang den Rang abgelaufen, einer der wenigen Lichtblicke, neben einigen ordentlichen Spielen, neben mitunter soliden Darbietungen auf der Doppel-Sechs. Da sind eigentlich (EIGENTLICH!) mit Bender, Gündogan, Sahin, Kehl und Kirch potentiell allerbeste Leute im Team. Aber auch da fehlt die Konstanz. Und die Rückkehrer Kagawa und Sahin haben nie an die Brillianz ihrer Meisterjahre anknüpfen können. Warum, ist rätselhaft.

So wird jede Menge Durchschnitt produziert, in die Abwärtsspirale mischt sich Versagensangst, bisher haben Klopp und Co. da keine erfolgversprechende Strategie entwickelt (gibt es keine zwei, drei Sport-Psychologen, die man im Winter engagieren könnte, aus meiner Sicht fast ein zwingende Option) – bei dem 0:1 in Berlin spielte die Mannschaft wie ein Team, das völlig zurecht da unten steht, ohne Esprit, ohne Abgebrühtheit, ohne mentale Stärke. Auch ein beeindruckender Leader wie Sebastian Kehl kann nur punktuell das Wir-Gefühl stärken.

Manchmal blitzt vertraute Klasse auf, aber diese „highlights“ wirken wie kurze „Ausreisser nach oben“. Mittwoch kommt Wolfsburg, Samstag geht es zum Kellerduell nach Bremen. Ich glaube nicht mehr an ein „happy end“. Ich glaube an ein Drama, an den rigorosen Einbruch des Irrationalen in einer nur scheinbar programmierbaren Erfolgsgeschichte. Reus wird am Saisonende gehen, das ist für mich ausser Frage, Gündogan wird nur zu halten sein, wenn seine Formkurve nicht steil nach oben geht. Auflösungserscheinungen bahnen sich an. Schon länger übrigens.

Der erste Vereinsangestellte, der sagen wird, dass die Hoffnung zuletzt stirbt, hat, im speziellen Falle von Dortmund, die tiefer gelegte Bedeutung gleich mitgeliefert: es gibt keine Hoffnung mehr. Ich hoffe, so weit wird es nicht kommen, dieser Spruch wäre das Ende. Die Phrase eines Fiaskos. Auf Dauer sind Verluste von Spitzenspielern nicht mehr kompensierbar. Der Weggang von Mario Götze war ein Schlag ins Kontor, da ging einer, der das Fussballspielen in Dortmund lernte. Es könnte nun ähnlich wie vor Jahren in Bremen zugehen. Was man nicht zusammenhalten kann, bricht irgendwann auseinander. Klopp ist wie geschaffen für solche Extreme. Er könnte jetzt seine Grenzen kennenlernen. Aber auch dem Weg dorthin (die Gegend heisst Abgrund, man kennt solche Fallhöhen aus griechischen Tragödien) geht man in Dortmund – da schafft sich Fussballromantik noch einen letzten Raum, auf den Spuren der  Liverpooler  Hymne – nicht allein.

This entry was posted on Sonntag, 14. Dezember 2014 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

1 Comment

  1. Lajla Nizinski:

    Da schlaegt ein echtes Fussballherz:) kann ich gut nachempfinden. Mein Betze versetzte mich auch schon in turbulente Wechselbaeder. Mit dem Abstieg in die 2.Bundesligaklasse habe ich mich laengst abgefunden. Letzte Woche war ich noch froh, dass Lautern auf Platz 2 stand und.. seit gestern schon wieder nach unten gerutscht.
    Also die 2.Bundesliga kann auch spannend sein.Oder sei da Gott vor?:(


Manafonistas | Impressum | Kontakt | Datenschutz